So, passend zum Tage der zweite Teil meiner Notizen zur 59. Sitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages am Mittwoch, 15. Oktober. Was bisher geschah, kann man hier nachlesen.
Die Session mit Willi Lemke, die partiell witzig war, lasse ich aus, darum kümmere ich mich später mal. Nur noch dies: Lemke wäre nicht Lemke, also nicht der Verkäufer seiner Sache, als der er bekannt geworden ist, wenn er mir nicht, wie allen anderen Anwesenden, noch diese Broschüre in die Hand gedrückt, die ich gern symbolisch weiter reiche. „Hier bitte, auch für Sie“, sagte der UN-Sonderbeauftragte. Ich sage: Danke, Willi.
Noch zwei Vorbemerkungen:
- Unter seinem Vorsitzenden Peter Danckert (SPD) tagt der Sportausschuss seit Beginn der Legislaturperiode öffentlich. Alle anderen Ausschüsse des Bundestages tagen grundsätzlich nichtöffentlich. Damit ist aus meiner Sicht nur im Sportausschuss ein Mindestmaß an Transparenz gewährleistet. Beobachter können sich ein Bild von der Arbeit der Abgeordneten machen.
- Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen Notizen gemacht. Anmerkungen, die mir als Erläuterung wichtig scheinen, sind kursiv gesetzt (heißt das so im Blog, „setzen“? Scheint eher ein Begriff aus dem Holzmedium).
Nun zu dem, was wirklich wichtig war. Am Morgen hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diesen Antrag im Sekretariat des Sportausschusses eingereicht:
Beratungen Bundeshaushalt 2009, EP 06 Bundesministerium des Innern/Kapitel 0602
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt:
Beim Haushaltstitel 684 11 („Zentrale Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports“) werden die vorgesehenen Ausgaben für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) gestrichen. Stattdessen werden die nicht benötigten Mittel für die Dopinganalytik, Anti-Dopingforschung sowie für die Dopingprävention verwendet.
Begründung:
Der Staat darf Sportorganisationen und -einrichtungen nur dann finanziell fördern, wenn dort ein glaubwürdiger und konsequenter Weg in der Dopingbekämpfung gegangen wird. Ein dopingfreier Radsport ist jedoch zur Zeit offenbar nicht möglich. Besonders im Profiradsport wird seit Jahren und über Team- und Mannschaftsgrenzen hinweg gedopt. Doping ist in diesem Bereich zu einem systemimmanenten Zwang geworden. Die vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) angekündigten Anti-Doping-Initiativen sind nicht realisiert worden. Von einem dopingfreien Neustart, auch im deutschen Radsport, kann keine Rede sein.
Der Staat muss in der Dopingbekämpfung konsequent handeln. Gesetzgeberische Veränderungen in der Dopingbekämpfung müssen durch Förderentscheidungen der Verwaltungen ergänzt werden. Als ein weiterer Schritt in der Dopingbekämpfung soll daher eine Rahmenvereinbarung zwischen BMI mit DOSB und allen geförderten Sportfachverbänden geschlossen werden. Darin sollen sich die Sportorganisationen (analog zur sog. Ehrenerklärung von Spitzensportlerinnen und -sportlern) verpflichten, bei Verstößen gegen die Regeln der Dopingbekämpfung die öffentliche Sportförderung des Vorjahres zurückzuzahlen und dem Anti-Doping-Kampf zur Verfügung zu stellen.
Auch von den Sportorganisationen wird in Zukunft ein dauerhafter finanzieller Beitrag für die Arbeit der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) erwartet.
Als gegen 16 Uhr endlich begonnen wurde, darüber zu debattieren, waren leider nicht mehr so viele Abgeordnete anwesend. Wenn ich richtig zähle, gibt es 16 ordentliche Mitglieder im Sportausschuss. Davon waren zu Beginn der Sitzung zehn anwesend und ein stellvertretendes Mitglied (Reinhold Hemker/SPD). Nach den Programmpunkten Südafrika und Lemke verschwanden der Fußballfan Klaus Riegert (CDU), langjähriger Kapitän des FC Bundestag, Reinhold Hemker, Martin Gerster (SPD) und Katrin Kunert (Die Linke). Sie hatten sicher andere, ganz wichtige Termine. So verblieben lediglich:
- Ausschuss-Chef Peter Danckert (SPD),
- sein Stellvertreter Peter Rauen (CDU),
- Dagmar Freitag (SPD),
- Eberhard Gienger (CDU),
- Detlef Parr (FDP),
- Winfried Hermann (Bündnis 90/Grüne).
