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Das Olympische Bildungsmagazin

Die Bankrotterklärung (I): „Doping in Deutschland“

BERLIN. Grüß Gott zum live-Blog aus dem „Presse- und Informationsamt der Bundesregierung“. Offiziöser hätte der Ort der Verkündung kaum gewählt werden können. In der Einladung zur Veranstaltung, die seit 10 Uhr läuft und bis 15 Uhr angesetzt ist, steht:

  • Ergebnispräsentation: „Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation“

Dabei weiß man natürlich längst, dass das Projekt geplatzt ist, denn Vertreter der Humboldt-Universität sind heute nicht anwesend. Es referieren allein vier Vertreter der Universität Münster.

Ich versuche, total sachlich zu bleiben, wie immer, auch wenn mir die Wiedergabe von Zeitungsberichten aus den neunziger Jahren, auf denen die ersten beiden Vorträge basieren, schon jetzt ziemlich zum Halse raushängt. Was daran Wissenschaft ist und warum das unter diesem großspurigen Label läuft, erschließt sich mir auch im Jahr fünf des 2008 initiierten Projektes nicht.

(Wer ein Archiv mit Texten aus Spiegel, FAZ, SZ und Bild(!) hat, der weiß auch, was die „Forscher“ da verkünden. Kann jeder selbst nachlesen. Das Wort „Forscher“ setze ich ab jetzt konsequent in Gänsefüsschen.)

Vorträge kann ich online leider nicht anbieten. Es liegt hier nur ein Ausdruck vor, der kaum mehr enthält als das Programm des Tages und eine grobe Zusammenfassung des Projekts. Sehr unprofessionell.

Nachtrag, 17.11 Uhr, frisch eingescannt:

Die Arbeitsbedingungen sind ebenso unprofessionell katastrophal. Keine Arbeitstische. Wenigstens WLAN. Sitze auf der Erde und notiere ein bisschen.

Zum Ablauf und der relativ schwer zu durchschauenden Lage des Projekts empfehle ich das WAZ-Rechercheblog, in dem Daniel Drepper in einem länglichen Artikel versucht hat, alles aufzudröseln:

(Warum benutzt der Kollege darin das Wort „Forscher“ gefühlte 200 Mal?)

So langsam wird es sehr ärgerlich-nervend, wenn die „Forscher“ kaum etwas anderes tun, als Zeitungen zu zitieren. Gerade geht es um die Themen Antje Misersky (1992 Albertville) und Dagmar Hase/Astrid Strauß (1992 München, Barcelona).

Hier im Blog bieten die Kommentare mit all ihren Links unter zwei Beiträgen einen Abriss der Geschichte des Projekts:

Grit Hartmann, die sich im Thema viel besser auskennt als ich, hat dazu heute morgen schon kommentiert:

Schließe mich der Fraktion derer an, die diese Präsentationen mit Spannung erwarten – und auch dem Beifall für Daniel Drepper + Kollegen dafür, dass sie versucht haben, diese verworrene Sache ausgewogen darzustellen.

Dass man davon ausgehen kann, dass BMI/BISp und DOSB Schwierigkeiten hatten mit dem, was die Berliner schon in den letzten, wirklich beeindruckenden Zwischenberichten zutage gefördert haben – das sehe ich auch.

Überzeugt hat mich dabei, dass sämtliche Beteiligte (Berliner und Münsteraner – Michael Krüger ist ja für derartige Kritik nicht bekannt) bzw. der von Drepper als „neutraler Experte“ befragte Karl Heinrich Bette von gänzlich unüblichen Datenschutzanforderungen bzw. außergewöhnlich hohen juristischen Hürden sprechen. Ein probates Mittel, um unliebsame Sachverhalte zu unterdrücken bzw. daran Beteiligte herauszuhalten. Allerdings wäre Genaueres dazu, wo diese Anforderungen das wissenschaftlich Übliche überschreiten, hilfreich – denn ein gewisses Maß an Berücksichtigung von Persönlichkeitsrechten ist üblich.

Grundregel: Es gelten Sperrfristen, bin nicht sicher, ob 30 Jahre. Ansonsten muss der Betroffene in die Namensnennung einwilligen oder – hier wird es schwer interpretationsanfällig – die Namensnennung ist für die Darstellung von Forschungsregebnissen zur Zeitgeschichte unerlässlich und überwiegt die Datenschutzbelange.

Beispiel dafür, was da noch so alles eine Rolle spielen kann, zuerst natürlich die Quellenlage: der Umgang mit Stasi-Mitarbeitern. Ein Verdacht reicht zur Nennung des Klarnamens nicht bzw. zieht mit einiger Garantie juristische Gefechte nach sich; eine unterschriebene Verpflichtungserklärung hingegen gilt als Beleg und (in der Regel) als Freibrief zur Veröffentlichung.

Heißt: Einige Beispiele wären nützlich, um nachvollziehbar zu machen, welche ungewöhnlichen Anforderungen das BISp (meint selbstverständlich das BMI) formuliert hat. Präzise: Ist die Vereinbarung zur „Auftragsdatenverarbeitung“, die die Berliner vor der Vorstellung ihrer letzten Zwischenberichte (im September 2011, da wurden noch Namen genannt) unterschreiben mussten, eine, die speziell für dieses Forschungsprojekt formuliert wurde?

