Das Forschungsprojekt Dopinggeschichte, das hier im Blog bereits seit Oktober diskutiert wird, ist umstritten. Auch Ausschreibung und Vergabe des Projektes, das laut DOSB/BMI Bahnbrechendes leisten soll, sind umstritten und nicht eben transparent. Merkwürdig zudem, dass die Propaganda die dubiosen „Ehrenerklärungen“ als Bestandteil dieses „wissenschaftlichen“ Projektes wertet. Um die Diskussion mit Argumenten zu erschweren – hier der Brief, den Professor Gerhard Treutlein am 5. November 2008 an den Direktor des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp), Jürgen Fischer, geschrieben hat:
Betr.: Forschungsprojekt Dopinggeschichte (vgl. Ausschreibung Oktober 2008)
Sehr geehrter Herr Fischer,
nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, keinen Antrag zu stellen. Nachfolgend werde ich die Gründe für meine Entscheidung aufführen, die Sie bitte der entsprechenden Kommission und den Gutachtern zur Kenntnis bringen wollen.
Folgende Negativerlebnisse mit dem BISp liegen meiner Entscheidung zugrunde:
- So genannte „Gutachten“ der Herren Keul und Klümper zum Manuskript unseres Forschungsprojekts von 1971 – 1974 (Pfetsch et al.) (nachzulesen bei Singler/Treutlein 20074, S. 357 – 384), für die sich nie jemand entschuldigt hat, trotz mehrerer Aufforderungen durch mich.
- Ablehnung von zwei Forschungsanträgen 1991 und 1992 zum Doping in der DDR und der BRD (zum zweiten Antrag wurde mir von einem Referenten des BISp bestätigt, dass er gut war) – Ergebnis des Vorhabens, das dann vorwiegend auf privater Basis finanziert wurde, sind die Veröffentlichungen von Singler/Treutlein (2000,2001), Arndt/Singler/Treutlein (2004) und Knörzer/Spitzer/Treutlein (2006).
- Nichtbeantwortung von 2 Schreiben an den BISp-Direktor Dr. Büch (mit der Bitte der Möglichkeit der Einsichtnahme in Forschungszwischen- und Endberichte zu genehmigten Forschungsvorhaben der Sportmediziner Keul, Kindermann, Hollmann, Liesen (Schreiben vom 1.2. und 1.8.2000).
- Aktivitäten des Herrn Dr. Müller-Platz gegen meine Person – er dürfte wohl immer noch der Hauptverantwortliche des BISp für die Dopingthematik sein. Er hat während seiner Amtszeit bei der Aufgabe der Aufarbeitung der westdeutschen Dopinggeschichte aus meiner Sicht völlig versagt.
- Nichtumsetzen von relevanten Informationen (z.B. durch Dieter Quarz und Ralf Meutgens) in Forschungsaufträge.
- Fehlende Umsetzung der Ergebnisse von Forschungsprojekten in Aufträge zur Umsetzung in Praxisrelevanz.
- Ablehnung meines Antrags im November 2007 zur Erhebung der Präventionsaktivitäten in Deutschland zwischen 2004 und 2007. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Formulierung eines Antrags und das Ausfüllen von vielen Formularen als Zeitverschwendung an. Ich habe aber auch inhaltliche Probleme.
- Im Prinzip enthalten die Bücher von Berendonk, Bette/Schimank, Meutgens und Singler/Treutlein alle wesentlichen Fakten. Erkennbare Konsequenzen wurden daraus nicht gezogen; der deutsche Sport und auch die Politik haben weiter agiert, als sei nichts gewesen oder nichts bekannt. Es steht von daher kaum zu erwarten, dass das Ergebnis einer weiteren Forschungsarbeit zu deutlicheren Konsequenzen führen würde.
- Von den 45 Zeitzeugen, die Andreas Singler und mir zur Verfügung standen, ist ein Teil bereits verstorben. Während Sportlerinnen und Sportler unserem Eindruck nach recht ehrlich geantwortet haben, war dies aus unserer Sicht umso weniger der Fall, je höher die Funktion des Zeitzeugen im deutschen Sport. Hier wurden meist nur wohlformulierte und oft nichtsssagende Floskeln geäußert. Warum sollte dies Jahre später anders sein oder wo sollen bisher nicht benutzte Dokumente auftauchen?
- Zeitzeugen, die etwas aussagen könnten, wie z.B. Prof. Dr. Clasing, Prof. Dr. Steinbach, Prof. Dr. Kindermann, Prof. Dr. Hollmann, Prof. Dr. Liesen (oder Kristin Otto zur Frage der Integration in Gesamtdeutschland nach der Wende) werden dies nicht im nötigen Umfang tun, geschweige denn Ärzte wie Dr. Heinrich, Dr. Huber, Prof. Dr.Schmidt u.a.m.. Warum sollten sie auch, wo sie dies schon in der Vergangenheit nicht getan haben. Wo sollen also neue Erkenntnisse herkommen?
- Interessant wäre ja schon, wer solche in der Zwischenzeit schon fast sporthistorischen Figuren wie Clasing, Huber, Kindermann, Hollmann u.a.m. in entsprechende Gremien befördert hat, die entweder sich in der Dopingbekämpfung engagieren sollten oder über Forschungsanträge, die aus unserer Sicht eher zu staatlich geförderter Dopingforschung geführt hat. Darüber dürfte es im Zweifelsfall keine aussagekräftigen Protokolle geben oder der Zugang wird verweigert werden, oder noch besser: Entsprechende Unterlagen wurden vernichtet. Als Erstes könnte das BISp ja die Unterlagen zu den Testosteron-Forschungsprojekten der 80er Jahre offen legen.
