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Das Olympische Bildungsmagazin

Deutschland, Bremser im internationalen Antidopingkampf (III): die Finanzierung der WADA

von Grit Hartmann

Zur Einstimmung ein Filmchen. Alleindarsteller: Sportminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Ein Ausschnitt aus der jüngsten Folge der beliebten Reihe „Sie fragen – der Minister antwortet“. Diesmal salbungsvolle Worte zum Fairplay im Sport.

Diese Aussagen noch einmal zum Nachlesen:

Als Sportminister ist es für mich natürlich wichtig, Chancengleichheit im Sport auch zu erzeugen. Und das wichtigste Thema in dem Zusammenhang ist die Bekämpfung von Doping. Doping bedeutet, dass die Chancen nicht gleich sind, sondern dass unfair gearbeitet wird, und deswegen ist für mich die Bekämpfung von Doping ein wichtiger Punkt, national wie international. Und das ist meine Aufgabe als Sportminister, die ich insbesondere unter diesem Aspekt – Chancengleichheit – sehe.

Dass Friedrich sogar den Kopf bei Ersterwähnung des D-Worts schüttelt, lässt das darstellerische Talent des Ministers ahnen. Denn die politische Realität kann er nicht meinen. Der Mann, der bisher eher durch Neigung zu den populären Seiten der Leibesübungen auffiel, auf der Tribüne, wenn deutsche Kicker antraten, oder als Redner bei Verbandsjubiläen. Morgen (Mittwoch, 26. Oktober) soll bekanntlich der Sportausschuss dem Begehr seines Hauses zustimmen, die Beiträge für die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA auf derzeitigem Niveau einzufrieren. Diese Unternehmung, inzwischen eine europäische, startete im Juni 2010 Gerhard Böhm, Chef der Sportabteilung im BMI. Seine Begründung:

Eingedenk der globalen Finanzkrise sei es „schwierig, ein kontinuierlich steigendes WADA-Budget in Deutschland zu vermitteln“.

Deutschland spart damit phänomenale 10.000 Euro.

Der WADA aber, die u.a. für die laut Friedrich so wichtige Chancengleichheit zu sorgen hat (Ein anderes Thema: Sie erledigt das ungenügend, allerdings auch, weil sie mit 27 Millionen Dollar im Jahr unterfinanziert ist.), geht viel mehr verloren, denn alle ihre Finanziers aus Politik und Sport müssten mitziehen. Auch der deutschen NADA streicht Minister Friedrich die jährliche Million fürs Stiftungskapital, die Zahlung war von Beginn an befristet. Aber immerhin: Die Million vom Bund fürs Dopingkontrollsystem soll, anders als geplant, auch in 2012 noch fließen.

Die famose Initiative des BMI, der WADA zwei Prozent Plus und damit einen Inflationsausgleich nicht zu genehmigen, wäre vermutlich niemals öffentlich geworden, hätte nicht die grüne Abgeordnete Viola von Cramon die letzten Weihnachtsferien in Montreal verbracht und dort auch die WADA-Zentrale besucht. WADA-Generaldirektor David Howman hatte dann, im Januar, kein Problem, sein Unverständnis öffentlich zu artikulieren.

Im Juni setzte der Sportausschuss die WADA-Frage auf die Tagesordnung einer erstaunlicherweise nicht-öffentlichen Sitzung.

Hier das 51 Seiten starke Wortprotokoll dieser 34. Sitzung. Viel Stoff, der erstens die Frage aufwirft, was denn da der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt werden sollte. Aus heutiger Sicht ist, zweitens, recht spannend, was die Volksvertreter der Union und der FDP den WADA-Justiziar Olivier Niggli alles NICHT gefragt haben.

