Hat es eine Aufarbeitung des systematischen Dopings am Universitätsklinikum nie gegeben? War alles ein gigantischer Fake – zumindest von der Leitung des Klinikums der Universität? Die Verantwortlichen hatten offenbar nie vor, die dreckige Vergangenheit aufzuklären. Sie haben vertuscht und behindert und sogar den Arbeitsauftrag für zwei Kommissionen (Schäfer-Kommission, Paoli-Kommission) manipuliert? Das sagen die Mitglieder der aktuellen Kommission und vor allem die beiden Chefs der Kommission: Hans-Joachim Schäfer (2007-2009) und Letizia Paoli (seit 2009).
Ein Dokument des Grauens, soeben von Letizia Paoli freigegeben:
Die Vorgeschichte bzw das ergänzende Dokument aus der vergangenen Woche – das Schreiben von Letizia Paoli an Prof. Siewert, den Leitenden Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums Freiburg, der in einem Interview offenbar die Wahrheit gebeugt und Frau Paoli verunglimpft hatte:
Bitte nicht vergessen, die „related posts“ unter dem Beitrag zu verfolgen. Unbedingt lesenswert, zum Beispiel dies:
- Zwischenbericht der Schäfer-Kommission
- Abschlussbericht der (kleinen) Freiburger Dopingkommission
- Gerhards Treutlein: Wer die Vergangenheit verdrängt
- Dopingsystem Freiburg: Warten auf den Abschlussbericht
- Grit Hartmann: Doping, Kies und Politik in Freiburg: Einzelfälle mit System
- und hier unter diesem Beitrag: Links, Links, Links zur Berichterstattung seit Jahr und Tag – Programmhinweis, Symposium in Freiburg: “Sportmedizin und Doping in Europa”
Nachtrag, 17.54 Uhr, schwere Geburt für Spiegel Online:
Nachtrag, 19.02 Uhr, die PR-Abteilung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg lässt wissen:
Der Vorwurf der „Manipulation“ des Arbeitsauftrages entbehrt daher jeder Grundlage.
Rektor Prof. Schiewer ist tief bestürzt, dass eine wissenschaftliche Untersuchungskommission in dieser Weise an die Öffentlichkeit geht.
Sachlage eindeutig? Das sagt ja auch die Kommission, nur ein bisschen andersherum, steht schon auf Seite 1 des heutigen Schreibens:
„MANIPULIERTER ARBEITSAUFTRAG. DIE EVALUIERUNGSKOMMISSION SIEHT SICH GETÄUSCHT UND HINTERGANGEN“
Schwerer Tobak, ich weiß, aber ich kann es niemandem, der sich dafür interessiert, abnehmen, sich durch die Schriftsätze zu kämpfen.
Andreas Strepenick in der BadZ: Altrektor Jäger soll Doping-Kommission manipuliert haben
@JW:
Leider ist dem SpOn-Artikel auch bei genauer Lektüre nicht zu entnehmen, worin die Beschränkungen bestanden haben (sollen), also wie der kommunizierte Arbeitsauftrag vom wirklichen (im Artikel zitierten) Arbeitsauftrag abgewichen ist: Ein Unterschied zwischen „Freiburger Sportmedizin“ und „Abteilung Sportmedizin“ ist für den unbeteiligten Leser nicht erkennbar, der kommunizierte Untersuchungszeitraum nicht genannt. Das Ausmaß der Beschränkung ist mir erst klar geworden, nachdem ich S. 8 des von Ihnen erfreulicherweise hier eingestellten „Dokument(s) des Grauens“ gelesen hatte.
Ich sage ja: schwere Geburt. Zum Glück gibt es Dokumente, die man lesen kann, wenn es der Journalist nicht zu vermitteln vermag.
Anderer Kontinent, passt aber zum Thema – in Australien scheint die Dopingbekämpfung zumindest in der offiziellen Kommunikation einen anderen Stellenwert zu haben: http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-21363100 – ich meine, Innenminister und Sportministerin, die Doping nicht nur als Problem, sondern als Kriminalität… Tu felix australia (und das zeitgleich, während in Europa Matchfixing als das große Problem thematisiert wird).