In den Darstellungen beider Seiten tauchen Widersprüche auf, deren Aufklärung nützlich zur Bewertung dieses Eklats wäre:

1) BISp/DOSB behaupten, eine Fertigstellung des Berliner Abschlussberichts sei nicht zu erwarten, deshalb werde die Rückforderung von 200.000 Euro geprüft. Auch Drepper schreibt: „Große Teile der letzten Projektphase, der Jahre 1990 bis 2007, sind bis heute nicht bearbeitet.“ Berliner behaupten, ein 800seitiger Abschlussbericht sei ans BISp gegangen. Erklärt sich u.U. damit, dass BISp einen Abschlussbericht, der den Umgang mit Persönlichkeitsrechten nicht geklärt hat, nicht als solchen akzeptiert.

2) Zur Kenntnis nehmen muss man, dass BISp den Forschungszeitraum verlängert hat – das spricht erstmal nicht gegen Aufklärungsinteresse. Für 2010, schreibt Drepper, hat Berlin 10.000 Euro Nachschlag verfallen lassen bzw. „nicht verbraucht“. Wie es dazu kam, bleibt ein bisschen unklar – in der Wissenschaft gibt es eigentlich Wege, derartige bürokratische Formalien zu umgehen.

3) BISp behauptet, die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt würden sukzessive in diversen Zeitschriften veröffentlicht. Berliner behaupten, sie dürften nichts veröffentlichen.

Aus einer Antwort von BISp-Direktor Fischer auf meine Anfrage, schon im April 2012, damals machten erste Gerüchte von der Auflösung der Berliner Forschungsgruppe die Runde, die Berliner wollten sich aber noch nicht dazu äußern:

Der Transfer von Forschungsergebnissen wird seitens des BISp grundsätzlich und damit auch für dieses Forschungsprojekt gefordert. Auch die Forschergruppen der HU Berlin und der WWU Münster nehmen diese Aufgabe sehr ernst, da die Veröffentlichung der Studienergebnisse in ihrer alleinigen Verantwortung liegt. Die Zeitschrift „Sportwissenschaft“ hat z.B. ein Sonderheft „Doping“ in Vorbereitung, in dem beide Forschergruppen jeweils zwei Beiträge eingereicht haben. Zusätzlich sind bereits mehrere Beiträge für weitere wissenschaftliche Zeitschriften eingereicht worden und befinden sich dort derzeit im Review-Verfahren …

Sieht nach Lektüre des Drepper-Beitrags für mich danach aus, als habe das BISp nicht die Wahrheit gesagt, denn danach „dürfen die Forscher nichts veröffentlichen, was nicht vom BISp abgesegnet ist“.

4) BISp und Humboldt-Uni behaupten, die Berliner hätten ihre Teilnahme an der Präsentation „im Nachgang abgesagt“. Giselher Spitzer hätte dort gern seine Ergebnisse präsentiert. Also scheint die Forschergruppe auch den Rückhalt der eigenen Uni vermisst zu haben?

5) Die Rolle des wissenschaftlichen Beirates – aus dem z.B. Gerhard Treutlein relativ früh unter Protest ausgeschieden ist – finde ich spannend. Denn sie sagt u.U. Übergeordnetes zum Zustand der Sportwissenschaft in Deutschland.

Abschließende Anmerkungen:

Die neuen und brisanten Erkenntnisse, die die Berliner im Herbst 2011 in ihren Zwischenberichten präsentiert haben, lassen Behauptungen von DOSB /BISp / BMI, die darauf abzielen, die Forscher wissenschaftlich zu diskreditieren, als durchschaubares und ziemlich übles Ablenkungsmanöver erscheinen. Das wird hoffentlich nicht ziehen.

Das Ergebnis, dass der gesamte Zeitraum ab 1990 unbearbeitet bleibt – und allein der Vereinigungsprozess hat ein bezeichnendes Licht auf die ausgeprägte Dopingtoleranz des west- und dann bundesdeutschen Sports geworfen -, ist natürlich bedauerlich. Wessen Interessen das bedient, ist auch klar.

Gerade erfahre ich (das ist mir gänzlich neu), dass die Bild-Zeitung nicht an Dopingberichterstattung interessiert ist.

Gerade erfahre ich, dass sich die beiden Qualitätszeitungen SZ und FAZ überfordert zeigten mit der Berichterstattung und keine konkreten Handlungsperspektiven gegeben hätten.

Sorry, so ein Schwachsinn. Ich muss weder Spiegel, noch FAZ und schon gar nicht SZ verteidigen. Aber ich kann sagen, dass es ohne die Berichte in diesen Medien – und ohne die Arbeiten anderer Medien wie etwa der Berliner Zeitung, für die ich von 1996 bis 2008 gearbeitet habe -, weder ein Dopingopferentschädigungsgesetz gegeben hätte, noch wäre das Thema Doping so in der Öffentlichkeit. Derlei Medien haben, oft im Doppelpass mit Dopingaufklärern mehr bewirkt, als JEDE staatliche oder gesellschaftliche Institution dieses Landes.

(Oh, ich werde gerade erwähnt, weil ich viele Jahre lang in der BLZ die Einführung des Straftatbestandes Doping gefordert habe. Währenddessen verlässt Michael Reinsch, einer dieser Schreiber, die Grundlegendes geleistet haben über zwei Jahrzehnte, gerade erschüttert den Raum und geht in seine Redaktion, um zu recherchieren, was es mit der Humboldt-Uni wirklich auf sich hat.)

Hansjörg Kofink fragt Prof. Henk Erik Meier:

Was ist ihr Untersuchungsgegenstand: Der Spiegel oder der Sport? Ich komme mit dieser Sache nicht zurecht!

Prof. Michael Krüger antwortet auch dazu:

Wir konnten eindeutig feststellen, wie stark die vierte Gewalt, die Medien, diesen Meinungsbildungsprozess beeinflusst haben und die Politiker unter Druck gesetzt (?) haben.