Es bleibt also die Frage: Was ist der Sinn dieses Forschungsvorhabens und welches Ergebnis wird angestrebt?
Wir haben es mit der gleichen Problematik zu tun wie bei der Aufarbeitung der Geschichte des Sports im Dritten Reich: Einigermaßen emotionslos wird eine Aufarbeitung erst nach dem Tod wesentlicher Akteure und einer Neubesetzung wesentlicher Gremien und Funktionen durch unbelastete Leute möglich sein; dann fehlen aber erst recht die relevanten Zeitzeugen. Und schriftliche Dokumente dürften dann kaum zusätzlich zu finden sein.
Vor diesem Hintergrund schlage ich eine Abwandlung des Forschungsauftrags vor: Herstellung einer Synopse der oben genannten Bücher und Formulierung von Vorschlägen, wie die Dopingproblematik – auf der Grundlage der Kenntnisse aus der Vergangenheit – in Zukunft angegangen werden soll (vgl. hierzu auch das Gutachten von Singler und Treutlein für die Bundestagsstelle für Technologiefolgenabschätzung im letzten Jahr). Für eine solche Aufgabe kommen nur ausgewiesene Experten in Frage, die auch über die nötige Zeit verfügen wie z.B. Andreas Singler, Giselher Spitzer oder Ralf Meutgens. Ohne diese bereits vorliegende Kompetenz könnte die Umsetzung des ausgeschriebenen Auftrags in einer Geldverschwendung münden.
Mit freundlichen Grüßen!
Prof. Dr. Gerhard Treutlein
Tagesspiegel: Belastende Mittel
Interessant
Pingback: Notizen vom Sportausschuss (11): “eine besondere Art Mensch” : jens weinreich
Daniel Drepper für das ZDF: Das befleckte Symbol – Trotz Kritik finanziert der deutsche Sport ein fragwürdiges Projekt
Daniel Drepper für ZEIT online: Bundesinstitut vergibt dubiosen Auftrag zur Dopingforschung
BISP machts kurz:
http://www.bisp.de/cln_090/nn_15936/DE/Aktuelles/Nachrichten/2009/Doping__in__Deutschland__Start.html
Die Inzucht passt irgendwie zum Thema :(
Nachfrage, vielleicht bei Daniel Drepper, der ja hier gelegentlich mitliest: Ist das rechtlich zulässig, dass ein Wissenschaftler, in diesem Fall Elk Franke, der eine Ausschreibung entwirft (mit einem 40-seitigen Konzept, wie Sie seinerzeit hier gebloggt haben) und bestimmt nicht unhonoriert, sich dann erstens bewirbt für selbst formulierte Anforderungen, und zweitens auch noch den Zuschlag bekommt? Oder ist das sozusagen ein juristisches Desiderat im ansonsten ja durchaus geregelten Wissenschaftsbetrieb?
@ha: Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Vielleicht können die Juristen im Blog mehr dazu sagen. Es scheint aber wohl kein Einzelfall zu sein. Tut mir leid, dass die Antwort so lange gedauert hat und dann noch so nichtssagend ausfällt ;)
Daniel Drepper für ZEIT online: Kritik am Bundesinstitut – Obersten Sportwissenschaftlern droht das Aus
@ Daniel Drepper: Auch ein Schelm, wer Boeses dabei denkt, das der Zeit-online-Artikel einen Tag vor der geplanten Veroeffentlichtung des Berichtes erschien ;-)
Koennte es sein, dass ein gewisser Anteil Neid anderer Forschungseinrichtungen bei der Bewertung der Ausschreibung eine Rolle gespielt hat? Als einziger Ausweg bleibt wohl — Geld, das eine Forschungseinrichtung aus Guenden von „Interessenverquickung“ nicht mehr ausgeben darf, wird auch keiner anderen Einrichtung fuer, sagen wir, drei Jahre zur Verfuegung gestellt.
Zum juristischen: Es wird im Zuwendungsrecht hoffentlich Vorschriften geben, die solche Vorgaenge verhindern koennen, ich kenne mich da aber nicht aus. Eine Straftat koennte es nur dann sein, wenn man eine Absprache nachweisen kann (Beguenstigung/Bestechung?). Das Problem bei diesen Taten ist, dass es keine Opfer als Zeugen gibt und man auf den („anscheissenden“) Neid der Mitbewerber angewiesen ist.
Es bleiben (jetzt wird es abstrakt!), wenn keiner auspackt, nur Indizien, um Absprachen oder eventuelle kickbacks zu beweisen. Als Gegenargument steht im Wissenschaftsbetrieb wohl immer, dass durch eine zunehmende Spezialisierung auf vielen Gebieten einfach sehr wenige Bewerber mit passenden Konzepten und Erfahrungswerten unterwegs sind und es deshalb in der Natur der Sache liegt, dass dieselben Leute immer wieder mit denselben Leuten…. Das ist aehnlich wie bei Bundesliga-Trainern, wo der hie Geschasste ja auch mal schnell zum naechsten auf Besseung hoffenden Verein wechselt, oder bei Themen wie Stasi- oder anderer Geheimdienstberichterstattung.