Tja, Matchfixing kann schön ablenken vom eigentlichen Problem: Den durch und durch intransparenten Sportverbänden – dieser Parallelgesellschaft.
Aber halt, wie sagt der Sepp doch so gern: Es sind die Dämonen, die über den unschuldigen Sport gekommen sind.
Nonsens.
BadZ-Kommentar von Georg Gulde: Freiburger Doping-Aufarbeitung: Alles muss auf den Tisch
sid: Ministerium will Einigung und Aufklärung
Grit Hartmann in der FR: Jäger im Visier
Zumal die Exkommunikation der Dämonen so gar nicht gelingen will.
Grit Hartmann für Zeit online: Die Doping-Uni vertuscht ihre Doping-Vergangenheit
@ferenc-i, #4
Wichtiger Punkt, finde ich auch. Zu Australien ergänzend: Die dortige Nada ist eine Regierungsbehörde – wie bei uns etwa das Bundeskriminalamt – mit stark ausgebauter Ermittlungsabteilung. Sie ist strukturell gesehen sozusagen das Konkurrenzmodell zu unserer Nada, auch zur USADA. Das hat aber die Unabhängigkeit der ASADA bisher nicht in Frage gestellt, sondern zu einem Mehr an Dopingsperren geführt. Denn die ASADA war die erste Nada, die massiv Athleten aufgrund anderer Beweise als positiver Dopingproben gesperrt hat, dazu Trainer, Betreuer. Der Anteil dieser (non-analytical) Sperren liegt dort seit einigen Jahren bei über 30%.
Zum aktuellen Australien-Bericht: Bei uns wäre es nun absolut unvorstellbar, dass die Bundesregierung dem Thema eine vergleichbare Aufmerksamkeit/Untersuchung widmet. (Bekanntlich ist das Gegenteil der Fall.) Ist ein bisschen bedauerlich, dass dieser Aspekt in fast allen hiesigen Berichten darüber fehlt, Tenor statt dessen: Ganz, ganz schlimm, das kriminelle Doping auf dem fernen fünften Kontinent ;)
Andreas Strepenick in der BadZ: „Wahrscheinlich zurück bis auf den Professor Reindell…“
#11
So kompliziert und vertrackt das auch alles ist: Das ist Propaganda der Universität in Zusammenarbeit mit dem SWR.
Dieser Pressetermin zur konstituierenden Sitzung im August 2007 war kurz und hat vorher oder eventuell mitten in der Sitzung stattgefunden – siehe Dokumentation der Kommission, oben S. 64ff. Aber erst IN dieser Sitzung kam es zum Streit zwischen Alt-Rektor Jäger und Werner Franke. Franke forderte, Reindell (Keuls Vorgänger) und Klümper (andere Abteilung als Keul an der Uni, nämlich die Sporttraumatologie; später bekanntlich mit einer eigenen Klinik aus Bundes- und Steuermitteln, also gar nicht mehr Uni) einzubeziehen – Jäger lehnte das ab, auch nach Darstellung des ersten Kommissionsvorsitzenden Schäfer (er ist vielfach so zitiert in den 80 Seiten oben) und aller anderen anwesenden Kommissionsmitglieder ganz explizit ab und reduzierte den Auftrag (den die Gremien der Uni im Juni 2007 verbindlich auf „gesamte Aktivitäten“ der Freiburger Sportmedizin in den letzten 50 Jahren“ festgelegt hatten) auf die erst 1974 gegründete Keul-Abteilung „Leistungs- und Sportmedizin“. Also ohne Reindell und Klümper.
Wenn nun der SWR Schäfer zitiert mit „wahrscheinlich“ werde man bis in die 50er Jahre zurückgehen – dann ist das NICHT der Stand nach dieser entscheidenden ersten Sitzung der Kommission. Sondern der vom zehnminütigen Pressetermin (auf dem Fragen nicht erlaubt waren) davor.