Vertraulich! Wortprotokoll der 34. Sitzung des Sportausschusses im 17. BT, 08.06.2011

Protokoll der 34. Sitzung des Sportausschusses (pdf, 51 Seiten, 538 kB)

Vor vier Wochen lieferte Howman dann eine bemerkenswerte Zahl: Die deutschen Beiträge für die WADA sind 2011 sogar niedriger als im ersten Zahljahr 2002, was am starken Euro (im Vergleich zum Dollar) liegt. Der WADA-Beamte fand dann zu ungewöhnlicher Deutlichkeit gegenüber Berlin, er sprach von „Feindseligkeit“ und „Politikergeschwafel“.

Vor zwei Wochen haben Abgeordnete des Sportausschusses (nicht die der Koalition, bis auf eine Ausnahme) für den DLF Fragen dazu beantwortet.

Vor einer Woche wurde, unter mäßigem Interesse, anberaten. Nachzulesen ist diese Entwicklung hier, in Beiträgen auch von Robert Kempe:

Morgen wird abgestimmt. Von SPD und Grünen liegen zwei Änderungsanträge zum BMI-Haushaltstitel 68614, Zuschuss an die Welt-Anti-Doping Agentur WADA, vor. Für die Linke schreibt deren sportpolitische Sprecherin Katrin Kunert, ihre Partei schließe sich diesen Anträgen an:

Die Begründungen sagen: Die Opposition hat hier ihren Job gemacht, sie führt vor, dass die BMI-Sparidee zum Fairplay-Filmchen von Minister Friedrich und sonstigen Fensterreden aus dem Land der selbsternannten Antidoping-Weltmeister recht wenig passt. Die Frage ist nun: Warum folgen dem die Regierungsfraktionen im Sportausschuss vermutlich trotzdem? Gibt es schlüssige Argumente, die nur noch nicht zu hören waren? Ein Antwortversuch im Ausschlussverfahren:

Zunächst darf BMI-Abteilungsleiter Böhm als widerlegt gelten. Es ist keineswegs schwierig, ein moderat steigendes WADA-Budget in Deutschland zu vermitteln – als schwierig erweist es sich vielmehr, das Gegenteil, das Einfrieren, zu vermitteln. Das gelingt auch in dieser Pressemitteilung der Union nicht. Sportsprecher Klaus Riegert behauptet zwar eine

gut begründete, gesamteuropäische Linie gegen die automatische Steigerung der WADA-Beiträge

Die Begründung ist dann aber ein sportpolitisches Armutszeugnis par excellence: ein Mix aus Unkenntnis oder Täuschung und – nach Angaben der Beteiligten – falschen bzw. unwahren Angaben. Riegert sagt, es müsse kritisiert werden …

dass die WADA der Aufforderung nach einem transparenten Finanz- und zukunftsorientierten Businessplan nicht nachkam.

Auch wurden Vorschläge der NADA zur Verbesserung des Datenschutzes und zur Änderung der Ein-Stunden-Regelung im Meldesystem für Top-Athleten in der Vergangenheit nicht berücksichtigt.

Nach dem WADA-Code müssen Top-Athleten täglich eine Stunde festlegen, in der sie von den Doping-Kontrolleuren an einem bestimmten Ort garantiert angetroffen werden können.

Riegert weiß selbstverständlich (Oder weiß er das tatsächlich nicht?), dass der WADA-Code nicht ad hoc auf deutschen Wunsch hin geändert werden kann. Die Ein-Stunden-Regelung wurde im Rahmen der letzten Revision des Codes, gültig seit 2009, aufgenommen. Deutschland war dagegen, konnte sich aber gegen die Mehrheit der Stakeholder nicht durchsetzen.

Ich habe David Howman die Vorwürfe der Union, die wohl auf der Welle der Datenschützer-Kritik am Meldesystem mitreiten wollte, dennoch vorgetragen, obgleich mir das ein wenig peinlich war, und um Kommentar gebeten. Hier ist er:

Please also note that the World Anti-Doping Code is not a document that WADA produces in isolation; rather, it is a document that is produced following detailed consultation and approval from all WADA stakeholders, including governments, sport, and Anti-Doping Organizations. The German Government has every opportunity to suggest changes to the Code during the Code Review Process, but those changes are not approved by WADA but by all its stakeholders.

