SINGAPUR. So stellen sie es sich vor, so wird es verkauft: Jung, nett, unbeschwert.
„Every child has a wish, to glow like the stars above …
raise your hand for our generation …
time to fly way beyond the skies …“
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Schaun mer mal.
Einige Notizen, bevor es morgen hier richtig los geht und ich mindestens eine sehr hübsche Exklusivgeschichte breitwalze, das darf ich schon mal sagen. Zunächst etwas Selbstreferentielles: Martin Krebbers führte auf DRadio Wissen ein Interview mit mir zu den ersten Olympischen Jugendspielen.
Ergänzend ein Gespräch mit Michael Behringer von der Sporthochschule Köln:
Ein Beitrag von der Begegnung mit meinem Freund Sepp vorgestern:
Er ist immer einer der ersten. Rechtzeitig vor Ort zu sein, kann nie schaden, sagt Joseph Blatter. Bei Kongressen seines Fußball-Weltverbandes (FIFA) ist er stets zwei Stunden vorher im Saal. Er macht Stellproben, testet das Mikrofon und „will die Atmosphäre fühlen“. Dieses simple Prinzip der guten Vorbereitung hat ihm so manches Mal aus der Patsche geholfen. Auch zu den Olympischen Jugendspielen ist Blatter zeitig nach Singapur gekommen, vier Tage vor der Eröffnung. Präzise betrachtet beginnen aber diese ersten Youth Olympic Games nicht erst am Sonnabend mit einer großen Show in einem schwimmenden Stadion in der Marina Bay, sondern bereits am Donnerstag – mit den ersten Spielen des Fußballturniers. Die Fußballer machen ja auch bei Olympia stets eine Ausnahme und kicken vor der Eröffnungsfeier.
Blatter ist, wenn man so will, ein richtiger Olympier. Er hat ungezählte Skandale und brenzlige Situationen überstanden, er ist Überlebenskünstler. Und er kennt seinen Coubertin. Den IOC-Gründer zitiert er in Französisch. Diese Jugendspiele bringen wirklich die Jugend der Welt zusammen, sagt er. So wie es Coubertin gewollt habe. Andere IOC-Mitglieder hatten zuvor schon die Einführung der Olympischen Jugendspiele (durch IOC-Präsident Jacques Rogge) auf eine Ebene gestellt mit der Einführung der modernen Olympischen Spiele (durch Coubertin). Blatter beherrscht dieses Spiel. In Singapur, sagt er, „können die 3.600 Jungen und Mädchen diskutieren und eine bessere Zukunft aufbauen“. Voilà.
Es wurde viel debattiert über die Jugendspiele, auch in der FIFA. Denn Blatters Verband hatte den Mädchen aus dem Iran die Teilnahme an den Jugendspielen zunächst verweigert. Kopftuchverbot: Sie durften nicht mit dem Hijab spielen. Das Thema machte etliche Wochen Schlagzeilen. Schließlich wurde die Disqualifikation zurückgezogen und als Kompromiss ausgehandelt, dass die Iranerinnen mit einer Art Kappe spielen – zum ersten Mal am Donnerstag gegen die Türkei, beim eigentlichen Auftakt der Jugendspiele. IOC-Boss Rogge hat kürzlich in einem Interview mit der Zeitung „Tagesspiegel“ erklärt, die FIFA habe befürchtet, „dass durch einen Schleier jemand gewürgt werden könnte“. Die Verbände, auch die FIFA würden die kulturellen Gewohnheiten berücksichtigen. Auf den Kopftuchstreit geht Blatter am Mittwoch in Singapur in seiner Nobelabsteige St. Regis nicht weiter ein.
