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Das Olympische Bildungsmagazin

Was vom Tage übrig bleibt (91): FIFA, Interpol, European Games, Patrick Hickey und die Verantwortungslosigkeit des Sports

KÖLN. Moin, moin. Flink einen neuen Eintrag erstellt, um den Irrsinn des Tages zu protokollieren. Heute werden die European Games in Baku eröffnet, wo sich der DOSB und ein halbes Hundert weitere europäische NOK vom schwer-korrupten Despoten Ílham Alijew aushalten lässt.

Würde ja gern wissen, ob der Baku-Propagandasender Sport1 tatsächlich, wie andere TV-Anstalten, nichts bezahlt hat für die Übertragungsrechte und stattdessen auf den Deal eingegangen ist, Werbeclips zu senden – so als sei die milliardenschwere bizarre Veranstaltung nicht ohnehin schon ein einziger Werbeclip des Alijew-Clans.

Habe mehrfach gefragt.

Keine Antwort.

Bei einem Medientag von DOSB und Sport1 vor einigen Wochen war es wieder die Diktatur-affine Fechterin Britta Heidemann, im vergangenen Jahr noch alberne TV-Praktikantin der ARD bei der Fußball-WM, die die richtigen Worte finden sollte, um die Schande Baku zu entschuldigen. Heidemann, schon verbissene Verteidigerin von Peking 2008, hat Erfahrung darin. Andere Sportler sollen lieber schweigen, so sehen es die in diesem Punkt gestrengen Regeln des EOC (und damit auch des DOSB) vor.

The infringement of these Guidelines can cause the withdrawal of the accreditation.“

EOC guidelines for athletes at the European Games

Darüber, ob und was Sportler sagen dürfen wollen sollen können und gesagt und geäußert gewollt haben können, wurde oft debattiert.

Derlei Guidelines gibt es ja bei allen Großveranstaltungen. Erinnern wir uns an Sotschi, wo Athleten nicht einmal Trauerflor gestattet war. Dafür sorgte der gestrenge Herr IOC-Bach, der das hinterher aber natürlich anders darstellte und später in Norwegen um Versöhnung bemüht war.

Eigentlich müssten die Sportler in Baku in Ganzkörper-Trauerflor antreten.

Thomas Bach vom IOC wird heute natürlich neben dem aserbaidschanischen NOK-Präsidenten (sic!) Ílham Alijew, dessen nicht minder kleptomanischer Gattin Mehriban, seinem Freund Hickey, dieser finsteren Figur, Scheich Ahmad und anderen Gefährten in der Ehrenloge sitzen. Vor ein paar Tagen in Lausanne hat Herr Bach übrigens verkündet, dass es bei künftigen Olympischen Spielen, ab Rio 2016, ausgewiesene Trauerzonen im Olympischen Dorf geben soll und auch bei den Zeremonien (Eröffnungsfeier) protokollarisch korrekte Programmpunkte eingeführt werden sollen.

Ich habe gestern – und auch sonst mehrfach, unter anderem in „Macht, Moneten, Marionetten“ – die Recherchen des Organized Crime and Corruption Reporting Projects gepriesen, für das auch die inhaftierte Kadhija Ismailowa arbeitet. Bitte dort unbedingt vorbei schauen.

Apropos Hickey.

Bach hat ihn im IOC zum Sondergesandten ernannt: Delegate Member for the Autonomy of Sport.

Autonomie des Sports. Ausgerechnet er. Remember?

Es geht bald weiter in diesem Theater.

* * *

Diese Branche braucht mehr Aufklärung und eine kontinuierliche analytische Berichterstattung, Begleitung vor Ort, diese Branche braucht Recherche, Dechriffierung von Propaganda – und Du und Sie können dazu beitragen, aktiv werden, Leute, nicht nur passiv konsumieren, Journalismus kostet Geld:

  • Das FIFA-Ebook wird Top, das sage ich ziemlich überzeugt. Es wird ein feiner Führer durch den FIFA-Sumpf, wie es ihn so noch nicht gegeben hat. Es hat sich einiges getan, auch bei meinen Recherchen. Stay tuned. Auf ein paar Tage mehr kommt es jetzt nicht mehr an. Vielleicht werde ich es sogar umbenennen oder biete verschiedene Cover und Titel an.

2022

Die erste Version wird es in wenigen Wochen geben, hoffentlich mit Knalleffekt. Danach folgt jeden Monat eine Aktualisierung und Erweiterung bis nach der Wahl des neuen FIFA-Präsidenten im Dezember.

Kaufen, auch im Bundle mit dem IOC-Ebook „Macht, Moneten, Marionetten“, ggf auch Anzeigen buchen oder das Special für Vorträge und Seminare wahrnehmen.