Ebenso entlarvend für BMI/Union/Riegert ist die Auskunft zum angeblich fehlenden „transparenten Finanz- und zukunftsorientierten Businessplan“. Es gibt einen, sogar zweimal im Jahr:

Please be advised that WADA presents a detailed budget and business plan to its Foundation Board twice a year, and recently was praised for the meticulous management of its financial affairs. The Foundation Board comprises members from governments and sport across the world, and while there exists differing opinions on the overall budget for WADA, there is general agreement that WADA is totally transparent and efficient with the presentation of its finances.

WADA-Finanzen

Details zur WADA-Finanzierung kann man unschwer auf deren Webseite nachlesen, wenn man will.

Vielleicht ist, was die WADA vorlegt, Berlin auch bloß nicht „zukunftsorientiert“ genug. Allerdings spricht eine dritte Behauptung Riegerts eher dafür, dass hier der parlamentarische Erfüllungsgehilfe des BMI die Öffentlichkeit umfassend narren möchte: Vorschläge der NADA würden nicht berücksichtigt.

Auch dies ist, wie sich herausstellt, vorgeschoben.

Berthold Mertes, NADA-Sprecher, hat am Telefon zunächst – wie Howman – das Prozedere der Revision des Codes erörtert, der neue soll bis 2013 stehen. Am Ende hat er zusammengefasst:

Also, auf Widerstände bei der WADA sind wir da nicht gestoßen.

Die Frage, was man in Bonn von der Sparidee hält, beantwortet Mertes diplomatisch, aber klar:

Dafür gibt es von uns offiziell nur einen Satz: Wir wünschen uns eine starke WADA und eine starke NADA.

Seriöse Befassung mit dem Thema ist der Union also kaum zu bescheinigen. Keine völlige Überraschung – zuletzt haben etwa Oliver Fritsch auf Zeit online oder Daniel Drepper in seinem Blog über ausdauerndes Kartenspielen auf iPads oder laute Unterhaltungen auf den Sesseln der Fraktion berichtet. Wenn die nicht leer waren. Was man Riegert & Co. allerdings nicht absprechen kann, ist eine gewisse Kreativität im Erfinden von Scheinargumenten.

[Jens Weinreich sagt: Tag „Notizen vom Sportausschuss“ hier im Blog mit (fast) vollständigen Notizen der Sitzungen in der Saison 2008/2009. Mit Dokumentationen zur Sportfamilie, zum Lobbyismus im Ausschuss und dem Versagen von Kontrollmechanismen/Demokratie]

Haben die FDP-Sportexperten bessere? Am Sonnabend gab der sportpolitische Sprecher der Partei, Joachim Günther, dem Deutschlandfunk ziemlich verwirrende Auskünfte:

:

Einerseits will sich Günther wegen vermeintlicher 10.000 Euro „nicht streiten“. Andererseits erwartet der Liberale „ein Gespräch“, er erwartet, dass „effektive Mittel eingesetzt werden“, er erwartet Signale von der WADA „für eine Zusammenarbeit in dieser Richtung“. Dann ließe er, der Sportausschuss-Vize, mit sich reden.

Günther plustert gern: Eigentlich ist er ja Staatswissenschaftler mit Fernstudien-Diplom von der (DDR-Funktionärs-)Akademie für Staat und Recht (Potsdam), laut seiner Bundestagsbiografie hat er aber ein „Fernstudium Wirtschaftsrecht“ absolviert. Das Auf-den-Putz-Hauen kann man putzig finden, so 20 Jahre nach dem verdienten Exitus der DDR.

Lustig ist es auch bei der WADA nicht. Im Juni, in der 34. Sitzung, hatte Günther keine einzige Frage an den WADA-Vertreter. Von permanenten Konsultationen in Einrichtungen wie dem Foundation Board oder dem Executive Board scheint der Mann aus Plauen auch noch nie gehört zu haben.