Die FIFA kommt den Vorstellungen des IOC-Präsidenten, mit den Jugendspielen etwas Neues zu kreieren und nicht die sportliche Höchstleistung in den Vordergrund zu stellen, durchaus nahe. Das beweist schon das Teilnehmerfeld. Bei den Mädchen: Türkei, Iran, Chile, Trinidad, Papua-Neuguinea und Äquatorial-Guinea. Bei den Jungen: Bolivien, Montenegro, Haiti, Singapur, Simbabwe und Vanuatu. Die Kontinentalverbände durften ihre Vertreter benennen, eine Art Qualifikation gab es nur in Europa. Ein Journalist aus Singapur fragt, ob es nicht besser gewesen wäre, einige der großen Fußballnationen dabei zu haben. Dann würden sich die Tickets besser verkaufen. Blatter sagt, das würde „dem Geist dieser Jugendspiele widersprechen“.
Ausgerechnet der Präsident des mit Steuerfreiheit gesegneten und stets mit juristischer Wucht agierenden Geldmacher-Konzerns FIFA erklärt:
„Hier geht es nicht darum, Geld zu machen. Es geht um die Teilnahme! Ich würde sogar die Stadiontore öffnen! Wer zuschauen will, soll rein dürfen!“
Singapurs Fußball-Präsident Zainudin Nordin schaut nicht gerade glücklich, als er das hört. Aber vielleicht spendiert Blatter in seiner altruistischen Güte den Gastgebern, deren Budget sich vervielfacht hat, einige Millionen.
Als er genug gepredigt hat, kommt Blatter doch wieder auf das Tagesgeschäft zu sprechen. Etwa auf jene beunruhigenden Meldungen aus Nordkorea, wonach dort die Spieler der WM-Mannschaft und deren Trainer Kim Jong-Hun öffentlich gedemütigt und mit Strafarbeit belegt worden sein sollen. Sogar von Folter war die Rede.
Blatter sagte, die Führung des nordkoreanischen Fußballverbandes sei von der Parteiführung nach den drei Niederlagen bei der WM in Südafrika ausgewechselt worden. Er habe am Dienstag der neuen Führung geschrieben und um Aufklärung gebeten. Asiens Verbandschef Mohamed Bin Hammam (Katar) sagte, er sei vor zwei Wochen in Pjöngjang gewesen und habe mit vier WM-Spielern Nordkoreas gesprochen. Den Trainer Kim, dessen Verbleib unklar ist, habe er nicht gesehen. Er könne die Berichte über Folterungen nicht bestätigen.
Südkoreas Fußball-Chef Chung Mong-Joon, ein Milliardär aus der Hyundai-Dynastie und FIFA-Vizepräsident, wollte sich zu den Meldungen aus dem Norden nicht äußern. Als derart prominenter Südkoreaner schweigt er besser. Chung leistet sonst aber eine Menge für die Annäherung zwischen den verfeindeten Brüdern. Und er ist natürlich auch der Verbindungsmann der FIFA, um die Situation im Nachbarland zu klären. Da kommt Blatter mit seinen Coubertin-Zitaten nicht weiter.
Den Nordkorea-Komplex habe ich für den Deutschlandfunk etwas umfassender aufbereitet:
Wobei sehr interessant ist, dass eigentlich die ganze Welt – alle Nachrichtenagenturen, die ich gelesen habe, und damit auch alle, die diese Texte gedruckt haben – berichtet hat, die FIFA habe eine Untersuchung eingeleitet. Ich halte das für unkorrekt. Denn Blatter hat sich beim Präsidenten des nordkoreanischen Fußballverbandes, der gerade neu von den Parteibonzen eingesetzt hat, mal eben erkundigt, was so läuft in Nordkorea. Bezeichnend, dass die FIFA einen Tag später diese Meldung auf ihre Webseite gestellt hat, die in gewisser Weise die Meldungen von der Blatter-Pressekonferenz konterkariert:
FIFA bestätigt Schreiben an den Verband der Korea DVR
Die FIFA kann bestätigen, dass am 11. August 2010 ein Schreiben an den Fussball-Verband der Korea DVR geschickt wurde, in dem um Informationen zu den jüngsten Medienberichten und dem außerplanmäßigen Kongress des Verbandes vom 19. Juni 2010 gebeten wird.
