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Das Olympische Bildungsmagazin

Olympia 2022 in Graubünden: Paradies für Geber und Nehmer

Ich habe für einen Olympia-Schwerpunkt der Tages Woche (Basel) einen Text zu den Olympiachancen der Bewerbung von Graubünden 2022 gedichtet:

Cover Tageswoche 1.2013

Cover Tageswoche 1.2013

Man muss kein Olympiafan sein, um die Frage nach den Chancen der Bewerbung Graubündens für die Olympischen Winterspiele 2022 optimistisch zu beantworten: Die Aussichten sind hervorragend.

Diese Einschätzung ergibt sich allein schon aus der Konkurrenz-Situation. Außer einem Interesse in der Ukraine und relativ vagen Überlegungen in München und Oslo, die aus verschiedenen Gründen meilenweit hinter der Offerte von Davos und St. Moritz respektive der Sport-Dachorganisation Swiss Olympic hinterherhinken, steht derzeit kein Konkurrent bereit. Wenn also die Bündener im März bei der Volksabstimmung für Olympia votieren und im Sommer der Bundesrat das Projekt absegnen sollte, wäre Graubünden mit der Host City St. Moritz Favorit. Die Winterspiele könnten nach 1928 und 1948 zum dritten Mal in der Eidgenossenschaft ausgetragen werden. Die Entscheidung darüber fällt schlussendlich die Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am 31. Juli 2015 in Kuala Lumpur.

Dies ist die rein sportpolitische Einschätzung, die andere Parameter für einen Moment vernachlässigt: Etwa die zurecht hart geführte Diskussion über ausufernde Kosten, olympische Intransparenz, Gigantismus und Nachhaltigkeit eines solchen Mega Events.

Winterspiele 2022

Weitere Texte aus dem Special der Tages Woche „Olympia im Bündnerland“:

Pflichtlektüre:

Ein umfangreiches Archiv zu Graubünden und München 2022 findet sich in den Kommentaren zu diesem Beitrag:

Die Schweiz ist olympiareif und olympiawürdig: Ihre Politiker katzbuckeln seit Jahrzehnten vor Sportkonzernen wie dem IOC oder dem Fußball-Weltverband FIFA, gewähren Steuererleichterungen und allerlei andere Subventionen; kein Land hat mehr IOC-Mitglieder (fünf), die bestens vernetzt sind und ihr Business beherrschen. Außerdem garantieren die Luxusherbergen im Bündner Land dem IOC-Völkchen und anderen Super-V.I.P.s standesgemäße Exklusivität. Zwar bröckelt das Bankgeheimnis ein wenig, doch würden etliche dubiose Vertreter der olympischen Familie den Umstand zu schätzen wissen, sich während der Winterspiele 2022 intensiv ihren Nummernkonten und Privatgeschäften widmen zu können.

Vieles spricht für die Schweiz. Als ein Kernland des Wintersports erfüllt sie alle Bedingungen für den Ringe-Zirkus. Sie beherbergt zudem rund 60 internationale Sportverbände, nicht nur das IOC und die FIFA. Auch die drei wichtigsten der sieben olympischen Wintersportverbände sind in der Eidgenossenschaft domiziliert: Der Eishockeyverband IIHF (Zürich), der Ski-Weltverband FIS (Oberhofen/Thunersee) und der Eislauf-Weltverband ISU in Lausanne, der Capitale Olympique.

Die Schweizer IOC-Mitglieder dürften in Kuala Lumpur zwar nicht für die eigene Kandidatur stimmen, was die IOC-Regeln verbieten, sind aber allesamt so gewandt und gerissen, dass man ihnen zutrauen darf, problemlos Stimmen der 100 anderen IOC-Mitglieder zu akquirieren – wenn sie denn wollen, wenn ihre privaten Interessen mit den nationalen korrespondieren. Zum formidablen Quintett aus der ersten Reihe des Olymps gehören:

  1. René Fasel, Präsident des Eishockey-Weltverbandes IIHF und Mitglied des IOC-Exekutivkomitees;
  2. Denis Oswald, Präsident des Ruder-Weltverbandes FISA (mit Sitz in Lausanne);
  3. Gian-Franco Kasper, Präsident des Ski-Weltverbandes FIS;
  4. Patrick Baumann, Generalsekretär des Basketball-Weltverbandes FIBA (mit Sitz in Cointrin);
  5. sowie die Skandalnudel Joseph Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA (mit Sitz in Zürich).

