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Das Olympische Bildungsmagazin

Mr. 100 Prozent

Wirklich nur ein Zwischenruf im Deutschlandfunk zum DFB und seinem neuen Präsidenten Wolfgang Niersbach, der es manchmal mit der Wahrheit nicht so genau nimmt:

:

Es gab also auf dem DFB-Konvent hundertprozentige Zustimmung für Wolfgang Niersbach. Bravo! Um derlei „Wahl“-Ergebnisse zu basteln, mussten einst Erich Honecker und Kim Il Sung gehörig kämpfen. Im Sport aber, dieser unvergleichlichen Spezialdemokratie, sind derartige Resultate an der Tagesordnung. Und das ist, ganz grundsätzlich, alarmierend.

In der Parallelgesellschaft DFB wusste man nicht mal souverän mit der Schein-Kandidatur des Berliner Journalisten Andreas Rüttenauer umzugehen. Auch wenn Rüttenauers Offerte mäßig originell gewesen ist, so hat er doch erneut die fürchterlichen Demokratiedefizite des angeblich mitgliederstärksten Einzelsportverbands der Welt bloß gestellt. Nein, die Entwicklungen im DFB bis hin zur Krönung des neuen Präsidenten, haben absolut nichts mit „moderner Sportpolitik“ oder moderner Unternehmensführung zu tun. Hier offenbart sich vielmehr ein Demokratieverständnis aus dem dem alten Jahrtausend. Mit einer Idee wie Liquid Democracy darf man den Fußballern nicht kommen.

Es ist keine neue Erkenntnis: Der herkömmliche olympische Verbandssport steht geistig und strukturell der Diktatur näher. Diese Verbände halten sich Dank ihrer ebenfalls im vergangenen Jahrtausend geprägten Monopolstellung über Wasser – und spielen Doppelpass mit Politikern jedweder Couleur. All das hilft, den Status Quo zu erhalten. Es gibt weder wirksame Kontrollmechanismen noch Gewaltenteilung. Der DFB beispielsweise, politisch traditionell auf CDU-Kurs, leistet sich sogar ein grünes Maskottchen: Claudia Roth, die sich akut lächerlich macht und ahnungslos in diesem Metier herum stümpert.

Der Deutsche Fußball-Bund wird nun also vom ehemaligen Journalisten Wolfgang Niersbach geführt. Und darin liegt eine gewisse Logik. Denn die Aushängeschilder des DFB sind Produkte der Unterhaltungsindustrie. In dieser Branche ist der Übergang vom Journalisten zum PR-Schaffenden und Verkäufer eines so genannten Premium Produktes fließend. Da schaut man nicht so genau hin. Da will man es gar nicht genau wissen. Da will man Fan sein und sich begeistern.

Viele der langjährigen Fußballberichterstatter sind mit Niersbach per Du. Das hat es in dieser Form in einem wichtigen Sportverband noch nicht gegeben. So finden sich in der Berichterstattung vor der Krönungsmesse in Frankfurt kaum wirklich kritische Töne. Da wird nur pflichtschuldig vermeldet, dass der Neue kein Wahlprogramm hat und sich vor seiner Inthronisierung auch nicht erklären mag. Ansonsten wird er als „gut vernetzt“ und als „rheinische Frohnatur“ landauf, landab gelobt. Es regiert fröhliche Kumpanei. Hintergründiges und Zwischentöne sind selten.

Nach der Machtergreifung verkommen viele Journalisten zu Stichwortgebern für den neuen DFB-Boss. Eine Flut von so genannten Interviews überschwemmt das Land an diesem Wochenende. Mit Journalismus hat das im Grunde nichts zu tun, denn da wird weder recherchiert noch wirklich nachgefragt – man lässt den ach so netten Wolfgang, den meisterlichen Opportunisten und Duzbruder, den knallharten Interessenvertreter des Fußballbusiness, einfach daher plappern. Man hat ihm in den vergangenen Wochen den Weg bereitet und steht seinem persönlichen Wohl aufgeschlossen gegenüber. Na klar, soll Niersbach auch als DFB-Präsident so gut wie als Generalsekretär verdienen. Das ist sich die Journaille einig.

