Ich bin durch diese Auszeichnung tief bewegt. Es ist ein schönes Symbol, welches gut zu unserer Mission bei der FIFA passt. Unser Ziel ist es, für die Jugend eine bessere Welt zu gestalten, und ich glaube, dass Ihre Philosophie des Friedens in dieselbe Richtung zielt.
— FIFA-Präsident Joseph Blatter
Es wird langsam ernst. Wenige Tage noch bis zu den Blatter-Festspielen, die im Volksmund auch FIFA World Cup 2010™ genannt werden. Das WM-Turnier soll Joseph Blatter ja nicht nur die Wiederwahl, sondern auch den Friedensnobelpreis bescheren. In Zürich hat er zunächst die „Colombe de la Paix de Genève“ eines Schweizer Uhrenherstellers erhalten.
Die FIFA teilte dazu in gewohnt bescheidener Prosa mit:
Doch um was handelt es sich bei der „Colombe de Genève“ – der Taube aus Genf? Es ist eine limitierte Auflage von Uhren, auf denen zwei Tauben abgebildet sind – das Symbol für den Frieden auf der ganzen Welt.
Bei diesem Modell sind auf den sich drehenden Zifferblättern aus Saphir die Bilder von zwei Tauben eingraviert. Eines dreht sich in der Geschwindigkeit der Minuten und das zweite in der Geschwindigkeit der Stunden. Jede Stunde treffen sich die zwei Abbildungen, um für die Dauer einer Minute eine einzige Taube zu formen.
Die Botschaft ist einfach: Es ist lohnenswert, 59 Minuten lang zu kämpfen, um eine Minute Frieden zu erzielen. (…)
Quinting verleiht diese besondere Uhr an wichtige Persönlichkeiten, die einen Beitrag zur Förderung des Friedens geleistet haben. So tragen beispielsweise der ehemalige amerikanische Präsident Bill Clinton, der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika, der ghanaische ehemalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der Premierminister Bahreins, Sheikh Khalifa bin Salman al Khalifa, der russische Premierminister Vladimir Putin sowie zahlreiche ehemalige Schweizer Staatsoberhäupter (Pascal Couchepin, Joseph Deiss, Moritz Leuenberger, Samuel Schmid) ebenfalls eine solche Uhr, um ihr Engagement für diese Sache zu demonstrieren.
Mir kommen die Tränen. Doch was will Mann machen. Die Ordensliste Sepp des Großen, die ich hier gelegentlich vervollständigt habe, wird länger und länger. Und in den Ranglisten der mächtigsten Sportfürsten der Welt wird er ja auch wieder ganz vorn geführt. Alles bestens organisiert, glaube nur niemand an Zufall.
Der so genannte Branchendienst Around the Rings jedenfalls kürte Blatter im WM-Jahr zum wichtigsten Mann im olympischen Weltsport. Und die FIFA machte daraus eine Pressemitteilung, in der nicht unerwähnt blieb, dass Blatter auf der Forbes-Liste der most powerful people weltweit auf Rang 53 eingekommen ist – zwar noch hinter Osama Bin Laden, doch vor Jacques Rogge und Hugo Chavez.
Believe it or not: Unserem Freund Sepp ist das alles sehr wichtig.
Als Kontrastprogramm zu den Heldengeschichten des Joseph Blatter flink noch einige Lesebefehle von und mit meinem Freund und Kollegen Andrew Jennings:
- Transparency in Sport: Now South African Press dumps on Blatter
Hier hat AJ zahlreiche beeindruckende Beispiele aus südafrikanischen Medien zusammengestellt, wo unter anderem nachgewiesen und kritisiert wird, dass die FIFA von Pressefreiheit und kritischem Journalismus nicht sehr viel hält. Nicht zu vergessen: Jennings ist seit 2003 von FIFA-Veranstaltungen verbannt! (Dagegen ist meine Bekanntschaft mit der FIFA-Ethikkommission ein Witz, denn schließlich habe ich auch diesmal wieder eine WM-Akkreditierung erhalten.)
- Transparency in Sport: Blatter’s ploy to dump shamed Warner
- Matthew Bell in The Independent: Was Lord Triesman on to something? Just ask Jennings
- Roger Lytollis in The Cumberland News: Cumbrian journalist waging one man war against FIFA
Mich hat in den vergangenen Tagen eine Kleinigkeit amüsiert: Ausgehend von einem BBC-Gespräch mit FIFA-Generalsekretär Valcke machte kürzlich eine Meldung weltweit Schlagzeilen, wonach die FIFA den WM-Organisatoren mit weiteren 100 Millionen Dollar unter die Arme gegriffen hat. Im Prinzip hatte mir das Joseph Blatter schon zwei Wochen zuvor in einem Interview bestätigt (ab etwa 4:40). Denn er sagte:
Ich weiß nur, dass diese FIFA WM in Südafrika wird die FIFA etwas teurer kommen als vorgesehen. Und wir haben dazu 100.000 Dollar freigestellt.
100.000 oder 100 Millionen, was macht das schon? Sepp hatte einfach nur drei Nullen vergessen.
Er sollte dann vielleicht auch heilig gesprochen werden, aber Rom führt wohl keine öffentliche Liste? Oder will er mit der Fifa womöglich gleich die Religion beerben, und gilt daher als Konkurrent?
Pingback: Guten Morgen | Too much information :: toomuchinformation.de
Pingback: Südafrika, Tag 2: on the road : jens weinreich
Wird es wieder nichts für Sepp? Was soll er denn noch tun?
Wie wär’s mit einer Unterschriftenaktion — 100 Nobelpreisträger für Joseph S. Blatter, den Weltfrieden und den ganzen Rest? Gerade ganz groß in Mode sind ja auch Unterstützerarmbändchen… für den Sepp vielleicht in gold?
Ansonsten… ganz frei nach dem Motto „Was ist der Überfall auf eine Bank gegen die Gründung einer Bank“ — wenn die Norweger ihm ihren Preis ums Verrecken nicht geben wollen, sollte der Sepp vielleicht einfach selber einen Preis ins Leben rufen. Die „Joseph-S.-Blatter-Medaille für den Weltfrieden“ zum Beispiel. (Oder gibt es die etwa schon?)
Falls der Dicke den Preis bekommt, weiß man diesmal wenigstens genau, woher das Geld stammt.
Stefan YMMD, wie die Jugend so sagt.
Pingback: Too much information - Moin - Guten Morgen
SpOn: Putin: „Wir sollten Blatter den Friedensnobelpreis geben“
SZ: Für die „Weltwoche“ ist Blatter der „Schweizer des Jahres“
Weshalb nicht Blatter? Er würde unter den skurrilen Preisträgern gar nicht auffallen. Noch besser wäre allerdings der Nobelpreis für die gesamte FIFA. Da braucht sich wenigstens die EU nicht mehr zu schämen.