Ich wollte von Günther Genaueres erfahren; am Donnerstag – da fühlte der Abgeordnete sich für substanzielle Antworten noch nicht gerüstet – war ein Gesprächstermin für Montag vereinbart worden. Den ließ er trotz Nachfrage in seinem Büro platzen, beantwortete auch ihm schriftlich übermittelte Fragen nicht. Für den Fall, dass er zu Sachfragen – konkrete liberale Kritikpunkte an der WADA-Arbeit, präzise Vorschläge für mehr Effektivität oder dazu, wie weniger Geld diese befördern könnte – nicht so viel zu sagen hätte, gab es eine letzte Frage:

Warum liegt es offensichtlich in deutschem Interesse (oder auch nur dem der BMI-Bürokratie), die WADA kleinzuhalten?

Für Spekulationen über die tatsächlichen Motive bleibt viel Raum – wie immer, wenn politisch derart getäuscht und getrickst wird. Man kann beispielsweise den Umstand heranziehen, dass deutsche Stars bisher nur bei internationalen Kontrollen (oder Ermittlungen) als Betrüger auffällig geworden sind. Vielleicht verhält es sich aber viel simpler, so, wie es ein Gerücht besagt. Man müsste das nicht zitieren, wenn denn ein einziger nachvollziehbarer Grund für das Einfrieren der WADA-Zuschüsse vorgetragen worden wäre. Man hört dieses Gerücht aus dem BMI und auf den Fluren des Bundestages:

Einer aus der BMI-Bürokratie, heißt es dort, könne mit einem aus der WADA-Spitze nicht. Deshalb lasse Deutschland, einer der großen Beitragszahler in Europa, jetzt die Muskeln spielen. Der deutsche Einfluss sei groß genug, eine solche Maßnahme durchzudrücken.

Nicht ausgeschlossen, dass aus Animositäten entsteht, was sich dann als Politik verkleiden möchte. Nur: Überzeugungskraft kann einem solchen Vorgang dann nicht einmal das Darstellertalent eines Ministers verleihen.

* * *

Und wem die bisherigen Links nicht reichen sollten, JW empfiehlt auch:

61 Gedanken zu „Deutschland, Bremser im internationalen Antidopingkampf (III): die Finanzierung der WADA“

  1. Sicherlich war Joachim Günther während seiner aktiven politischen Arbeit in der DDR gleichzeitig mit vielen andern im klandestinen Widerstand tätig. Da sei ihm doch verziehen, dass er heute aus Karrieregründen seine Vita schönigt. Die FDP darf sich froh schätzen, einen solch fachlich vielseitig beschlagenen Ex-DDR-Kader für sich arbeiten zu wissen. Es kommt nur immer auf den Standpunkt an. Und den scheint Herr Günther ja zu haben. ( Ich würde auch gern mal lauschen, wenn er vis-a-vis der WADA bei informellen Diskussionen seine vorbereiteten Texte zückt.)

  2. Pingback: Liveblog aus der 39. Sitzung des Sportausschusses | Jonathan Sachse

  3. Ausschluss der Öffentlichkeit verführt doch glatt zum billigen Wortspiel:

    Der Ausschuss, der sich nicht in die Karten sehen lassen will.

  4. Pingback: Bundestags-Sportausschuss schließt Medien aus: Mdb wollen sich nicht beim iPad-Spielen beobachten lassen … : jens weinreich

  5. Pingback: Keine Transparenz, keine Kritikfähigkeit: Sportausschuss schließt Bürger aus | newspower.eu

  6. Grit Hartmann für den DLF: Eklatant widersprüchlich – Union und FDP stimmen im Sportausschuss dem Einfrieren der WADA-Beiträge zu

    Klaus Riegert, sportpolitischer Sprecher der Union, trug dann Argumente vor, die nur von einem zeugten: von Unkenntnis. Die WADA, das hatte er bereits via Pressemitteilung behauptet, gewährleiste den Datenschutz für deutsche Athleten nicht, sie ignoriere Vorschläge der deutschen NADA und lege keinen Business-Plan vor. Den legt sie, wie Generaldirektor David Howman dem Deutschlandfunk sagte, sogar zweimal im Jahr vor. Auch die NADA widersprach und ließ wissen, es gebe keine Widerstände gegen ihre Vorschläge. Datenschutz-Pannen sind ebenso wenig bekannt.
    […]
    Gut möglich, dass es solche eklatanten Widersprüche zwischen Wort und Tat sind, die Schwarzgelb künftig lieber hinter geschlossenen Türen halten wollen.

