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Das Olympische Bildungsmagazin

Dopingsystem am Universitätsklinikum Freiburg: Aufarbeitung behindert, Arbeitsauftrag manipuliert

Hat es eine Aufarbeitung des systematischen Dopings am Universitätsklinikum nie gegeben? War alles ein gigantischer Fake – zumindest von der Leitung des Klinikums der Universität? Die Verantwortlichen hatten offenbar nie vor, die dreckige Vergangenheit aufzuklären. Sie haben vertuscht und behindert und sogar den Arbeitsauftrag für zwei Kommissionen (Schäfer-Kommission, Paoli-Kommission) manipuliert? Das sagen die Mitglieder der aktuellen Kommission und vor allem die beiden Chefs der Kommission: Hans-Joachim Schäfer (2007-2009) und Letizia Paoli (seit 2009).

Ein Dokument des Grauens, soeben von Letizia Paoli freigegeben:

Die Vorgeschichte bzw das ergänzende Dokument aus der vergangenen Woche – das Schreiben von Letizia Paoli an Prof. Siewert, den Leitenden Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums Freiburg, der in einem Interview offenbar die Wahrheit gebeugt und Frau Paoli verunglimpft hatte:

Bitte nicht vergessen, die „related posts“ unter dem Beitrag zu verfolgen. Unbedingt lesenswert, zum Beispiel dies:

Nachtrag, 17.54 Uhr, schwere Geburt für Spiegel Online:

Nachtrag, 19.02 Uhr, die PR-Abteilung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg lässt wissen:

Der Vorwurf der „Manipulation“ des Arbeitsauftrages entbehrt daher jeder Grundlage.

Rektor Prof. Schiewer ist tief bestürzt, dass eine wissenschaftliche Untersuchungskommission in dieser Weise an die Öffentlichkeit geht.

Sachlage eindeutig? Das sagt ja auch die Kommission, nur ein bisschen andersherum, steht schon auf Seite 1 des heutigen Schreibens:

„MANIPULIERTER ARBEITSAUFTRAG. DIE EVALUIERUNGSKOMMISSION SIEHT SICH GETÄUSCHT UND HINTERGANGEN“ 

Schwerer Tobak, ich weiß, aber ich kann es niemandem, der sich dafür interessiert, abnehmen, sich durch die Schriftsätze zu kämpfen.

46 Gedanken zu „Dopingsystem am Universitätsklinikum Freiburg: Aufarbeitung behindert, Arbeitsauftrag manipuliert“

  1. @JW:
    Leider ist dem SpOn-Artikel auch bei genauer Lektüre nicht zu entnehmen, worin die Beschränkungen bestanden haben (sollen), also wie der kommunizierte Arbeitsauftrag vom wirklichen (im Artikel zitierten) Arbeitsauftrag abgewichen ist: Ein Unterschied zwischen „Freiburger Sportmedizin“ und „Abteilung Sportmedizin“ ist für den unbeteiligten Leser nicht erkennbar, der kommunizierte Untersuchungszeitraum nicht genannt. Das Ausmaß der Beschränkung ist mir erst klar geworden, nachdem ich S. 8 des von Ihnen erfreulicherweise hier eingestellten „Dokument(s) des Grauens“ gelesen hatte.

  2. Ich sage ja: schwere Geburt. Zum Glück gibt es Dokumente, die man lesen kann, wenn es der Journalist nicht zu vermitteln vermag.

  3. Anderer Kontinent, passt aber zum Thema – in Australien scheint die Dopingbekämpfung zumindest in der offiziellen Kommunikation einen anderen Stellenwert zu haben: http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-21363100 – ich meine, Innenminister und Sportministerin, die Doping nicht nur als Problem, sondern als Kriminalität… Tu felix australia (und das zeitgleich, während in Europa Matchfixing als das große Problem thematisiert wird).

  4. Tja, Matchfixing kann schön ablenken vom eigentlichen Problem: Den durch und durch intransparenten Sportverbänden – dieser Parallelgesellschaft.

    Aber halt, wie sagt der Sepp doch so gern: Es sind die Dämonen, die über den unschuldigen Sport gekommen sind.

    Nonsens.

  5. Grit Hartmann in der FR: Jäger im Visier

    Auch die Wissenschafts-Ministerin von Baden-Württemberg, Theresia Bauer (Grüne), schweigt. Die grün-rote Landesregierung stellt sich im Konflikt um die Aufarbeitung der Freiburger Dopinghistorie blind. Erstaunlich, denn die Kommission nennt Bauer als Empfängerin mehrerer Schreiben.

  6. Grit Hartmann für Zeit online: Die Doping-Uni vertuscht ihre Doping-Vergangenheit

    All das wirkt befremdlich. Erst recht, da der Altrektor der Kommission auch ein Zeitzeugengespräch verweigerte. „Nicht zielführend“, beschied Jäger knapp.
    […]
    „Sachlage eindeutig: Keine Hinweise auf ‚Manipulation’ des Arbeitsauftrags durch Altrektor Jäger“. So konterte die Universität am Mittwochabend. Pikanterweise wird als Beleg ein Schreiben von Jäger zitiert, dessen angebliches Gewicht die Kommission bereits entkräftet hat. Dass die Universität dergleichen beiseite wischt, macht das Zerwürfnis perfekt.

  7. @ferenc-i, #4

    Wichtiger Punkt, finde ich auch. Zu Australien ergänzend: Die dortige Nada ist eine Regierungsbehörde – wie bei uns etwa das Bundeskriminalamt – mit stark ausgebauter Ermittlungsabteilung. Sie ist strukturell gesehen sozusagen das Konkurrenzmodell zu unserer Nada, auch zur USADA. Das hat aber die Unabhängigkeit der ASADA bisher nicht in Frage gestellt, sondern zu einem Mehr an Dopingsperren geführt. Denn die ASADA war die erste Nada, die massiv Athleten aufgrund anderer Beweise als positiver Dopingproben gesperrt hat, dazu Trainer, Betreuer. Der Anteil dieser (non-analytical) Sperren liegt dort seit einigen Jahren bei über 30%.