Nur so lässt sich diese Berichterstattung weiter betreiben – sehr gern auch live wie so oft in den vergangenen Wochen, nicht nur gestern aus Lausanne.

Nach der Buchung bitte schnell in die Wahlkabine und über den neuen FIFA-Präsidenten entscheiden!

* * *

11.07 Uhr: Was sonst noch passierte.

Scheichens haben mal wieder keine Lust, sich von blöden Journalisten beobachten und fotografieren zu lassen. Da geht es ihnen wie den Chinesen.

Heute durfte das in Baku der Kollege Mark Bisson erfahren:

Und später noch einmal:

11.25 Uhr: Huch. Interpol ist gerade eingefallen (nach vier Jahren), dass es vielleicht doch keine so gute Idee war, sich vor den Propaganda-Karren der FIFA spannen zu lassen.

Schön, dass Graham Dunbar daran erinnert, wer im Mai 2011 in Zürich was mit dem damaligen Interpol-Generalsekretär Ron Noble beredet hatte:

Lustig, wie das an jenem Tage weiterging:

Ich fuhr direkt von der FIFA-Interpol-Pressekonferenz im Home of FIFA in die Stadt und traf mich mit einem Informanten. Der war überrascht über den Millionendeal mit der Polizeibehörde und rief gleich seinen Kumpel Mohamed Bin Hammam an, der soeben in Port of Spain gelandet war, wo er kurz darauf Geldbündel verteilen ließ, was sein FIFA-Ende einleitete … jedenfalls: Bin Hammam war empört und sagte, Blatter habe diese Interpol-Nummer und die Millionenzahlung nie mit dem Exekutivkomitee abgesprochen.

Irre, oder?

Damals durfte ich noch in einem Radiosender publizieren, bevor ich einige Monate später einer Qualitätsdefensive dieses Deutschlandfunksenders zum Opfer fiel.

Das war mein Beitrag, live am Abend aus Zürich: : 11.36 Uhr: Auch hübsch.

13.22 Uhr: Ach Jack.

14 Gedanken zu „Was vom Tage übrig bleibt (91): FIFA, Interpol, European Games, Patrick Hickey und die Verantwortungslosigkeit des Sports“

  1. Pingback: [sport and politics] Was vom Tage übrig bleibt (12. Juni 2015): FIFA, European Games, Patrick Hickey und die Verantwortungslosigkeit des Sports - #Sport | netzlesen.de

  2. Philip Hersh für die Chicago Tribune: Boston Mayor’s stance could effectively end 2024 Olympic bid

    WBZ-TV and radio analyst Jon Keller plugged a Thursday report on the bid by tweeting that Mayor Walsh told him, „I won’t be signing any document that will have the City of Boston responsible for any overruns.“

    The document in question is the host city contract between the International Olympic Committee and a city chosen as Olympic host.

    Jon Keller: Mayor Walsh tells WBZ re: Olympic bid:“ I won’t be signing any document that will have the City of Boston responsible for any overruns.“

  3. Gerade läuft/lief wohl die Eröffnungsfeier der European Games — und Pat Hickey hat sich die Gelegenheit natürlich nicht nehmen lassen…

  4. Zur Eröffnung sang Lady Gaga „Imagine“. Ausgerechnet sie, die sich sonst so für Menschen (Homosexuellen)-rechte engagiert.

  5. Das Leben ist schon ungerecht — da sperrt man mal eine einzige kriminelle Journalistin ein, und schon geraten die 49.999 Journalisten, die man *nicht* eingesperrt hat, völlig aus dem (westlichen) Blick. Beklagt (zurecht!) ein Berater von Präsident Alijew:

    There are 50,000 reporters like Khadija in Azerbaijan. Of those 50,000, we jailed one of them. So the other 49,999 are still going to write what they see and observe and what they feel like

    Die Pressefreiheit kann also schon rein mathematisch nicht ernsthaft gefährdet sein!

    Nachzulesen im Buzzfeed-Bericht zur EG-Eröffnung

  6. @Andreas Wieso der „worst case“? Er hat nun mal die Unterstützung von Afrika und Asien, und wer das dann nicht einsieht, ist ein Rassist. Und Demagoge außerdem.

  7. Pingback: Der Präsi im Läppischen, die Schwarze Tulpe und Bier - die Wochenvorschau vom 15.6. bis 21.6. | Männer unter sich

  8. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (15. Juni 2015): Baku, OCCRP, CSM, Lord Coe, Nobel Peace Centre, Scheich Ahmad, FIFA • sport and politics

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