  7. Pingback: Crowdsourcing: Wie erzieht man Polit-Hampel und Wahrheitsallergiker, die im Bundestag unter sich bleiben wollen? : jens weinreich

  8. Pingback: Sportausschuss schließt Öffentlichkeit aus | Daniel Drepper

  9. dpa: NADA: Innenminister nimmt Länder in die Pflicht

    Konkrete Ergebnisse zur Finanzierung der NADA hat der Runde Tisch mit Vertretern von Sport, Ländern und Wirtschaft in Berlin jedoch noch nicht gebracht.
    […]
    Während die Länder 2012 nur 14 000 Euro beisteuern, ist auch der Anteil der Wirtschaft am NADA-Etat weiter zurückgegangen. Während 2011 noch 600 000 Euro aus Sponsoren-Mitteln gedeckt wurden, wird der Anteil der privaten Firmen 2013 auf die Hälfte sinken.

  10. Thomas Reichart für ZDF online: Die Brosamen des sauberen Sports – Warum lieber für den Sport als für die Kontrollen gezahlt wird

    Dass bei der NADA-Finanzierung etwas schief läuft, fiel dem Bund allerdings reichlich spät auf. Seit vier Jahren zahlt er brav die Mehrkosten; Ideen für einen zukunftsfesten Haushalt aber hat er in der ganzen Zeit nicht vorgelegt. Nun poltert er los – und erreicht nichts. Das Ergebnis des Runden Tisches heute im Bundesministerium des Inneren (BMI): Die Knauserer aus den Ländern und der Wirtschaft wollen noch mal überlegen. Das ist sogar noch weniger als Brosamen.

  11. Primär ist es die Aufgabe der Sportverbände für die Finanzierung der NADA und ihrer Kontrollen zu sorgen. Mich würde sehr interessieren, welche Verbände was bezahlen und wie viele Kontrollen in den einzelnen Sportarten durchgeführt werden. Es ist peinlich, dass die Sportorganisationen eine Anfrage bei Wirtschaftsunternehmen überhaupt zulassen. Die Angabe „€ 14.000 aus den Ländern in 2012“ kann nicht stimmen. Es sind sicher mehr.

  12. Claudio Catuogno in der SZ: Der Missbrauch des Sports

    Dass bei der Nada in Bonn permanent um das nötige Kleingeld gerungen wird, ist nicht nur grotesk angesichts der Milliardensummen, die deutsche Unternehmen in den Sportbetrieb pumpen. Es ist vor allem entlarvend.

    Robert Kempe für den DLF: Kommt jetzt staatliches Modell? – Der Runde Tisch zur Finanzierung der Nationalen Anti-Doping-Agentur blieb ohne Ergebnis

    Michael Reinsch in der FAZ: Kalte Schulter für die Doping-Fahnder

    Er muss ein bescheidener Mensch sein, der Bayer Friedrich, dass er sich mit solch vager Aussicht zufrieden gibt – oder ein erfahrener Politiker, der in aussichtsloser Lage versucht, sein Gesicht zu wahren.
    […]
    Deren Vermögen beträgt heute kaum mehr als 13 Millionen Euro, elf Millionen hat der Bund beigesteuert. Mehr als zehn Mal so viel Kapital braucht die Stiftung, wollte sie ihre Arbeit aus dem Zinsertrag bestreiten.
    […]
    Auch die Vorstandsvorsitzende der Nada, Andrea Gotzmann, verzichtete darauf, Alarm zu schlagen, obwohl nach derzeitigem Stand Entlassungen beim Personal und die Einschränkung von DopingKontrollen drohen.