Außerdem im Sitzungssaal 4.800: der Parlamentarische Staatssekretär im BMI Christoph Bergner (CDU) mit einigen Mitarbeitern und Gerhard Böhm, Sportberater der Kanzlerin. Einen Teil der Diskussion – etwa über die Entsendungskosten des deutschen Teams für die World Games auf Taiwan – vernachlässige ich und bleibe am Thema: Entzug der Steuermittel für den Bund Deutscher Radfahrer.
Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen)
Er verliest noch einmal Teile der oben erwähnten Ausschussdrucksache 179 und unterstreicht, dass es im Radsport „einen Zwang zum Doping“ gäbe.
Wir müssen mal ein Zeichen setzen!
Der BDR hat keine Antidopingkommission, bei der Deutschen Meisterschaft der Mountainbiker hat kürzlich keine Dopingkontrolle stattgefunden, Hermann zählt einige aktuelle Beispiele auf. „Das ist völlig inakzeptabel“, sagt er. Und dann zitiert er „zu guter letzt den Abgeordneten Danckert, der ebenfalls eine Haushaltssperre gefordert hat“.
Das war raffiniert und ein bisschen gemein, denn Danckert, der 2008 bei der Tour ein paar Tage im Begleitfahrzeug des Milram-Teams verbrachte, hat ja schon so oft Forderungen gestellt, die er dann vielleicht selbst nicht konsequent durchzusetzen versucht hat, um es positiv zu formulieren.
Jetzt muss man endlich mal Farbe bekennen und handeln!
Peter Rauen (CDU)
Leitet ein, dass er ja nicht für „vorschnelle Maßnahmen“ bekannt sei. Sagt dann:
Gerolstein liegt in meinem Wahlkreis. Ich habe die Faszination erlebt, die vom Radsport ausging in der Eifel. Ich war immer der Meinung, dass, wenn es einer ehrlich meint mit der Bekämpfung des Dopingsumpfes, dass es der Holczer gewesen ist.
Nun aber noch Schumacher und Kohl:
Dann ist das offenbar in diesem Sport ein Sumpf, dass man als Parlamentarier versuchen muss, etwas entgegen zu setzen, dass es wirklich einen Aufschrei gibt. Wir müssen ein ganz klares und deutliches Zeichen ohne wenn und aber setzen.
Rauens Auftritt schien wichtig zu sein, weil die CDU gewöhnlich jeden Versuch, der in diese Richtung läuft, abblockt. (Die SPD aber letztlich auch, die FDP erst recht, aber das nur am Rande von mir.)
Peter Danckert (SPD)
Vielen Dank, Peter Rauen. Ich schließe mich dem an.
Dagmar Freitag (SPD)
Stellt dem BMI-Staatssekretär Bergner eine Frage, „um eine klare und nicht nur gefühlte Stimmung zu haben: Hat ihr Haus mittlerweile geprüft, ob die nichterfolgten Dopingkontrollen bei der DM der Mountainbiker einen klaren Verstoß gegen die Zuwendungsbestimmungen bedeutet?“
Es gebe „nicht nur diese Sportler in den Rennställen, die nach Belieben gelogen und betrogen haben. Aber es gibt noch eine andere Form des Radsports, ich maße mir aber nicht an zu sagen, dort werde nicht gedopt.“ Ist sehr dafür, beim Radsport und beim BDR eine ganz harte Gangart anzulegen. Aber dennoch müssen wir uns vor Augen halten: Es gibt auch einen Bereich des Radsports, der das noch nicht so weit treibt.
Nochmal zu Bergner: „Können sie in irgendeiner Form, können sie auflisten, wie eigentlich die Bundesmittel im Bund Deutscher Radfahrer wofür verwendet werden?“ Man müsse aufpassen, durch Mittelstreichungen oder Kürzungen „Strukturen, die Arbeitnehmer betreffen in einem Verband, nicht zerstören. Wir können nicht leichter Hand sagen, wir sperren die 1,7 Millionen und der Verband muss Arbeitnehmer entlassen.