    Zum aktuellen Australien-Bericht: Bei uns wäre es nun absolut unvorstellbar, dass die Bundesregierung dem Thema eine vergleichbare Aufmerksamkeit/Untersuchung widmet. (Bekanntlich ist das Gegenteil der Fall.) Ist ein bisschen bedauerlich, dass dieser Aspekt in fast allen hiesigen Berichten darüber fehlt, Tenor statt dessen: Ganz, ganz schlimm, das kriminelle Doping auf dem fernen fünften Kontinent ;)

  8. Andreas Strepenick in der BadZ: „Wahrscheinlich zurück bis auf den Professor Reindell…“

    Moderator: „Nach Auskunft des Vorsitzenden Hans-Joachim Schäfer, ehemaliger Präsident des Reutlinger Sozialgerichts, will die Kommission die Dopingspur bis in die 50er Jahre zurückverfolgen…“

    Schäfer: „…wahrscheinlich zurück bis auf den Professor Reindell, der ja hier diese Sportmedizin mitbegründet hat. Aber wir werden erst heute diesen Auftrag genau formulieren und dann die Fragen zusammenstellen.“

  9. #11

    So kompliziert und vertrackt das auch alles ist: Das ist Propaganda der Universität in Zusammenarbeit mit dem SWR.
    Dieser Pressetermin zur konstituierenden Sitzung im August 2007 war kurz und hat vorher oder eventuell mitten in der Sitzung stattgefunden – siehe Dokumentation der Kommission, oben S. 64ff. Aber erst IN dieser Sitzung kam es zum Streit zwischen Alt-Rektor Jäger und Werner Franke. Franke forderte, Reindell (Keuls Vorgänger) und Klümper (andere Abteilung als Keul an der Uni, nämlich die Sporttraumatologie; später bekanntlich mit einer eigenen Klinik aus Bundes- und Steuermitteln, also gar nicht mehr Uni) einzubeziehen – Jäger lehnte das ab, auch nach Darstellung des ersten Kommissionsvorsitzenden Schäfer (er ist vielfach so zitiert in den 80 Seiten oben) und aller anderen anwesenden Kommissionsmitglieder ganz explizit ab und reduzierte den Auftrag (den die Gremien der Uni im Juni 2007 verbindlich auf „gesamte Aktivitäten“ der Freiburger Sportmedizin in den letzten 50 Jahren“ festgelegt hatten) auf die erst 1974 gegründete Keul-Abteilung „Leistungs- und Sportmedizin“. Also ohne Reindell und Klümper.

    Wenn nun der SWR Schäfer zitiert mit „wahrscheinlich“ werde man bis in die 50er Jahre zurückgehen – dann ist das NICHT der Stand nach dieser entscheidenden ersten Sitzung der Kommission. Sondern der vom zehnminütigen Pressetermin (auf dem Fragen nicht erlaubt waren) davor.

  10. Ich verstehe überhaupt nicht, was der SWR mit diesen Zitaten belegen will. Was Schäfer vor der entscheidenden Sitzung wollte, ist zwar interessant, hat aber nichts mit dem aktuell diskutierten Problem zu tun!?

  11. FAZ-Kommentar von Anno Hecker: Anti-Aufklärer

    Die Freiburger Universität wird so einen exzellenten Dienst zur eigenen Befreiung von Altlasten nun nicht mehr leisten. Stattdessen droht mit jeder weiteren externen Enthüllung eine Verfestigung des Rufes: Freiburg, ehemalige Brutstätte des westdeutschen Dopings.

  12. Am Ende kommt raus, dass auf den Dopingmitteln die Herstellernachweise samt Fußnoten nicht korrekt waren und das Doping damit ungültig. Und es gibt bisher keinen, der gegen ungültiges Doping ist.

  13. Hübsch, nocheinjurist.

    Hübsch auch, was gerade per Email eintrudelte:

    Von: „Prof. Dr. Wolfgang Jäger“
    Datum: 8. Februar 2013 17:55:22 MEZ

    Betreff: Ehemaliges Kommissionsmitglied bestätigt: Auftrag war nicht „manipuliert“

    Sehr geehrte Medienvertreterinnen, sehr geehrte
    Medienvertreter,

    Prof. Dr. Ulrich Schwabe, emeritierter Leiter des
    Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg und
    von 2007 bis 2011 Mitglied der „Evaluierungskommission
    Freiburger Sportmedizin“, widerspricht der Darstellung der
    Kommission in deren 87-seitiger „Pressemitteilung“ vom 6.
    Februar 2013, der Freiburger Altrektor Prof. Dr. Dr. h.c.
    Wolfgang Jäger habe den Arbeitsauftrag der Kommission in
    deren konstituierender Sitzung am 14. August 2007
    „manipuliert“. Dies geht aus einem Brief hervor, den Prof.
    Schwabe, der als Gründungsmitglied der
    Evaluierungskommission an besagter Sitzung teilgenommen
    hatte, am 07. Februar 2013 an mich adressiert hat. In dem
    Schreiben heißt es:

    „Sehr geehrter Herr Kollege Jäger, gern bin ich bereit,
    Ihre Anfrage zum zeitlichen Umfang des Arbeitsauftrages für
    die Evaluierungskommission der Freiburger Sportmedizin zu
    beantworten. Am 14. August 2007 haben Sie als Rektor der
    Universität Freiburg in Ihrer Begrüßungsansprache an die
    Mitglieder der Evaluierungskommission keine konkreten
    Angaben über den von der Kommission zu bearbeitenden
    Zeitraum mitgeteilt. In der anschließenden konstituierenden
    Sitzung haben die Mitglieder der Kommission unter dem
    Tagesordnungspunkt ‚Festlegung der Aufgaben’ nach
    eingehender Diskussion beschlossen, die Evaluation von 1970
    bis zum Jahre 2007 einzugrenzen (vgl. Niederschrift der
    konstituierenden Sitzung der Gutachterkommission zur
    Evaluierung der Freiburger Sportmedizin am 14. August 2007
    in Freiburg i. Br.).“

    Der Vorwurf der „Manipulation“ des Arbeitsauftrags entbehrt
    daher jeder Grundlage.