Ehrlich gesagt: Das wusste ich schon. Das wussten viele schon. Brauchte es dazu dieses Projekt?

Erik Eggers ist auch da. Er äußert sich zum Desinteresse der Bild-Zeitung und sagt, dass Bild damals viele Ost-Journalisten mit besten Kontakten zu den Sport-Idolen der DDR verpflichtet hat. „Es war auch völlig egal, dass man wusste, dass einige Sportjournalisten damals für die Stasi gearbeitet hatten.“

Gerhard Treutlein und Jörg Winterfeldt fragen, ob die Projektverantwortlichen Akteuere (also auch die Berichterstatter, deren Arbeit sie auswerten) befragt haben.

„Das haben wir nicht gemacht“, sagt Meier.

Alles ziemlich erschreckend.

12.26 Uhr:

Nach der Kaffeepause referiert Mara Konjer zum Thema:

  • Der Dopingdiskurs der 1990er und 2000er Jahre in Die Zeit und Der Spiegel

Grundsatzfrage: Seit wann ist Die Zeit ein Leitmedium in der Dopingberichterstattung?

Absurd.

Völlig überraschender Weise wurde „erforscht“, dass die Berichterstattung über Doping seit den 1950er Jahren in den Dekaden kontinuierlich steigt und besondere Höhepunkte während Olympischer Spiele hat. Auch über die Tour de France 1998 wurde relativ viel berichtet!

Um es mit Markus Lanz zu sagen:

WOW!!!

Ein weiteres bahnbrechendes Forschungsergebnis: Im Vergleich zu den 1950er Jahren, als mehr über Stimulanzien berichtet wurde, stehen heutzutage in der Dopingberichterstattung eher die Peptidhormone im Mittelpunkt.

Was würde wohl Markus Lanz dazu sagen?

Richtig:

WOW!!!

Mann muss da wirklich nicht hinhören. Tut mir leid, das so deutlich sagen zu müssen.

Ich bin (natürlich) etwas zu spät gekommen und habe deshalb nicht die komplette Begrüßung von Jürgen Fischer mitbekommen. Was ich vom Direktor des BMI-finanzierten Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Bonn) noch gehört habe und mir wichtig scheint:

… viele nicht auflösbare Widersprüche im Gebaren der Humboldt-Universität

… ich habe wirklich alles unternommen, diese Widersprüche zu klären

… kann ihnen heute nicht sagen, ob es seitens der Humboldt-Uni Bemühungen geben wird, diese dritte Phase und den Endbericht zu liefern

… gegebenenfalls neue Ausschreibung, das heißt aber auch neues Geld, weil kaum ein Wissenschaftler mit von Dritten erhobenen Daten arbeitet

… eines kann ich ihnen versichern, dieses Ding wird zu Ende geführt, und es wird zu Ende geführt, wie es geplant war

Fischer spricht von „Anfeindungen“ und dankt DOSB-General Michael Vesper.

Er erwähnt mehrfach den Begriff „Wissenschaftlichkeit“, den er Münster zuschreibt, Berlin aber offenbar nicht. Vesper sagt kurz darauf dazu:

Ich will einen belastbaren Bericht und keine Kriminalromane.

Vesper außerdem:

Wir bedauern den Abbruch der Forschung in Berlin. Wer uns aber unterstellt, wir wären etwa froh darüber, der ist schief gewickelt.

Prof. Dr. Dorothee Alfermann, Präsidentin der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft und Vorsitzende des „wissenschaftlichen Projektbeirates“, sagte u.a.:

Kontrolle der wissenschaftlichen Arbeit sei „normales Procedere“ gewesen …

… auch wenn es manche Medienvertreter eben anders sehen wollen, nämlich dass wir damit Meinung unterdrücken wollen…

Wir haben nicht versucht, die Projektgruppe (in Berlin/JW) auszubremsen. Ganz im Gegenteil.

Eines meiner Lieblingsthemen nun schon seit Jahrzehnten nenne ich gern: „das Versagen der (Sport)wissenschaft“ bei der kritischen Begleitung des organisierten Sports. Die Herrschaften machen sich zu oft zu Knechten und Mägden des Sports, sind von den Brosamen der Hochleistungssport finanzierenden Institutionen abhängig.

Auch heute kann man das wieder wunderbar beobachten.

Nichts wird gesagt, was nicht schon seit Jahrzehnten gesagt wird (von Journalisten), was recherchiert wurde von anderen (Journalisten, Dopingaufklärer), was etwa Gerhard Treutlein (eine seltene Ausnahme) und Andreas Singler schon vor langer Zeit analysiert haben:

Andere Autoren wären zu nennen. Aber wie gesagt: „Wissenschaftler“ sind kaum darunter. Auch einige derjenigen, etwa von der Uni Mainz, die sich derzeit kritisch zu diesem Dopingprojekt äußern, haben über Jahrzehnte den Doppelpass mit dem Sport gespielt (IOC etc), die Sportverbände oft genug in Schutz genommen, entgegen aller von anderen recherchierten Fakten, und sind deshalb wenig glaubwürdig.

Korruption in der Sportwissenschaft (mit kleinen und großen Gaben und/oder durch Schweigen) ist ein weit verbreitetes Problem.

Ein Vergleich zwischen der Aufklärungsarbeit, die Journalismus über Jahrzehnte geleistet hat, die unabhängige Personen (wie Berendonk/Franke etc) geleistet haben, und der Arbeit so genannter Sportwissenschaftler bringt Erschreckendes zu Tage.

Dies mal wieder als Grundsatzfeststellung – wobei ich die Arbeit, die die Münsteraner hier vorlegen, noch relativ gelassen betrachte und denen gar nichts Böses vorwerfe: nur erschreckende Harmlosigkeit.