Detlef Parr (FDP) pflichtet ihr mehrfach laut bei. Ich vermute, Frau Freitag weist so ausdrücklich auf Verbandssorgen hin, weil sie als Vizepräsident des Leichtathletikverbandes eine Art Solidarität empfindet? Dem DLV könnte es ja mal ähnlich gehen.
Peter Danckert (SPD)
Wir haben nicht darüber zu entscheiden, ob gesperrt wird oder nicht, wir haben als zuständiger Ausschuss eine Empfehlung an den Haushaltsausschuss abzugeben. Wir müssen hier schon mal irgendwo Farbe bekennen. Was uns der BDR hier bietet mit seinen Personalentscheidungen und Verrenkungen, bedarf einer klaren Empfehlung des Parlaments.
Eberhard Gienger (CDU)
Zu Eberhard Gienger muss man fairerweise sagen, dass er als Vizepräsident Leistungssport des DOSB eine Art Lobbyist des olympischen Dachverbandes ist.
Gienger merkt „als Jurist“ an: „Jeder Verbrecher, jeder Mörder hat das Recht sich zu äußern zu seinen Verfehlungen!“ Er will erst den BDR hören, um dann möglicher Weise „zum Schwert der Haushaltssperre zu greifen“. Das BMI (Bergner) fragt er:
Hat der Verband die Erwartungen, die wir an ihn geknüpft haben, nicht erfüllt?
Noch einmal:
Die Sprache des Geldes würde sicher wirken. Aber ich denke: Die andere Seite möge gehört werde. Das wäre der richtige Weg, den wir hier gehen sollten.
Detlef Parr (FDP)
Der Parteifreund des UDIOCM sagt, man müsse „differenziert“ an die Sache herangehen. Man habe zu wenig in der Hand, „um mit berechtigter Empörung symbolpolitisch zu reagieren“. Peter Rauen habe sehr eindrucksvoll dargestellt, welche Begeisterung in der Bevölkerung für den Radsport immer noch vorhanden ist.
Wir können zwar auch nicht garantieren, ob da sauber gearbeitet wird, aber wir dürfen den Radsport in Gänze nicht so verurteilen, dass er nicht mehr auf die Beine kommt. Ich werde den Antrag hier ablehnen. Wir plädieren für mehr Differenzierung.
TV-Übertragungen von der Tour de France abzubrechen, sei für ihn nie ein Thema gewesen, aber: „Jetzt muss man umdenken.“
Winfried Hermann (Grüne)
Habe mit Freunde zur Kenntnis genommen, dass es doch eine Bereitschaft gibt, in dieser Richtung was zu machen.
Der Sportausschuss solle dem Haushaltsausschuss empfehlen, die Mittel für den BDR zu sperren, nicht zu streichen. Dann habe der Haushaltsausschuss Möglichkeiten zu prüfen, was sozialverträglich zu streichen ist.
Parr ruft dazwischen: „Wir haben das zu entscheiden, es ist unsere fachliche Botschaft!“ Hermann stellt auch etliche Fragen an Staatssekretär Bergner.
Christoph Bergner (CDU)
Es besteht in dem Kreise ja Einigkeit, dass wir die Förderung des Sports mit der Forderung sauberer Sport verbinden.
Der Antrag der Grünen sei ein „neues Instrument“. Bisher galt, dass im Zuwendungsbescheid „ausdrückliche Verpflichtungen“ formuliert worden. Nun wolle man vorher Mittel stoppen. Verwaltungstechnisch sei das schwierig, sagt Bergner:
Das bedeutet, dass es erst einen solchen Zuwendungsbescheid geben muss und dass man im abweichenden Fall Rückforderungen prüfen muss.
Er verweist auf die Vorschläge der Task Force aus dem Jahr 2007, deren Umsetzung im Sportausschuss in diesem Herbst ohnehin noch Thema sein sollte. Zu fehlenden Kontrollen bei der Mountainbike-DM in Singen im September sagt er:
Gegenwärtiger Stand ist, dass die Nada sich an den BDR gewandt hat und eine Klärung eingeleitet hat, warum es das nicht gegeben hat. Das ist Gegenstand der Nada und wäre ein Verstoß gegen den Nada-Code.