Ich verstehe überhaupt nicht, was der SWR mit diesen Zitaten belegen will. Was Schäfer vor der entscheidenden Sitzung wollte, ist zwar interessant, hat aber nichts mit dem aktuell diskutierten Problem zu tun!?
FAZ-Kommentar von Anno Hecker: Anti-Aufklärer
Am Ende kommt raus, dass auf den Dopingmitteln die Herstellernachweise samt Fußnoten nicht korrekt waren und das Doping damit ungültig. Und es gibt bisher keinen, der gegen ungültiges Doping ist.
Hübsch, nocheinjurist.
Hübsch auch, was gerade per Email eintrudelte:
Ich vergaß, auch zum oben bereits diskutierten SWR-Beitrag gab es eine Stellungnahme, und zwar von Letizia Paoli, heute Mittag.
im Wortlaut:
Schwabes Darstellung ist schon interessant; allerdings muss das kein Widerspruch zur Darstellung der Kommission sein. Er sagt:
Daraus ergibt sich schon die Frage: Warum hat Jäger keine „konkreten Angaben über den von der Kommission zu bearbeitenden Zeitraum mitgeteilt“? Die Gremien der Universität hatten doch einen beschlossen, nämlich „Freiburger Sportmedizin“ und „50 Jahre“. Diese Beschlüsse kannte Altrektor Jäger, aber nicht die Kommission.
Schwabe weiter:
Das bestätigt, was im Papier oben steht. Es ist aber nicht die entscheidende Frage. Die sind: Hat Jäger sich wie behauptet an dieser „eingehenden Diskussion“ beteiligt? Hat es den beschrieben Wortwechsel mit Franke gegeben? Und schließlich: Hätte die Kommission das so beschlossen, wenn Jäger den Inhalt der Gremienbeschlüsse mitgeteilt hätte? Im Papier oben wird sehr klar gesagt: Nein, das hätten sie nicht.
So schreibt Schäfer, S. 59 /61:
Wie ist es eigentlich zu erklären, daß man erst nach knapp 5,5 Jahren merkt, daß man das wirklich interessante (wie umfangreich T-Dingsbums gedopt war juckt doch nicht wirklich) garnicht untersucht?
Da war ja auch Herr Franke dabei, der hätte sich doch lautstark darüber beschwert, wenn ihm dieser Punkt klar gewesen wäre.
Hat da also nie jemand den Auftrag gelesen oder ist das hier einfach nur Oberflächenrauchen von OK bzw halt Politik?
Es darf doch nicht vergessen werden, dass die Universität Freiburg bereits am 22. Juni 2007 durch eine Pressemitteilung den Arbeitsauftrag für die Kommission definiert hatte: „Der Rektor der Universität, Prof. Dr. Wolfgang Jäger, hat eine Evaluierungskommission eingerichtet und ihr den Auftrag gegeben, die Arbeit der Abteilung für Sportmedizin zu untersuchen und für deren Auswirkungen in der Patientenversorgung und in der Forschung eine Bewertung vorzunehmen.“
Verstehe ich nicht. Können Sie mir bei der Einordnung nachhelfen, Herr Jelkmann?
Gerne. „Abteilung für Sportmedizin“ bedeutete – für mich und andere – eben, dass nur die Zeit ab Prof. Keul wissenschaftlich evaluiert werden sollte. Dass der ursprüngliche Auftrag der Gremien zeitlich und thematisch breiter festgelegt war, erfuhr ich erst 2012.
Ok. Jetzt versteht es auch der Journalist. Merci.
Darf ich mal eine banale Frage stellen, die sich mir beim Querlesen all der Dokumente und Kommentare bisher nicht erschlossen hat? Hat die „große“ Kommission seit ihrem Bestehen eigentlich schon etwas anderes zu erarbeiten versucht als die Frage, was eigentlich ihr Auftrag ist?
Das ist eine berechtigte Frage, auch wenn die für Kommissionsmitglieder möglicherweise verletzend klingen mag. Ich muss die Kommission und Personen nicht verteidigen, einige lesen und diskutieren mit und können sich selbst äußern.
