Ich habe ein paar Emails bekommen, in denen ich gefragt werde, wie ich das denn gemeint habe, mit den Dopingproben, die seit mindestens sieben Wochen (einige seit mehr als zehn Wochen, wenn ich die Olympic Period berechne) in Peking lagern und jetzt doch irgendwie-irgendwo-irgendwann nach Lausanne geschafft werden sollen. (Laut IOC-Boss Rogge sind sie bereits da. Aber wer weiß, wer glaubt das schon.) Alles nur, weil ich heute morgen gefragt habe, ob man den Chinesen trauen kann.
Natürlich kommt es mir spanisch chinesisch vor, wenn IOC-Vertreter wie Medizindirektor Schamasch erst lügen behaupten, das Zeug würde in Windeseile ausgeflogen. Die Proben sind wunderbares sportpolitisches Druckmittel in der Hand der falschen Leute. Zumal in dieser Situation mit all den Versäumnissen, und propagandistischen Manövern. Es fehlt halt an Transparenz.
So lief das schon immer im olympischen Sport, was ich gleich an einigen Beispielen zeigen werde. Sage nur niemand, es handele sich um olle Kamellen, nur weil die Geschichten aus den 1980er Jahren sind. Einige Personen, die erwähnt werden, sind noch in Amt und Würden. Und: So wie die Ostdeutschen, deren Chef-Doping-Spitzel Manfred Höppner alias „IM Technik“ das alles für die Stasi notiert hat, haben das auch andere gemacht.
Also, ein paar Beispiele aus dem reichen Fundus des IM Technik.
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Beispiel 1 – Turn-WM in Moskau: Ein DDR-Turner wird erwischt. Die Russen melden es dem Turn-Weltverband FIG, deren Präsident passender Weise der Russe Juri Titow war, allerdings nicht. Der sowjetische Sportchef Marat Gramow klärt das mit dem DDR-Sportchef Manfred Ewald unter vier Augen – und schon haben die Russen die ostdeutschen Waffenbrüder „in der Hand“, wie der IM notiert.
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Beispiel 2 – Gewichtheberturnier in Meißen: Wie so oft (meistens) bei Großereignissen in der DDR/im Ostblock wurde vorher geklärt, was mit den Proben passiert. Mehr muss ich dazu nicht sagen, das Dokument erklärt sich selbst.
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Beispiel 3 – WM im Gewichtheben: Hier geht es um die WM 1979 in Saloniki. Aus vier positiven Proben wurden null positive Proben. Verantwortlich laut IM Technik, der auch den medizinischen Kommissionen von Weltverbänden (Leichtathletik, Gewichtheben) angehörte, war Tamas Ajan, damals GeneralÂsekretär der International Weightlifting Federation (IWF). Der Ungar Ajan ist seit dem Jahr 2000 IWF-Präsident und längst auch IOC-Mitglied.
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Beispiel 4 – Gewichtheberturnier in Meißen: Auch diesmal war beim „Pokal der blauen Schwerter“ im Einflussbereich des heutigen IOC-Mitglieds alles gerichtet.
Der dumme Zwischenfall mit dem kanadischen Zoll, der in dem Stasi-Bericht erwähnt wird, betraf übrigens den zweimaligen Olympiasieger Alexander Kurlowitsch aus Weißrussland, den Mehrfach-Doper – heute Mitglied des technischen Komitees der IWF. Kurlowitsch antwortete damals auf die Frage der Zöllner, warum er einen Koffer Anabolika mit sich schleppe: „Anabolika, was ist das?“ Das mächtige Lockenköpfchen sagte: „Das sind Haarwuchsmittel.“ Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
So lief das im Weltsport. So läuft das in Teilen immer noch. Warum sollte ich also den Chinesen trauen? Und dem IOC, das die Dopingproben rund zwei Monate in Peking lässt, obwohl anderes gelogen behauptet wurde?
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Quellennachweis: Die Dokumente habe ich aus dem Recherchebericht „MfS und Leistungssport“ der BStU von 1994 entnommen.
… „ein Essen durchführen“! Großartig. Diese Beamtensprache kann amn nicht erfinden!