Noch einmal grundsätzlich zum Grünen-Antrag:
Was jetzt kommt ist eine völlig neue Geschichte, insofern neu, als wir jetzt sagen: Wir stoppen präventiv. Noch ehe überhaupt ein Verstoß stattfinden kann, sagen wir: uns hat die Bilanz des Jahres 2008 nicht gefallen, streichen wir auch gleich 2009. Das ist ein völlig neues Verfahren gegenüber dem bisherigen, verwaltungstechnisch abgesicherten Verfahren: Rücknahme eines abgesegneten Verwaltungsaktes. Ich fühle mich nicht in der Lage zu sagen, wie die verwaltungstechnischen Vorschriften wären.
Er beziffert die Zahlungen an den BDR auf insgesamt 4,2 Millionen: 1,7 Millionen Euro Verbandsförderung und 2,5 Millionen für Leistungssportpersonal.
(Die Angaben scheinen ein Missverständnis zu sein. Ich konnte es noch nicht abschließend prüfen, aber im Task-Force-Bericht waren für 2007 nur 1,7 Mio plus 715.000 genannt. In dieser Größenordnung, also 2,4 Millionen plus Olympiaaufschlag dürfte das 2008 gewesen sein.)
„Ich bin auch Parlamentarier. Aber hier sind sie der Souverän“, sagt Bergner. „Wenn sie sagen, das bisherige Element, rückwirkender Eingriff in Bewilligungsbescheide, Rücknahme eines Verwaltungsaktes reicht uns nicht, wir greifen präventiv ein und sagen Schluss, das geht nicht, bin ich außerstande zu sagen, wie sich das verwaltungsrechtlich darstellt.“ Zu Danckert: „Sie sind der Jurist.“
- Spätestens hier muss ich das Dokument verlinken: Abschlussbericht Projektgruppe Sonderprüfung Doping des BMI (die so genannte Task Force) vom 19. Dezember 2007 (pdf, 3 MB, 117 Seiten). Pflichtlektüre!
Peter Danckert (SPD)
Das ist doch ein Beschluss des Parlamentes, das ist doch kein Verwaltungsakt!
Dann:
Ich erlaube mir einfach zu sagen, Herr Bergner, dazu haben wir uns ein paar Mal hier erklärt, ich habe schon damals nicht verstanden, dass bei den Ergebnissen der Task Force niemand es gewagt hat in ihrem Hause, das auch mal exemplarisch durchzuziehen. Was wir jetzt machen ist eine Empfehlung an den Haushaltsausschuss, einen Teil der Mittel zu sperren.
Dagmar Freitag (SPD)
Ich glaube, habe unmissverständlich deutlich gemacht, dass ich auch dagegen bin.
Aber es müsse „rechtsstaatlich Sinn machen“. Also das BMI auffordern, umgehend eine Stellungnahme des BDR anzufordern. BDR-Verantwortliche sollen auf der nächsten Sitzung des Sportausschusses am 12. November gehört werden. Tags darauf ist Bereinigungssitzung zum Etat mit dem Haushaltsausschuss. In der Sitzung am 12. November soll „nach Anhörung des Bundes Deutscher Radfahrer eine Erklärung verabschiedet“ werden: „Demjenigen, dem man etwas vorwirft, Möglichkeit der Stellungnahme geben.“ Zur Mountainbike-DM:
Wenn da gegen den Nada-Code verstoßen würde, würde das bedeuten, dass da Mittel zurückgefordert werden müssten.
Zu Bergner:
Sie haben zu kontrollieren, ob die Vorschriften im Zuwendungsbescheid eingehalten wurden. Das hat mit der Task Force gar nichts zu tun. Wenn dagegen verstoßen wurde, haben sie Mittel zurückzufordern.
Christoph Bergner (CDU)
Im Task Force Bericht sind die Bewilligungsbescheide an den BDR ganz prominent.
Dagmar Freitag (SPD)
Mich interessiert tatsächlich, wie sich die Gelder an den BDR verteilen.
Sagt noch einmal, dass sie für eine Vertagung des Beschlusses „sehr dankbar“ wäre:
Außerdem können wir dem Haushaltsausschuss jederzeit solche Empfehlungen zukommen zu lassen.
Eberhard Gienger (CDU)
Wir sollten Vertretern des BDR die Möglichkeiten geben, sich hier zu artikulieren. Wenn wir der Meinung sind, dass diese Argumente nicht ausreichen und sie die schwerwiegenden Bedenken nicht ausräumen können, können wir immer noch einen Tage vor der Sitzung die Entscheidung fällen.
