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Das Olympische Bildungsmagazin

Wellnessprogramm für die Sportfamilie

Im Mandara Spa des Hotel Atlantis, Paradise Island, Nassau, Bahamas, lässt sich gewiss angenehm relaxen. Dort tagte gerade die Fifa-Familie und war schwer beschäftigt.

Screenshot Webseite Hotel Atlantis

Der Sportkamerad Blatter, Joseph, jedenfalls flötete nach dem Wellness-Aufenthalt:

Ich kann nach diesem Kongress sagen, dass ich ein sehr glücklicher Präsident bin. In der weltweiten Fussballfamilie herrscht Eintracht darüber, wie wir unsere Botschaft übermitteln wollen. Wir haben eine Erklärung darüber zusammengestellt, wie die Probleme angegangen und gelöst werden sollen – denn es gibt immer eine Lösung.

Im Mandara Spa des JW Marriott Hotels in Kairo lässt sich gewiss auch angenehm relaxen.

Screenshot Website JW Marriott

Schon das „JW“ im Namen garantiert für beste Qualität.

Zumal heute für die IHF-Familie ja dieses Programm angesagt ist:

Screenshot IHF Congress 2009 -- 1st option: Pyramid + Museum; 2nd option: Spa Resort

Heute fällt die Wahl recht schwer für den Handballfunktionär…

Wegen derartiger Verpflichtungen ist es beim Wahlkongress des Handball-Weltverbandes IHF leider nicht möglich, den Herausforderer für Hassan Moustafa vorzustellen bzw. es ist dem Herausforderer Jeannot Kaiser nicht erlaubt, sich und sein Programm vorzustellen. Aber vielleicht gelingt es Jeannot Kaiser ja doch, einige Worte an das Wahlvolk zu richten, wer weiß.

Einige aktuelle Berichte und Analysen rund um den Kongress:

Ich kann leider nicht in Kairo sein, bin deshalb schon gespannt auf die Auswertung kommende Woche auf der Konferenz Play the Game in Coventry mit Christer Ahl.

Ich denke wie andere Kollegen auch, dass Hassan Moustafa in Kairo gewinnen wird. Das ist die Tendenz, Wunder sind auch und gerade in dieser Branche selten. Warum kaum mit einem Umsturz zu rechnen ist, habe ich vor einigen Tagen bereits für den Deutschlandfunk zusammengetragen:

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Die überarbeitete und verlinkte Variante des Beitrages:

***

Es gibt derzeit 33 olympische Weltverbände – in 26 Sommersportarten und sieben Wintersportarten. Misswirtschaft, Stimmenkauf, Amtsmissbrauch, Bestechung und Korruption sind aus nahezu jedem Verband bekannt. Die aktuellen Skandalnudeln im olympischen Reich heißen Handball, Fußball, Volleyball, Eishockey, Radsport, Judo, Biathlon – und natürlich das IOC. Die Liste der Verfehlungen, die sich auch mit Gerichtsakten belegen lässt, wird immer länger – und eher selten befassen sich die so genannten Ethik-Kommissionen mit derlei Vorgängen.

Über Selbstreinigungskräfte verfügt die Spezialdemokratie Sport nur bedingt. Umstürze, Revolutionen gar, gibt es eigentlich nie. In der Regel werden die Verbände über viele Jahre von denselben Personen und Zirkeln regiert.

Eines der prominentesten Beispiele ist der Fußball-Weltverband Fifa, wo der Brasilianer Joao Havelange von 1974 bis 1998 als Präsident amtierte, dann von seinem langjährigen Generalsekretär Joseph Blatter beerbt wurde. Die Fifa-Adligen haben an vielen Kapiteln von Vetternwirtschaft und Korruption mitgeschrieben. Sie hätten, sollte Blatter tatsächlich bis mindestens 2015 amtieren, wie er es anstrebt, dann mehr als 40 Jahre die Fifa geprägt.

Im Volleyball-Weltverband FIVB gab es seit Verbandsgründung 1947 überhaupt erst drei Präsidenten. Ein Franzose amtierte 37 Jahre, danach herrschte der mexikanische Sonnenkönig Rubén Acosta 24 Jahre lang mit eiserner Hand – und kassierte einige Dutzend Millionen Dollar, weil er sich etwa Kommissionen auf FIVB-Marketingverträge zahlen ließ. Im Vergleich zu Acostas Verfehlungen ist Hassan Moustafa, Präsident des Handball-Weltverbandes IHF, geradezu ein Musterdemokrat. Dennoch fand auch im Volleyballverband kein Umsturz statt – nur ein sanfter Übergang. Acosta ist jetzt Ehrenpräsident, der Chinese Wei Jizhong sein Nachfolger.