Doch, darüber hinaus: Einigkeit in Denken und Handeln ist gewiss kein gutes Zeichen – sondern Grund zur Besorgnis.

* * *

Es gibt mehr zu sagen. Ich hätte es in anderen Beiträgen besser, ausführlicher, prägnanter und besser belegter tun können. Wollte ich aber nicht. Es gibt derzeit andere Verpflichtungen. Vielleicht später mal.

27 Gedanken zu „Mr. 100 Prozent“

  1. @jw
    Du brauchst das nicht, ich sage es dennoch, das rein Menschliche: Ich schätze an diesem Kommentar auch, dass er nicht tut, was so viele getan haben – nämlich vor allem bei Zwanziger nachzutreten. Mich hat es unangenehm berührt, einen wie großen Teil der Berichterstattung das noch eingenommen hat. Und zum Teil von denen, die sich beim DFB angebiedert haben, solange er noch fest im Sattel saß.
    Das größte journalistische Armutszeugnis, das ich zu dieser Machtübergabe (so würde ich es nennen) an Niersbach gehört habe, war übrigens der Satz: „Bei der taz kam die Frage nach einem Programm auf.“

    Tja, um es postitiv zu sagen: Bravo, taz!

  2. Der DFB beispielsweise, politisch traditionell auf CDU-Kurs, leistet sich sogar ein grünes Maskottchen: Claudia Roth, die sich akut lächerlich macht und ahnungslos in diesem Metier herum stümpert.

    Weil der Sport so unpolitisch ist, teilt man ihn unter sich auf. Der Fussball der CDU – dort wird das meiste Geld verdient – der Radsport der SPD ( Scharping ist ja seit Jahren da erste Wahl, sozusagen der Oberradfahrer ), der Dachverband der FDP ( da werden wir sicher Joachim Günther eines Tages wiedersehen). Im Sportausschuss des BT dürfen alle gleichermassen nulpig mitmachen. Da geht es im Grunde genommen ja auch um nichts außer um parlamentarisches Blendwerk.

    Vllt. haben die Grünen gar ein Programm und wollen einen Fuss in die Tür zum Allerheiligsten des deutschen Sports stellen. Dass diese Mission aber gerade die Claudia übernehmen muss ? Na ja, Trittin ist zu stelzig und käme nicht einmal mit den grass-roots klar. Und Viola von Cramon-Taubadel hat mit Doping genug um die Ohren (Pardon!).

    Bleiben die Linken um Katrin Kunert und Jens Petermann. Aber die scheinen sich auf ihren Marathonlauf zu einem bundesdeutschen Sportministerium verlaufen zu haben. Die Idee ist zwar alt, aber immer wieder gut.

  3. Der herkömmliche olympische Verbandssport steht geistig und strukturell der Diktatur näher.

    Passend dazu der sinngemäße Spruch von Lukaschenko: „Lieber DFB als FDP.“

  4. @ Ralf: Ich dachte, geert können dem einen Link folgen.

    @ Geert H.: Verstehe die Frage nicht. Ich habe einen Kommentar fabuliert, in dem es weniger um Niersbach – dessen Krönung war nur der Anlass -, als vielmehr um eine äußerst trübe Melange (DFB, Demokratie, Journalismus etc) ging. Das sollte nur ein Anreißer sein, wie ich in kursiv unter dem Kommentar dargelegt habe.

    Mein Link zu gewissen Vorgängen in 2008 ist legitim, ich reite aber nicht darauf herum (wie ha zurecht anmerkt), wenngleich ich natürlich auch von Niersbach noch nicht ein Wort des Bedauerns oder gar eine Entschuldigung gehört habe. Ich habe ihn seither nur zweimal gesehen, glaube ich, einmal im Sportausschuss, als er tat, als sei nie was gewesen und mich ungefragt duzte – wenn ich mich recht erinnere, habe ich ihm den Handschlag verweigert, so hölzern reagiere ich mitunter.

