KÖLN. Moin, moin. Flink einen neuen Eintrag erstellt, um den Irrsinn des Tages zu protokollieren. Heute werden die European Games in Baku eröffnet, wo sich der DOSB und ein halbes Hundert weitere europäische NOK vom schwer-korrupten Despoten Ílham Alijew aushalten lässt.
Würde ja gern wissen, ob der Baku-Propagandasender Sport1 tatsächlich, wie andere TV-Anstalten, nichts bezahlt hat für die Übertragungsrechte und stattdessen auf den Deal eingegangen ist, Werbeclips zu senden – so als sei die milliardenschwere bizarre Veranstaltung nicht ohnehin schon ein einziger Werbeclip des Alijew-Clans.
Habe mehrfach gefragt.
Was hat @sport1 für die Propaganda-Rechte an den European Games #Baku2015 bezahlt? Oder umsonst bekommen + muss dafür Alijew-Werbung machen?
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 10, 2015
Keine Antwort.
Bei einem Medientag von DOSB und Sport1 vor einigen Wochen war es wieder die Diktatur-affine Fechterin Britta Heidemann, im vergangenen Jahr noch alberne TV-Praktikantin der ARD bei der Fußball-WM, die die richtigen Worte finden sollte, um die Schande Baku zu entschuldigen. Heidemann, schon verbissene Verteidigerin von Peking 2008, hat Erfahrung darin. Andere Sportler sollen lieber schweigen, so sehen es die in diesem Punkt gestrengen Regeln des EOC (und damit auch des DOSB) vor.
The infringement of these Guidelines can cause the withdrawal of the accreditation.“
Darüber, ob und was Sportler sagen dürfen wollen sollen können und gesagt und geäußert gewollt haben können, wurde oft debattiert.
Derlei Guidelines gibt es ja bei allen Großveranstaltungen. Erinnern wir uns an Sotschi, wo Athleten nicht einmal Trauerflor gestattet war. Dafür sorgte der gestrenge Herr IOC-Bach, der das hinterher aber natürlich anders darstellte und später in Norwegen um Versöhnung bemüht war.
Eigentlich müssten die Sportler in Baku in Ganzkörper-Trauerflor antreten.
Thomas Bach vom IOC wird heute natürlich neben dem aserbaidschanischen NOK-Präsidenten (sic!) Ílham Alijew, dessen nicht minder kleptomanischer Gattin Mehriban, seinem Freund Hickey, dieser finsteren Figur, Scheich Ahmad und anderen Gefährten in der Ehrenloge sitzen. Vor ein paar Tagen in Lausanne hat Herr Bach übrigens verkündet, dass es bei künftigen Olympischen Spielen, ab Rio 2016, ausgewiesene Trauerzonen im Olympischen Dorf geben soll und auch bei den Zeremonien (Eröffnungsfeier) protokollarisch korrekte Programmpunkte eingeführt werden sollen.
Ich habe gestern – und auch sonst mehrfach, unter anderem in „Macht, Moneten, Marionetten“ – die Recherchen des Organized Crime and Corruption Reporting Projects gepriesen, für das auch die inhaftierte Kadhija Ismailowa arbeitet. Bitte dort unbedingt vorbei schauen.
Apropos Hickey.
Bach hat ihn im IOC zum Sondergesandten ernannt: Delegate Member for the Autonomy of Sport.
Autonomie des Sports. Ausgerechnet er. Remember?
Es geht bald weiter in diesem Theater.
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Diese Branche braucht mehr Aufklärung und eine kontinuierliche analytische Berichterstattung, Begleitung vor Ort, diese Branche braucht Recherche, Dechriffierung von Propaganda – und Du und Sie können dazu beitragen, aktiv werden, Leute, nicht nur passiv konsumieren, Journalismus kostet Geld:
- Das FIFA-Ebook wird Top, das sage ich ziemlich überzeugt. Es wird ein feiner Führer durch den FIFA-Sumpf, wie es ihn so noch nicht gegeben hat. Es hat sich einiges getan, auch bei meinen Recherchen. Stay tuned. Auf ein paar Tage mehr kommt es jetzt nicht mehr an. Vielleicht werde ich es sogar umbenennen oder biete verschiedene Cover und Titel an.
Die erste Version wird es in wenigen Wochen geben, hoffentlich mit Knalleffekt. Danach folgt jeden Monat eine Aktualisierung und Erweiterung bis nach der Wahl des neuen FIFA-Präsidenten im Dezember.
Nur so lässt sich diese Berichterstattung weiter betreiben – sehr gern auch live wie so oft in den vergangenen Wochen, nicht nur gestern aus Lausanne.
Nach der Buchung bitte schnell in die Wahlkabine und über den neuen FIFA-Präsidenten entscheiden!
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11.07 Uhr: Was sonst noch passierte.
Scheichens haben mal wieder keine Lust, sich von blöden Journalisten beobachten und fotografieren zu lassen. Da geht es ihnen wie den Chinesen.