Es ist oft beschrieben worden, ob nun von Grit Hartmann, Andreas Strepenick oder wenigen anderen, was die Kommission getan hat, was ihr verwehrt wurde (angeblich ja nichts, sagt die Uni), wo die größten Problemfelder lagen. Es hat 2011 ein Symposium in Freiburg gegeben, was ja letztlich auch ein Arbeitsergebnis ist.
Aber es gab und gibt im Dopingzentrum Freiburg, wo verachtenswerte teuflische Medizinmänner noch immer wie Helden verehrt werden, eben auch etwas anderes, woran Grit Hartmann gerade noch einmal erinnert hat (Die Doping-Uni vertuscht ihre Doping-Vergangenheit), und was ja letztlich hinter dieser Diskussion um den „Arbeitsauftrag“ schwelt:
Noch einmal: Ich bin nicht der Pressesprecher der Kommission :)
Ergänzend dennoch die gerade eingetroffene Email von Letizia Paoli mit einer weiteren Stellungnahme von Hans-Joachim Schäfer:
JW! Haben Sie mir nicht vor kurzem geschrieben, dass Sie den Unterscheid zwischen Aufarbeiten und Aufklären kennen? Können wir uns da mal einigen. Ein wenig Verantwortung haben Sie nämlich schon, für das was Sie schreiben. kopfschüttel M.M
@Piti
Ich denke schon, dass die Kommission zum Arbeiten gekommen ist. Sie hat sich allerdings eine Geschäftsordnung gegeben, die besagt, dass vor dem Abschlussbericht Inhalte der Evaluierung nicht veröffentlicht werden dürfen, und auch der Vertrag mit der Uni besagt das. (Deshalb ist auch Werner Franke ausgeschieden aus der Kommission – weil er sich im Prozess gegen Wolfgang Huber nicht anders zu helfen wusste als dessen unwahren Behauptungen mithilfe der Aussagen eines Zeitzeugen zu widersprechen, den die Kommission gehört hatte.)
Als Anhaltspunkt vielleicht: Die Kommission durfte ja nicht auf die Zeitzeugen-Interviews der Kleinen (Telekom-)Kommission zurückgreifen; deshalb hat sie selbst Interviews geführt. Ich weiß nicht, mit wem – aber es waren, so viel weiß ich, deutlich mehr als die Kleine Kommission gehört hat, und das waren 77. Und dazu kommt Evaluierung der wissenschaftlichen Arbeit auch (aber nicht allein) auf Doping-Relevanz – insgesamt, nimmt man den Ursprungsauftrag „50 Jahre“ / gesamte „Freiburger Sportmedizin“, haben sie also ein riesiges, lohnendes Feld zu beackern.
Man wird aber – weil die Verträge so sind – bis zum Abschlussbericht warten müssen. Und nun wohl hoffen müssen, dass die Kommission nicht aufgelöst wird / zurücktritt.
@ M. M: Weiß nicht, was Sie meinen. Bitte hinterlassen Sie eine echte Email-Adresse, sonst können Sie hier nicht mehr kommentieren. Danke.
Nachdem schon die DOSB-Dopingstudie mithilfe formaler Begründungen gescheitert zu sein scheint, jetzt auch diese Freiburger Nummer.
Was muss denn das für eine Universität sein, wo sich der Rektor nicht ein von seinem Rektorat beschlossenes Untersuchungsthema für die Große Kommission aufschreiben lässt oder ein paar Tage merken kann ? Seine Rechtfertigungen und Erklärungen sind hanebüchen und eines Vertreters der Wissenschaftselite unwürdig. Hätte er doch wissen lassen, dass ihm die Untersuchung und der Zeitraum nicht passen und er seine Universität schützen will. Da wäre er fast noch als Ehrenmann abgegangen. Aber so, ist es nur noch mies.