Es ist ansonsten nicht verwunderlich, dass derjenige, der die Ausschreibung entwirft (und von der Herangehensweise wissenschaftlich ueberzeut ist), dann auch das passendste Angebot macht. Denn er haelt es wissenschaftlich ja fuer richtig, was er vorschlaegt, und hat sicher die passenden Antworten. Im kleinen Zirkel geritten, mag das ganze sogar in sich stimmig sein.
@nocheinjurist: Der Zeit-Artikel ist am Donnerstag, also einen Tag nach der Absage im Haushaltsausschuss (der am Mittwoch tagte), erschienen. Zur Neid-Frage: Welche Ausschreibung meinen Sie? Die Ausschreibung des Doping-Projektes?
Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (41): “Dream Chasers” : jens weinreich
@ Daniel Drepper:
Im verlinkten Artikel ergibt sich der Eindruck, er sei vor der Absage erschienen. Anders haette Herr Hagemann kaum darauf reagieren koennen, dachte ich mir unbefangen beim Lesen
Ja, es ging um jene Ausschreibung. Mich interessierte, wer vielleicht sonst die Ausschreibung durchgefuehrt haette. „Cui bono?“ hiess das wohl frueher mal.
@ nocheinjurist: Ah, ok. Mit den angesprochen Vorwürfe sind diejenigen aus den beiden vorhergehenden Beiträgen gemeint (im Text verlinkt).
@ Daniel Drepper: Keine Vorwuerfe. Und es war ja die Meinung von Juristen gefragt. Versuche es ann nochmal: Wer haette ihrer Meinung nach wahrscheinlich davon profitiert, wenn nicht das BISp den Auftrag erstellt und vergeben haette?
@ nocheinurist: Kein Problem. Ich bin mir nicht sicher, ob man das so betrachten kann, da das BISp die einzige Bundeseinrichtung zur Förderung der Sportwissenschaft ist. Ich wüsste also nicht, ob solch ein Auftrag derzeit von einer anderen Einrichtung hätte vergeben werden können.
Der Hauptkritikpunkt an dem Projekt ist meiner Meinung nach aber auch die Unsinnigkeit der erneuten Forschung – denn die möglichen Ergebnisse des Projektes sind zum großen Teil ja bereits öffentlich. Hätte man eine Zusammenfassung dieser Veröffentlichungen angestrebt, wären sicherlich die unten im Text genannten Experten passende Kandidaten gewesen. Diejenigen, die sich fast alle nicht auf das Projekt beworben haben.
Danke im Übrigen für die juristischen Erläuterungen!
dlf (mp3): Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft in der Kritik
http://www.taz.de/1/sport/artikel/1/das-optimierte-gehirn/
http://www.translating-doping.de/interaktion/zielgruppen/43/162
Herbert,
dass Sie mal etwas zitieren, das auch ich zitiert hätte ;-)
Und ich finde, man kann es auch umgekehrt sagen: In keinem Bereich der Gesellschaft ist „Doping“ öffentlich so geächtet wie im Sport. Aus gutem Grund. Der Gedanke, der im zitierten Text vielleicht fehlt, aber es ist auch nicht ganz das Thema – woher Doping, historisch betrachtet, in den Sport gekommen ist. Aus einem anderen Teilbereich der Gesellschaften: aus den Armeen. In den Ersatzkrieg, den olympischen.
Auch das sagt etwas darüber, wie schief die Theorie ist, dass Doping, weil im HLS verbreitet, sich gesellschaftlich verbreitet.
@ha
Vllt. bin ich näher an Ihrer Grundauffassung als Sie meinen. Ich trage hier auch nicht jede Nuance des Beitrages. Das Projekt finde ich jedoch sehr interessant, auch wenn es in der Öffentlichkeit zurzeit nicht diskutiert werden wird. Aber darüber kann man bestimmt vieles Gemeinsamkeiten entdecken. Auch das, was Asmuth schreibt,kann man wegwischen oder man kann es considern.
Wenn ich etwas seit der Anwendung des Internets für den Austausch von Meinungen und Positionen gelernt habe, dann das: Schneller und konsequenter kann man sich auseinanderreden. Missverständnisse haben leichteres Spiel, da Nuancen nicht selten untergehen. Gemeinsamkeiten werden kaum gesucht. „Nettigkeiten“und „Labels“ sind schnell verteilt. Kompromisse werden kaum gemacht. Und noch schlimmer,durch die Anonymität hängt man auf Gedeih und Verderb von der Gesprächskultur und/oder gar der – bereitschaft des anderen ab. Außerdem macht Anonymität argwöhnisch, leichtfertig und eitel.
Da oft kaum moderiert werden kann,in den Foren sind die Mods sehr oft überfordert, kann es von einem post zum anderen sofort zum clash kommen, obwohl das von keiner Seite jemals die Absicht gewesen war. Vertrauen schaffen und gute Absichten nachzuweisen, ist im Interent eine Kunst, die nur wenige beherrschen. Trotzdem ist es das Medium, ohne Zweifel.
Grit Hartmann für dradio.de: „Organisierte Unverantwortlichkeit“ – Protest zum Forschungsprojekt „Doping in Deutschland“
Daniel Drepper für dradio.de: Wird das Bundesinstitut für Sportwissenschaft geschlossen?
Nach den ersten Ergebnissen des Forschungsprojektes , die gestern in Leipzig vorgestellt wurden, darf man sagen: doch keine reine Alibi-Veranstaltung wie befürchtet.
Friedhard Teuffel im Tagesspiegel: Spritzen vom Masseur – Die späte Aufarbeitung des westdeutschen Dopings
Das Ende der Unschuld ?
