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Das Olympische Bildungsmagazin

Die FIFA und die Medien: Gruß aus Nordkorea (II)

Den vielen abstrusen so genannten Pressekonferenzen hat die FIFA am Sonnabend in Berlin eine weitere hinzugefügt. In etlichen Berichten sind die Kollegen darauf eingegangen. Stimmt schon, im Prinzip wurde dieser Medientermin abgebrochen. Was ich mir nun auch mal wünsche, man wird ja mal laut träumen dürfen: dass die Journalisten geschlossen protestieren, den Saal verlassen oder was auch immer. Es wäre an der Zeit.

Mein Beitrag über Worawi Makudi, den Chef der FIFA Frauen-WM, und den Versuch, Fragen an Makudi zu richten, lief gestern Abend im Deutschlandfunk. Wer mag, kann die letzten Sekunden der „Pressekonferenz“ nachhören.

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Der Text dazu, aus Zeitnot ohne Links und Videos:

Zu den Vorständlern des Weltfußballverbandes, die von sehr konkreten Korruptionsverdacht umgeben sind, gehört auch der Thai Worawi Makudi. Er fungiert für die FIFA als Präsident des Organisationskomitees dieser Weltmeistschaft in Deutschland. Doch im Umgang mit Medien und Kritikern pflegt der Spitzenfunktionär einen speziellen Stil.

Der 59-jährige Worawi Makudi gehört seit vierzehn Jahren der FIFA-Regierung an, dem Exekutivkomitee. Er leitet die Frauen-Kommission der FIFA und zählt, selbst Moslem, der in Kuwait studiert hat, zu den engsten Vertrauten des korrupten gewesenen Präsidentschaftskandidaten Mohamed Bin Hammam. An jenem Treffen im Mai auf Trinidad, als Bin Hammam zwei Dutzend karibische Verbandsvertreter mit Millionensummen schmierte, war auch Makudi beteiligt. Gegen ihn wird allerdings nicht ermittelt. Ganz im Gegenteil, FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke, dem ein US-Gericht einst einen starken Hang zum Lügen bescheinigte, erklärte Ende Mai in Zürich, Makudi sei „absolut sauber“. Das habe auch der Bericht des englischen Verbandes bewiesen, der den Behauptungen des ehemaligen englischen Verbandschefs Lord Triesman nachging. Triesman hatte unter anderem gesagt, Makudi habe die TV-Rechte für ein Freundschaftsspiel Thailands gegen England verlangt.

Nun: Im Bericht steht genau das. Üblicherweise räumen die Engländer ihren Sparringspartnern nur die nationalen Rechte ein und vermarkten alles andere selbst. Makudi aber wollte die weltweiten Rechte – entlastet also ist er keinesfalls.

An TV-Rechten hat er einst auch während der deutschen Bewerbung für die WM 2006 verdient und wurde von der Firma CWL aus dem damaligen Reich des Leo Kirch bedient. Mit beteiligt am bestens dokumentierten Deal: CWL-Manager Günter Netzer.

Korruption ist der Missbrauch von anvertrauter Macht zu privatem Nutzen …

… diese Definition trifft auf den Multimillionär Makudi und dessen Familie wunderbar zu. Denn auch seine Frau und seine beiden Söhne sind in seinem Firmenkonglomerat verwoben. Seit der deutschen WM-Bewerbung betätigt sich seine Gattin Sumitra beispielsweise als Mercedes-Händlerin. So ein Zufall. Makudi dealt, ähnlich wie der gerade als FIFA-Vize zurückgetretene Jack Warner, mit allem rund um Fußball.

Makudi genoss jahrelang Narrenfreiheit unter dem korrupten Premier Thaksin, in dessen Partei er eine Führungsposition bekleidet. Sollte Thaksins Schwester Yingluck bei den Wahlen am kommenden Wochenende erfolgreich sein, wird auch Makudis Position wieder gestärkt. Denn im Mai war er kurzzeitig, nachdem er die Wahlen im Verband unrechtmäßig verschoben hatte, vom Sportministerium als Präsident des Fußballverbandes abgesetzt worden. Vor wenigen Tagen hat er sich dann doch wieder als Verbandspräsident behauptet. Dabei soll viel Geld geflossen sein.