Entscheidend für den späten und ungesühnten Abgang Acostas dürfte die so genannte stille Diplomatie des IOC-Präsidenten Jacques Rogge gewesen sein. Der Fall Acosta war als einer der wenigen von der IOC-Ethikkommission behandelt worden, was 2004 wenigstens zum Rücktritt Acostas als Ex-officio-Mitglied des IOC führte.

Doch auch Rogge, der bei seinem Amtsantritt 2001 den Kampf gegen Korruption ausgerufen hatte, war im Tagesgeschäft selten konsequent. Als eines der wenigen positiven Beispiele lässt sich seine Haltung zum Box-Weltverband AIBA nennen. Die AIBA wurde zwanzig Jahre vom korrupten Pakistani Anwar Chowdhry geführt, einem Mann aus der dubiosen sportpolitischen Abteilung, die der Sportartikelkonzern Adidas einst unterhielt. Im Boxen ließen sich Olympiasiege organisieren und kaufen. Chowdhry übertrieb dieses Spiel. Rogge ließ der AIBA Gelder sperren und drohte mit dem Olympia-Aus. Erst diese existenzielle Gefahr beförderte den Umsturz.

Ching-Kuo Wu, IOC-Mitglied aus Taiwan, wurde 2006 AIBA-Präsident. Auch er musste zwar paktieren und auf Chowdhry-Vertraute wie den Usbeken Gafour Rachimow bauen, sagt aber heute:

In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir zwei Vizepräsidenten, fünf Exekutivmitglieder und zwei Kommissionschefs suspendiert – und unseren Generalsekretär entlassen. Ich will, dass in der AIBA jeder begreift, dass er nicht für seine persönlichen Interessen, sondern allein zum Wohl der Sportler zu arbeiten hat.

C.K. Wu sagt auch: „Was wir gemacht haben, hat Einfluss auf andere Verbände. Ich weiß, dass die genau hinschauen – und vielleicht machen es uns ja welche nach.“

Die Handballer scheinen noch nicht so weit. Hassan Moustafa geht als Favorit in die Auseinandersetzung mit seinem Herausforderer Jeannot Kaiser aus Luxemburg. Zumal: Moustafa hat in Kairo Heimvorteil. Und die IOC-Regierung hat ihn noch nicht einmal verwarnt. Ganz im Gegenteil: Moustafa ist etwa mit dem IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach gut vertraut, der gerade im arabischen Raum seinen Geschäften nachgeht.

Auch dieses Beispiel zeigt übrigens: Deutsche Funktionäre stehen kaum einmal auf der Seite der Aufständischen. Die Umsturzversuche in der Fifa, als Egidius Braun 1998 Lennart Johansson unterstützte, sind die Ausnahme. Fast immer stehen deutsche Spitzenfunktionäre in unwürdiger, unterwürfiger Manier an der Seite der Mächtigen – ob einst im Boxen, im Volleyball, im Judo oder derzeit im Handball, viele Beispiele ließen sich nennen. Auch das ist eine olympische Kontinuität.

21 Gedanken zu „Wellnessprogramm für die Sportfamilie“

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  4. Es ist ein Trauerspiel:

    „Mit einer niederschmetternden wenn auch rechtlich ungültigen Niederlage für Peter Mühlematter hat am Freitag der Wahlkongress des Welthandball-Verbands IHF in Kairo begonnen. Die Kongress-Delegierten forderten den IHF-Generalsekretär wegen verbandsschädigenden Verhaltens mit 103 zu neun Stimmen zum sofortigen Rücktritt auf.“

  5. Nach der später vorgetragenen Meinung des IHF-Anwalts war dies nach dem gültigen Schweizer Vereinsrecht – die IHF hat ihren Sitz in Basel – keine Abwahl, sondern nur eine Abfrage der Kongressmeinung gewesen

    Ich würde sagen, das Schweizer Vereinsrecht muß geändert werden!