Hoffentlich war´s das nicht.
Es wäre an der Zeit, die Ergebnisse des Projekts als Grundlage einer angemessenen und balancierten Betrachtung der Dopinghistorie in ganz Deutschland zu verwenden. Die DDR hat ja schon regelmäßig ihr Fett weg bekommen. Jetzt wäre eigentlich die alte BRD dran. Aber besser wäre, wenn die Sachlichkeit dabei überwiegen würde. Hysterie hat noch nie geholfen, auch wenn sie einigen – wie man durch die letzten 20 Jahre miterleben durfte – sportpolitisches Vergnügen bereitet.
Daniel Drepper für ZDF online: „Keine Skandalisierung“ – Erste Ergebnisse des Projektes Doping in Deutschland
Keine Skandalisierung. Nein. Um Gottes Willen nicht. Da haben schon die anderen herhalten. Eine erbärmliche Selbstgefälligkeit.
Herbert,
ist ja wirklich putzig, wir wollen keine Einzelpersonen skandalisieren;-)
Aber nein auch, sowas machen wir doch nicht,würde mir auch kein Beispiel einfallen;-)
@ Walter
Man steht da eben drüber. Doping ist ja auch nicht so schlimm. Gab es ja überall. Auch in der DDR. Insofern ist man da in guter Gesellschaft ? Rege dich nicht auf. Man kann solche Fragen auch ohne Emotionen und sehr sachlich wie u.a. bei Jan Ullrich und Claudia Pechstein diskutieren. Die Anfänge der Dopingberichterstattung über deutsche Athleten fanden ja noch aus den Gräben des kalten (Sport)krieges statt. Die sind ja nun zugeschüttet. Insofern freuen wir uns doch auf eine angemessene Betrachtung von Doping in Deutschland. Das wolltest du doch auch immer so ? Oder ?
;) ;) ;)
Herbert,
ich rege mich doch nicht auf, ich liebe diese exorbitante Sachlichkeit in der Dopingberichterstattung.;-)
Ein bißchen hat aber auch Peter Sloterdijk Recht:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,564072-2,00.html
@Walter
Sollten in der (Sport)Medienwelt bei uns denn wirklich die Protestanten die Deutungshoheit und das Sagen haben ? Ich glaub´s denn nicht. Also sind die Katholiken auch zu anderen Betrachtungsweisen als der Abspaltung des Scheins vom Sein fähig. ;)
Im Rede stehenden Fall liegen die Gründe für die Bewußtseinsspaltung doch eher in der Herkunft des politischen Grabens, aus denen das kriecht.
Mal ernsthafter. Mein Misstrauen in die Unabhängigkeit gewisser Kommissionen, Vereine und Strukturen wird dadurch nur wieder stärker.
Hinzu kommt, dass mir zu viele, die sich sonst unabhängig und sofort in der öffentlichen Debatte zu Wort melden, mit „no comment“ glänzen. Man wird doch wohl da nicht etwa befangen sein ?
Prof. Treutlein hat vieles schon vorausgesehen und es scheint Bestätigung zu finden.
Oder ist man doch in der Lage, eine Wende zu vollziehen ?
taz.de: Tom Mustroph: Pervitin zum Frühstück. Erste Ergebnisse einer Studie beweisen: Schon kurz nach dem Krieg wurde kräftig gedopt</a
mit dem in der nazizeit in der wehrmacht eingesetzten – es sollten 35 millionen pillen ausgegeben worden sein – und auch in der zivilbevölkerung äußerst beliebten pervitin wurde einfach weitergedopt.
@herbert
in der beurteilung der nicht erwünschten „skandalisierung“ (durch nennung von ross & reiter) sind wir uns wohl einig. ich finde jedenfalls auch, dass schon allein der mögliche eindruck, dass mit den freiheitlich-demokratischen dopern anders umgegangen wird als mit ihren „kollegen“ im osten, der glaubwürdigkeit und akzeptanz des gesamten forschungsprojekts schaden könnte.
(wenn du jetzt noch mit dem notorischen geplenke aufhören würdest… ;-) )
@ cf
Wir sind uns einig. Das war schon schwer, aber es hat sich gelohnt. Ehrlich.
Der Plenk-Hieb wäre nicht notwendig gewesen. Aber gerne, da habe ich wieder etwas gelernt. ;)
Grit Hartmann für dradio.de: Verschwiegene NS-Vergangenheit – Die bundesdeutsche Sportmedizin und ihre historische Kontinuität
Also haben nicht die beauftragten Wissenschaftler aus Berlin die Kontinuitäten der wichtigsten Sportmediziner von NS zur Bundesrepublik herausgefunden, sondern es war die Recherche von Grit Hartmann für den DLF. Ich habe das doch richtig verstanden, oder?
danieldrepper.de: Bundesinstitut für Sportwissenschaft: Intransparenz + Vetternwirtschaft?
bundestag.de: Forscher: Amphetamin-Missbrauch gehörte schon in der Nachkriegszeit zum Alltag des Leistungsports
SPIEGEL: Historiker aus Berlin und Münster beschreiben staatlich geförderte Dopingforschung in Westdeutschland
Herbert Fischer-Solms im DLF-Gespräch mit Philipp May: Staatsdoping auch im Westen – Historikergutachten zeigt, dass auch in der Bundesrepublik in großem Stil manipuliert wurde
sid: Vorerst keine Konsequenzen aus Dopingstudie
DRadio Wissen: Doping in Westdeutschland – Ein Gespräch mit dem Sportjournalisten Stefan Osterhaus
dpa: Alles für Siege: «Kolbe-Spritze» und «Pornostudie»
FAZ-Kommentar von Anno Hecker: Doping kennt keine Grenzen
Michael Reinsch in der FAZ: Staatlich gefördertes Doping
Tagesspiegel-Kommentar von Friedhard Teuffel: Doping Ost, Doping West
Friedhard Teuffel im Tagesspiegel: Rückhalt von ganz oben
Oliver Händler im ND: Ebenso inakzeptabel
Stefan Osterhaus in der FTD: Staatsknete für Doping – auch im Westen
In Kürze mehr zum Staatsdoping in der alten BRD.