    Wolfgang Jäger


    _________________________________________________
    Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
    Seminar für Wissenschaftliche Politik
    Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Jäger
    Rempartstraße 15
    79085 Freiburg

  14. Ich vergaß, auch zum oben bereits diskutierten SWR-Beitrag gab es eine Stellungnahme, und zwar von Letizia Paoli, heute Mittag.

    im Wortlaut:

    Seit dem 7. Februar 2013 liegt der SWR Rundfunkbeitrag „Auftrag war bekannt“ vor. In diesem Beitrag wird die wohl unmittelbar vor der konstituierenden Sitzung der Evaluierungskommission am 14. August 2007 am Rande oder während des Presse- Termins aufgenommene Passage des Erstvorsitzenden Herrn Dr. Hans-Joachim Schäfer wiedergegeben:

    „wahrscheinlich zurück bis auf den Professor Reindell, der ja hier diese Sportmedizin mit begründet hat.“

    Mit Schreiben vom 7. Februar 2013 informiert Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jochen Schiewer alle Mitglieder der Evaluierungskommission über diese Aussage Dr. Schäfers. Das von ihm dort wiedergegebene Zitat ist geringfügig länger:

    „In einem Fernsehinterview mit dem SWR hat der Kommissionsvorsitzende Dr. Hans-Joachim Schäfer vor der konstituierenden Sitzung am 14.08.2007 auf die Frage des Reporters, wie weit die Untersuchung zurückreichen werde, gesagt: „wahrscheinlich zurück bis auf den Professor Reindell, der ja hier diese Sportmedizin mitbegründet hat. Aber wir werden erst heute diesen Auftrag genau formulieren und dann die Fragen zusammenstellen“.“

    Der für den SWR Beitrag verantwortliche Autor nimmt diese Äußerung von Dr. Schäfer zum Anlass für berechtigte Rückfragen, aber auch zu polemischen Anspielungen und Äußerungen. Da er letzteres ausdrücklich mit Blick auf die „Fasnet“ Tage vorbringt, will auch ich in dieser Polemik sehen was sie ist: närrisches Treiben.

    Gleichwohl, der Beitrag an sich ist überwiegend sachlich gehalten und wirft, wie gesagt, sehr wichtige Fragen auf, die eine Stellungnahme und Erklärung der betroffenen Personen unerlässlich machen. Für die Recherche und für die nun zusätzlich vorliegende Information habe ich dem SWR bereits am 7. Februar 2013 gedankt. Auch Rektor Prof. Schiewer nimmt in diesem SWR Rundfunkbeitrag Stellung mit folgenden Äußerungen:

    „Er selbst [Dr. Schäfer] sagt, dass er davon ausgeht, dass man unter Umständen mit Reindell beginnen kann also hat er mit Sicherheit etwa 50 Jahre im Blick gehabt“.

    „Aufgrund meiner Untersuchung des Sachverhaltes hat sich eindeutig ergeben, dass es in den Akten keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Untersuchungsauftrag in irgendeiner Weise eingeschränkt worden ist und diese Position vertrete ich auch heute noch.“

    „Ich erwarte, dass die Dinge öffentlich richtig gestellt werden und dass eine klare Stellungnahme abgegeben wird, dass hier keine Anhaltspunkte für eine Manipulation des Arbeitsauftrags gegeben sind.“

    „Selbstverständlich muss die Kommission auch Lücken benennen, und sagen an welchen Stellen sie aufgrund der Personen und datenschutzrechtlichen Gegebenheiten nicht zu einem abschließenden Urteil kommen kann. Ich weiß, dass viele Aspekte des Arbeitsauftrages schon abgearbeitet worden sind und wünsche mir natürlich, dass jetzt das, was erarbeitet worden ist auch als Abschlussbericht zeitnah vorgelegt wird.“

    Als Vorsitzende der Evaluierungskommission darf ich zu dieser Entwicklung ausführen:

    1. Selbstverständlich war der Kommission ein Arbeitsauftrag bekannt, allerdings nach Originalfassung oder -wortwahl gerade nicht die offizielle Definition der drei Gremienbeschlüsse des Klinikumsvorstandes, des Fakultätsvorstandes der Medizinischen Fakultät und des Rektorats vom 4. respektive 6. Juni 2007. Dies erfolgte erst am 12. März 2012. Nach Aussage aller befragter Kollegen hätte die Kommission in der konstituierenden Sitzung am 14. August 2007 in Kenntnis des offiziellen Arbeitsauftrags zur gesamten Freiburger Sportmedizin („50 Jahre“) niemals den ihr von Rektor Prof. Dr. Wolfgang Jäger vorgestellten und gegen Prof. Werner Frankes Einwände verteidigten und exklusiv auf die Abteilung Sportmedizin beschränkten Arbeitsauftrag akzeptiert.

    Dieser von mir in meinem Schreiben an Alt-Rektor Prof. Jäger am 1. Juli 2012 und in der „Pressemitteilung“ der Kommission vom 6. Februar 2013 unter Verweis auf eine ganze Fülle von Fakten und Stellungnahmen aus der Kommission angeführte Behauptung respektive Tatsache über Rektor Jägers Verhalten zu Beginn der konstituierenden Sitzung wurde bislang weder von Rektor Schiewer noch von Prof. Jäger widersprochen.

    2. In der Tat äußert sich Dr. Schäfer am 14. Oktober 2007 zum, wörtlich, „wahrscheinlichen“ Zeitrahmen der Kommissionsarbeiten. Das Schäfer-Zitat ist aber gerade kein Beweis dafür, dass dieser den offiziellen Arbeitsauftrag nach der Definition der drei Gremien gekannt hat. Dr. Schäfer antwortet gerade nicht, „wahrscheinlich zurück bis auf den Professor Reindell, der ja hier diese Sportmedizin mitbegründet hat, weil das so vom Rektorat am 6. Juni 2007 beschlossen worden ist“. Dr. Schäfer vertritt lediglich die Ansicht, dass die gesamte Freiburger Sportmedizin untersucht werden sollte. Hier ist gleichwohl weitere Aufklärung geboten, ob der Universitätsleitung eine Stellungnahme vonDr. Schäfer vorliegt respektive ob sie diesen überhaupt um eine solche angefragt hat, ist mir nicht bekannt. Dies ist unabdingbar.