Andererseits verwundert es natürlich auch, dass kein Mitglied der Evaluierungskommission, einschließlich ihrer Vorsitzenden, argwöhnisch geworden ist und mit der Klärung des Themas und des Zeitraums der Untersuchung bis nach Ultimo gewartet wurde.
Im Verlaufe der Tätigkeit der Kommission – Zeugenanhörungen, Gutachten, etc. – müssen doch der thematische und Zeitrahmen immer wieder eine Rolle gespielt haben. Anscheinend – so kann man es zumindest aus den 87 Seiten herauslesen – gab es auch kaum während der beachtlichen Zeit von mehr als 5 Jahren – außer dem offiziellen Schriftwechsel kaum Kommunikation, informal wahrscheinlich sowieso nicht, zwischen Kommission und Uni.
Eigentlich liest sich das alles wie eine schlecht inszenierte Posse, wo alle von der Universität mitgemacht haben. Ein weiteres trauriger Kapitel verhinderter Aufklärung im deutschen Sport. Man könnte auch zum Schluß kommen: Untersuchungskommissionen haben es generell in Deutschland besonders schwer.
JW Sie begannen Ihre Ausführungen mit dem Satz „Hat es eine Aufarbeitung des systematischen Dopings …“
So sehr das Wort „Aufarbeitung“ auch gebraucht wird, es verklärt die unsprüngliche Wahrheit. Aufarbeiten bedeutet „Wiederherstellen“. Was wohl gemeint ist, ist AUFKLÄRUNG. Evtl. könnte man den Weg – besser den nicht gegangenen Weg der Uni aufarbeiten, um Fehler zu verifizieren. Aber grundsätzlich geht es um eine KLÄRUNG – eben AUFKLÄRUNG.
Mir bleibt unverständlich, warum sich Jounalisten so schwer mit dem Wort AUFKLÄRUNG tun. Das meinte ich mit meinem Einwand.
P.S. Es gibt auch was Gutes: Sandra Kaudelka´s Einzelkämpfer. Wie wunderbar. Wer je die Chance bekommen sollte diesen Film zu sehen, sollte ihn UNBEDINGT sehen. Der Film spricht für sich. Und es ist ein Phänomen. Nach fast dreißig Jahren in einem Kino zu sitzen und das gleiche zu fühlen, wie damals. Dankbarkeit beschreibt es am besten.
https://www.google.de/#hl=de&gs_rn=3&gs_ri=psy-ab&cp=21&gs_id=nk&xhr=t&q=einzelk%C3%A4mpfer+berlinale&es_nrs=true&pf=p&tbo=d&sclient=psy-ab&oq=einzelk%C3%A4mpfer+berlina&gs_l=&pbx=1&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.&bvm=bv.42553238,d.Yms&fp=198361ebe962489b&biw=1600&bih=708
@ M.M: Ich schicke gleich eine Email an die von Ihnen angegebene Adresse, um die Richtigkeit zu überprüfen.
Schreiben Sie doch bitte, zum Beispiel, an die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, um die „Wiederherstellung“ zu verlangen – der SED-Diktatur. So verstehen Sie ja diesen Begriff.
Ich habe keine Lust, mich auf eine derartige Diskussion einzulassen.
Zum Film: Ich habe Interviews mit der Autorin gelesen, die lassen mich schaudern. Sollte der Streifen irgendwann mal als DVD verfügbar sein, werde ich ihn mir dennoch anschauen. Nicht alles, was auf der Berlinale läuft, hat per se eine Qualität.
Wolfgang Jäger im BadZ-Interview mit Andreas Strepenick: Altrektor Jäger dementiert Manipulationsvorwurf
@JW und ha: Ein verspätetes „Danke“ für das Aufgreifen bzw. die Infos zu meiner Frage, die nun auch von anderer Seite, vermutlich nicht ohne manipulative Absicht, aufgeworfen wird. Mit der Selbstverpflichtung zum Stillschweigen, mit dem Verzicht auf das Instrument abgestimmter, selektiver Öffentlichkeitsarbeit hat sich die Kommission offenkundig einen Bärendienst erwiesen. Warum legt sie sich eine solche Selbstbeschränkung auf?