Ich bin ja gespannt, ob sich die bekannten Protagonisten gegen DDR-Doping jetzt auch äußern oder einfach nur schweigen. Aber dann braucht man mit ihnen auch nicht mehr zu reden, da ihre bisherigen Motive so etwas von desavouiert sind. Oder ging es etwa lediglich um den sauberen Sport ?
Die gesamte Diskussion zur Hall of Fame erscheint jetzt unter einem ganz anderen Licht.
Hämisch sollte man bei den letzten BiSp-Enthüllungen nicht sein. Jedoch eine gewisse Genugtuung, dass man nicht so blöd war, wie man behandelt worden ist, schon. Wie vielen ostdeutschen Sportler wurde Unrecht getan ???
Da kann man nur hoffen, dass das Gleiche nicht ihren westdeutschen SportkameradInnen geschieht.
@ Herbert:
Aus dem ND-Kommentar:
MZ-Kommentar von Christian Elsaeßer: Zerstörter Mythos
@Raqlf
Du missverstehst mich. Ich habe ersteres nie gut geheißen, mich jedoch stets gegen eine einseitige unangemessene Verurteilung, teilweise sogar Ausgrenzung, gewendet. Und übrigens. Wer hier was zuerst gemacht hat, ist doch auch nicht so klar, wie es kolportiert wird.
Die bislang gelaufenen Aufarbeitung war jedenfalls unehrlich und nicht klug. Es wäre interessant zu erfahren, wie die und überhaupt viele der bekannten Akteure, wenn es gegen Doping im Osten ging, sich jetzt positionieren.
Meine Vermutung ist, dass man sich in der Thematisierung zurückhält. Da die evtl. Aufarbeitung ja sicherlich – bis auf die bekannten Namen ( verstorben, pensioniert)- nicht mit großartiger Benennung von Roß und Reiter erfolgen wird., wird es nie so persönlich wie im Osten werden.
Fest steht, dass auch im Westen die Politik ihre Hände im Spiel hatte und sich jetzt mal äußern müsste. Auch, um die ganze Diskussion – die bislang vor allem auf Kosten der ostdeutschen Sportler betrieben wurde – mal angemessen und vom Kopf auf die Füsse zu stellen. Und das hat mit etwaiger Rechtfertigung gar nichts zu tun.
Aber ich bin realistisch genug, um zu begreifen, dass man da vllt. auf verlorenen Posten steht.
Thomas Kistner in der SZ: Stille Verabredung
taz-Kommentar von Markus Völker: Wieder keine Einzeltäter
Michael Krüger im taz-Interview: „Chancengleichheit der Westathleten“
Boris Herrmann in der SZ: Frischluft im Gesäß
Thomas Kistner hat Recht. Dazu braucht man kein Verschwörungstheoretiker zu sein. ;-)
MOZ: Vizechef des Bundestags-Sportausschusses lehnt parlamentarische Untersuchung des Dopingsystems in Westdeutschland ab
Martin Beils in der RP: Die rheinische Doping-Historie
Michael Reinsch in der FAZ: Doping als Familiensache
Jörg Winterfeldt in der Berliner Zeitung: Wissenschaftlicher Blindflug
WAZ-Kommentar von Reinhard Schüssler: Die bittere Doping-Wahrheit
Marcel Reinold (Universität Münster) im ND-Interview: Wie förderte die BRD Doping?
interpool.tv: Doping in der BRD
mit den Zusammenfassungen der Humboldt-Universität zu Berlin und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster…
Aufschlussreich sind vor allem im Spitzer-Papier die folgenden Passagen (unter 3. Ergebnisse in Thesenform, S. 16 und 17):
Zur Problematik unvollständiger Quellen ist im Papier u.a. vermerkt:
An einen Sturm der Entrüstung, vor allem medial, über den Umgang mit der eigenen (Doping)Vergangenheit bei gleichzeitiger Verurteilung, sowohl strafrechtlich als auch öffentlich moralisch-ethisch, des ehemaligen Konkurrenten DDR ist nicht zu denken. Scheinheiligkeit, Heuchelei, weiterer Verlust der Glaubwürdigkeit und andere Charakterisierungen, die ich mir hier lieber spare, fallen mir da spontan ein. Jeder soll selbst beurteilen, ob er sich hat täuschen lassen oder Teil der Täuschung war und ist.
Wenn schon, dann wäre eine gemeinsame und und gleichberechtigte Aufklärung und Aufarbeitung der Dopingpraktiken im wiedervereinigten deutschen Sport angemessen gewesen. Der Sieger hat aber die billige Masche bevorzugt, sich der überlassenen Archive des Verlierers bedient, sie teilweise sogar ins Ausland gebracht und dann auf Teufel komm raus vor allem gegen einzelne Sportler genutzt. Datenschutz und Schutz der Persönlicheitsrechte, die jetzt gefordert werden, kamen dabei den „Aufklärern“ nicht in den Sinn. Statt dessen wurde nicht vor Generalverdacht, Verleumdungen und Beleidigungen Halt gemacht.