Vom Umgang mit Dopingproben in der wiedervereinigten BRD – Die beiden deutschen, von der WADA akkreditierten, Dopinglabore in Köln und in Kreischa: was ist ihre Rolle? In wie weit kann man Ihnen trauen? Was wissen eigentlich Herr Schänzer, der ja immerhin auch Mitglied des ehrenwerten Arbeitskreis Dopingfreier Sport siehe war und Herr Professor Müller?
Ich find den Satz viel besser:
„Die erneute Erringung des 2. Platzes [natürlich hinter der SU] ist nach realer Einschätzung nicht möglich und es wäre nicht zu verantworten, einen Politbüro-Beschluß nicht zu realisieren“.
Stern: Die dunkle Seite von Oberhof, Teil 1, Teil 2
taz: Athleten verteidigen Ex-DDR-Dopingtrainer – Täter wird Opfer
Ralf, ich bin nicht immer damit einverstanden, wo Du Deine Fundstücke präsentierst :) Also, manchmal lässt sich über den Blogeintrag streiten. Aber hier, dieses Beispiel: wunderbar. Da passt es hin!
Ich war gerade in diesem Fall eher skeptisch, aber ok! Du darfst übrigens meine Einträge gerne verschieben, falls sie Dir an anderer Stelle vielleicht mal besser gefallen. Du hast sicher den besseren Überblick über alle Deine Blogeinträge!
Interessant finde ich übrigens den Mörder-Vergleich. Daß der eine 25 Jahre im Knast gesessen hat, während der andere seit 20 Jahren jegliche Verwicklung ableugnet, scheint wohl keine Rolle zu spielen…
FAZ-Kommentar: Versagt
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MZ: Ausstellung zu Sport in der DDR vorzeitig abgebrochen
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CP: Rebagliati’s book says drug test an attempt to keep snowboarding out of Games
Straits Times: Bodybuilder ‚bribed‘ officials
cn: Suspect samples destroyed in Guatemala
Vorgeschichte zum „Kriminalfall“ in Guatemala:
velonation.com: Questionable positive of Vuelta a Guatemala winner
dpa: Doping-Proben: Staatsanwalt ermittelt
dpa: NADA plädiert für unabhängige Kontroll-Instanz
Was ist genau der Unterschied zwischen „PWC“ und „Serco Control“? Wieso ist „PWC“ unabhängig (und Serco Control nicht?)?
Heute bei sport inside: „Feine Kontrolleure“
@Ralf
das liegt doch auf der Hand: die PWC ist unabhängig, weil sie sich selbst so nennt:
Aber es hat ja auch niemand behauptet, dass die Serco Control nicht unabhängig ist. ;-) — Die PWC ist einfach der (Exklusiv-)Partner von NADA/WADA. Das NADA-Statement kann also nur auf das (möglicherweise schludrige) selbständige Auswählen des Partners abzielen. Hier hat die PWC ja immerhin einige Referenzen aufzuweisen, während ich für die Serco Control noch nicht mal eine Homepage finden konnte… ^^ — möglicherweise wollte der DHB hier einfach Geld sparen und hat sich dann schlicht für das billigste Angebot entschieden?
Meines Erachtens unterstreicht der Fall vor allem zwei Dinge:
1. sollte endlich jeder Sportler bei der WADA sein DNA-Profil hinterlegen müssen und die abgegebenen Proben, wenn schon nicht routinemäßig, dann wenigstens stichprobenhaft damit abgeglichen werden. Von der Möglichkeit der Zuordnung von herrenlosen Blutbeuteln mal ganz zu schweigen.
2. hätte in diesem Fall aber auch schon ein klein wenig Transparenz geholfen: die kontrollierenden Organe (WADA/NADA/Verbände, je nachdem) müssten einfach nur veröffentlichen, wer wann kontrolliert wurde. Ggf. könnte man die Sportler auch noch persönlich anschreiben, also quasi eine Art Handshake-Protokoll im Nachgang der Kontrolle implementieren. Dann würden solche Geisterkontrollen sofort auffliegen.