In Thailand, im Reich des Worawi Makudi, läuft das so: Wenn der FIFA-Fürst öffentlich in Bedrängnis gerät, dann heuert er Jubelperser und Schlägertrupps an. Kürzlich, nachdem Lord Triesman über Makudis Machenschaften vor einer Parlamentskommission berichtet hatte, gab Makudi in Bangkok eine Pressekonferenz, wies natürlich alle Anschuldigungen zurück, versprach gegen Triesman juristisch vorzugehen – und hatte vor dem Nationalstadion eine Hundertschaft postiert: Die bezahlten Demonstranten riefen seinen Namen, sangen, reckten Schilder in die Kameras und stellten ihn als Helden dar.

Dagegen berichten thailändische Fußballfans, die gegen Makudi protestieren, wie Schlägertrupps auf den Rängen mobil machen, brutal die Plakate entwenden, Menschen verprügeln und – auch das soll es gegeben haben – sogar mit dem Tode bedrohen. Diese Hooligans werden der Makudi-Szene zugerechnet.

Befragen kann man Worawi Makudi, das ehrenwerte Mitglied der ehrenwerten FIFA-Familie, dazu natürlich nicht. Denn die offiziellen FIFA-Pressekonferenzen geraten immer mehr zu Propagandaveranstaltungen. Am Samstag etwa, als Makudi neben FIFA-Präsident Joseph Blatter und Organisationschefin Steffi Jones in den Katakomben des Berliner Olympiastadions die so genannte Auftakt-Pressekonferenz gab, wurden allein Fragen zur Frauen-WM zugelassen. Bei allen anderen Themen wehrte Pressechefin Ségolène Valentin ab – in ständiger Abstimmung mit dem FIFA-Kommunikationsdirektor Nicolas Maingot in der ersten Reihe,der schon bei anderen Terminen bestimmten Journalisten Fragen verweigerte.

Valentin aber machte dann einen Fehler, sagte, sie würde noch eine Frage zulassen, da sich aber nur eine Person meldete, kam der Deutschlandfunk doch noch zu Wort (disclosure: ich habe gefragt). Allerdings störte sie schon in der Einleitung der Frage an Makudi, die sich mit den Korruptionsgeschichten um ihn beschäftigen sollte, und brach die Pressekonferenz ab.

Ich habe eine Frage in direkter Verbindung zur Frauen-WM, denn schließlich ist Herr Makudi ja Chef der WM-Kommission: Haben Sie jemals WM-Bewerber direkt und indirekt um Korruptionszahlungen gebeten …

Die Frage soll noch erläutert und präzisiert werden, doch die FIFA-Presseverantwortliche Valentin geht dazwischen. Das habe nichts mit Frauenfußball zu tun.

Die Pressekonferenz wurde beendet.

In der kurzzeitigen Hektik und im Gedränge vor dem Ausgang erwies Präsident Blatter den Journalisten noch die Ehre, auf eine zuvor gestellte Frage einzugehen, ob er Pfiffe im Olympiastadion befürchte. Seine Antwort war einmal mehr Zeugnis seiner Hybris.

Ich bin ja vieles gewohnt, aber ich meine, das wäre doch ein Affront gegenüber dem Staats- oder dem Bundespräsidenten, mehr als gegen eine Person. Aber gut, das ist das Leben.

Blatter sieht sich stets auf Augenhöhe mit Präsidenten – und er verlangt auch staatsmännische Ehren.

Am engen Ausgang gab es doch noch Gelegenheit, Worawi Makudi zumindest hinterher zueilen und ihm mit dem Mikrofon zu bedrängen, nicht anders kann man es formulieren:

Herr Makudi, ich hatte Ihnen eine Frage gestellt. Warum haben Sie die nicht beantwortet?

Makudi:

Wir sind sehr stolz auf die Frauen-WM hier in Deutschland. Ich kann mit ihnen nicht über andere Themen reden.

Dann verschwand er zügig. Der Fragesteller wird von einem Bodyguard abgedrängt. Eine weitere FIFA-Bedienstete hilft dem Funktionär und weigert sich, wie üblich, auf die Frage zu antworten …

Warum verhindern Sie Journalismus?

Das ist die ungeschönte Wirklichkeit im Reich des Joseph Blatter. So läuft das jedes Mal ab, zuletzt auch in Zürich auf dem als „Wahl“ bezeichneten Krönungskongress. Die Stimmung ist angespannt. Entspannung ist keinesfalls in Sicht. Denn es sind ja Figuren vom Schlage Makudis, die seit Jahrzehnten die FIFA beherrschen, märchenhafte Reichtümer angehäuft haben, in zahlreiche Korruptionsskandale verstrickt sind – und sich jeder Kontrolle entziehen.