Passend dazu hat Prof. Krüger gerade erforscht …

… dass die NADA in den ersten Jahren ihrer Existenz die Hoffnungen nicht erfüllen konnte, die in sie gesetzt wurden.

Oh.

Mag sein, dass ich im Einzelfall ungerecht urteile. Ich will es aber mal so formulieren: Wäre diese Projektsumme in journalistische Recherche geflossen und nicht für „Wissenschaft“ verwendet worden, hätten heute ganz andere Ergebnisse vorgelegt werden können. Im Übrigen hätte es an Analyse nicht gefehlt.

14.25 Uhr:

Aus der laufenden „Pressekonferenz“, die auch erstmal 20 Minuten eine Verkündungs-PR-Nummer war, nur einige Notizen.

Frau Alfermann, hoch dekorierte „Wissenschaftlerin“, hat mich gerade über meine Erkenntnis- und Wahrnehmungsprobleme aufgeklärt, nachdem ich wissen wollte, ob das eigentlich Wissenschaft sei, was wir da an Zeitungsauswertungen gehört haben:

Ich wundere mich schon, wenn Journalisten hingehen und ihre eigenen Quellen madig machen, nämlich ihre eigenen Produkte. (Habe ich gar nicht getan.) Das Gefühl, das wissen wir schon alles, das sehe ich ihnen nach, das ist ein ganz typisches Ergebnis der menschlichen Informationsverarbeitung.

Ich stehe zu diesem Gefühl. Weil es mehr ist als ein Gefühl.

Hat (ein bisschen) mit Wissen zu tun.

15.00 Uhr:

Diese „Pressekonferenz“ wird in die Geschichte meiner persönlich absurdesten Pressekonferenzen unter die Top Ten einziehen. Details später. Vielleicht habe ich heute Nacht sogar mal Muße, eine Top Ten anzubieten. Who knows? Aus Verzweiflung werde ich es aber eher lassen. Ertrage das nicht viel länger – und muss heute noch versuchen, einen vernünftigen, akzeptablen analytischen Text dazu anzubieten.

Bevor ich mich auf die Reise mache und die Örtlichkeit wechsle, flink mal noch den einfach mal passenden Kommentar zu diesem Dilemma:

WOW!!!

Oh, Frau Alfermann sagt noch:

Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit hat sich doch in Richtung einer negativen Bewertung entwickelt.

44 Gedanken zu „Die Bankrotterklärung (I): „Doping in Deutschland““

  1. Da scheint sich ja zu bestätigen, was schon im Herbst 2011 absehbar war: beim Münsteraner Teil (mediale Wahrnehmung, bessere Zeitungsauswertung) handelt es sich um so etwas wie den Alibi-Part des Forschungsprojektes.
    Was hingegen die Berliner geboten haben, war im strukturellen Teil wirklich neu und brisant. Damit meine ich nicht, dass die 66er Fußball-WM-Elf eventuell Ephedrin intus hatte, auch wenn das besonders schlagzeilenträchtig war, sondern die Hinweise auf die Abläufe von (anwendungsorientierter) Dopingforschung im BISp: zentriert bei Keul / Freiburg, BISp-Direktor August Kirsch als Schaltstelle und „Ausputzer“ gegenüber Kritikern, mit entsprechenden Arbeitsgruppen dort, in denen auch Vertreter von BMI und DSB bzw. seinem Bundesausschuss Leistungssport mitwirkten – einschließlich der „billigenden Mitwisserschaft“ von Willi Daume etc.

    Eggers hatte festgestellt (aus dem Zwischenbericht):

    Das Ziel des BISp bestand ganz offensichtlich darin, die Anwendung von Anabolika im Leistungssport wissenschaftlich abzusichern.

    Mich würde wirklich interessieren, welches wissenschaftliche Selbetverständnis z.B. die Beiratsvorsitzende Prof. Dorothee Alfermann (Leipzig) vorträgt zur Rechtfertigung des Umstands, dass gerade dieser Forschungsteil nicht abgeschlossen wird. Im Grunde: wie man dann überhaupt zu einer Präsentation antreten kann. Beim BISp/BMI erübrigt sich eine solche Frage wohl eher …

  2. Zur „Zeit“. Ich kann mir vorstellen, wie sie auf die Liste der Leitemedien gerutscht ist. Es gab 1998 einmal ein sehr lesenswertes Dossier zur Aufarbeitung des DDR-Dopings, hier:

    Doping macht vergesslich

    Vielleicht hat das schon ausgereicht ;)
    Die Feststellung, dass zu Olympischen Spielen besonders viel über Doping berichtet worden sei – ich weiß nicht, ob die einer Prüfung wirklich standhalten könnte, meiner – zugegeben – gefühlten Erfahrung entspricht es nicht. Was ich aber weiß: Die Münsteraner hatten schon ihren Projektantrag so formuliert – sie wollten erforschen, wie im Zeitraum von Spielen berichtet worden ist. Insofern ist das eine seltsame Behauptung, die da nun getroffen wird.

  3. Doping seit 1950 in Deutschland, oder: „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“?

    Hr. Treutlein hat nicht ohne Grund frühzeitig dem Projektbeirat den Rücken gekehrt.

  4. Nö. Geschockt bin ich nicht. Eher fühle ich mich bestätigt. Das macht jedoch die Situation auch nicht besser. Dass BILD, SZ und FAZ nicht berichten wollen, kann ich nachvollziehen. ;-)
    Die Studie liest sich wie eine Wasserstandsmeldung ohne Tauchtiefen. Bemerkenswert jedoch, wie doch der DSV, der DFB zusammen mit der NADA (!!!) den Zugang zu ihren Archiven blockiert haben.