    FAZ-Kommentar von Anno Hecker: Moral auf Sparflamme

    Eine bestens versorgte Antidoping-Einrichtung könnte alte Machtstrukturen aufbrechen und gefährden. Daran scheinen nicht alle Kräfte der Gesellschaft interessiert. Angenehmer ist eine Nada auf Sparflamme, die nur ab und zu einen Doping-Fall liefert, ein ertragbares Maß Ertappter, das den Wert des Weltrekordhalters noch steigert. Weil er um so sauberer erscheint. So aber verkommt eine Nada zum Erfüllungsgehilfen.

  13. Christian Spiller für Zeit online: Anti-Doping-Kampf? Wer soll das bezahlen?

    Die Jagd auf Dopingsünder ist einfach kein Gewinnerthema. Mit mehr erwischten Sportlern lassen sich keine Wählerstimmen generieren, keine Medaillen gewinnen und keine Turnschuhe verkaufen.
    […]
    Nun gab Friedrich zu, dass man sich damals schlicht verschätzt habe. Statt der 100 Millionen Euro Kapital, die notwendig wären, verfügt die Stiftung derzeit nur über 13,2 Millionen Euro.

  14. gruene-bundestag.de: Dopingbekämpfung in Deutschland finanziell nicht mehr gesichert

    In Deutschland wäre eine konsequente Dopingbekämpfung durch die NADA notwendig, stattdessen drohen jetzt ein Dopingkontrollsystem und ein Sanktionsmanagement nach Kassenlage. Darüber hinaus ist durch Minister Friedrichs Luftnummer am Runden Tisch auch die Verhandlungsposition der NADA mit möglichen Partnern aus der Wirtschaft erheblich verschlechtert worden.

  15. Hm, eigentlich wollte ich gucken was Ralf so verlinkt hat, aber irgendwie scheint da grad was ziehmlich kaputt zu sein.

  16. Und schon gehts wieder…
    Der Vollständigkeit halber. Es waren nur 29 Kommentare da, die alle so:

    COMMENT_AUTHOR am 4. März 2012 um 23:10 #29

    COMMENT_CONTENT

    aussahen. Hat die Datenbank wohl nen kleinen Schluckauf gehabt.

  17. @hilti
    jaja… darf man am sonntagabend nicht mal 10 mickrige sekunden lang einen kleinen beta-test machen?!
    und war gar kein db-schluckauf. :P

  18. Klingt ja beinahe schon selbstkritisch für Pannenminister Friedrich, so nach einem Jahr im Amt.
    Hat wohl genug von: böses, böses Sonstwo-Sonstwer! (Mal Griechenland, mal Muslime.) Jedenfalls verzichtet er auf: böse, böse Wirtschaft!

  19. Hier, auf Velonation.com ist die Hiobsbotschaft von Thevis über bis zu 100 undetektierbare Epo-Varianten noch ergänzt: u.a. um das schon bekannte AICAR und um eine Dopingsubstanz, deren Name klingt, als ob sie in mongolischen oder vielleicht (da sie im Peloton verbreitet sein soll) kasachischen Jurten gemixt wird – Telmisartan:

    Telmisartan is neither and, according to recent research by Fabian Sanchis Gomar of the University of Valencia, Spain, it has virtually the same specifics as AICAR and GW1516. It also enhances running ability in mice if they are completely untrained. With training, endurance increases, fat is burnt and recovery is faster as there is less lactic acid formation.
    (…)
    Meanwhile, the substance has been found near cycling. During the same Tour de France raid in 2009 the AFLD-researchers found packages of Telmisartan. This was before research claimed similar characteristics as AICAR, and AFLD therefore couldn’t really explain its presence in a cycling-related environment.
    Every chemist has access to Telmisartan and because it’s not experimental anymore, it is therefore widely available. If AICAR is on WADA’s forbidden list and Telmisartan – which might have the same effects – isn’t, the latter might be a way to escape detection.

