Herbert Fischer-Solms hat gerade im Deutschlandfunk einen Schwerpunkt zum Bundestags-Sportausschuss gesendet, der seit Mittwoch die Öffentlichkeit aussperrt. Als Ergänzung zur bisherigen Berichterstattung über die Steuermittel verschlingenden Steinzeit-Kommunikatoren von CDU/CSU und FDP bieten sich diese drei Beiträge gewiss an:
Was bisher geschah – meine Zusammenfassung:
Klaus Riegert (CDU/Schwäbischer Turnerbund) hat „an der Qualität einige Dinge“ in meinem „Statement“, „die man auch anders würdigen kann“, wenn ich ihn recht verstanden habe, was echt schwerfällt. Egal, hier auch das Interview mit demjenigen, der Öffentlichkeit und Transparenz scheut wie der Teufel das Weihwasser: Klaus Riegert, sportpolitischer Sprecher der Union.
Ich denke, dies und Riegerts erschreckend hilflos-ahnungslose Satzfetzen im Zeit-online-Interview mit Oliver Fritsch erklären einiges.
Zum Abschluss schließlich das Interview von Herbert Fischer-Solms mit der Sportausschusschefin Dagmar Freitag (SPD/Deutscher Leichtathletik-Verband), der die Entwicklung hörbar peinlich ist:
Nachtrag, 4. November, 11.21 Uhr: Ich wurde soeben von einem schwäbischen Leser darauf hingewiesen, dass Klaus Riegert nicht mehr Vizepräsident des Schwäbischen Turnerbundes ist. Er war es lange Jahre, und auf der Bundestags-Webseite allerdings steht das bis zu diesem Moment auch noch so.
Mich hätte noch dazu die Antwort auf die Frage interessiert, welche sportpolitischen Themen der Genosse, sorry Parteifreund Riegert denn nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit effizienter und offensichtlich, nach seiner Vorstellung irgendwie im „Kollektiv“ unter Mitwirkung der Opposition, bearbeiten oder gar entscheiden will. Aber diese Antwort bekommt man ja dann wahrscheinlich in mitreißenden Statements nach den Sitzungen.
Bisher war der Eindruck, die Gestaltungshoheit würden die Schwarzgelben ausschließlich dem BMI überlassen.
Was wohl auch dazu führt, dass die Zeit gleich mal erklärt: „Der Sportausschuss ist dem Bundesinnenministerium untergeordnet …“ ;-D
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Michael Kurth (FDP) im DLF-Gespräch mit Philipp May (29.10.): „Ein Abgeordneter muss auch frei reden können“ – FDP-Medienpolitiker verteidigt nicht-öffentlichen Sportausschuss
Wer nicht hören will, kann lesen:
JW für den DLF: Entscheidung für die Steinzeit-Kommunikation – Verheerendes Echo nach dem Ausschluss der Öffentlichkeit im Bundestagssportausschuss
@zu #3. Wesentliche Aussagen von Patrick Kurth MdB (FDP) halten einem Faktencheck nicht stand. Richtig ist:
– Das leere Plenum im Deutschen Bundestag ist gerade nicht durch parallel zum Bundestagsplenum tagende Ausschüsse zu erklären, sondern durch Gespräche, Büroarbeit, Desinteresse oder auswärtige Termine von Abgeordneten. Die Ausschüsse tagen in der Regel nicht am Donnerstag und Freitag und somit also nicht parallel zum Plenum. Die Bundestagsplenarzeit am Mittwoch (13.30 Uhr bis ca. 17.00 Uhr) kann von der Abgeordneten besucht werden, deren Ausschüsse bis mittags beendet sind.
– Die Ausschussprotokolle sind gerade nicht „durch einen Klick von außen einseh- und abrufbar“ (Kurth). Ausnahmen: Öffentliche Anhörungen.