    Jetzt kann man nur noch auf den Donnerstag an der EUROPA-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder warten und sich aufklären lassen,

    zu * Rechtsprobleme gesamtdeutscher Aufarbeitung
    zu * Doping im Kontext der Wertschätzung sportlicher Leistungen
    zu * Doping in Westdeutschland – Resultate eines Forschungsprojekts von Prof. Dr. Spitzer,
    zu * Merkwürdigkeiten der Aufarbeitung von Doping in der Bundesrepublik Deutschland –
    Förderung und Verhinderung wissenschaftlicher Forschung zum Einsatz von Doping in der
    Bundesrepublik Deutschland von Mathias Hausding, Märkische Oderzeitung, und Daniel
    Drepper, WAZ-Medien

    Entweder es spitzt sich zu oder der Deckel kommt auf den Topf und damit kann das Thema Doping in Deutschland als abgearbeitet betrachtet werden. :D
    Es war einmal und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heut´.

    Wie bezeichneten Verbruggen und McQuaid gleich die whistleblowers Stephen Swart, Frankie Andreu, Floyd Landis, Christophe Bassons, Nicolas Aubier, Gilles Delion und Graeme Obree? Ach ja, als ‚cowards‘ and ’scumbags‘. Radfahrer eben.

  5. Liest sich wie ein sehr skuriles Ereignis, diese „PK“. Immerhin verstieß die Nennung der Veranstalter nicht gegen den Datenschutz. Bin erstaunt. Die „Persönlichkeitsrechte“ sind sicher ein guter Ansatz, um künftige und laufende Untersuchungsausschüsse (NSU, U-Boot-Geschenke) ohne Namensnennung zu absolvieren. Frage mich immer, ob mehr Geld für dieses Projekt dagewesen wäre, wenn keine Banken zu retten gewesen wären.

  6. JW für SpOn: Viel Ärger, wenig Erkenntnis

    Eine beteiligte Forschergruppe behauptet, ausgebremst worden zu sein, der DOSB bestreitet dies vehement. Wer Recht hat, ist letztlich egal, denn Eines steht fest: Von Aufklärung kann keine Rede sein.
    […]
    Eine der heftig debattierten Kernfragen lautet: Wurde das Berliner Team ausgebremst, spätestens seit vor einem Jahr in einem Zwischenbericht systematisches Doping und die Verstrickung westdeutscher Funktionäre mit einigen neuen Fakten beschrieben worden war?

  7. Nach Lektüre der einigermaßen verheerenden 31 Seiten entsteht überdies der Eindruck schon einigermaßen drastischer Verharmlosung in jenem Münsteraner Teil, der nicht Zeitungsauswertung ist, also bei Krüger/Meier. In der Unterlage oben ab S. 13, im Projektabschnitt, der sich mit 90ern bis 2007 befassen sollte und sich angeblich auf „die Entwicklung des Verhältnisses Staat – Sport im Zusammenhang mit der Entwicklung von Doping und Antidoping in Deutschland“ konzentriert.
    Erstaunlicherweise wird da plötzlich fast ausschließlich „Antidoping“ thematisiert – Doping eher nicht.
    Bemerkenswert ist dazu die wiederholte Betonung des Umstands, „der Staat“ habe seine „Reglementierungsinstrumente“ gegenüber dem Sport in Sachen Antidoping kaum genutzt. Was offensichtlich als Kritik verstanden werden soll – aber im Grunde Verharmlosung ist.
    Zwar gibt es eine kleine Passage zu „Dopingfördernden Strukturen“, die „indirekt“ Begünstigendes – „Endkampfchance“ – nennt. Aber z.B. das vom BMI Mitte der 90er gegen den Willen des Sports und mittels einer Haushaltssperre durchgesetzte Belohnungssystem „Bundesmittel nur nach Medaillenerfolgen“ via „Förderkonzept 2000“ (2008 durch die Zielvereinbarungen abgemildert) fehlt.
    Dass diese staatliche Regulierungsmaßnahme hin zur uneingeschränkten Erfolgsorientierung natürlich eine der Nachwehen der Vereinigung war, vielleicht die „Reform“, in der sich die Bereitschaft der BMI-Bürokratie zur Übernahme der DDR-Mentalität am deutlichsten zeigte – dieser Gedanke wird nicht einmal erwähnt.
    Vor allem aber steht dort kein einziger, kleiner Satz zur direkten Förderung durch den Staat (via BMI/BISp) mindestens der Dopingforschung, geschweige denn zur Tolerierung der Anwendung.
    Berendonk/Franke haben es vor 20 Jahren besser gemacht, Treutlein/Singler vor zehn.

  8. Wollen wir wirklich wissen, ob Deutschland eine Dopingfabrik gewesen ist?

    Mit dem aufarbeiten so langer historischer Zeiträume ist es eh nicht so einfach. Schaut man sich die Medaillenspiegel der olympischen Spiele im Sommer alleine vom Zeitraum 1968 bis 1976 an fällt die Stärke kleiner sozialistischer Länder wie Ungarn, Polen oder Bulgarien auf. Die Wachablösung der dominierenden Amerikaner 1968 durch die Sowjetunion 1972 und 1976. Bei letzterer Veranstaltung natürlich auch der 2. Platz in der Nationenwertung der DDR vor den USA.

    Die Bundesrepublik Deutschland war 1968 in der Wertung 8. 1972 vor eigenem Publikum 4. und 1976 ebenfalls 4.

    Andererseits gibt es auch immer spezifische Geschichten. Der 8. Platz von Kuba in Montreal war u.a. dem starken Auftritt der Boxer geschuldet. Eine goldene Generation. Jemand wie Stevenson war boxtechnisch einfach allen überlegen. Doping würde ich da nicht als erstes Verdachts-Menü servieren wollen.