Bis die FIFA eine Antwort vom Verband der Korea DVR erhält, wird sie keine weiteren Stellungnahmen zu diesem Thema abgeben.
Und schließlich ein Beitrag von mir aus Singapur von heute Nachmittag:
Die olympische Welt ist klar strukturiert. Die einen logieren im Luxushotel Ritz-Carlton. Dort begrüßt der frisch gewählte ungarische Staatspräsident Pál Schmitt, im Nebenjob Protokollchef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), beschwingt seine Sportkameraden. Die Stabhochspringerin Jelena Isinbajewa, russische Serien-Weltrekordlerin, beweist beim Frühstücksbuffet (für 24 Euro) gesunden Appetit. In der Lobby nebenan führt John Fahey, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) erste Unterredungen. Es ist ein ganz gewöhnlicher Morgen im olympischen Business – und doch ein besonderer. IOC-Präsident Jacques Rogge eilt aus dem Fahrstuhl zur draußen wartenden Luxuskarosse. Es geht ins Olympische Dorf, wo er sich 30 vom IOC geladenen Nachwuchsreportern zum Interview stellt.
Im Dorf auf dem Gelände der Nanyang-Universität, zwanzig Kilometer vom Ritz entfernt, kurz vor der Grenze zu Malaysia, wohnen die 3.600 Teilnehmer der ersten Olympischen Jugendspiele. Eine sensationell gepflegte Anlage, die teilweise einem botanischen Garten gleicht. Nur die Unterkünfte haben einige der 70 deutschen Sportler überrascht. Toiletten auf dem Flur und Gemeinschaftsduschen finden manche gewöhnungsbedürftig. Sie sind von Junioren-Weltmeisterschaften ein anderes Niveau gewohnt. „Das können sie nicht vergleichen“, sagt IOC-Vizepräsident Thomas Bach, „bei einer Junioren-WM sind die Sportler in Hotels, hier in einem Dorf, denn nur das schafft eine dichte Atmosphäre.“
Die Atmosphäre ist sehr wichtig bei diesen Jugendspielen. Denn es soll ja, so die Postulate des IOC, nicht nur um Medaillen gehen, sondern um Bildung und Erziehung, um olympische Werte, um den alten Coubertin im dritten Jahrtausend gewissermaßen. Die 14- bis 18-jährigen werden viel feiern in ihrem Dorf. „Es fühlt sich an wie Olympia, aber mit ganz viel Drumherum“, sagt die 15-jährige Berliner Wasserspringerin Kieu Trang Duong, die am Sonnabend bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne in ein auf dem Meer schwimmendes Stadion trägt.
Thomas Bach hat als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) die Losung ausgegeben, nicht auf Medaillen zu schauen. „Ich freue mich für jeden, der seine Leistung bringt und mit sich selbst zufrieden ist“, sagt Bach. Als deutscher Chef de Mission fungiert allerdings der Sachse Ulf Tippelt, und der ist beim DOSB nicht als Bildungsreferent, sondern als Leistungssportdirektor angestellt. „Ich komme aber aus dem Landessportbund Sachsen“, führt Tippelt zu seiner Verteidigung an, „und da habe ich sehr wohl mit Jugend- und Breitensport zu tun gehabt.“
In der Regel sind die Jugendspiele für die deutschen Teilnehmer nicht der Jahreshöhepunkt, sagt Tippelt: „Das waren Junioren-Welt- oder Europameisterschaften.“ Er schwört geradezu, dass er keine Excel-Charts mit Medaillen und Länderpunkten in der Arbeitstasche hat – anders als bei den richtigen Olympischen Spielen. Allerdings berichten einige der 20 olympischen Fachverbände, in denen deutsche Sportler beteiligt sind, erstaunt von Anrufen aus der DOSB-Zentrale. Da wurde nach Medaillen-Erwartungen gefragt.