    @ ha: Ja, inakzeptabel, diese Passagen in „journalistischen“ Beiträgen: „… es kam Kritik auf …“, ich habe von einem längjährigen DFB-Berichterstatter und DFB-Freund, der als Journalist für mehrere Blätter schreibt und immer nah dran ist, ohne dass mir eine heiße Geschichte erinnerlich ist, auch gelesen „… Kritiker sagen …“.

    Feige. Dumm.

    Ja, und Rütternauer habe ich erwähnt. Er hat wenigstens was gewagt, und das finde ich richtig und wichtig. Die Bemerkung, dass ich die Aktionen mäßig originell fand, sei mir gestattet.

  5. @Ralf: Ist das nicht eher auf 20ers Mist gewachsen, was Niersbach ja nicht vollends entschuldigen täte? Und ist das alles, was gegen ihn vorliegt? Ich frag ja nur.

  6. Es geht nicht so sehr darum, ob etwas gegen Niersbach vorliegt, aber es kann womöglich beim Präsidentenwechsel auch um das gehen, was die DFB-Spitze im Fußball (um den es ja „künftig wieder gehen soll“) tut und/oder unterlässt. Oder plant zu tun/zu unterlassen.
    Völlig oberflächlicher/unbedarfter Blick, weil nicht mein Feld: Rüttenauers Manifest wäre ein erster (ganz kleiner) Leitfaden, um neuralgische Punkte wenigstens wahrzunehmen – etwa: Profis – Amateure im DFB, der bekanntlich 26.000 Vereine hat, nicht nur ein paar Dutzend. Ich erinnere mich dunkel an den Streit um Spielpläne/Anstoßzeiten vor einigen Jahren, als die Kleinen zurecht den (erfolglosen) Aufstand probten.
    Weitere Fragen vielleicht: Was sagt (zurückgenommener: weiß man über) Niersbachs Rolle beim Einwerben der WM 2006 und ja vielleicht auch 2011? Was weiß man über sein Lobbying im politischen Raum, etwa im Interesse von Steuergeschenken, die der Bund hin und wieder zu bewilligen pflegt? Oder: Was sagt seine Vertrautheit / Freundschaft zu / mit Beckenbauer (dessen Zeit im FIFA-Exco öffentlich gelöscht ist) oder Netzer, bestens im FIFA-Geschäft, nun ja, vernetzt?
    Ein bisschen wunderlich ist es schon, dass plötzlich vorbehaltlos ein „glänzender Netzwerker“ im Fußballgeschäft gefeiert wird, wo man doch inzwischen mit ebendiesen Netzwerken durchaus etwas kritischer umgeht.

    Auf die ungezählten Hobby-Psychoananlysen von Theo Zwanzigers Persönlichkeit, die vor Monaten/Jahren schon so oder ähnlich da waren, hätte ich hingegen gut verzichten können.
    Übrigens: Auch bei den Darstellungen dessen, was gemeinhin als Zwanzigers „gesellschaftliches Engagement“ gewürdigt wurde (auch ist, aber doch eigentlich meint: den Fußball als zurückgebliebenen, nicht etwa „vorbildhaften“ Teil der Gesellschaft auf so etwas wie ein ziviles Normalniveau zu hieven, etwa bei Homophobie, zum Teil auch Rechtsradikalismus), gab es kleines Problem. Kann sein, ich hab das überlesen: Aber ist auch mal gefragt worden, was da der DFB ganz handfest materiell tatsächlich geleistet hat?

  7. @ Geert H: Abgesehen davon, dass Du Dich wie ein Troll benimmst und ich besser nicht antworten sollte, lautet die Antwort: Ja, wird er.

    Lies einfach mal nach.

  8. @sternburg
    stellt sie doch! zumindest in meinem internet. zumindest mit ff und opera. von daher würde ich den feinen freiherren von und zur sternburg doch sehr bitten, derlei infame unterstellungen inskünftig zu unterlassen!
    (oder aber mal handfeste angaben zur reproduktion bei die fische zu buttern…)

  9. Es stimmt, dass Niersbach nicht sonderlich kritisch bewertet wird. Aber ich kann auch nicht erkennen, dass er gefeiert wird. Der Link zum dradio hilft mir dabei nicht.