    Doch zurück zur Pressekonferenz ohne Arbeitstische. Die Gemengelage mit den zwei Teams aus Münster und Berlin ist unübersichtlich. Das Gesamtpuzzle kann ich so noch gar nicht zusammen kriegen.

  9. Wollen wir wirklich wissen, ob Deutschland eine Dopingfabrik gewesen ist?

    Wieso „gewesen ist“? Und tun wir das nicht schon? Manche halten sich nur immernoch affengleich die Augen zu und anderen den Mund. Und wenn das nichts hilft, setzen sie ein paar Artgenossen an Schreibmaschinen.

    Mit dem aufarbeiten so langer historischer Zeiträume ist es eh nicht so einfach.

    Stimmt. Was sind schon 4000 Jahre Ägypten oder China gegen 50 Jahre Bundesrepublik? Vor allem, wenn man die Zeitzeugen nicht mehr fragen kann. Oder will.
    @Hausherr: Gibt es die Möglichkeit, Deinen gesammelten Blog als Ausdruck zu bekommen? Gegen Porto natürlich. Ich frage für ein „Forschungsprojekt“.

  10. @stefan: Gibt es noch Schreibmaschinen?

    Der Vergleich der Zeiträume mit Ägypten und Deutschland hinkt natürlich etwas und erinnert mich an die Äpfel und Birnen in verschiedenen Kisten meines Vaters im Schrebergarten während meiner Kindheit. Schwer zu vergleichen. Im Geschmack.

    Ja, 62 Jahre (Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation) sind für den einzelnen Menschen ein historisch langer Zeitraumund nicht einfach aufzudröseln. Deutschland hatte sich bereits mit der Aufarbeitung der 12 Jahre von 1933 bis 1945 schwer getan. Ebenso mit der 40-Jährigen Geschichte der DDR oder der 16-Jährigen Dauerkanzlerschaft von Dr. Helmut Kohl.

    Es gibt Sportarten da spielt Doping überhaupt keine Rolle. Eher das Handy. Stichwort Schachbundesliga und die Handyaffäre zum Auftakt der Saison 2012/2013 in der Causa Bindrich.

    Auch ein Generalverdacht findet nicht meinen Applaus. Hier unten am Bodensee ist (Ausnahme ketztes Jahr) der VfB Friedrichshafen Dauermeister im deutschen Volleyball. Die trainieren halt fleißig und hart, haben mit Stelian Moculescu einen echten Erfolgstrainer und die Rahmenbedingungen für die ausländischen Mitspieler stimmen auch. Die fühlen sich einfach sehr wohl. Und bringen saubere Leistung.

  11. @sportinsider
    „Wollen wir wirklich wissen …?“ – Damit kannst du aber nun jede Fragestellung erledigen. Zudem: Ist ja nun nicht so, dass „wir“ noch gar nichts wüssten ;)

    Für dieses Projekt: Wenn da schon reichlich 500.000 Euro reingepulvert werden, dann entsteht ein gewisser Anspruch, etwas zu erfahren, das noch nicht veröffentlicht ist. Scheint aber nicht der Anspruch in Münster gewesen zu sein – jedenfalls ist das aus dem Veröffentlichten nicht erkennbar.
    Michael Reinsch (FAZ) zu dem jenseits des Kleinkleins, zu dem, was fehlt: Technischer K.o.

  12. Währenddessen verlässt Michael Reinsch, einer dieser Schreiber, die Grundlegendes geleistet haben über zwei Jahrzehnte, gerade erschüttert den Raum und geht in seine Redaktion, um zu recherchieren, was es mit der Humboldt-Uni wirklich auf sich hat.

    FAZ: Lauter schlechte Gefühle

    FAZ: Technischer K.o.

  13. Schnell und gern wird in Deutschland etwas zum Dopingskandal gemacht.
    Das ist jetzt einer. Ohne Zweifel. Wieso schweigen denn dann ARD und ZDF und Hajo Seppelt zu diesem Skandal ? ;-)

  14. @ha: Für 500.000 Euro darf ein handfestes, greifbares ergebnis erwartet werden. Keine zwei Meinungen.

    @Ralf: Ich bin recht nah dran an der Volleyball ZF Arena. Es gilt auch für die Häfler die Unschuldsvermutung.

    @Stefan: Zu Deinen zwei Verlinkungen:

    Ja, diese tragische Geschichte um den ehemaligen Präsidenten des Argentinischen Volleyballverbandes, Mario Goijman, ist bekannt.

    Die sogenannte Partei der Piraten mit uralten Schreibmaschinen… so kommt auch ihr semiprofessioneller Versuch rüber Politik zu machen. Ich will mich da jetzt gar nicht auf Herrn Ponader oder Frau Schramm oder Herrn Lauer einschießen. Mit Verlaub, die Piraten in ihrer jetzigen Form, Ausrichtung und den personellen Zick-Zack Kurs kann ich nicht besonders ernst nehmen. Vielleicht kriegen sie noch die Kurve und kommen aus ihren pubertären Sandkastenspielen raus. Dabei hätten die alteingesessenen Parteien wirkliche Piraten als Kontrahenten gebraucht.

    Ich sperre mich übrigens nicht gegen Dopingaufklärung. Aber ich mag auch keinen Generalverdacht ohne belegbare Beweise für unlauteres Spritzen.

  15. @ralf: Was hast Du gegen die Unschuldsvermutung? Du willst auch nicht, dass Dir Sachen unterstellt werden, die Du A) nicht gemachst hast und B) derjenige der Dich mit einer Schuldvermutung attackiert keine Beweise in der Hand hat und einfach Dir Sachen unterstellt die nicht den Tatsachen entsprechen.