Apropos Freiburg: Dass ausgerechnet Y.O. Schumacher als Sachverständiger für Bluttransfusionen im Fuentes-Prozess auftritt, hat mich diese Woche nicht wenig amüsiert. (Womit ich ausdrücklich nichts unterstelle, der Herr klagt ja gern. ;) )
Altrektor Jäger sagt zum Verlauf der Sitzung am 14.8. 2007:
So, wie oben in #20 von Kommissionsmitglied Wolfgang Jelkmann angemerkt? Meint: Wie in der vom Rektor (siehe Dokumentation) verantworteten Pressemitteilung vom Juni 2007?
;)
@Piti
Zum Blut-Experten Yorck Olaf Schumacher, der Sinkewitz in Plouay nur wegen eines Magen-Darm-Infekts, nicht aber wegen eines 52er Hämatokrit-Wertes behandelt hat: Er war zwar als geschätzter Olympia-Arzt in London ;) dabei, ist aber nicht mehr an der Uni Freiburg. Alle Mediziner aus der Zeit bis 2007, die nicht mit unbefristeten Verträgen ausgestattet waren, mussten meines Wissens nach das Uniklinikum mit Auslaufen ihrer Verträge verlassen.
jw, #32
Du meinst zum Beispiel dieses Interview?
Ja, das fand ich auch interessant, obgleich ich den Film ebenfalls nicht gesehen habe. Die Regisseurin ist Mitte 30 – und wenn dieses Interview von etwas zeugt, dann wohl von der beinahe unheimlichen Bindungskraft des DDR-Leistungssportsystems, unter dem sie nach eigenen Angaben selbst gelitten hat. Sie wählt sich diesen Sport und seine Protagonisten als Thema, verfällt aber sofort in Uralt-Reflexe: „Kampagne“, Doping = „globales Problem“, propagandistische Klischees, die man nicht unbedingt Mittdreißigern zuschreibt: „Heute ist es die Wirtschaft, in der DDR war es die Politik.“ Dabei wissen wir, dass systematisches Kinderdoping eher kein globales Problem war; dass, „die Wirtschaft“ für Doping verantwortlich zu machen, nicht nur für die Bundesrepublik dramatisch zu kurz greift. „Mutig“ (ihr Attribut für Beyer) waren nach 1990 andere frühere DDR-Sportler (einige auch schon vorher, als Beyer als IM wirkte), was hier einigermaßen verwischt wird. Welcher Fron DDR-Athleten sich unterworfen haben, hat auch nie jemand bestritten. Das Problem beginnt übrigens schon beim Vokabular: Die DDR war ebenso wenig wie die Bundesrepublik ein „Land“ – der Begriff, der eher Heimat / Wärme suggeriert; sie war ein Staat.
Michael Reinsch hat, was sich da zeigt, wohl nach Ansicht des Films erfasst, schon im anderen Thread verlinkt, und bestimmt zutreffend. Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht irgendeine Zeitschleife gibt, eine Art geheimen Algorhythmus der historischen Aufarbeitung ;), in der alle Debatten auf Niveau Null neu beginnen müssen? Dann erleben wir das gerade und der Takt hieße: zwanzig Jahre.
Als ich Kommissionsmitglied gegen Ende 2010 wurde, habe ich noch nicht einmal ein offizielles Schreiben der Universität Freiburg erhalten sondern nur meinen Namen auf der Homepage der Uni gefunden. Erst recht nicht wurde mir der Auftrag der Kommission mitgeteilt; ich wusste nur durch Gespräche mit Kommissionsmitgliedern, dass nur die Abteilung Sportmedizin (1973 – 2007) evaluiert werden sollte, dies obwohl vor allem Klümper (Radiologie, dann sporttraumatologische Spezialambulanz) das Gesicht der Freiburger Sportmedizin für die Öffentlichkeit war.