Ein weiteres schönes Kapital des deutschen Sports – wohlgemerkt nach der Beendigung des kalten Krieges – darf aufgeschlagen werden. Wahrheit und Gerechtigkeit im deutschen Sport sind leider auch nur selektiv.
Oder ich täusche mich und darf bald eine TV- Dokumentation über Doping in der „alten“ BRD von vllt. Hajo Seppelt in den ÖR unter dem Titel „Doping und Sühne“ sehen. Das könnte mich dann schon wieder ein wenig versöhnen. ;-)
anstoss-gw.de: Auch bei uns gab es Staatsdoping
Hier ein Beitrag, der mE auf einen relevanten Punkt hinweist.
http://www.jungewelt.de/2011/09-30/028.php
Anno Hecker in der FAZ: Gesamtdeutsches Dopen
Prof. Dr. Giselher Spitzer im ZDF-Interview: „Politik unterstützte Doping“
Deutsche Sporthochschule Köln: Keine dopingrelevante Forschung
sid: Doping-Jäger Franke holt zum Rundumschlag aus
cycling4fans.de: Deutsche Ärzte und Doping: Wildor Hollmann
Giselher Spitzer im Interview mit der „Presse“: „Ärzte haben Anabolika verharmlost“
Ralph Hartmann in Ossietzky :
Freiheitlich-demokratisches Doping
Michael Krüger im Interview (13.10.): Historiker spricht über Doping im Ost-West-Vergleich
Gerald Müller in der TA: Doping im Westen beschäftigt Thüringen
incl. der Stellungnahme des LSB, Kommentaren von Landespolitikern und einem online-Kommentar von Prof. Dr. Gerhard Treutlein…
Ein schöner Satz aus der Stellungsnahm des LSB Thüringen. Das man da nicht früher drauf gekommen ist ? Oder gilt das nur für Westdeutsche ? Ein Schelm, der Arges dabei denkt.
Herbert, ich denke, die Geister scheiden sich am „ganz anderen beruflichen Spektrum“…
TA: Eine Million Euro weniger für Landesportbund befürchtet
Gut verstecktes Interview im „Spiegel“:
Rotwein im Kofferraum Sportarzt Heinz Liesen über Doping im Kalten Krieg, Ohrfeigen bei Olympia und den Appetit von Fußballern
cycling4fans.de: Doping in der BRD – 1980er Jahre
SPD: Doping-Praxis in der alten Bundesrepublik umfassend aufklären
#73, schade, dass die heutige Sportausschusssitzung durch die Entscheidung von CDU/CSU und FDP vom 26. Oktober 2011 nicht-öffentlich war. Ich hätte mir die politische Beratung im Ausschuss sowie die Expertise der Sachverständigen heute gerne vor Ort angehört.
# 73
Und wieder der Versuch auf Zeit zu spielen. Das ist ja an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten. Peinlich, lächerlich, skandalös und was noch ?
Das ist nicht der Versuch eines Zeitspiels, sondern das ist schlichtweg Altherren/damen-Fußball, der im Sportausschuss gespielt wird!
Was wäre bei einem derartigen Tagesordnungspunkt „Zwischenbericht des Dopingforschungsprojektes“ alles möglich gewesen, z.B. die Einladung der Zeitzeugen:
– Ferdi Tillmann (CDU, Sportausschussvorsitzender 1980 bis 1994),
– Wilhelm Schmidt (SPD, Initiator der Kleinen Anfrage der SPD im Jahre 1991),
– Manfred von Richthofen (DSB-Vizepräsident, leitende Funktion in Kommissionen ab 1991),
– Klaus Gerster (CDU, 1991 Leitder der AG Inneres und Sport der Bundestagsfraktion von CDU/CSU und Initiator eines wichtigen Briefwechsels mit dem BMI).
– damalige BMI-Beamte.
Dieser Sportausschuss agiert völlig geschichtslos und ist weitgehend kompetenzfrei.
@76, ich meinte natürlich Johannes Gerster (CDU….).
Herbert,
sie wissen nicht, was sie tun ;-)
Walter, ich muss dir widersprechen. Sie wissen ganz genau, was sie tun. Sie glauben nur, dass es keiner merkt.
Herbert,
ich denke , sie merken nicht, dass es keiner glaubt ;-)
Herbert,
hast du gesehen ? Claudia auf dem Podest ;-)
Habe ich verpasst, dass sich schonmal einzelne Teilnehmer an ihrer Einzelverfolgung entschuldigt haben? ;-)
Walter, wenn man das Agieren des Sportausschusses mit Geschichtslosigkeit und Kompetenzfreiheit erklären kann, muss sich ja der Souverän berechtigte Sorge um die Integrität seines Parlaments machen.
Bertolt Brechts Äußerung erscheint zeitlos:
„Es ist klar aus allem, daß Deutschland seine Krise noch gar nicht erfaßt hat. Der tägliche Jammer, der Mangel an allem, die kreisförmige Bewegung aller Prozesse, halten die Kritik beim Symptomatischen. Weitermachen ist die Parole. Es wird verschoben und es wird verdrängt. Alles fürchtet das Einreißen, ohne das das Aufbauen unmöglich ist.“
Walter, nein hab ich auch verpasst.