Eine imposante Liste. Die Herrschaften sind mit allen Wassern gewaschen. Blatter darf man als Korruptionsexperten bezeichnen. Auch Fasel, dem wie Oswald Ambitionen auf die IOC-Präsidentschaft nachgesagt werden, ist nicht ganz ohne: Er betreibt manches Geschäft, gern in Russland, und wurde 2010 vom IOC-Exekutivkomitee wegen eines Interessenskonfliktes im Zusammenhang mit TV- und Marketingrechten gerügt.

Ja, es bleibt vieles in der Familie. TV- und Marketingrechte, darauf sind Schweizer Firmen und Funktionäre spezialisiert. Da lassen sich allerlei diskrete Abmachungen treffen, Karrieren beschleunigen, Familienmitglieder beschäftigen und Verdienste generieren. Blatters Neffe Philippe etwa leitet die Geschäfte der in Zug beheimateten Firma Infront, einem Global Player in diesem Business. Der Infront-Konzern ist mit voluminösen Paketen (insgesamt in Milliardenhöhe) etwa mit der FIFA, der FIS, der IIHF oder dem skandalumtosten Rad-Weltverband UCI verkuppelt. Im Infront-Reich, bei der Entertainmentgruppe Infront-Ringier, hat auch Fasels Sohn Pierre eine gut dotierte Anstellung gefunden.

Die Vergabe Olympischer Spiele ist ein völlig irrationaler Wettbewerb. Zwar existieren einige Regeln, die sich das IOC nach dem Bestechungsskandal um die Winterspiele in Salt Lake City im Jahr 1999 verordnen musste, nur hält sich kaum jemand daran. Es geht nicht um den objektiv besten Bewerber, obgleich sich aus dem Datenmaterial vergangener Spiele und Bewerbungen sowie den aktuellen Offerten problemlos eine saubere Rangliste generieren ließe. Aber das will das IOC gar nicht. Der subjektive Faktor muss dominieren. Es ist Platz für allerlei Manipulationen.

Bester Beweis dieser These ist das Faktum, dass selten eine Offerte gewann, die in den Berichten der IOC-Evaluierungskommissionen Bestnoten erhalten hatte: Bei Winterspielen waren das zuletzt Salt Lake City (USA/2002) und Vancouver (Kanada/2010). Wobei die Amerikaner seinerzeit mit millionenschweren Bestechungsleistungen nachgeholfen hatten. Es war ein Schweizer Sportfunktionär, der im Dezember 1998 am Rande der IOC-Exekutivsitzung im IOC-Glaspalast in Lausanne darüber schimpfte: Marc Hodler, der inzwischen verstorbene ehemalige IOC-Vizepräsident und langjährige Chef des Ski-Weltverbandes FIS.

Hodlers Plaudereien über die Vorgänge in Salt Lake City lösten die größte Krise in der IOC-Geschichte aus. Partiell sorgte das für Säuberungen im Ringe-Konzern, zehn Mitglieder verabschiedeten sich unter Druck oder wurden auf einer Krisensession ausgeschlossen. Das Imperium schlug zurück und rächte sich an Hodler und seinen generösen Schweizer Gastgebern: Die Olympiabewerbung von Sion wurde abgestraft. Turin setzte sich auf der IOC-Session in Seoul im Juni 1999 klar mit 53:36 Stimmen durch. Es war ein Racheakt des Establishments. Es war auch ein Sieg der Millionen des damaligen Fiat-Patrons Gianni Agnelli. Nur für Chronisten: Helsinki, Klagenfurt, Poprad (Slowakei) und Zakopane (Polen) befanden sich ebenfalls im Olympia-Wettbewerb.

OWG 2022 timetable

OWG 2022 timetable

Der derzeitige IOC-Präsident Jacques Rogge (Belgien) scheidet im September 2013 nach zwölf Jahren turnusgemäß aus dem Amt. Favorit auf seine Nachfolge ist der Deutsche Thomas Bach, der mit aller Macht eine Olympiabewerbung von München für 2022 verhindern will, weil er fürchtet, Münchens neuerliche Olympia-Ambitionen könnten seine IOC-Präsidentschaft gefährden. Auch diese Konstellation spricht für Graubünden.