Tippelt sagt: „Es kann Anrufe gegeben haben für die Planung, für den DOSB-Präsidenten oder unsere Ehrengäste.“ Wenn VIPs einen Wettkampf besuchen, „wäre es natürlich schade, wenn da kein Deutscher teilnimmt und im Finale ist“. Das sei ganz harmlos gewesen. „Wir haben keinen Leistungs- oder Erfolgsdruck auf die Verbände ausgeübt.“ Man wolle nicht zu früh Erwartungsdruck aufbauen.
„Das ist ja gerade die Chance dieser Spiele, dass die Athleten mal ohne Leistungsdruck olympische Luft schnuppern können.“
Lernen sollen die Kids auch. Die Organisatoren unterbreiten ein umfangreiches Kultur und Bildungsprogramm. Gudrun Doll-Tepper, DOSB-Vize und ehemals Präsidentin des Weltrates für Sportwissenschaft, hat daran mitgewirkt. „Kritik an den Jugendspielen wurde nicht ausgespart“, behauptet Frau Doll-Tepper. Es sei hart gerungen worden in den Diskussionen mit dem IOC. In Singapur ist keines der Bildungsseminare obligatorisch, es steht den Sportlern frei, hinzugehen oder es sein zu lassen. Nachgefragt sind vor allem Angebote, die sich mit Fragen der langfristigen Karriereplanung und damit beschäftigen, wie sportliche, schulische und berufliche Ausbildung in Einklang zu bringen sind. Sind sie das überhaupt? Außerdem gut gebucht:
„Alles was mit Gesundheit, Dopingprävention, Internet und neuen Technologien zu tun hat.“
Die Jugendspiele sollen das Vermächtnis des 2013 aus dem Amt scheidenden IOC-Chefs Rogge sein. Rund 300 Millionen Euro kostet das Projekt, es ist alles gerichtet. Draußen im Olympischen Dorf meldeten die Organisatoren erst einmal Alarm: Eigentlich hatten sie unter den tropischen Bedingungen – Singapur liegt nur etwas mehr als 100 Kilometer vom Äquator entfernt – täglich mit 20 Wasserflaschen pro Sportler gerechnet. Doch das Wasser ging am Donnerstag aus. Viele Teams hatten Vorräte gebunkert. Dieses Problem lies sich lösen.
Über andere Probleme dieser Jugendspiele aber wird man weiter debattieren.
Das Musikvideo ist nicht uninteressant. Die Unterteilung in die Kontinente, die das schützenswerte Logo ergeben, wird ziemlich brachial umgesetzt.
Hinzu gibt es bisschen Akne für die Teenies, bisschen Verletzungspech für den Teilnahme-zählt-Gedanken und bisschen viel Siegerpose.
Passt alles in allem also ganz gut zum IOC.
(Ganz gern hätte ich den offiziellen Abnehmer gesehen, der „Basketball müsst ihr nehmen, das ist trendy!“, gesagt hat. Den muss es gegeben haben.)
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Es geht schon los, die Medaillenzählerei hat offiziell begonnen:
Aber schön zu sehen, dass auch bei den Jugendspielen Politik und Sport nach bewährter Manier nicht vermischt werden.
Ein iranischer Taekwondokämpfer weigert sich im Finale gegen seine israelischen Gegner anzutreten: Die Haaretz berichtet
Wenn „Generation Fun“ Ernst macht:
„Am Anfang war der Druck meiner Eltern recht intensiv, aber das hat sich im Laufe der Jahre beruhigt. Jetzt bin vor allem ich es, der die Erwartungen hochschraubt.“
Hobbies? Sport! – von Franziska Ehlert im Tagesspiegel
http://www.tagesspiegel.de/berlin/hobbies-sport/1904036.html
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FIFA:
FIFA Statement on Korea DPR
FAZ-Kommentar von Michael Horeni: Alles prima in Nordkorea
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