Klasse, Claudia. Mit 0,08 sek. hinter der Niederländerin Mariska Huisman Zweite und damit bereits die 3. Silbermedaille in Astana. Da gab es ja vor Monaten sogar welche im Sportausschuss des Deutschen Bundestages, die meinten, man müsse ihr die Sportförderung streichen, weil sie zu alt sei. Ob die sich jetzt schämen ? … Ich glaube leider nicht. Sie sinnen auf Gegenmassnahmen. ;- )
Leider sieht man an den Erfolgen allerdings auch, dass ihr echt zwei Jahre geklaut worden sind.
Als ich gestern mit einem Sportjournalisten über ihren Fall sprach, war ich hinterher erleichtert, dass es auch in dieser Branche noch Leute gibt, die keinen gestörten Blick bekommen, wenn ihr Name fällt.
http://www.zeit.de/news/2011-11/27/wintersport-pechstein-bei-massenstart-premiere-auf-platz-zwei-27123602
Daniel Drepper für derwesten.de: Doping-Missbrauch in Hamm von höchster Stelle gedeckt
danieldrepper.de: Doping in Westdeutschland konkret: Das Beispiel Hamm
# Kommentar Nummer 76 von MB: Touché!
@#85, danke. Du erinnerst Dich sicher auch noch an die 50. Sitzung des Sportausschusses in der letzten Wahlperiode am 9. April 2008. Kurzerhand wurde DOSB-Ehrenpräsident Manfred von Richthofen als „Person der Zeitgeschichte“ in den Ausschuss eingeladen, um seine Einschätzung im Vorfeld der OS von Peking zu geben.
Das war ein gutes Beispiel dafür, dass ein selbstbewusster Ausschuss(vorsitzender) immer Wege für sachgerechte und öffentlichkeitswirksame Lösungen finden kann.
Grit Hartmann für den DLF: „Nicht zu rechtfertigen“ – Sportmedizin-Professoren streiten um Dopinghistorie
Pingback: Bedeutender Schlag gegen Doping-Händler in
Andreas Strepenick in der NZZ: Staatlich subventionierte Anabolika-Forschung
MDR (Sa, 14.04.2012, 16:30 Uhr): „Wir gegen uns“: Olympisches Wettrüsten – der Weg nach München
cycling4fans.de: Pressespiegel Doping 1959-1997 – deutsche Presse
MDR (So, 29.04.2012, 17:15 Uhr): „Wir gegen uns“: Die deutsch-deutsche Medaillenjagd
MDR (So, 22.04.2012, 17:15 Uhr): „Wir gegen uns“: München ’72 – zu Besuch beim Klassenfeind
BISp: Ausschreibung Forschungsprojekt Evaluation Dopingpräventionsplan
bisp.de: „Doping in Deutschland…“ – Ergebnispräsentation
Flyer: Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation
Öffentliches Symposium
Probleme gesamtdeutscher Aufarbeitung am Beispiel der Aufarbeitung von Doping in Westdeutschland
der Arbeitsgruppe „Aufarbeitung und Recht“
im Studien- und Forschungsschwerpunkt „Medienrecht“
der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
am 8. November 2012 in Frankfurt (Oder)
Eben noch aufgelöst, jetzt wieder vereint: die Berliner Forschungsprojektgruppe.
Comeback oder Gegenveranstaltung?
Mathias Hausding und Daniel Drepper für das WAZ Rechercheblog: Verhinderte Doping-Aufklärung: 500.000 Euro-Projekt versinkt im Chaos
Man kann Daniel Drepper und Mathias Hausding nur danken, dass sie sich mit gründlicher Recherche diesem Eklat gewidmet haben.
Eigentlich gibt es nichts mehr zu kommentieren, wie feige sich der deutsche Sport aus der Aufklärung der eigenen Dopingvergangenheit verabschieden will. Mit Kompetenzentzug der Forscher, Kooperations- und Mittelverweigerung und gar Androhung der Zurückzahlung von 200.000 EURO sowie unüberwindbaren Datenschutzforderungen – also das ganze Programm – will man den Mantel des Schweigens darüber stülpen.
Was mich lediglich noch interessieren würde, ist, wie hoch Einfluss und Druck der Politik auf diesen massiven Versuch der Vertuschung sind.
BISp = BMI :)
Sie meinen, was die Forderung nach juristischer Begründung betrifft ?
Ja, zum Beispiel. Ich kann wenig zu den genauen Einflüssen sagen. Aber ganz grundsätzlich ist klar: Das BISp wird zu 100 Prozent vom BMI finanziert. Die machen nichts, was dem BMI nicht gefällt.
… wenig sagen …
Morgen sind wir schlauer und hoffentlich nicht um ein weitere Illusion reicher.
Schließe mich der Fraktion derer an, die diese Präsentationen mit Spannung erwarten – und auch dem Beifall für Daniel Drepper + Kollegen dafür, dass sie versucht haben, diese verworrene Sache ausgewogen darzustellen.
Dass man davon ausgehen kann, dass BMI/BISp und DOSB Schwierigkeiten hatten mit dem, was die Berliner schon in den letzten, wirklich beeindruckenden Zwischenberichten zutage gefördert haben – das sehe ich auch.