Peter Rauen (CDU)
Ich bin gegen die Komplizierung. Wir verhandeln hier über 218 Millionen Euro Sportförderung. Wir haben das Haushaltsrecht.
Es müsse klar sein:
Es gibt hier einen Punkt, wo die Damen und Herren des Sportausschusses nicht mehr mitmachen.
(Danckert übergibt die Sitzungsleitung an Rauen, um selbst zu sprechen.)
Peter Danckert (SPD)
Wir sind an einem ganz spannenden Punkt angekommen. Nach dem Bericht der Task Force sind erhebliche Bedenken aufgekommen.
Dann erwähnt er süffisant ein pikantes Beispiel aus dem Bericht, die Cialis-Affäre:
„Für wie bekloppt hält man uns eigentlich“, fragt Danckert. „Auch als Jurist sage ich: Das machen wir jetzt mal.“ (Die Haushaltssperre.) Und dem BMI sagt er, bezogen auf die Mountainbike-DM:
Nach allem, was ich dazu gelesen habe, ist es sonnenklar, durch mehrere authentische Berichte belegt, dass gegen den Nada-Code verstoßen worden ist. Ich wundere mich, das ist ja jetzt schon vier Wochen her, dass diejenigen, die dafür verantwortlich sind, keine klare Position haben. Hat da eine Dopingkontrolle stattgefunden oder nicht? Das ist eine ganz einfache Tatsachenfrage.
Zur Argumentation (üblicherweise von der FDP eingebracht, und tags darauf natürlich via dpa vom BDR verbreitet), eine Sperre würde Nachwuchssportler betreffen, sagt Danckert:
Nachwuchssportler sind gar nicht betroffen, wir sind als Bund gar nicht berechtigt, Nachwuchs zu fördern! Der Bund hat die einzige Kompetenz, den Spitzensport zu fördern!
Es sei „ein deutliches Signal, was hier aus dem Kreis des Ausschusses gekommen ist, zum ersten Mal seit langer, langer Zeit“. Er unterstützt den von Dagmar Freitag vorgeschlagenen Zeitplan: Anhörung des BDR am 12. November mit sofortiger Entscheidung.
Inzwischen werden Sie sicherlich, Herr Dr. Bergner, sich dafür einsetzen, dass Sie in Ihrem Hause zur Vergangenheit Stellung beziehen.
Wir empfehlen ja nicht willkürlich eine Sperre. Es gehe um die Haltung des Verbandes, handelnde Personen, Strukturen.
Winfried Hermann (Grüne)
Schließt sich Danckert an und will nichts wiederholen.
Wir waren an dem Punkt, wo wir heute angelangt sind, auch vor einem Jahr schon mal. Herr Dr. Bergner, Sie haben es vor einem Jahr schon gesagt. Sie haben es nur teilweise getan. Ich erwarte, dass wir nicht nur den BDR hier haben, sondern dass wir vom Ministerium auch einen klaren Bericht haben. Dass man die Nada auch nochmal fragt.
Detlef Parr (FDP)
Ich bin froh darüber, dass wir heute nicht spontan die Haushaltssperre beschließen. Ich möchte wissen, wie viel geht in welche Bereiche hinein und was betrifft die Haushaltssperre?
Zu Danckert und Rauen:
Natürlich sind wir auch verantwortlich für den Nachwuchsleistungssport.
Noch einmal sagt er:
Nicht den gesamten Radsport an den Pranger stellen und fertig machen! Es gibt viele Bereiche im Radsport, in denen gute Arbeit geleistet wird.
Christoph Bergner (CDU)
Verspricht Prüfung im Hause des BMI.
Sie hätten ihrem Anliegen keinen guten Dienst erwiesen, wenn sie jetzt einen Hüftschuss gemacht hätten.
Kommt wieder mit verwaltungstechnischen Dingen: Sperrvermerk. Titel. Welcher Charakter. Wie werden Bedingungen für Aufhebung formuliert und solche Fragen mehr.
Peter Danckert (SPD)
Wir nehmen also das Angebot der Exekutive dankbar entgegen. Damit haben wir heute einen wichtigen Punkt erreicht. Ohne das man irgend etwas verkleistert, trotzdem einen Konsens erreicht.
Soweit meine Notizen von der 59. Sitzung des Sportausschusses. Es geht weiter mit der 60. Sitzung am 12. November. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste — in Berlin hat am selben Tag einer der umstrittenen BDR-Funktionäre eine ziemlich hohe Auszeichnung dieses Landes erhalten:
Das Ordensamt des Bundespräsidialamtes habe ich um die Begründung für Bremers Ehrung gebeten.