    3. Entscheidend ist der zweite Teil von Dr. Schäfers Zitat: „Aber wir werden erst heute diesen Auftrag genau formulieren und dann die Fragen zusammenstellen“. Es muss folglich geklärt werden, was tatsächlich zu Beginn der konstituierenden Sitzung geschah. Dazu muss auch Prof. Jäger Stellung beziehen. Solange er dies nicht tut, besteht der gegen ihn erhobene Manipulationsvorwurf.

    4. Teilnehmer der konstituierenden Sitzung sind bereit öffentlich zu bezeugen, dass Ihnen bis zum 12. März 2013 der offizielle Arbeitsauftrag nach seiner Originalfassung oder -wortwahl unbekannt geblieben ist und dass Rektor Jäger sich in der Sitzung explizit gegen eine Ausweitung der Untersuchungen bis in die 1950er Jahre ausgesprochen hat und den Arbeitsauftrag exklusiv auf die Abteilung Sportmedizin begrenzte.

    Für mich als Kommissionsvorsitzende bedeutet dies mehr denn je, dass alle betroffenen Personen zu diesen Vorgängen Stellung nehmen müssen. Das betrifft insbesondere Prof. Jäger, der dies bislang abgelehnt hat. Kommissionsmitglieder der konstituierenden Sitzung sind ausdrücklich bereit ihre Aussagen auch in Stuttgart im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu jeder Zeit und explizit öffentlich zu wiederholen.

    Kommissionsmitglieder haben mich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie der ihnen von Rektor Prof. Schiewer im Schreiben vom 7. Februar 2013 gestellten Frist vom 11. Februar 2013, die Vorwürfe öffentlich zurückzunehmen und den Sachverhalt richtig zu stellen, schon deshalb nicht nachkommen können, weil sie dies als Zumutung empfinden, solange alle beteiligten Personen nicht offiziell zu den Vorgängen befragt worden sind und Auskunft gegeben haben.

    Da Frau Ministerin Bauer zudem im Moment auf einer Auslandsreise in Singapur ist und womöglich über diese von der Kommission als ultimativ aufgefasste Fristsetzung nicht informiert worden ist, sehe ich als Vorsitzende die Gefahr einer Eskalation der Auseinandersetzung, die, wie auch Rektor Schiewer zu recht in seinem Schreiben anführt, in der Tat allen Beteiligten schaden würde.

    Das Angebot von Rektor Schiewer, der Kommission zu jeder möglichen Zeit für eine Aussprache in dieser Angelegenheit zur Verfügung zu stehen, nehme ich im Namen der Kollegen an. Persönlich wiederhole ich das Angebot, das seinerzeit während der konstituierenden Sitzung anwesende Kollegen unterbreitet haben, sie würden bei Frau Bauer im Ministerium öffentlich Stellung nehmen respektive die von ihnen gemachten Angaben bezeugen. Ich verbinde dies mit der Hoffnung, dass auch Dr. Schäfer, Prof. Jäger und Prof. Franke sich zu diesem Schritt bereit erklären.

  15. Schwabes Darstellung ist schon interessant; allerdings muss das kein Widerspruch zur Darstellung der Kommission sein. Er sagt:

    Am 14. August 2007 haben Sie als Rektor der Universität Freiburg in Ihrer Begrüßungsansprache an die Mitglieder der Evaluierungskommission keine konkreten Angaben über den von der Kommission zu bearbeitenden Zeitraum mitgeteilt. In der anschließenden konstituierenden
    Sitzung haben die Mitglieder der Kommission unter dem Tagesordnungspunkt ‚Festlegung der Aufgaben’ nach eingehender Diskussion beschlossen, die Evaluation von 1970 bis zum Jahre 2007 einzugrenzen (vgl. Niederschrift der konstituierenden Sitzung der Gutachterkommission zur
    Evaluierung der Freiburger Sportmedizin am 14. August 2007 in Freiburg i. Br.).“

    Daraus ergibt sich schon die Frage: Warum hat Jäger keine „konkreten Angaben über den von der Kommission zu bearbeitenden Zeitraum mitgeteilt“? Die Gremien der Universität hatten doch einen beschlossen, nämlich „Freiburger Sportmedizin“ und „50 Jahre“. Diese Beschlüsse kannte Altrektor Jäger, aber nicht die Kommission.

    Schwabe weiter:

    In der anschließenden konstituierenden Sitzung haben die Mitglieder der Kommission unter dem Tagesordnungspunkt ‚Festlegung der Aufgaben’ nach eingehender Diskussion beschlossen, die Evaluation von 1970 bis zum Jahre 2007 einzugrenzen.

    Das bestätigt, was im Papier oben steht. Es ist aber nicht die entscheidende Frage. Die sind: Hat Jäger sich wie behauptet an dieser „eingehenden Diskussion“ beteiligt? Hat es den beschrieben Wortwechsel mit Franke gegeben? Und schließlich: Hätte die Kommission das so beschlossen, wenn Jäger den Inhalt der Gremienbeschlüsse mitgeteilt hätte? Im Papier oben wird sehr klar gesagt: Nein, das hätten sie nicht.

    So schreibt Schäfer, S. 59 /61:

    Wäre mir der umfassend formulierte Auftrag, den Rektor Jäger von den Gremien hatte, bekannt gewesen, hätte ich auch von vorneherein den Zeitraum „der vergangenen 50 Jahre“ evaluieren lassen. Alles andere wäre ja wohl nach allgemeinen Grundsätzen gegenüber dem Auftraggeber eine unangemessene Anmaßung gewesen, für die ich als Auftragsnehmer auch keinen Grund hatte. (…) Natürlich habe ich die [drei Gremien-] Beschlüsse nicht gesehen, denn deren Kenntnis hätte mit Sicherheit in der konstituierenden Sitzung vom 14.08.2007 zum einstimmigen Beschluss über die Ausdehnung der Untersuchung auf die Zeit der letzen 50 Jahre geführt und damit eine Polarisierung der Standpunkte verhindert.