Überzeugt hat mich dabei, dass sämtliche Beteiligte (Berliner und Münsteraner – Michael Krüger ist ja für derartige Kritik nicht bekannt) bzw. der von Drepper als „neutraler Experte“ befragte Karl Heinrich Bette von gänzlich unüblichen Datenschutzanforderungen bzw. außergewöhnlich hohen juristischen Hürden sprechen. Ein probates Mittel, um unliebsame Sachverhalte zu unterdrücken bzw. daran Beteiligte herauszuhalten. Allerdings wäre Genaueres dazu, wo diese Anforderungen das wissenschaftlich Übliche überschreiten, hilfreich – denn ein gewisses Maß an Berücksichtigung von Persönlichkeitsrechten ist üblich.
Grundregel: Es gelten Sperrfristen, bin nicht sicher, ob 30 Jahre. Ansonsten muss der Betroffene in die Namensnennung einwilligen oder – hier wird es schwer interpretationsanfällig – die Namensnennung ist für die Darstellung von Forschungsregebnissen zur Zeitgeschichte unerlässlich und überwiegt die Datenschutzbelange.
Beispiel dafür, was da noch so alles eine Rolle spielen kann, zuerst natürlich die Quellenlage: der Umgang mit Stasi-Mitarbeitern. Ein Verdacht reicht zur Nennung des Klarnamens nicht bzw. zieht mit einiger Garantie juristische Gefechte nach sich; eine unterschriebene Verpflichtungserklärung hingegen gilt als Beleg und (in der Regel) als Freibrief zur Veröffentlichung.
Heißt: Einige Beispiele wären nützlich, um nachvollziehbar zu machen, welche ungewöhnlichen Anforderungen das BISp (meint selbstverständlich das BMI) formuliert hat. Präzise: Ist die Vereinbarung zur „Auftragsdatenverarbeitung“, die die Berliner vor der Vorstellung ihrer letzten Zwischenberichte (im September 2011, da wurden noch Namen genannt) unterschreiben mussten, eine, die speziell für dieses Forschungsprojekt formuliert wurde?
In den Darstellungen beider Seiten tauchen Widersprüche auf, deren Aufklärung nützlich zur Bewertung dieses Eklats wäre:
1) BISp/DOSB behaupten, eine Fertigstellung des Berliner Abschlussberichts sei nicht zu erwarten, deshalb werde die Rückforderung von 200.000 Euro geprüft. Auch Drepper schreibt: „Große Teile der letzten Projektphase, der Jahre 1990 bis 2007, sind bis heute nicht bearbeitet.“ Berliner behaupten, ein 800seitiger Abschlussbericht sei ans BISp gegangen.
Erklärt sich u.U. damit, dass BISp einen Abschlussbericht, der den Umgang mit Persönlichkeitsrechten nicht geklärt hat, nicht als solchen akzeptiert?
2) Zur Kenntnis nehmen muss man, dass BISp den Forschungszeitraum verlängert hat – das spricht erstmal nicht gegen Aufklärungsinteresse. Für 2010, schreibt Drepper, hat Berlin 10.000 Euro Nachschlag verfallen lassen bzw. „nicht verbraucht“. Wie es dazu kam, bleibt ein bisschen unklar – in der Wissenschaft gibt es eigentlich Wege, derartige bürokratische Formalien zu umgehen.
3) BISp behauptet, die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt würden sukzessive in diversen Zeitschriften veröffentlicht. Berliner behaupten, sie dürften nichts veröffentlichen.
Aus einer Antwort von BISp-Direktor Fischer auf meine Anfrage, schon im April 2012, damals machten erste Gerüchte von der Auflösung der Berliner Forschungsgruppe die Runde, die Berliner wollten sich aber noch nicht dazu äußern:
Sieht nach Lektüre des Drepper-Beitrags für mich danach aus, als habe das BISp nicht die Wahrheit gesagt, denn danach „dürfen die Forscher nichts veröffentlichen, was nicht vom BISp abgesegnet ist“.
4) BISp und Humboldt-Uni behaupten, die Berliner hätten ihre Teilnahme an der Präsentation „im Nachgang abgesagt“. Giselher Spitzer hätte dort gern seine Ergebnisse präsentiert. Also scheint die Forschergruppe auch den Rückhalt der eigenen Uni vermisst zu haben?
5) Die Rolle des wissenschaftlichen Beirates – aus dem z.B. Gerhard Treutlein relativ früh unter Protest ausgeschieden ist – finde ich spannend. Denn sie sagt u.U. Übergeordnetes zum Zustand der Sportwissenschaft in Deutschland.
Abschließende Anmerkungen:
Die neuen und brisanten Erkenntnisse, die die Berliner im Herbst 2011 in ihren Zwischenberichten präsentiert haben, lassen Behauptungen von DOSB /BISp / BMI, die darauf abzielen, die Forscher wissenschaftlich zu diskreditieren, als durchschaubares und ziemlich übles Ablenkungsmanöver erscheinen. Das wird hoffentlich nicht ziehen.
Das Ergebnis, dass der gesamte Zeitraum ab 1990 unbearbeitet bleibt – und allein der Vereinigungsprozess hat ein bezeichnendes Licht auf die ausgeprägte Dopingtoleranz des west- und dann bundesdeutschen Sports geworfen -, ist natürlich bedauerlich. Wessen Interessen das bedient, ist auch klar.
Sehr aufschlussreich. Danke.
Hansjörg Kofink im Interview mit der Berliner Zeitung: „Es sollte viel unter den Teppich gekehrt werden“
Robert Ide im Tagesspiegel: Am toten Punkt
Alles muss nun nicht verlinkt werden. Der Kommentar erzählt nichts, was nicht schon tausendmal erzählt worden wäre. Kommentatoren wie diesem sei Recherche empfohlen – und Aufklärung.
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