Zwei Meldungen aus dem Panoptikum der Sportpolitik: In Berlin debattiert am Mittwochabend der Sportausschuss des Deutschen Bundestages heftig über die Frage, ob wegen anhaltender Versäumnisse in der Dopingbekämpfung ein sofortiger Fördermittelstopp gegen den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zu verfügen sei. In Berlin erhält am Mittwoch, nur wenige Kilometer vom Bundestag entfernt, der umstrittene BDR-Leistungssportdirektor Burckhard Bremer, von Innensenator Erhart Körting das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Die Diskrepanz zwischen Fördermittelstopp und Verdienstorden illustriert das Dilemma der deutschen Sportpolitik. Auf die Frage, ob dieser tief wurzelnde Konflikt auch nur in Ansätzen lösbar ist, wird es in den nächsten Wochen Antworten geben müssen. In vier Wochen will man also über die Zukunft des BDR entscheiden. Bislang ist nur eines klar: Burckhard Bremer wird hoher Ordensträger der Bundesrepublik Deutschland bleiben.
Eine Mini-Kommentierung gönne ich mir noch: Ich habe Diskussionen über Doping, Radsport und den BDR ja nicht zum ersten Mal im Sportausschuss erlebt. Und bin doch immer wieder erstaunt, wie manche Abgeordnete über Jahre mit denselben argumentativen Reflexen agieren. Dabei ist doch alles sonnenklar. Könnte das alles viel gemeiner formulieren, verkneife es mir aber. Bin sehr gespannt, ob sie sich am 12. November zu einer Sperre oder gar klitzekleinen Streichung durchringen. Ich sehe eine minimale Chance, aber nur deshalb, weil es bis dahin noch einige Berichte der üblichen Verdächtigen in den Medien geben wird.
Nachtrag: Mit Dank an Ralf, der darauf in den Kommentaren hinweist. Gerade hat der BDR auf seiner wird auf der Internetseite rad-net.de dies veröffentlicht:
17.10.2008 08:59
Martin Wolf: „Wenn ich sowas höre, platzt mir der Kragen“
Frankfurt (rad-net) – Martin Wolf, Generalsekretär des Bund Deutscher Radfahrer (BDR), fordert von den Mitgliedern des Sportausschusses, die sich derzeit medial mit zahlreichen Äußerungen zum Radsport und Forderungen nach Streichung von Mitteln für den BDR präsentieren, ein Gespräch und Sachkunde. „Es wird versucht, uns kaputt zu machen. Der Sportausschuss des Bundestages hat sich noch kein einziges Mal bei uns erkundigt oder ein Gespräch gesucht“, so Wolf gegenüber der „Offenbach-Post“. „Wenn ich das mit dem Streichen der kompletten Förderung höre, platzt mir entsprechend der Kragen“, so Wolf.
„Betroffen durch das Streichen der Fördermittel vom Bund wären die Nachwuchssportler und Bereiche wie zum Beispiel Mountainbike und BMX. Diese Bereiche sind zu 99 Prozent sauber. Im Gegensatz zur den Profis im Straßenradsport. Und mit denen hat der BDR so gut wie nicht zu tun. Wir stellen ihnen die Lizenz aus, und sie starten einmal im Jahr bei der WM unter unserer Leitung und alle vier Jahre bei Olympischen Spielen. Das sind ein, zwei Kontakte im Jahr – mehr gibt es nicht.“ Gleichzeitig forderte der 45-Jährige ein höheres Strafmaß für Doper: Vier Jahre sollen es nach Wunsch von Wolf werden, darüber hinaus wünsche er sich, dass die entsprechenden Profis den Nachwuchsfahrern ins Gesicht sehen und Rede und Antwort stehen sollten. „Sie stehlen den Jungs und uns die Basis.“
Der Bund fördert den Bund Deutscher Radfahrer zuletzt mit etwa 2,4 Millionen Euro. Der Anteil davon, der für den Profisport aufgebracht wird, liege nach Aussage von Wolf bei gerade einem Prozent. „Das zeigt schon einmal die Verhältnisse. Wenn dann die Förderung komplett gestrichen wird, wären wir nicht mehr handlungsfähig, dann wäre das Thema Radfahren durch.“
Ist das nicht ein Irrsinn? Das ist die deutsche Sportwirklichkeit. Die deutsche Verbandswirklichkeit. Weiß der Mann, Martin Wolf, dass es kein Grundrecht auf Steuermittel gibt?