Jacques Rogge war 2001 mit dem Versprechen angetreten, die Olympischen Spiele bezahlbarer und nachhaltiger zu machen. Auch mit diesem Vorhaben ist er gescheitert. Denn in seiner Ära stehen Athen (Sommer 2004), Peking (Sommer 2008), Sotschi (Winter 2014) und Rio de Janeiro (Sommer 2016) für olympischen Gigantismus. Allenfalls in Vancouver (Winter 2010) und mit großen Abstrichen in London (Sommer 2012) wurde nachhaltig agiert – und selbst in London begann alles mit einer großen Lüge über die Kosten, als die Regierung in der Bewerbungsphase ein entsprechendes Gutachten verheimlichte.

Es gibt natürlich viele gute Gründe, Graubünden mit dem Olympiaprojekt als überfordert zu betrachten. Andererseits ist es gerade bei Winterspielen wieder mal an der Zeit, mit kleinen aber feinen Spielen zu punkten. Der so genannte Organisationsetat (OCOG-Etat) ist bei so ziemlich allen Ausrichtern gleich und bewegt sich in Höhe von maximal zwei Milliarden Franken. Die wahren Kosten werden jedoch in das Infrastruktur-Budget, den das IOC Non-OCOG-Etat nennt, und meist noch in einen dritten Etat ausgelagert. Im russischen Sotschi (2014) und im südkoreanischen Pyeongchang (2018) wurden für die Winterspiele ganze Berglandschaften gerodet und zweistellige Milliardensummen verbaut.

So schlimm würd es in der Schweiz gewiss nicht werden, immerhin findet sich eine politische Mehrheit dafür, die öffentlichen Zuschüsse möglichst gering zu halten. Nur geht es auch hier schon um mehr als zwei Milliarden Franken aus öffentlichen Kassen – für Infrastruktur, Sicherheit und allerlei Bürgschaften. Erfahrungsgemäß explodieren derlei Olympia-Etats ständig. Vorsicht ist also geboten. Mit den Knebelverträgen des IOC ist nicht zu spaßen.

Schon für die Winterspiele 2018 interessierten sich so wenige Städte wie seit einem halben Jahrhundert nicht mehr: Nur Pyeongchang und München waren echte Kandidaten. Das IOC nahm flink noch Annecy (Frankreich) mit in die Endrunde, um einen größeren Wettbewerb vorzutäuschen. Pyeongchang erhielt im Juli 2011 den Zuschlag, nachdem es zuvor für 2010 an Vancouver und für 2014 an Sotschi gescheitert war. Auch für die Sommerspiele 2020, die das IOC im September dieses Jahres vergibt, war die Zahl der Bewerber überschaubar: Doha (Katar) und Baku (Aserbaidschan) wurden in der Vorrunde aussortiert. In Italien stoppte der damalige Ministerpräsident Mario Monti, damals gerade angetreten, um den Staatshaushalt zu sanieren, die Olympia-Offerte von Rom. Monti sprach von „Vernunft“ und „Verantwortung“, die bei derartigen milliardenschweren Abenteuern dominieren müssten. Es blieben also nur Istanbul, Tokio und Madrid im Wettbewerb, wobei Madrid, nun ja, auch so ein Streichkandidat ist – kein ernsthafter Anwärter mehr, nicht nur wegen der defizitären Finanzlage.

Normalerweise wird gern in der olympischen Dialektik argumentiert, wonach die Vergabe der Winter- und Sommerspiele, jeweils in den ungeraden Jahren zwischen den Mega-Sportfesten, im Zusammenhang zu betrachten wären. Angesichts der Wirtschaftslage und des desaströsen internationalen Interesses lassen sich diese Überlegungen vernachlässigen. Ob die Sommerspiele 2020 in Istanbul oder Tokio stattfinden, kann möglichen Schweizer Bewerbern ziemlich egal sein, denn noch einmal: Entscheiden die Bürger für das Abenteuer, steht Graubünden allein auf weiter Flur, ohne ernsthaften Herausforderer.

Für Winterspiele kommen ohnehin nur maximal zwanzig Nationen auf drei Kontinenten in Frage. 2018 ist Asien dran mit Südkorea. 2022 werden die Spiele definitiv in Europa ausgetragen, denn eine nordamerikanische Bewerbung wird es nicht geben.