  16. @ sportinsider:

    Das Problem ist vielleicht, daß viel zu viele Dopingsünder noch auf der Unschuldsvermutung beharren, wenn die Beweise längst auf dem Tisch liegen…

  17. Mit Verlaub Jens aber

    Korruption in der Sportwissenschaft (mit kleinen und großen Gaben und/oder durch Schweigen) ist ein weit verbreitetes Problem.

    ist schlichtweg eine Unverschämtheit!

    Dein „Wissen“ in allen Ehren, es ist aber ein völlig anderes, als das, welches im wissenschaftlichen Sinn gefordert wird. Das ist dir zwar sicherlich klar, ich vermisse aber die Klarstellung dessen dem Leser gegenüber – der liest und versteht, dass „der Journalist“ ansich das ja alles viel besser könnte und kann als „der Wissenschaftler“ und dass das ganze Geld bei Journalisten zur Aufbereitung der Thematik besser aufgehoben gewesen wäre.
    Ich kann und will inhaltlich zu der Thematik nichts aussagen, die Art und Weise des Textes („so genannter Sportwissenschaftler“) ist aber – um sprachlich ähnlich zu agieren wie du es hin und wieder auch tust – unter aller Sau und keinesfalls dazu geeignet, sachlich irgendwie vorwärts zu kommen. Maßt du dir jetzt als in ihrem Schaffensbereich völlig unkundiger tatsächlich an, bei der Bezeichnung von Frau Alfermann das Wissenschaftlerin in Anführungszeichen zu setzen und sie damit herabzusetzen oder lese ich das falsch? Und nein, das Eingangsstatement, konsequent diesbezüglich alles in Anführungszeichen zu setzen macht es nicht wirklich besser – eher im Gegenteil, bringt es doch gleich eine Herabsetzung aller Wissenschaftler oder zumindest ihrer Arbeit zum Ausdruck.
    Man kann den meisten Wissenschaftlern sicherlich vorwerfen, dass sie es nicht verstehen Laien ihre Arbeit zu erklären, aber bezüglich dieser direkt mit der von Journalisten verglichen zu werden, haben die meisten sicher ebensowenig verdient – wie umgekehrt auch nicht. Äpfel & Birnen und so.
    Sorry, aber das eingangs geschriebene „Ich versuche, total sachlich zu bleiben, wie immer“ kann einem angesichts des Folgenen im Nachhinein nur einen makaberen Lacher entlocken.

    Du hast nicht verstanden was an der Analyse von Zeitungen wissenschaftlich ist? Das liegt schon mal offensichtlich und ganz trivial am Verwechseln von „Wiedergabe“ und „Analyse“ – ob versehentlich oder absichtlich – ansonsten empfehle ich z.B. ein Soziologiestudium.

    So sehr ich ja deine Arbeit schätze und so schlecht wie das Projekt insgesamt offenbar gelaufen ist, so schlecht sind diesmal aber auch einige Passagen und Aussagen in dem obigen Text.

    Schreibt ein „Wissenschaftler“ – pardon, sogar nur ein „Sportwissenschaftler“, der obendrein schon Geld vom BiSp bekommen hat – also hier vermutlich als korrupt gilt …

  18. @ Uli: Muss ich mit leben. Kann ich mit leben. Live-Berichterstattung bringt das manchmal mit sich. Eindrücke, Gefühle, Ärger, Atmosphäre – und halt auch ein bisschen Wissen. Eine bunte Mischung, natürlich sehr subjektiv gefärbt. Ein politisch, organisatorisch und inhaltlich vorbelastetes Projekt. Da werden manche Kämpfe der Vergangenheit weiter geführt.

    Etwas überlegter ist da schon mein SpOn-Beitrag.

    Manche Ironie ist vielleicht auch schlecht formuliert. Kann sein.

    Ich brauche kein Soziologiestudium mehr, zu spät. Es geht nicht um die Analyse von Zeitungen, sondern um das Thema Doping – ich empfehle Dir die Lektüre der Themenbeschreibungen.

    Darauf zielte auch meine Frage auf der so genannten (ja: so genannt) Pressekonferenz ab. Was an dem hier Vorgelegten ist neu und geht über das hinaus, was Journalisten in den vergangenen Jahrzehnten berichtet haben? Wie definieren die auf dem Podium sitzenden Wissenschaft? Was ist mit dem Studium von Originaldokumenten und was mit Zeitzeugenbefragungen etc pp?

    Habe ich mir erlaubt zu fragen.

    Und, ja: Andreas Singler, Grit Hartmann und andere hätten für derlei Honorare und über einen solchen Zeitraum ein tolles Ergebnis vorgelegt. Keine Frage. Die haben alle den Vorteil, dass Sie sich ohnehin in der Materie auskennen.

    Im Grunde ist es so, und das ist halt mal so, tut mir auch sehr leid: Journalisten haben die wichtige Aufklärungsarbeit (Doping, Korruption) und bahnbrechende Recherchen geleistet. Wissenschaftler, gerade in Deutschland, gerade Sportwissenschaftler, waren da meist auf der Gegenseite, oftmals dubios bezahlt und sogar als IM mit selbst gewählten Decknamen (Astrid, nicht Astrid Rawohl, sondern Manfred Lämmer) tätig. Darüber ließe sich viel schreiben, ich habe mir erlaubt, dazu auf der sportnetzwerk-Konferenz an der Uni Dortmund im Februar 2008 mal einen ad-hoc-Vortrag zu halten: „Vom Versagen der Sportwissenschaft“. Gespickt mit Dokumenten natürlich.