    Aber entschuldigt bitte, dass ich frage. Das ist wohl nicht gefragt hier.

  10. @Geert H.
    Also beim Link zu dradio müsste doch auffallen, dass es da sportpolitisch sozusagen nur zwei Trolle gab im Vorfeld dieser Wahl: taz. Und Frau Merkel. „Merkel macht sich Sorgen ums Soziale“. – Huch, denkt sich da so ein Journalistendarsteller, dann kann ich das ja auch mal, ganz kurz.

    Aber es ist schon richtig: Es ist nicht überliefert, ob es für Niersbach eigentlich standing ovations gegeben hat und ob auch von Journalisten ;-D

  11. Journalisten schreiben ja Texte, das sind doch Überlieferungen. Ich möchte halt gerne wissen, wer Niersbach gefeiert hat, wie das hier behauptet wird.Wo sind die Belege?

  12. Na ja, wer nicht begreifen kann, was es heißt, Demokratie- und andere Defizte dialektisch zur „modernen Sportpolitik“ umzudeuten und als „neue Ehrlichkeit“ eines vorgeblichen Unternehmens DFB mit CEO Niersbach zu belobigen – dem kann man das eher schlecht belegen.

  13. Ist schon eine lustige Sekte hier versammelt. Pflegt mal weiter Euer Geheimwissen und predigt Transparenz.

  14. @ Geert H: Mein letztes Wort dazu – steht hier irgendwo, er sei „gefeiert“ worden? Ich habe es schon etwas konkreter formuliert. Und selbst wenn, „feiern“ wäre eine Wertung, die jedem Autoren zusteht.

  15. Vielleicht hätte ich („gefeiert“ war meine Formulierung) das Wort „Hochsterilisieren“ benutzen sollen. Hätte ausnehmend gut gepasst ;-D

  16. Winfried Gassmann

    Ist wirklich „hochsterilisieren“ gemeint?
    Solange nicht kastrieren gemeint ist, geht es ja noch.

  17. Historische Wortkreation des Fußballers Bruno Labbadia („wird ja alles von den Medien hochsterilisiert“.
    Für diesen Fall sogar wertvoll – wenn Mängel, in dem man sie zu etwas Höherem erklärt, mehr oder weniger neutralisiert werden, sozusagen: hochsterilisiert.
    Kastriert sind sie wohl nicht. Nehme ich an.

  18. Winfried Gassmann

    Danke!
    Der Labbadia-Spruch ist ja fast schon schön wie der Wegmann-Spruch, als er in einem Fernsehinterview sagte, er freue sich sehr, zum Tor des Monats gewählt worden zu sein.

  19. noch einer (Christoph Daum, Trainer):

    Mir ist es egal, ob es ein Brasilianer, Pole, Kroate, Norddeutscher oder Süddeutscher ist. Die Leistung entscheidet, nicht irgendeine Blutgruppe.

  20. @Geert H: Ähm, Du hast gefragt: „Was liegt denn gegen Niersbach vor? Was gibt es denn zu kritisieren?“

    Der verlinkte Beitrag im Deutschlandradio beinhaltet nach meinem Verständnis Kritik an dem Mann. Ein Einstieg ins Thema.

    Auf eine Frage, wer Niersbach gefeiert habe, habe ich nie geantwortet. Tut das zur Sache? Falls ja, jemanden mit 100 % Jastimmen wählen, das würde ich persönlich unter den Begriff subsumieren.

    @cf: Ich nehme alles zurück. Klappt hervorragend.

    Erwähnte ich schon, wie super ich die Lösung finde, die erst nach dem Schreiben einzuschalten? Ich stelle nämlich gerade fest, wie sehr das Ding nervt, wenn man dann doch noch was schreibt. Die absolut perfekte Lösung (aber wo gibt es die schon) wäre also wohl, wenn man die Vorschaufunktion nach einem Zwischentest auch wieder einklappen könnte. Aber so ist natürlich auch tolltolltoll.

  21. Pingback: #London2012 (XXIX): #openFriedrich und andere Transparenzallergiker: warum das Deutschlandradio mir Berufsverbot erteilte : jens weinreich

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