Und zur Frage, was die Kommission getrieben hat: Mehrere Gutachten sind fertig. Es fehlt vor allem noch das historische Gutachten, erst nach dessen Fertigstellung kann Letizia Paoli das Gesamtgutachten erstellen. Die Fertigstellung des historischen Gutachtens (wird ca. 300 Seiten umfassen) leidet darunter, dass erst Ende September 2012 die Keulakten (zweieinhalb Regalmeter) zur Verfügung standen (bei gleichzeitiger Terminsetzung durch das Rektorat für den Abschluss der Kommissionsarbeit auf Ende Januar 2013). Wer etwas von Archivarbeit versteht, kann den Arbeitsaufwand einschätzen, zumal die dort aufgefundenen Dokumente mit jenen aus anderen Archiven zusammengeführt und analysiert werden müssen, das Ganze unter wissenschaftlichem Anspruch. Dass dies alles nicht bis Ende Januar zu leisten war, müsste dem Rektorat klar gewesen sein. Für mich bleibt die Hauptfrage: Warum wurden die Keulakten erst so so spät zur Verfügung gestellt und dürfen die Kommissionsmitglieder auch noch etwas anderes machen als nur für die Universität Freiburg zu arbeiten? Honni soit qui mal y pense …
P.S.: Entweder der Klinikumschef der Uni Freiburg, Siewert, oder der SWR Freiburg haben Letizia Paoli als geldgierige Professorin, die nichts liefert, in übelster Weise verleumdet – wer was wie gesagt/geschrieben hat, sollten die mal unter sich ausmachen. Aufgabe des REktorats der Uni Freiburg wäre schon längst gewesen, die Falschmeldung des SWR öffentlich richtig zu stellen.
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Zur Unaufrichtigkeit kommt auch noch die Feigheit. Passt aber. Der Kelch sollte vorbeigehen. Wird er aber nicht.
Wer nicht in unterschiedlichen moralisch-politischen Kategorien denkt und fühlt, dem wird das sicher auffallen.
http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1477226
Achim Muth in der Mainpost: Exklusiv: Doping in Deutschland – Die Akte VF-1220/13/72
Andreas Strepenick in der BadZ: Staatsanwaltschaft Freiburg prüft neue Ermittlungen im Fall Zabel
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http://www1.wdr.de/fernsehen/information/sport_inside/sendungen/freiburg206.html
Diesen Threat können wir nun auch schließen. Hat aber auch lange genug gedauert, dieses Lehrstück an politischer, sportpolitischer und sportmedizinischer Posse oder einfach gesagt an Dummenverkauf abzuschließen. Letitzia, lass dir deine letzten Euro auszahlen, wofür auch immer, und bewahre die Erinnerung am dopingfreien bundesdeutschen Sport. Fazit: Traue keinem System, dass ehrliche Untersuchungen ankündigt.
Im Gegensatz zur DDR, lieber Herbert, werden solche Themen öffentlich verhandelt (ohne dass ein Überbringer der Nachricht dafür in den Knast müsste) und sogar von Journalisten recherchiert, mit denen Sie sich hier ordentlich gefetzt haben, wie Grit Hartmann.
Einige Erfolge der Kommissionsarbeit sehe ich schon.
Weitere Entwicklungen u.a. hier: http://www.evaluierungskommission-paoli.be
Es ist ja auch kein Zufall, dass der Sekretär der Kommission in dem von Ihnen verlinkten Beitrag auftaucht.
Irrtum ist in einer Demokratie auch möglich, isn´t ? Find ich ja gut, dass es jetzt nach Einigung zwischen der Uni und der Kommission weitergeht. Bericht im Herbst, angeblich brisante Unterlagen gesichtet. Schön, und dann kann man mal abwägen. Bleibe jedoch trotzdem skeptisch.
JW, die Regimeunterschiede sind offensichtlich. Aber der Umgang mit der Wahrheit fällt jedem schwer, da das Interesse stets vor der Wahrheit kommt.
Ansonsten kann sich ja auch schon mal ein „Recherchejournalist“ verrecherchieren. Beispiele gibt´s auch hier nachzulesen.
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