    Dennoch, der Korruptions-Satz ist zu verkürzt, hätte erläutert werden und also ausgebaut werden müssen. Asche auf mein Haupt. Passierte im Live-Gefecht. Als ich eine Stunde später zu Hause war, habe ich als erstes diese Passage gesucht und wollte streichen. Habe es leider übersehen – und hole die Streichung jetzt nach.

    Letzteres tut mir leid. Nehme Ohrfeigen entgegen und halte beide Wangen hin, wie immer.

  19. Unbenommen von Deinem Sorry, jw – ein paar grundsätzliche Bemerkungen an

    @Uli

    Man kann den meisten Wissenschaftlern sicherlich vorwerfen, dass sie es nicht verstehen, Laien ihre Arbeit zu erklären, aber bezüglich dieser direkt mit der von Journalisten verglichen zu werden, haben die meisten sicher ebensowenig verdient – wie umgekehrt auch nicht. Äpfel & Birnen und so.

    Das sehe ich nicht so, nicht in diesem Fall. Kleiner Exkurs zu dem Problem/Defizit, das die Sportwissenschaft bzw. ihr geisteswissenschaftlicher Teil nun nicht exklusiv hat. Eine Selbstverständlichkeit: Je zeitnaher der Gegenstand zeitgeschichtlicher Forschung, desto angreifbarer ist sie in der Regel auch. Das ist ziemlich unausweichlich – nicht nur wegen des Mangels an Distanz, sondern schon allein deshalb, weil offene Enden definitive Einordnung bisweilen unmöglich machen.
    Trifft für diesen Zeitraum (1990 – 2007) klar zu – zu viele kommunizierende Röhren mit der Gegenwart, dazu sportpolitische Vorgänge, die nicht abgeschlossen sind (etwa Debatte ums Antidopinggesetz, Nada).
    Auch insofern kommt, was hier aus Münster vorgelegt wurde, Journalistischem (mit dickem Recherchestipendium) schon sehr nahe. Auch Journalisten sind mit den Entwicklungen und Argumentationslinien der letzten Jahre vertraut, bewegen sich in Archive (allerdings zunehmend weniger), befragen Zeitzeugen. Insofern darf man sehr gespannt sein auf die Veröffentlichung insbesondere des Münsteraner Teils zu Staat/Sport, weil erst dann einige der hier getroffenen Aussagen nachprüfbar sein sollten; die Quellenlage ist ja bislang völlig unklar.

    Also: Die beiden Münsteraner Projekte „Öffentlicher Diskurs zum Doping in Deutschland“ und „Verhältnis von Sport und Staat“ sind für die letzten zwei Jahrzehnte (!) a priori der kritischen Nachfrage beteiligter Akteure ausgesetzt (manchmal waren auch Journalisten, die z.B. die juristische Aufarbeitung des DDR-Staatsdopings befördert haben, beides: Beobachter und Akteure). Kann z.B. ernsthaft behauptet werden, über Doping sei während Olympischer Spiele besonders viel berichtet worden, wenn ein Projekt speziell Zeitungen im Zeitraum Olympischer Spiele auswertet? Ich glaube nicht, ich würde eine solche Ableitung als nicht sonderlich wissenschaftlich und den Ansatz sogar als verfehlt bezeichnen.
    Und was das nun in Wissenschaft übersetzte Verhältnis Staat/Sport in Bezug auf – hier eher: – Antidoping angeht, muss sich das, was oben in den Abstracts nachlesbar ist, schlicht an dem Erklärungshorizont messen lassen, der in besagtem Zeitraum journalistisch wie in der (teils wissenschaftlichen) Literatur schon geboten worden ist.
    Heißt: Kritik an einem notwendiger Weise vorläufigen „Geschichtsbild“, das gleichwohl verbindliche Aussagen treffen möchte (aber darauf verzichtet zu sagen, was man nicht sagen kann – auch das gehört eigentlich zur Zeitgeschichtsschreibung), ist nicht unbedingt Besserwisserei – sie ist normal.

    (Womit ich nichts zum polemischen Ton gesagt haben möchte, nur zur Frage, ob Wissenschaftler es „verdienen“, sich mit Journalisten vergleichen lassen zu müssen.)

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  22. Ich setze das mal unter meine beiden Berichte zum „Forschungsprojekt“: Eine Reaktion von Bisp und DOSB.

    Ein Dokument. Nur eines. Aber mehr, als die Berliner Seite bisher vorgelegt hat:

    BISp bezieht Stellung

  23. …bestätigten Sie, in Kenntnis der vom BISp gemachten Anregungen, sämtliche Texte geprüft zu haben…

    Klingt wie: Wir machten ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnten.

  24. Das wiederum ist ein völlig normaler Satz, hat nichts mit dem von mir so geliebten Marlon Brando zu tun.

    Der Autor bestätigt, gern auch auf Nachfrage und Nachforderung, nach bestem Wissen und Gewissen geprüft und recherchiert zu haben. Mehr nicht.

  25. Tja, lieber Stefan, ich habe nie etwas anderes gesagt – auch nicht vergangenen Dienstag in Berlin und Donnerstag in Frankfurt (Oder). Und nicht heute.

  26. Unter PR-Aspekten ist diese Science-Combo fast unschlagbar. Das gibt eine humboldtaufgehübschte Anna-Kournikova-Wertung. Jetzt fehlt noch: Klümper kommt auf Totilas eingeritten und Rogge zieht seinen Joker, indem Montreal 76 wieder aufgerollt wird. Das 100m-Finale Frauen wird wiederholt, Oelsner ganz souverän usw.

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