  16. Wie ist es eigentlich zu erklären, daß man erst nach knapp 5,5 Jahren merkt, daß man das wirklich interessante (wie umfangreich T-Dingsbums gedopt war juckt doch nicht wirklich) garnicht untersucht?
    Da war ja auch Herr Franke dabei, der hätte sich doch lautstark darüber beschwert, wenn ihm dieser Punkt klar gewesen wäre.
    Hat da also nie jemand den Auftrag gelesen oder ist das hier einfach nur Oberflächenrauchen von OK bzw halt Politik?

  17. Wolfgang Jelkmann

    Es darf doch nicht vergessen werden, dass die Universität Freiburg bereits am 22. Juni 2007 durch eine Pressemitteilung den Arbeitsauftrag für die Kommission definiert hatte: „Der Rektor der Universität, Prof. Dr. Wolfgang Jäger, hat eine Evaluierungskommission eingerichtet und ihr den Auftrag gegeben, die Arbeit der Abteilung für Sportmedizin zu untersuchen und für deren Auswirkungen in der Patientenversorgung und in der Forschung eine Bewertung vorzunehmen.“

  18. Wolfgang Jelkmann

    Gerne. „Abteilung für Sportmedizin“ bedeutete – für mich und andere – eben, dass nur die Zeit ab Prof. Keul wissenschaftlich evaluiert werden sollte. Dass der ursprüngliche Auftrag der Gremien zeitlich und thematisch breiter festgelegt war, erfuhr ich erst 2012.

  19. Darf ich mal eine banale Frage stellen, die sich mir beim Querlesen all der Dokumente und Kommentare bisher nicht erschlossen hat? Hat die „große“ Kommission seit ihrem Bestehen eigentlich schon etwas anderes zu erarbeiten versucht als die Frage, was eigentlich ihr Auftrag ist?

  20. Das ist eine berechtigte Frage, auch wenn die für Kommissionsmitglieder möglicherweise verletzend klingen mag. Ich muss die Kommission und Personen nicht verteidigen, einige lesen und diskutieren mit und können sich selbst äußern.

    Es ist oft beschrieben worden, ob nun von Grit Hartmann, Andreas Strepenick oder wenigen anderen, was die Kommission getan hat, was ihr verwehrt wurde (angeblich ja nichts, sagt die Uni), wo die größten Problemfelder lagen. Es hat 2011 ein Symposium in Freiburg gegeben, was ja letztlich auch ein Arbeitsergebnis ist.

    Aber es gab und gibt im Dopingzentrum Freiburg, wo verachtenswerte teuflische Medizinmänner noch immer wie Helden verehrt werden, eben auch etwas anderes, woran Grit Hartmann gerade noch einmal erinnert hat (Die Doping-Uni vertuscht ihre Doping-Vergangenheit), und was ja letztlich hinter dieser Diskussion um den „Arbeitsauftrag“ schwelt:

    Christoph Frank ist ein Experte für die finsteren Seiten der Breisgauer Sportmedizin. Im vergangenen Herbst beendete der Oberstaatsanwalt das vorerst letzte Dopingverfahren in Freiburg – ohne öffentlichen Prozess. Schon ein Jahr zuvor hatte Frank desillusioniert zu Protokoll gegeben:

    „Ich erlebe hier, dass die Dopingszene exzellent organisiert ist, dass es gelingt, das Schweigen perfekt zu organisieren.“

  21. Noch einmal: Ich bin nicht der Pressesprecher der Kommission :)

    Ergänzend dennoch die gerade eingetroffene Email von Letizia Paoli mit einer weiteren Stellungnahme von Hans-Joachim Schäfer:

    Stellungnahme von Dr. Schäfer vom 9. Februar 2013 zu seinem im SWR Beitrag „Auftrag war bekannt“ wiedergegebenen Zitat bezüglich Prof. Reindell.

    Von Dr. Schäfer freigegeben.

    „Hallo Frau Paoli,

    ich bin wohl von einem Journalisten [vor der konstituierenden Sitzung der Evaluierungskommission am 14. August 2007] gefragt worden, ob man „bis Reindell zurückgehen müsse“, was ich bejaht habe. Dies war Ausfluss meiner damaligen und heutigen Überzeugung, dass die Kommission unabhängig arbeitet, keinen Weisungen unterliegt und deshalb auch – wenn es den Ermittlungen dient – den Auftrag personell und zeitlich ausdehnen kann. Es war mit Sicherheit meine Privatmeinung.

    Prof. Reindell war für mich bis dahin eine unbekannte Größe.

    Bis zum Beginn der Arbeit in der Dopingkommission hatte ich zwar jahrzehntelang mit Disziplinar- und Arztrecht, jedoch Gott sei Dank nie etwas mit Sportmedizin zu tun.

    Auch Prof. Brandis [Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Freiburg] und der frühere Rektor Prof. Jäger haben mir den Namen und dessen große Bedeutung nicht näher gebracht. Ob ich den Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 3. Juni 2007 [„Von Medizinmännern und Versuchskaninchen. Wenn Ärzte Gesunde krank machen: Die erschreckende Doping-Geschichte der Sportmediziner an der Uniklinik Freiburg“] vor der Sitzung vom 14. August 2007 gelesen habe weiß ich nicht mehr. Eher nicht.

    Mir war zu dieser Zeit besonders wichtig, dass die Evaluierungskommission möglichst rasch die Zeit der noch nicht verjährten möglichen Straftaten im Zusammenhang mit Doping wissenschaftlich [für die Arbeit der Dopingkommission] begleitet, also die komplette von der Abteilung Sportmedizin vorgelegte Literatur (Habilitationsschriften, Dissertationen und sonstige Veröffentlichungen) durchforstet.

    Nach Abschluss der Arbeiten der Dopingkommission war klar, dass die Arbeit der Evakommission neu zu justieren war.

    Das haben Sie nach meinem Ausscheiden 2009 alsbald versucht.

    Die mir zugänglich gemachten Unterlagen [Dokumentation der Pressemitteilung vom 7. Februar 2013] zeigen aber akribisch, dass Ihnen das – jedenfalls bis März 2012 – mindestens ein Jahr lang gekonnt verwehrt wurde.

    Warum denn?

    Wenn das, was ich inzwischen annehmen muss, einen Sinn hatte, dann ist das sehr schlimm und macht mich sehr betroffen.