Als Saubermänner würden die Schweizer gewiss nicht ins Rennen gehen. Denn das bisher größte Korruptionsgeflecht des olympischen Sports, weitgehend ungeahndet, wurde in der Schweiz etabliert: Die Firmengruppe ISL/ISMM, einst Weltmarktführer im Sportbusiness, hatte bis zu ihrem Konkurs im Jahr 2001 über zwei Jahrzehnte höchste Sportfunktionäre geschmiert, um TV- und Marketingverträge zu erhalten – und auch im olympischen Bewerberbusiness mitzuspielen. Gerichtlich verbrieft sind 142 Millionen Franken Bestechungsgeld vor allem für FIFA-Funktionäre und IOC-Mitglieder. Zur Rechenschaft gezogen wurde kaum jemand, etliche Schmiergeldempfänger sind noch im Amt und würden wohl 2015 auch über das olympische Schicksal von Graubünden entscheiden.

Das ISL-Bestechungssystem wurde von Zug aus organisiert (in diesen Büros sitzt jetzt die Infront) und trug gewissermaßen einen amtlichen Stempel: Im ISL-Strafprozess wurde 2008 publik, dass die eidgenössische Steuerverwaltung, die üblichen Verdächtigen aus der Banken-Branche und renommierte Wirtschaftsberatungsgesellschaften wie die KPMG das ISL-System mitgetragen haben. Auch das gehört zur olympischen Tradition: Die Schweiz ist ein Paradies für Geber und Nehmer.

47 Gedanken zu „Olympia 2022 in Graubünden: Paradies für Geber und Nehmer“

  1. Mich wundert, daß Barcelona mit keinem Wort erwähnt wird. Ich hätte zumindest gedacht, daß man die spanische Offerte ernster nehmen muß als Lviv. Zuletzt hat übrigens auch noch Peking Interesse angemeldet. Nach Südkorea 2018 und möglicherweise Japan 2020 aber mit Sicherheit chancenlos…

  2. Oops, ein Kommentar wurde geschluckt. Ralf, ich versuche lediglich, den Status heute zu beschreiben. Ich sehe die Schweizer sehr weit und im Vergleich zu allen anderen Nationen ja sogar demokratisch vorgehend. Sollte es in München tatsächlich genügend Stimmen für den Bürgerentscheid geben und dann noch das Wunder gelingen, die Egoisten Bach/Ude einzunorden, dann wäre München für mich, wie ich vor Wochen mal beschrieben habe, ein herausragender Kandidat. So aber sehe ich die Schweizer derzeit allein auf weiter Flur. Ein paar Argumente habe ich versucht aufzuzählen in dem Beitrag.

  3. Habe ich irgendwas von München gesagt? Ich habe mich lediglich gewundert, warum Barcelona im folgenden Satz keine Erwähnung fand:

    Außer einem Interesse in der Ukraine und relativ vagen Überlegungen in München und Oslo […] steht derzeit kein Konkurrent bereit.

    Hintergrund meiner Frage ist der folgende:
    Sollte Barcelona nicht ernstzunehmen sein, könnte es für das IOC ziemlich peinlich werden, falls Volksbefragungen im Engadin, in Oberbayern und in Oslo zu einem „negativen“ Ergebnis kommen sollten. Im ersten Fall halte ich dies für wahrscheinlich, im zweiten zumindest für möglich…

  4. Natürlich hast Du nichts über München gesagt. Würdest Du nie tun!

    Die Nummer mit den Volksbefragungen/Entscheiden könnte in der Tat auch so ausgehen, wie Du es durchspielst. Das wäre schon putzig.

  5. Haben Krakau/Zakopane + Slowakei eigentlich ihre Bewerbungsabsichten revidiert? Frage, denn ich bin da nicht auf dem aktuellen Stand.
    Ansonsten: Ist es auszuschließen, dass das IOC in Platinis Spuren tapst und Segens-Botschaften zum europäischen Zusammenwachsen verkündet … ?

  6. Nochmal: Es ist völlig wurscht, wer jemals von Olympischen Spielen redet, um sich damit ein bisschen interessant machen zu wollen. Es geht darum, wer echte Chancen hat und warum – das war hier Thema, nicht eine Aufzählung all derer, die irgendwann mal mit den OWS 2022 in Zusammenhang gebracht worden sind oder danach gepiepst haben.