P.S: Gruß an die dpa: PWC steht — wenn man der PWC glauben darf — wohl eher nicht für „Physical Work Control“, sondern für „Professional Worldwide Controls“ ;-)
PWC steht/stand zunächst einmal für die Firmengründer Helmut Pabst und Klaus Wengoborski.
Erik Eggers für das ZDF: Skandal um Dopingkontrolleure weitet sich aus
Die Kontrolleure der Kontrolleure würden das System evtl. stabiler, jedoch nicht 100% sicher machen. Es wäre klüger, das Kontrollsystem nicht als das non plus ultra und den Sportler als den einzig potentiellen Regelbrecher im System zu betrachten.
Zum Glück kamen diesmal keine Sportler ungerechtfertigt zu Schaden.
Wenn aber schon über Schwächen des Kontrollsystems nachgedacht wird, dann sollte man auch über Möglichkeiten nachdenken, fragwürdige Testergebnisse im nachhinein noch einmal zu überprüfen. Ähnliche, wie nach dem kalten Krieg bekannt gewordene Mauscheleien mit positiven Testergebnissen durch hohe Sportfunkionäre sind doch heute ebenso wiederholbar.
Indizien, dass Testergebnisse zumindest fragwürdig erschienen und vor allem von den betroffenen Sportlern angezweifelt worden sind, gab es ja schon genügend. Den meist von den kontrollierten Sportlern selbst geäußerten Zweifeln an ihren Testergebnissen, ist nie nachgegangen wurden. Das Kontrollsystem war bislang immer über alle Zweifel erhaben.
Warum wollen die Sportverbände nach wie vor Dopingkontrollen selbst organisieren, auch der Handballverband, trotz dieser Vorfälle? Alle Kontrollen müssen in eine Hand (NADA, WADA) und – wenn auch aufwändig – SportlerInnen müssen auch über Negativergebnisse informiert werden. Warum durfte die französische Agentur nicht bei der Tour de France kontrollieren, warum wollen Verbände wie die UCI die Oberhohheit über die Kontrollen behalten? Da kann sich jeder seinen Teil selbst denken!
Was für eine ex-post-intelligente Buchhaltung es doch gibt… (#24)
dpa: DHB-Vize übt scharfe Kritik an NADA-Chef Baumert
Der DHB prangert tatsächlich „die krude Geschäftspolitik der NADA-Führung“ an? Da schau her! Wirft da jemand mit Steinen? Aber das Glashaus des DHB liegt womöglich eh noch in Scherben, da muss da keine falsche Rücksicht genommen werden — andernfalls müsste man jetzt ja glatt nochmal nachfragen, wie genau damals die WM „nach Hause“ geholt wurde…
Da fällt mir ein: Was macht eigentlich der Pharao? Lange nichts gehört von ihm — bezahlt er seine Spesen immer noch™ selber? Und hat er seine absolutistischen Reformvorstellungen mittlerweile eigentlich umsetzen können?
DER SPIEGEL: Rotwein im Kofferraum
Sandra Schmidt für den DLF: Doping, Schikane und Vertuschung – Der ungeklärte Fall des DDR-Turners Ralf-Peter Hemmann
Daily Mail: Special investigation: Drugs, bribery and the cover-up! Russian athletes – including those who robbed Brits of medals – ‚ordered to dope by coaches‘ and officials ‚demanded cash to mask positive tests‘
Johannes Aumüller und Thomas Kistner in der SZ: Kontrolleure sollen selbst manipuliert haben
Die Legende vom bösen Stanozolol-Einschmuggler Donike wurde gleich nach Seoul von Johnson-Trainer Charlie Francis in die Welt gesetzt.
Donike konnte sie schnell widerlegen – das findet sich im auch Dubin-Report von 1990: Er wies nämlich nach, dass die Johnson-Probe nicht mit einmaliger Einnahme von Stanozolol kosistent war, sondern mit Langzeiteinnahme.
Dass Donike zwei Herren diente, ist aus anderen Zusammenhängen bekannt. Im Fall Johnson ist es Unsinn.
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Nick Butler für insidethegames.biz: Former IAAF vice-president claims positive drugs tests „capped“ at 12 during Los Angeles 1984