    Gruß Dr. Schäfer“

  22. JW! Haben Sie mir nicht vor kurzem geschrieben, dass Sie den Unterscheid zwischen Aufarbeiten und Aufklären kennen? Können wir uns da mal einigen. Ein wenig Verantwortung haben Sie nämlich schon, für das was Sie schreiben. kopfschüttel M.M

  23. @Piti

    Ich denke schon, dass die Kommission zum Arbeiten gekommen ist. Sie hat sich allerdings eine Geschäftsordnung gegeben, die besagt, dass vor dem Abschlussbericht Inhalte der Evaluierung nicht veröffentlicht werden dürfen, und auch der Vertrag mit der Uni besagt das. (Deshalb ist auch Werner Franke ausgeschieden aus der Kommission – weil er sich im Prozess gegen Wolfgang Huber nicht anders zu helfen wusste als dessen unwahren Behauptungen mithilfe der Aussagen eines Zeitzeugen zu widersprechen, den die Kommission gehört hatte.)

    Als Anhaltspunkt vielleicht: Die Kommission durfte ja nicht auf die Zeitzeugen-Interviews der Kleinen (Telekom-)Kommission zurückgreifen; deshalb hat sie selbst Interviews geführt. Ich weiß nicht, mit wem – aber es waren, so viel weiß ich, deutlich mehr als die Kleine Kommission gehört hat, und das waren 77. Und dazu kommt Evaluierung der wissenschaftlichen Arbeit auch (aber nicht allein) auf Doping-Relevanz – insgesamt, nimmt man den Ursprungsauftrag „50 Jahre“ / gesamte „Freiburger Sportmedizin“, haben sie also ein riesiges, lohnendes Feld zu beackern.

    Man wird aber – weil die Verträge so sind – bis zum Abschlussbericht warten müssen. Und nun wohl hoffen müssen, dass die Kommission nicht aufgelöst wird / zurücktritt.

  24. @ M. M: Weiß nicht, was Sie meinen. Bitte hinterlassen Sie eine echte Email-Adresse, sonst können Sie hier nicht mehr kommentieren. Danke.

  25. Nachdem schon die DOSB-Dopingstudie mithilfe formaler Begründungen gescheitert zu sein scheint, jetzt auch diese Freiburger Nummer.
    Was muss denn das für eine Universität sein, wo sich der Rektor nicht ein von seinem Rektorat beschlossenes Untersuchungsthema für die Große Kommission aufschreiben lässt oder ein paar Tage merken kann ? Seine Rechtfertigungen und Erklärungen sind hanebüchen und eines Vertreters der Wissenschaftselite unwürdig. Hätte er doch wissen lassen, dass ihm die Untersuchung und der Zeitraum nicht passen und er seine Universität schützen will. Da wäre er fast noch als Ehrenmann abgegangen. Aber so, ist es nur noch mies.

    Andererseits verwundert es natürlich auch, dass kein Mitglied der Evaluierungskommission, einschließlich ihrer Vorsitzenden, argwöhnisch geworden ist und mit der Klärung des Themas und des Zeitraums der Untersuchung bis nach Ultimo gewartet wurde.
    Im Verlaufe der Tätigkeit der Kommission – Zeugenanhörungen, Gutachten, etc. – müssen doch der thematische und Zeitrahmen immer wieder eine Rolle gespielt haben. Anscheinend – so kann man es zumindest aus den 87 Seiten herauslesen – gab es auch kaum während der beachtlichen Zeit von mehr als 5 Jahren – außer dem offiziellen Schriftwechsel kaum Kommunikation, informal wahrscheinlich sowieso nicht, zwischen Kommission und Uni.

    Eigentlich liest sich das alles wie eine schlecht inszenierte Posse, wo alle von der Universität mitgemacht haben. Ein weiteres trauriger Kapitel verhinderter Aufklärung im deutschen Sport. Man könnte auch zum Schluß kommen: Untersuchungskommissionen haben es generell in Deutschland besonders schwer.

  26. JW Sie begannen Ihre Ausführungen mit dem Satz „Hat es eine Aufarbeitung des systematischen Dopings …“

    So sehr das Wort „Aufarbeitung“ auch gebraucht wird, es verklärt die unsprüngliche Wahrheit. Aufarbeiten bedeutet „Wiederherstellen“. Was wohl gemeint ist, ist AUFKLÄRUNG. Evtl. könnte man den Weg – besser den nicht gegangenen Weg der Uni aufarbeiten, um Fehler zu verifizieren. Aber grundsätzlich geht es um eine KLÄRUNG – eben AUFKLÄRUNG.

    Mir bleibt unverständlich, warum sich Jounalisten so schwer mit dem Wort AUFKLÄRUNG tun. Das meinte ich mit meinem Einwand.

    P.S. Es gibt auch was Gutes: Sandra Kaudelka´s Einzelkämpfer. Wie wunderbar. Wer je die Chance bekommen sollte diesen Film zu sehen, sollte ihn UNBEDINGT sehen. Der Film spricht für sich. Und es ist ein Phänomen. Nach fast dreißig Jahren in einem Kino zu sitzen und das gleiche zu fühlen, wie damals. Dankbarkeit beschreibt es am besten.

    https://www.google.de/#hl=de&gs_rn=3&gs_ri=psy-ab&cp=21&gs_id=nk&xhr=t&q=einzelk%C3%A4mpfer+berlinale&es_nrs=true&pf=p&tbo=d&sclient=psy-ab&oq=einzelk%C3%A4mpfer+berlina&gs_l=&pbx=1&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.&bvm=bv.42553238,d.Yms&fp=198361ebe962489b&biw=1600&bih=708

  27. @ M.M: Ich schicke gleich eine Email an die von Ihnen angegebene Adresse, um die Richtigkeit zu überprüfen.

    Schreiben Sie doch bitte, zum Beispiel, an die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, um die „Wiederherstellung“ zu verlangen – der SED-Diktatur. So verstehen Sie ja diesen Begriff.

    Ich habe keine Lust, mich auf eine derartige Diskussion einzulassen.