– Es ist äußerst selten, dass Ausschüsse an einem Sitzungsmittwoch „von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr“ (Kurth) tagen. Lediglich die mitgliedsstarken Ausschüsse tagen von morgens bis maximal mittags (ca. 13.00 h), danach tagen mitgliedsschwache Ausschüsse von ca. 14.00 Uhr bis maximal 17.00 Uhr. Kurths Ausschüsse beginnen um ca. 09.00Uhr (Auswärtiger Ausschuss) bzw. um 15.30 Uhr (Ausschuss für Kultur und Medien).
Faktencheck meint: Patrick Kurth MdB (FDP) hat bis zum Ablauf der Wahlperiode noch zwei Jahre Zeit, um korrekte Antworten zu geben.
Klingts schon ziemlich hilflos, was die Abgeordneten Riegert und Kurth da von sich geben um den Rauswurf der Öffentlichkeit zu erklären. Eine Art Sprachlosigkeit erfasst mich da.
Soso. Für Herrn Riegert ist parlamentarisches Handeln also vom Grundsatz her immer Geheimsache — und nur ausnahmsweise kann in wohlbegründeten Einzelfällen Transparenz und öffentliche Teilhabe gewährt werden. Schön, dass er das mal so auf den Punkt gebracht hat. Da hat aber wirklich mal jemand die Zeichen der Zeit erkannt! Möge Moby Dick das aufmüpfig krakeelende Freibeuterpack holen, dass sich tatsächlich die Meinung erdreistet, es sollte genau anders herum sein!
Schön auch, dass sich Herr Riegert auch nicht zu
blödschade dafür ist, ausgerechnet die Kollegen aus dem Verteidigungsausschuss zum Vergleich heranzuziehen — da sieht man mal wieder den vielfältigen Nutzen von Sportsoldaten.Ein persönliches Highlight ist für mich aber auch der Abschluss des Interview mit Frau Freitag:
(Gedächtniszitat)
Interessantes Demokratieverständnis von Herrn Kurth: die gewählten Repräsentanten sprechen nur offen aus, was sie denken, wenn niemand zuhören kann. Nach dem Motto, „Liebe Wählerinnen und Wähler, ich würde Sie gerne vertreten, ich arbeite aber nur, wenn Sie nicht wissen, was ich will, sage und tue.“
Der Sportausschuss unterscheidet sich von anderen Ausschüssen dadurch, dass es sportpolitische Themen äußerst selten ins Plenum schaffen, da wird vielleicht einmal im Jahr in einer absoluten Randzeit eine große Sportdebatte für eine Stunde geführt. Dabei dient die Spitzensportföderung zu großen Teilen der Repräsentanz der Bundesrepublik nach außen. Spitzensport lebt von Öffentlichkeit, wäre ohne Journalismus nicht existent, Diskussionen über die Art der Finanzierung, über Sinn und Zweck sollen aber im Verborgenen geführt werden.
Dazu kommt, dass sich der Sportausschuss im Unterschied zu anderen Ausschüssen ständig Vertreter von Interessengruppen des Sports einläd, um sich „beraten“ zu lassen. Diese Diskussionen nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen zu können, erzeugt doch den Eindruck, dass der Austausch sportpolitischer Argumente verborgen werden muss, da dort Dinge gesagt werden, die man politisch nicht nach außen vertreten kann.
Im Umkehrschluss wird man Kritikern der aktuellen Sportförderung und Dopingbekämpfung wohl bald wieder zunehmend vorwerfen, sie würden Verschwörungstheorien aufstellen und man wüsste nicht, woher die ihre „falschen“ Informationen hätten. Denn richtige Informationen werden in Zukunft nur noch nach den Sitzungen verlautbart, die darf man dann aufschreiben und als Wahrheit kundtun. Der Sportausschuss scheint von der FIFA zu lernen.
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In der gestrigen Berliner Zeitung (wenn ich das richtig sehe nur auf Papier) stand ein schöner Kommentar von Stephan Hebel über den Verlust Herbert Fischer-Solms und die Hoffnung in seine Redaktion.
Dieser Kommentar stand im Feuilleton. Wieso steht sowas nie, niemals im Sportteil?
sternburg, erspare mir bitte eine Antwort.
Mit seinem Abgang stirbt auch ein Stück Hoffnung. Weder Person noch Idee können ersetzt werden.
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