BDR lädt zum Dialog: «Ein paar Punkte klarstellen»
http://www.rad-net.de/index.php?newsid=16003
Ziemlich unerträglich, dieses Geblubber. Ich bin nicht mal gespannt drauf, was die „klarstellen“ wollen. Klartext: Sollte der Sportausschuss am 12. November nicht endlich handeln, hat er auch das letzte Quäntchen Kredit verspielt. Ich finde, der Entzug aller Steuermittel ist eine sehr feine Sache. Das würde weh tun und anderen Verbänden auch zu denken geben. Ich rede von Entzug, nicht Sperre. Es gibt kein Grundrecht auf Steuermittel, auch wenn das jetzt angesichts der Bankenturbulenzen ziemlich einfältig klingt.
Und es gibt auch nicht wirklich viel zu diskutieren. Die Geschichten sind ziemlich klar für alle, die nur hinschauen wollen. Und zwar seit Jahren und Jahrzehnten.
Martin Wolf: «Wenn ich sowas höre, platzt mir der Kragen»
http://www.rad-net.de/index.php?newsid=16004
Ah, jetzt, ja! Der BDR hat mit Straßenradsport eigentlich gar nichts zu tun. Die wesentlichen Säulen des BDR sind BMX, Radball und Kunstradsport… ;-)))
Das ist ein Wahnsinn. Danke, Ralf. Bin mal auf die Pressekonferenz gespannt, die der BDR gerade gibt. Ich habe den Wortlaut dieser Meldung oben in den Blogeintrag eingebaut. Das ergänzt doch das sportpolitische Panoptikum recht schön.
Du schreibst: „Gerade hat der BDR auf seiner Internetseite dies veröffentlicht“
Vermutlich erhälst Du in den nächsten Minuten eine Beschwerde-Mail des rad-net-Redakteurs, der sich als „unabhängig“ vom BDR betrachtet… ;-)
merci. ist korrigiert. ob bdr-organ oder nicht, ich habe keine lust, mich wegen solcher nichtiger spitzfindigkeiten zu streiten.
Eine aufschlussreiche Übersicht über einen Teil des BDR-Personals:
http://www.cycling4fans.de/index.php?id=4133
Der Entzug von Fördermitteln ist ein Mittel, welches den deutschen Radsport ja nicht unvorbereitet treffen kann. Auch im Fall Florian Busch wurden die Fördermittel an den DEB eingefroren und das in einer Konstellation, in der ein sechs Mal in einem Monat getesteter Spieler den siebten Test aufgrund eines Restaurantbesuches verweigerte, ihn aber noch am selben Abend nachholte. Sämtliche weiteren Tests waren ebenso negativ, wie die seiner Sportskollegen.
Der DEB hat mit dem Spieler auch nur wenige Kontakte im Jahr, das Tagesgeschäft regelt die DEL, die nicht dem DEB untersteht.
Spätestens hier hätte dem BDR klar sein müssen, dass so etwas droht. Angesichts der Überführungen im Radsport hätte der BDR sich hier viel stärker mit einer „Kampf gegen Doping an allen Fronten“-Einstellung positionieren müssen und nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Profis schon nicht mehr dopen werden.
Lieber BDR; warum sollten die Radsportler eine Extra-Wurst kriegen und anders behandelt werden, als andere Verbände?
Rudolf Scharping: «Propaganda auf dem Rücken anderer»
http://www.rad-net.de/index.php?menuid=9&newsid=16010
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@Michael – DEB ist ein gutes Beispiel. Der Spieler wurde bis heute nicht bestraft. Ein verweigerte Probe wird in anderen Verbänden wie eine positive Probe behandelt. Auch wenn sie später nachgeholt wird. Manipulationen sind da nicht ausgeschlossen.
Dann wurden vor der laufenden Saison gleich neuen Nationalspieler (7 Männer, 2 Frauen) bei Trainingskontrollen nicht angetroffen. 9 Nationalspieler/innen innerhalb sehr kurzer Zeit. So etwas habe ich noch bei keinem anderen Verband erlebt. Einige dieser Sportler wurden wegen wiederholtem nich Antreffen innerhalb von 18 Monaten mit drei Monaten Sperre bestraft. Später wurden die Sperren aufgehoben, zum Saisonende wird neu verhandelt. Die Sperren dürften dann in die Saisonpause fallen.