  20. dpa: NADA-Vorstand Gotzmann: «Das Bild nach außen ist fatal»

    Das Finanzproblem der NADA wird auch international kritisch beäugt. «Das Bild nach außen ist fatal», sagte Gotzmann.

    Sollte die drohende Finanzierungslücke nicht geschlossen werden, könnte das gravierende Auswirkungen auf das Kontrollsystem mit zurzeit 8000 bis 9000 Trainingstests pro Jahr haben. Wenn keine Kompensation für den BMI-Zuschuss gefunden werden sollte, müsste rund ein Viertel der Kontrollen gestrichen werden.

  21. rsn: Sportmediziner Beltran von spanischer Polizei verhaftet

    Neben einigen nicht verwendeten Nadeln fand die Polizei bei Beltran aktuelle Dopingmittel wie AICAR und TB-500. […] Beide Medikamente sind noch nicht für die Verwendung bei Menschen zugelassen und wurden bisher nur an Tieren getestet.

    velonation.com: Colombian doctor Beltrán Niño arrested with AICAR and TB-500 doping products

    El País: La caída del doctor Beltrán

    El País: Ratones, caballos, corredores…

  22. Thomas Kistner in der SZ: Die Maske verrutscht

    Erfolgreichste Olympioniken in Sommer- und Wintersport wurden nicht national, sondern bei internationalen Tests auffällig. Und der erste Hinweis überhaupt auf Gendoping im Sport fand sich im Mailverkehr eines gefeierten deutschen Lauftrainers.

  23. ich frage mich ja, warum der organisierte sport nicht einfach eine art „anti-doping-steuer“ auf sponsoren- und/oder fernsehrechte-gelder einführt. das würde zumindest das problem umgehen, dass es nicht besonders viel gloria verspricht, geld an die nada zu zahlen. und wenn man sich mal überlegt, um welche lächerlichen summen hier gerungen wird, und wieviel geld auf der anderen seite mit dem sport umgesetzt wird… im prinzip sollte sich ja kein verband, der seine antidoping-einstellung glaubhaft vertreten will, dagegen wehren können, einen kleinen teil seiner einnahmen an die nada weiterzuleiten. der jackpot wäre es natürlich, wenn man etwa die bundesliga mit ins boot bekäme…

    aber ich bin mir sicher, dass in der praxis natürlich schwergewichtige argumente gegen eine solche lösung sprechen werden.

  24. @cf
    Das war sogar mal ein wirklicher Vorschlag, von Clemens Prokop, dem DLV-Präsidenten. Er schlug so um 2006 (genau weiß ich’s nicht mehr) vor, dass die Verbände einen bestimmten Prozentsatz ihrer Sponsoring- und Werbeeinahmen für Antidopingfinanzierung abführen.
    Rasselte dann mit Pauken und Trompeten durch bei einer DOSB-Mitgliederversammlung.

  25. @ha
    okay, soviel dazu… wundert mich jetzt andererseits aber auch nur so mittelstark.

    wobei es hier ja noch nichtmal um den sprichwörtlichen „zehnten“ ginge. bei hinreichend breiter bemessungsgrundlage (→ bundesliga) dürfte ja selbst ein satz von 1% fast noch übertrieben üppig sein. aber natürlich muss man eine schlagkräftige nada/wada auch wollen.

  26. Es ist die Aufgabe der Sportverbände für die Einhaltung der eigenen Regeln zu sorgen. Deshalb müssen die Verbände auch das Geld für die Dopingbekämpfung aufbringen. Die Funktionsträger der Organisationen waren maßgeblich an der Ausbreitung des Dopingproblems im Spitzensport beteiligt. Deshalb ist Forderung von Clemens Prokop ist richtig.

  27. Bin ich graue Maus politisch farbenblind oder steht in der roten Pressemitteilung einer grün-roten Landesregierung ein schwarzer Minister mit einem ausführlichen Statement an erster Stelle?

  28. Die Sportpolitiker im Ländle scheinen begriffen zu haben, dass auch sie Verantwortung für einen sauberen Sport übernehmen müssen. Sehr vorbildliche Entscheidung!

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