  7. newsinenglish.no: Fewer back an Olympics in Oslo

    city officials agreed to listen to the public and hold a rare voter referendum on the issue. It’s scheduled to take place in connection with national elections in September.
    […]
    The city government must decide in June whether it will apply for a state guarantee to help finance an OL. If they decide against that, given the costs and investment required, the application process will end.

  8. #6
    Hm. Deshalb hatte ich auch nicht nach Willingen (will) gefragt ;)
    Aber es ist ja noch etwas Zeit, um zu erörtern, was ukrainisches Piepsen (außer Bubka?) von polnischem Piepsen unterscheidet.

  9. Die SchweizerInnen werden hoffentlich wissen wollen, mit wieviel Geld sich das IOC an den Kosten beteiligt.

  10. Na da bin ich ja mal gespannt zu welchen herrlichen Geschichten sich die Komittee wieder hinreißen lässt.. Man kennts ja aus den vergangen Jahren…

  11. JW in der Südostschweiz am Sonntag: «Es werden dreckige Deals gemacht»

    De facto ist Graubünden der einzige wirkliche Kandidat.

    Und was macht das IOC, wenn das Volk in Graubünden sich gegen die Spiele entscheiden sollte? Ausfallen werden die Spiele 2022 wohl nicht!?

    Es wird immer wieder die Lüge erzählt, mit den Anteilen aus der TV- und Sponsorenvermarktung des IOC liesse sich der Veranstaltungsetat begleichen. Unsinn. Der Anteil an den Vermarktungsrechten, den das IOC den lokalen Organisationskomitees überweist, ist sogar zurückgegangen. Früher gab es eine klare prozentuale Regelung, heute ist hingegen alles Verhandlungssache. Nur die Hälfte des reinen Organisationsetats, OCOG-Etat genannt, wird über das IOC gedeckt. Der viel grössere Etat für die Infrastruktur, der Non-OCOG-Etat, muss aber komplett vom Gastgeber beglichen werden. Das sind stets viele Milliarden. Meist kommt noch ein verkappter dritter Etat hinzu.
    […]
    Wenn jetzt Swiss Olympics eine wunderbare Studie vorlegen sollte über die Kosten und angeblich fantastischen Einnahmen – vergessen sie diese Studie!
    […]
    Korruption ist immer dabei. Aus der Kriminalwissenschaft wissen wir, dass nur drei bis fünf Prozent aller Korruptionsfälle öffentlich werden. Aus meiner 20-jährigen Erfahrung sage ich: Auf dieser Ebene des Weltsports ist dieser Prozentsatz vermutlich noch geringer. Es wird bezahlt, es wird bestochen, es werden dreckige Deals gemacht wie nie zuvor. Nur wird kaum etwas öffentlich, was auch daran liegt, dass sich der Sport weitgehend in einem rechtsfreien Raum bewegt und dass die Medien ihrer Rolle als Aufklärer nicht gerecht werden und nichts in Recherche investieren.

  12. Die Südostschweiz: Gurtner: «Von Winterspielen habe ich noch nie geschwärmt»

    Wichtig für die Stimmung sind aber die Zuschauer vor Ort. Nur: Wie sollen die denn nach Davos und St. Moritz transportiert werden? Mit der Rhätischen Bahn ist das schlicht ein Ding der Unmöglichkeit.

    Geplant sind Investitionen in die Bahn.

    Und dann? Wollen Sie mit dem neuen Rollmaterial schneller fahren, bis die Züge aus den Gleisen kippen? Die RhB fährt mit 60 Stundenkilometern, daran können wir nichts ändern.

  13. Niklaus Ramseyer in der TagesWoche: Das Märchen von den Olympia-Defiziten

    Maurer verschweigt […], dass in seiner Milliarde die Kosten für Sicherheit, die etwa in Vancouver 2010 über eine halbe Milliarde ausmachten, nicht enthalten sind. […] Erst recht unsauber sei es, im Zusammenhang mit solchen Spielen, die vorab in St. Moritz geplant seien, dauernd von «Defiziten» zu reden, stellt Nationalrat Büchel fest. Defizite gebe es der «Knebelverträge» wegen, die das IOK den Austragungsorten aufnötige nämlich nur für diese. Büchel: «Der Stutz [= Die Kohle] geht ans IOK – die Rechnungen zahlen die Bündner und die Schweizer.»