Dann noch die Frage, wann der letzte Spieler aus USA oder Kanada in Deutschland überhaupt getestet wurde. Antwort – noch nie!
Sieht man sich die Kontrollstatistiken in Deutschland an, sind auch diese Zahlen sehr interessant. Radsport Trainings- und Wettkampfkontrollen insgesamt 862, davon auf EPO untersucht 344, Blutkontrollen 71
Eishockey Kontrollen insgesamt 205, Epo-Kontrollen 2, Blutkontrollen 0
Wenn man jetzt die Auffälligkeiten trotz genauerer Untersuchungen vergleicht, sieht der Radsport im Vergleich zum Eishokey doch gar nicht so schlecht aus.
Ob bei Kontrollen wie im Fußball, Bakettball oder Eishockey üblich, überhaupt ein Radsportler aufgefallen wäre ist sehr unwahrscheinlich. Von daher sehe ich schon eine Verbesserung in den letzten Jahren.
Das soll jedoch die Radsportler und den BDR nicht in ein besseres Licht rücken, lediglich mit den Vergleichen harpert es etwas.
rad-net.de: Trotz inhaltlichen Konsenses: BDR drohen mit Streichung von Bundesmitteln finanzielle Turbulenzen
http://www.rad-net.de/index.php?newsid=16103
Herr Scharping sagt: «Das ist Populismus auf dem Rücken anderer»
Und das folgende ist kein Populismus, Herr Scharping?
«Das heißt für uns, wegen des Profi-Radsports der Männer, für den der Verband lediglich rund ein Prozent der öffentlichen Mittel ausgibt, müsste sich der BDR mit dem Thema einer drohenden Insolvenz befassen und einen Teil seiner rund 30 Beschäftigten in die Arbeitslosigkeit entlassen»
dpa: Scharping kommt zur Doping-Anhörung
http://www.all-in.de/nachrichten/sport/rundschau/sportpolitik/news/Sport-News-Sportpolitik-Radsport-Doping;art334,432333
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ZEIT: Nicht weitersagen: Ein neuer Dopingfall
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Peter Rauen (CDU):
HMH im FR-Interview mit Jörg Hanau: „Die Chance war einfach zu verlockend“
Nachhilfe für den Mathe-Lehrer:
cn (13.05.11): L’Equipe calculates index of suspicion for teams and nations
gerade im fall katjuscha sind die berühmten lebenssachverhalte derartig vielfältig, dass dem normalsterblichen fast schon schwindlig werden muss: da ist der teamchef praktischerweise auch gleich der verbandpräsident der russischen radfahrer und außerdem auch noch häuptling beim sponsor (ITERA). von daher ist es vielleicht nicht mehr ganz so verwunderlich, dass der sportskamerad alexander kolobnev — der (bislang) einzig überführte doper der diesjährigen tour de france — daheim statt einer dopinganhörung (hat der
teamchefverband das verfahren mittlerweile wenigstens mal eingeleitet?) erstmal einen orden für seine „verdienste um das vaterland“ verliehen bekam.aber wie war das? je weniger die anderen dopen, umso besser sind unsere chancen.
@cf#27
„physical culture“ und „knight of the order of merit“ und „verdienste um’s ‚motherland‘ (wie unser berühmtes ‚vaterland‘ interessanterweise da drüben im Alten Reich der russenmafia heisst)“:
Ohgoddogoddogodd – genau! Genau das ist der anschluss an die global herrschende Pathokratie (A. Łobaczewski)! Auch die russischen radfahrer haben’s längst begriffen: sportpolitik rules supreme!
Der Fritz Nietzsche gab dieser zeitenströmung bereits seinerzeit sein Dacht’l – wie wir in Bavaria die ohrfeige gerne nennen – mit und nannte sie „die Exstirpation des Geistes“.
Wie ditte den najel bzw. dit‘ hirn vom kopp radelt: Ne, da hast’e vollkommen recht!
Da wird mir auch übel.
Der nächste, der einen orden kriegt, heisst Joachim Löw.
Wolfgang Hettfleisch in der Berliner Zeitung (16.09.): Ein Mann für die Bosse
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