    Zum Film: Ich habe Interviews mit der Autorin gelesen, die lassen mich schaudern. Sollte der Streifen irgendwann mal als DVD verfügbar sein, werde ich ihn mir dennoch anschauen. Nicht alles, was auf der Berlinale läuft, hat per se eine Qualität.

  28. Wolfgang Jäger im BadZ-Interview mit Andreas Strepenick: Altrektor Jäger dementiert Manipulationsvorwurf

    BZ: Die Vorwürfe konzentrieren sich auf die konstituierende Sitzung am 14. August 2007. Sie haben zunächst in Anwesenheit der Medien eine kurze Ansprache gehalten. Um 11.15 Uhr verließen die Journalisten den Raum. Was geschah dann?

    Jäger: Ich begrüßte die Kommission als Rektor. Ich dankte ihr, und vor allem sagte ich ihr jede Unterstützung zu. Es waren ja nur wenige Minuten. Das geht aus dem Protokoll der Sitzung hervor. An diesem Beispiel möchte ich den manipulativen Charakter der Paoli-Mitteilung illustrieren. Sie gesteht dem Protokoll auf all ihren Seiten überhaupt keine Rolle zu. Aus dem Protokoll geht eindeutig hervor, dass ich nach wenigen Minuten den Raum verließ und keinerlei zeitliche Eingrenzung vornahm. Ich ging natürlich davon aus, dass mein Auftrag der Kommission übermittelt würde.
    […]
    BZ: Die 87-seitige Stellungnahme der Paoli-Gruppe enthält ein anonymes Gedächtnisprotokoll über den Tag der Sitzung. Darin erklärt ein Mitglied von damals, Sie beziehungsweise die Universitätsjuristin Ursula Seelhorst hätten den Versuch, Armin Klümper sowie Keuls Vorgänger Herbert Reindell in die Untersuchung miteinzubeziehen, unter Verweis auf juristische Gründe abgelehnt. Frau Seelhorst führte auch das Protokoll der Sitzung. In ihrem Protokoll ist über all das nichts zu lesen. Hatte Frau Seelhorst einen Auftrag, gegen die Einbeziehung von Klümper oder Reindell zu argumentieren?

    Jäger: Nein. Ich weiß nicht, was Frau Seelhorst gesagt hat. Ich war ja nicht dabei. Frau Seelhorst hatte überhaupt keinen Auftrag von mir.
    […]
    Jäger: Wenn man sich vorstellt, dass Frau Paoli die Energie, die sie in die Formulierung ihrer offensichtlich insgesamt mehreren hundert Seiten Rechtfertigungsstellungnahme gesteckt hat, in die Evaluierung stecken würde, dann läge sicherlich schon ein Bericht über die Sportmedizin vor. Es ist eigentlich ein unglaublicher Vorgang, der sich hier abspielt. Nach fünf Jahren liegt noch kein Bericht vor. Ich frage mich: Was hat die Kommission in den fünf Jahren eigentlich getan?

  29. @JW und ha: Ein verspätetes „Danke“ für das Aufgreifen bzw. die Infos zu meiner Frage, die nun auch von anderer Seite, vermutlich nicht ohne manipulative Absicht, aufgeworfen wird. Mit der Selbstverpflichtung zum Stillschweigen, mit dem Verzicht auf das Instrument abgestimmter, selektiver Öffentlichkeitsarbeit hat sich die Kommission offenkundig einen Bärendienst erwiesen. Warum legt sie sich eine solche Selbstbeschränkung auf?

    Apropos Freiburg: Dass ausgerechnet Y.O. Schumacher als Sachverständiger für Bluttransfusionen im Fuentes-Prozess auftritt, hat mich diese Woche nicht wenig amüsiert. (Womit ich ausdrücklich nichts unterstelle, der Herr klagt ja gern. ;) )

  30. Altrektor Jäger sagt zum Verlauf der Sitzung am 14.8. 2007:

    Ich ging natürlich davon aus, dass mein Auftrag der Kommission übermittelt wird.

    So, wie oben in #20 von Kommissionsmitglied Wolfgang Jelkmann angemerkt? Meint: Wie in der vom Rektor (siehe Dokumentation) verantworteten Pressemitteilung vom Juni 2007?

    Der Rektor der Universität, Prof. Dr. Wolfgang Jäger, hat eine Evaluierungskommission eingerichtet und ihr den Auftrag gegeben, die Arbeit der Abteilung für Sportmedizin zu untersuchen und für deren Auswirkungen in der Patientenversorgung und in der Forschung eine Bewertung vorzunehmen.

    ;)

    @Piti
    Zum Blut-Experten Yorck Olaf Schumacher, der Sinkewitz in Plouay nur wegen eines Magen-Darm-Infekts, nicht aber wegen eines 52er Hämatokrit-Wertes behandelt hat: Er war zwar als geschätzter Olympia-Arzt in London ;) dabei, ist aber nicht mehr an der Uni Freiburg. Alle Mediziner aus der Zeit bis 2007, die nicht mit unbefristeten Verträgen ausgestattet waren, mussten meines Wissens nach das Uniklinikum mit Auslaufen ihrer Verträge verlassen.

  31. jw, #32

    Du meinst zum Beispiel dieses Interview?

    Ja, das fand ich auch interessant, obgleich ich den Film ebenfalls nicht gesehen habe. Die Regisseurin ist Mitte 30 – und wenn dieses Interview von etwas zeugt, dann wohl von der beinahe unheimlichen Bindungskraft des DDR-Leistungssportsystems, unter dem sie nach eigenen Angaben selbst gelitten hat. Sie wählt sich diesen Sport und seine Protagonisten als Thema, verfällt aber sofort in Uralt-Reflexe: „Kampagne“, Doping = „globales Problem“, propagandistische Klischees, die man nicht unbedingt Mittdreißigern zuschreibt: „Heute ist es die Wirtschaft, in der DDR war es die Politik.“ Dabei wissen wir, dass systematisches Kinderdoping eher kein globales Problem war; dass, „die Wirtschaft“ für Doping verantwortlich zu machen, nicht nur für die Bundesrepublik dramatisch zu kurz greift. „Mutig“ (ihr Attribut für Beyer) waren nach 1990 andere frühere DDR-Sportler (einige auch schon vorher, als Beyer als IM wirkte), was hier einigermaßen verwischt wird. Welcher Fron DDR-Athleten sich unterworfen haben, hat auch nie jemand bestritten. Das Problem beginnt übrigens schon beim Vokabular: Die DDR war ebenso wenig wie die Bundesrepublik ein „Land“ – der Begriff, der eher Heimat / Wärme suggeriert; sie war ein Staat.