    Daniel Imwinkelried in der NZZ: Ein Bündner Wintermärchen

    Eindeutige wissenschaftliche Aussagen darüber, ob Olympische Spiele eine Region voranbringen oder eher Fehlinvestitionen erzwingen, sind fast nicht möglich. […] Noch schwieriger ist es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob ein Grossanlass einen Imagegewinn bringt. […] Aus wirtschaftlicher Sicht gewiss ist dagegen, dass die Opportunitätskosten der Bündner Spiele gross wären. Das heisst, man könnte mit weniger Geld zielgerichtet Projekte lancieren, die der Region langfristig wahrscheinlich mehr brächten als Olympische Spiele.

    Matthäus Kattinger in der NZZ: Schladming und die Illusion vom nachhaltigen Gästezustrom

  14. SRF: Es wird eng für die Befürworter

    45 Prozent spricht sich gegen eine Kandidatur für Olympische Winterspiele in Graubünden aus. 42 Prozent sind dafür.

    NZZ: Bundesrat will Defizitgarantie für Olympia übernehmen

    Bundesverwaltung der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Bundesrat erachtet finanzielles Risiko als vertretbar

    Das IOC verlangt von allen Bewerbern für die Austragung von olympischen Spiele die Beibringung einer staatlichen Garantie, wonach das IOC von sämtlichen Kostenfolgen befreit wird. Nach Auffassung des Bundesrates muss letztlich der Bund diese Verantwortung übernehmen. Kann 2015 ein ausgeglichenes Budget vorgelegt werden, so geht der Bundesrat davon aus, dass das finanzielle Risiko bei der Abgabe der vom IOC verlangten Garantie vertretbar ist.

  15. suedostschweiz.ch: Reto Gurtner: «Ich wurde nie angefragt»

    Der Weisse-Arena-Chef Reto Gurtner ist verärgert. Sein Name ist in der «Südostschweiz»-Beilage «Pro Olympia» vom Mittwoch in einem Inserat aufgeführt. Das Inserat besteht aus einer Liste mit Persönlichkeiten, die am 3. März mit grosser Überzeugung ja stimmen werden. «Ich distanziere mich klar von dieser Liste, da ich weder angefragt wurde, noch davon Kenntnis hatte», so Gurtner.

  16. JW im SRF-Gespräch mit Géraldine Eicher und Simone Fatzer: Defizitgarantie für Olympische Winterspiele 2022

    Der Gesamtbundesrat erklärt sich bereit, für ein allfälliges Defizit bei den Olympischen Winterspiele im Kanton Graubünden aufzukommen. Der Entscheid löst Bedenken aus, denn Defizite sind bei Olympischen Spielen üblich. Sportjournalist Jens Weinreich verfolgt solche Grossanlässe seit Jahrzehnten.

    olympia-nein.ch: 15 Kulturpreisträger und 130 Kulturschaffende sagen «Nein» zu diesen Olympischen Spielen

    Stefan Grass im Bündner Tagblatt: Am 4. März beginnt der Alltag wieder

    Die Umweltorganisationen verschliessen sich nicht den Sportgrossveranstaltungen und auch nicht für weitere Olympische Winterspiele in den Alpen. Zuerst muss sich jedoch das IOC bewegen, wenn es noch Winterspiele im Alpenraum durchführen will. Und zwar in internationalen Verhandlungen für neue Rahmenbedingungen, die eine Wiederverwendung bestehender Sportanlagen so sicherstellt, wie bei Europa- und Weltmeisterschaften. So könnten die verschiedenen Sportarten auch auf mehrere Länder aufgeteilt werden.

  17. Bündner Tagblatt: Sind ernsthafte Mitbewerber vorhanden?

    «Eine Kandidatur Oslos kann ich mir nicht vorstellen.» Eine Bewerbung aus Norwegen hält Weinreich nur für realistisch, wenn die Bündner Kandidatur ausbleibt: «Dann könnte Oslo seine Chance wahrnehmen.» Auch München werde sich nicht mehr bewerben.
    […]
    Als Gegenspieler Graubündens erkennt der Journalist heute vor allem die Ukraine. Und dass diese den Zuschlag erhält, sei unwahrscheinlich: «Die sind zwar heiss auf die Spiele, aber nach Russland wird das IOC wohl kaum die Ukraine berücksichtigen.»