Zwei Anmerkungen noch:

Eine persönliche, nur falls Blatters charakterlose Kettenhunde wieder Unsinn und Lügen erzählen: Bei den vergangenen Pressekonferenzen im FIFA-Reich habe ich immer etwas gefragt. In Miami beim CONCACAF-Kongress, beim absurden Propaganda-Termin mit Interpol … zum Beispiel … einige Male aber, zum Beispiel beim Termin kürzlich in Zürich, als Blatter das Wort Krise fehlinterpretierte, hat mich Maingot einfach nicht fragen lassen. That’s it. Die Fragen kann Mann sich im Übrigen sparen. Andererseits: Die nordkoreanischen FIFA-Despoten reagieren doch immer wieder ziemlich gereizt.

Und, letzte Anmerkung: War das nicht peinlich gestern bei der Eröffnung der Frauen-WM FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™, als einer der einflussreichsten Sportfunktionäre der Welt nicht erwähnt wurde und anders als sonst (etwa 2006 mit Horst Köhler oder 2010 mit Jacob Zuma) den gastgebenden Staats- bzw Bundespräsidenten nicht auf den Rasen zur Eröffnungsansprache begleitete?

Ein Protokollverstoß, für den ich momentan keinen Vergleich finde, und ich habe schon viele Eröffnungsfeiern bei Olympia, Fußball- und anderen Weltmeisterschaften live im Stadion erlebt. Das war geradezu historisch, aber andererseits ja nicht die schlechteste Idee, das Oberhaupt einer nach mafiösen Strukturen operierenden Familie so zu brüskieren.

Blatter durfte zwar auf der Tribüne sitzen, neben Merkel. Doch es war den Deutschen offenbar peinlich, diesen Mann der Öffentlichkeit wirklich zu präsentieren.

11 Gedanken zu „Die FIFA und die Medien: Gruß aus Nordkorea (II)“

  1. Das war mal ein Kontrast zu dem selbstherrlichen Auftritt Blatters bei der Eröffnung 2010. Knuffig auch heute die DFB-Pressekonferenz, wo genau die Frage nach Blatters Quasi-Abwesenheit mit einem professionellen „kann ich nix zu sagen, wieso er war doch auf der Tribüne“ übergangen wurde. Zu der PK: Jens, du hältst dich einfach nicht an dein Blogmotto: „Don’t mix politics with games!“. Ist doch klar, dass du als Spielverderber da nix zu melden hast…

  2. Doch es war den Deutschen offenbar peinlich, diesen Mann der Öffentlichkeit wirklich zu präsentieren.

    Hm. Also ich schwanke da zwischen „peinlich“ und sportpolitischem Versteckspiel bzw. versuchter Täuschung des Frauenfußball-sehenden Wählerpotenzials. Und war es nicht so, oder lag – man muss ja hier vorsichtig sein ;-D – nicht zumindest der Verdacht nahe, dass Australien damals seine Bewerbung um diese FIFA-Frauen-WM 2011 zurückgezogen hat, und Deutschland /der DFB im Gegenzug zusagte, die Aussies bei ihrer FIFA-WM-Bewerbung für 2022 zu unterstützen? Und dass kürzlich, Überraschung, die deutsche Lichtgestalt nicht für Qatar, sondern für Australien stimmte und ein Spezi dieser Lichtgestalt Australien gänzlich erfolglos beraten hatte?

    Aber vielleicht stimmt sie ja auch, die Geschichte von der unbefleckten Empfängnis.

  3. Pingback: Was Adidas und der DFB von der Fußball-WM der Frauen halten | Erbloggtes

  4. Die Autorin schreibt zwar etwas, weiß aber nicht was.

    „geschichte aus den achtziger jahren aufgewaermt“

    So ein Nonsens. Ist aber auch egal, die FAZ hat dieses Thema und andere Korruptionsthemen nie ernsthaft bearbeitet. Wer will da verlangen, dass nach Jahrzehnten die Zusammenhaenge erstmals umfassend und korrekt dargestellt werden?

  5. Ich finde es auch haarsträubend, daß die folgenden Zitate des Kaisers unkommentiert stehen bleiben:

    „Die Fifa und der Weltfußball sind in einem schlechten Zustand“, sagte der „Kaiser“. „Wegen all dieser Gerüchte.“ Allerdings habe es bisher noch keine Beweise für all die Vorwürfe gegeben. „Für mich heißt die Frage – wo sind die Beweise?

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