Heute durfte das in Baku der Kollege Mark Bisson erfahren:
Burly Sheikh Ahmad bodyguard stops me from taking photos of Kuwaiti #FIFA official & IOC member. He’s in Baku for #EuropeanGames opening — Mark Bisson (@MBisson_ATR) June 12, 2015
Und später noch einmal:
Bizarre Azeri police manoeuvre – forced me to delete photo of media village security checkpoint/ buildings b4 I went through! #EuropeanGames
— Mark Bisson (@MBisson_ATR) June 12, 2015
11.25 Uhr: Huch. Interpol ist gerade eingefallen (nach vier Jahren), dass es vielleicht doch keine so gute Idee war, sich vor den Propaganda-Karren der FIFA spannen zu lassen.
Interpol suspends $22M match-fixing project with FIFA during soccer body’s corruption crisis: Interpol has sus… http://t.co/M58YZOJavf — SpringBreak365.com (@Xaije) June 12, 2015
Schön, dass Graham Dunbar daran erinnert, wer im Mai 2011 in Zürich was mit dem damaligen Interpol-Generalsekretär Ron Noble beredet hatte:
Recall FIFA-Interpol press conf. in May 2011, @jensweinreich asking why Interpol let itself be used for a Blatter election campaign event
— Graham Dunbar (@gdunbarap) June 12, 2015
Lustig, wie das an jenem Tage weiterging:
Ich fuhr direkt von der FIFA-Interpol-Pressekonferenz im Home of FIFA in die Stadt und traf mich mit einem Informanten. Der war überrascht über den Millionendeal mit der Polizeibehörde und rief gleich seinen Kumpel Mohamed Bin Hammam an, der soeben in Port of Spain gelandet war, wo er kurz darauf Geldbündel verteilen ließ, was sein FIFA-Ende einleitete … jedenfalls: Bin Hammam war empört und sagte, Blatter habe diese Interpol-Nummer und die Millionenzahlung nie mit dem Exekutivkomitee abgesprochen.
Irre, oder?
Damals durfte ich noch in einem Radiosender publizieren, bevor ich einige Monate später einer Qualitätsdefensive dieses Deutschlandfunksenders zum Opfer fiel.
Das war mein Beitrag, live am Abend aus Zürich: : 11.36 Uhr: Auch hübsch.
Hours before Interpol pushed FIFA away, the Vatican froze a funding deal with CONMEBOL for a Pope Francis charity http://t.co/kGtx28PJZs — Graham Dunbar (@gdunbarap) June 12, 2015
13.22 Uhr: Ach Jack.
Shamed former FIFA Vice President Jack Warner hands his passport over to Trinidadian police http://t.co/xBSz0LwYMV pic.twitter.com/p7al9vJOcL
— MailOnline Sport (@MailSport) June 12, 2015
Pingback: [sport and politics] Was vom Tage übrig bleibt (12. Juni 2015): FIFA, European Games, Patrick Hickey und die Verantwortungslosigkeit des Sports - #Sport | netzlesen.de
… bei N-OST / ostpol eine Stimme aus Aserbaidschan zu den Games: http://ostpol.de/beitrag/4321-der_preis_der_spiele
INTERPOL: INTERPOL suspends agreement with FIFA
Philip Hersh für die Chicago Tribune: Boston Mayor’s stance could effectively end 2024 Olympic bid
Jon Keller: Mayor Walsh tells WBZ re: Olympic bid:“ I won’t be signing any document that will have the City of Boston responsible for any overruns.“
Der Zürcher Tagesanzeiger hat einen guten Artikel über die Finanzierung des Länderspiels zwischen Brasilien und Argentinien kurz vor der WM-Vergabe in Doha und über die Sportrechteagentur Kentaro.
Tagesanzeiger: Das Ende eines Schweizer Fussballtraums
Gerade läuft/lief wohl die Eröffnungsfeier der European Games — und Pat Hickey hat sich die Gelegenheit natürlich nicht nehmen lassen…
TIL: Es gibt ein EOC. Seit 1968. Schau an.
Zur Eröffnung sang Lady Gaga „Imagine“. Ausgerechnet sie, die sich sonst so für Menschen (Homosexuellen)-rechte engagiert.
Das Leben ist schon ungerecht — da sperrt man mal eine einzige kriminelle Journalistin ein, und schon geraten die 49.999 Journalisten, die man *nicht* eingesperrt hat, völlig aus dem (westlichen) Blick. Beklagt (zurecht!) ein Berater von Präsident Alijew:
Die Pressefreiheit kann also schon rein mathematisch nicht ernsthaft gefährdet sein!
Nachzulesen im Buzzfeed-Bericht zur EG-Eröffnung
SPON hat einen Artikel zu Sepp online, angeblich denkt er über einen Rücktritt vom Rücktritt nach. Verbände aus Afrika und Asien würden Ihn dazu auffordern.
http://m.spiegel.de/sport/fussball/a-1038719.html
SPON beruft sich auf einen Artikel in der „Schweiz am Sonntag“
http://www.schweizamsonntag.ch/ressort/nachrichten/sepp_blatter_soll_praesident_der_fifa_bleiben/
Das wäre nun wirklich der worst case
@Andreas Wieso der „worst case“? Er hat nun mal die Unterstützung von Afrika und Asien, und wer das dann nicht einsieht, ist ein Rassist. Und Demagoge außerdem.
Dann bin ich gerne Demagoge und Rassist ;) Jetzt fehlt nur noch die Nazikeule…. :D
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