  18. Oh, da hat der Kollege gewiss etwas missverstanden: Ich habe keinesfalls gesagt, dass ich es toll finde, dass die Graubündener Promotoren die Kosten transparent darstellen. Davon kann keine Rede sein, wie man an der absurden Rochade sieht, mal eben 376 Mio CHF inklusive der Kosten für das Olympische Dorf „einzusparen“. Was für ein Witz!

  19. alpenmagazin.org: Sie werden noch auf die Welt kommen

    Sollte Graubünden den Zuschlag erhalten, müssen neue Strassen und Stadien, Hotels und Gebäude gebaut und saniert werden. Bereits gibt es einsehbare Pläne, aus denen hervorgeht, dass beispielsweise das Langlaufstadion auf der Wiese von Biobauer Peter Meisser stehen würde. Was keine schöne Überraschung für ihn war. Er wurde darüber nie informiert.

  20. Christof Gertsch in der NZZ: Ein Märchen aus der Vergangenheit

    Die Stadt, die den Winterspielen Bescheidenheit einhauchte und die halbe Welt verzückte, würde es sich nicht zutrauen, die Geschichte noch einmal neu zu schreiben. «Die Spiele sind zu gross geworden für uns»

  21. Nationalrat Andrea Hämmerle in der Südostschweiz: «Graubünden ist im Ausnahmezustand»

    Die euphorisierten Olympiapromotoren machen glauben, es gehe um Sein oder Nichtsein, um Olympia oder den Niedergang Graubündens. Dieses Entweder-oder ist bedenklich und gefährlich. Denn der eigentliche Kern politischer Arbeit ist es ja gerade, Alternativen zu bedenken und sich zu überlegen, wie es auch anders gehen könnte.
    […]
    Man hat sich dermassen auf Olympia fixiert, dass man aus dem Projekt nicht mehr auszusteigen wagt. Doch das ist naiv, weil es zu allen Vorhaben Alternativen gibt. Die sind realistischer und zukunftsträchtiger als Olympiafantasien.

  22. Dres von Weissenfluh (Generaldirektor von «Bern 2010») im Interview mit der Berner Zeitung: «Nur mit einem wirklich optimalen Konzept hätte die Schweiz eine Chance»

    Hört man Ihnen zu, hat man das Gefühl, zwischen den Dimensionen von Olympia im Jahr 2010 und Olympia 2022 liegen Welten.

    Das ist so. Und ich denke manchmal, wenn man schon damals Angst hatte, einen solchen Anlass zu bewältigen, müssten die Bedenken für 2022 noch viel grösser sein, weil man nun auch die Erkenntnisse der Spiele von Vancouver 2010 hat und die Exzesse der Spiele 2014 in Sotschi sieht.
    […]
    Was ist denn so falsch an diesem Konzept?

    Eine Olympiade in der Schweiz kann meiner Meinung nach nur dann sinnvoll sein, wenn Städte und Berggebiete sich in der Austragung der Spiele ergänzen.

  23. TagesWoche-Kommentar von Christoph Kieslich: Heult doch!

    Warum man die Frage mal ganz anders und ehrlicher stellen sollte: Wollt ihr eine grosse Sause und wollt ihr dafür ein paar Milliarden ausgeben? Die ganzen anderen Versprechungen kann man sich sowieso schenken.

  24. RIA Novosti: Ukraine may bid for 2022 Olympics with Poland, Slovakia

    With the country still groaning under the debts exacerbated by the Euro 2012 football tournament, Yanukovich said it would be wise to share the financial burden.
    […]
    Poland and Slovakia had previously declared an interest in a two-way bid to hold the Games in the Polish resort of Zakopane near Krakow, and Poprad in Slovakia, with the Tatra Mountains spanning both locales. Ukraine could contribute the nearby city of Lviv as a Games base that could host the skating events.

    Zwischen Krakau und Lviv liegen ca. 330 km.

  25. Ronny Nicolussi in der NZZ: Einseitiger Blick auf Olympia

    Die journalistische Unabhängigkeit sei nicht gefährdet, sagte Swiss Olympic, als der Verband Infront Ringier als Vermarkterin der Bündner Kandidatur wählte. Die Realität ist eine andere.
    […]
    Für den direkten Draht zwischen dem Medienkonzern und den Olympia-Promotern sorgt Sven Zehnder. Der Infront-Ringier-Berater amtet gleichzeitig als Generalsekretär von «Graubünden 2022».

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