    Michael Reinsch hat, was sich da zeigt, wohl nach Ansicht des Films erfasst, schon im anderen Thread verlinkt, und bestimmt zutreffend. Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht irgendeine Zeitschleife gibt, eine Art geheimen Algorhythmus der historischen Aufarbeitung ;), in der alle Debatten auf Niveau Null neu beginnen müssen? Dann erleben wir das gerade und der Takt hieße: zwanzig Jahre.

  32. Als ich Kommissionsmitglied gegen Ende 2010 wurde, habe ich noch nicht einmal ein offizielles Schreiben der Universität Freiburg erhalten sondern nur meinen Namen auf der Homepage der Uni gefunden. Erst recht nicht wurde mir der Auftrag der Kommission mitgeteilt; ich wusste nur durch Gespräche mit Kommissionsmitgliedern, dass nur die Abteilung Sportmedizin (1973 – 2007) evaluiert werden sollte, dies obwohl vor allem Klümper (Radiologie, dann sporttraumatologische Spezialambulanz) das Gesicht der Freiburger Sportmedizin für die Öffentlichkeit war.
    Und zur Frage, was die Kommission getrieben hat: Mehrere Gutachten sind fertig. Es fehlt vor allem noch das historische Gutachten, erst nach dessen Fertigstellung kann Letizia Paoli das Gesamtgutachten erstellen. Die Fertigstellung des historischen Gutachtens (wird ca. 300 Seiten umfassen) leidet darunter, dass erst Ende September 2012 die Keulakten (zweieinhalb Regalmeter) zur Verfügung standen (bei gleichzeitiger Terminsetzung durch das Rektorat für den Abschluss der Kommissionsarbeit auf Ende Januar 2013). Wer etwas von Archivarbeit versteht, kann den Arbeitsaufwand einschätzen, zumal die dort aufgefundenen Dokumente mit jenen aus anderen Archiven zusammengeführt und analysiert werden müssen, das Ganze unter wissenschaftlichem Anspruch. Dass dies alles nicht bis Ende Januar zu leisten war, müsste dem Rektorat klar gewesen sein. Für mich bleibt die Hauptfrage: Warum wurden die Keulakten erst so so spät zur Verfügung gestellt und dürfen die Kommissionsmitglieder auch noch etwas anderes machen als nur für die Universität Freiburg zu arbeiten? Honni soit qui mal y pense …

  33. P.S.: Entweder der Klinikumschef der Uni Freiburg, Siewert, oder der SWR Freiburg haben Letizia Paoli als geldgierige Professorin, die nichts liefert, in übelster Weise verleumdet – wer was wie gesagt/geschrieben hat, sollten die mal unter sich ausmachen. Aufgabe des REktorats der Uni Freiburg wäre schon längst gewesen, die Falschmeldung des SWR öffentlich richtig zu stellen.

  34. Pingback: Dopingsystem am Universitätsklinikum Freiburg: Stellungnahmen zum Arbeitsauftrag der Gutachterkommission : sport and politics

  35. Zur Unaufrichtigkeit kommt auch noch die Feigheit. Passt aber. Der Kelch sollte vorbeigehen. Wird er aber nicht.
    Wer nicht in unterschiedlichen moralisch-politischen Kategorien denkt und fühlt, dem wird das sicher auffallen.

    Zudem habe es auch mit Steuergeldern unterstützte Forschungen mit 15 Versuchspersonen zur Wirkung von Insulin und Wachstumshormonen gegeben. Das BISp äußerte sich auf dpa-Anfrage zunächst nicht zu dem Medienbericht. Das Institut ist dem Bundesinnenministerium (BMI) nachgeordnet. Das BMI war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

    http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1477226

  36. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (81): systemisches Doping in der BRD, die Akte VF-1220/13/72 #Mainpost : sport and politics

  37. http://www1.wdr.de/fernsehen/information/sport_inside/sendungen/freiburg206.html

    Diesen Threat können wir nun auch schließen. Hat aber auch lange genug gedauert, dieses Lehrstück an politischer, sportpolitischer und sportmedizinischer Posse oder einfach gesagt an Dummenverkauf abzuschließen. Letitzia, lass dir deine letzten Euro auszahlen, wofür auch immer, und bewahre die Erinnerung am dopingfreien bundesdeutschen Sport. Fazit: Traue keinem System, dass ehrliche Untersuchungen ankündigt.

  38. Im Gegensatz zur DDR, lieber Herbert, werden solche Themen öffentlich verhandelt (ohne dass ein Überbringer der Nachricht dafür in den Knast müsste) und sogar von Journalisten recherchiert, mit denen Sie sich hier ordentlich gefetzt haben, wie Grit Hartmann.

    Einige Erfolge der Kommissionsarbeit sehe ich schon.

    Weitere Entwicklungen u.a. hier: http://www.evaluierungskommission-paoli.be

    Es ist ja auch kein Zufall, dass der Sekretär der Kommission in dem von Ihnen verlinkten Beitrag auftaucht.

  39. Irrtum ist in einer Demokratie auch möglich, isn´t ? Find ich ja gut, dass es jetzt nach Einigung zwischen der Uni und der Kommission weitergeht. Bericht im Herbst, angeblich brisante Unterlagen gesichtet. Schön, und dann kann man mal abwägen. Bleibe jedoch trotzdem skeptisch.
    JW, die Regimeunterschiede sind offensichtlich. Aber der Umgang mit der Wahrheit fällt jedem schwer, da das Interesse stets vor der Wahrheit kommt.
    Ansonsten kann sich ja auch schon mal ein „Recherchejournalist“ verrecherchieren. Beispiele gibt´s auch hier nachzulesen.

  40. Pingback: Freiburger Sportmedizin: “systematische Manipulationen im Radsport und Fußball” • sport and politics

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