  6. Es ist vollbracht:

    „Der Ägypter Hassan Moustafa bleibt Präsident des Welthandball-Verbands IHF. Beim Wahlkongress in Kairo stimmten am Freitagnachmittag 115 Delegierte für den seit 2000 amtierenden ägyptischen Amtsinhaber. Auf seinen luxemburgischen Herausforderer Jeannot Kaiser entfielen bei zwei Enthaltungen nur 25 Stimmen.“

  7. Sorry für die vielen Einträge, aber das hier wollte ich natürlich nicht unterschlagen:

    „Als das Ergebnis bekanntgegeben wurde, brandete tosender Applaus für den Ägypter auf.“

  8. Die Cairo-Connection. Eine kleine Polemik zur Wiederwahl von Hassan Moustafa

    Mit der Wiederwahl von Hassan Moustafa als Präsident der IHF haben die
    Delegierten auf dem Wahlkongress ihre eigene Bankrotterklärung unterschrieben. Was im Vorfeld zu erwarten war, ist am Freitag Nachmittag zur bitteren Erkenntnis geworden. Der skandalumwitterte Ägypter wird für weitere vier Jahre die Geschicke des Welthandballs leiten.

    Und das nicht zuletzt durch Schützenhilfe aus Deutschland. Allerdings hat sich Ulrich Strombach, der mit seiner Arroganz als Präsidenten des mitgliederstärksten Verbandes schon oft bei seinen Kollegen auf dem internationalen Parkett unangenehm aufgefallen ist, diesmal gehörig verzettelt. Statt weitere vier Jahre an der Seite von Hassan Moustafa als Vorsitzender des Schiedsgerichtes Einfluss auf die Entscheidungen im Welthandball nehmen zu können, wurde er von den Delegierten abgewählt.

    Wer im Vorfeld an eine reelle Chance des Gegenkandidaten Jeannot Kaiser glaubte, der war entweder ein grenzenloser Optimist, oder unterschätzte einfach die Bauernschläue, mit der sich Hassan Moustafa durch die diversen Krisen der vergangenen Jahre manövrierte. Von der Staatsanwaltschaft gejagt, vom eigenen Landesverband in die Wüste geschickt und vom IOC immer wieder ermahnt – all das konnte Hassan Moustafa nichts anhaben. Von den Vorwürfen blieb an denen, die sie erhoben, meist mehr haften als an dem Schuldigen selbst.

    Zuletzt erwischte es den Generalsekretär Peter Mühlematter, der auf eigene Rechnung und ohne die entsprechende Rückendeckung im Verband zu haben, den Sturz Moustafas bei einer Ratssitzung im Januar in Zagreb anzuzetteln versuchte. Er wurde prompt abgestraft und von seinen Ratskollegen zum Rücktritt aufgefordert. Man warf ihm vor, dem Image des Handballs geschadet zu haben, was vor dem Hintergrund der eingeschlagenen Kommunikationsstrategie sogar teilweise zutreffend war. Von seinen Ratskollegen wurde ihm als Überbringer der schlechten Nachricht das Etikett des Nestbeschmutzers angeheftet und der Präsident konnte sich in Folge in einer Opferrolle sonnen, die an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen ist. Dass Mühlematter mit seinem Verhalten seinem eigentlichen Kontrahenten einen Bärendienst erwiesen hat, sieht er nicht. Realitätsverlust nennt man das wohl.

    Moustafa hat die Schwäche seiner Gegner geschickt ausgenutzt. Sein größtes Glück war wohl, dass es keine Ernst zu nehmenden Gegner gab. Kaiser hat selbst in Europa keine Lobby und ist im Gegensatz zu Moustafa bei den kleineren Handballnationen beinahe ein Unbekannter. Moustafas größte Stärke ist wohl nicht zuletzt auch die Strahlkraft seines Amtes, mit der er vor allem bei diesen kleinen Handballnationen – häufig auch mit Hilfe kleiner Gefälligkeiten – punkten kann. Diese Strategie war von Moustafa klug gewählt, denn im Handball gilt: One country – one vote. Eine Stimme aus Burkina Faso ist so viel Wert wie eine Stimme aus Spanien oder Frankreich.

    Auf dem Kongress blieben Kaiser und Mühlematter, die im Vorfeld eine wahre Medienschlacht in Gang gesetzt hatten, erstaunlich blass. Ihre offen gestellten Fragen an Hassan Moustafa waren nicht mehr als kleine Scharmützel, die den Präsidenten nicht aus der Reserve zu locken vermochten. Und der hatte seine Lakaien gut instruiert: Revisor Steib und der ehemalige Schatzmeister Roca stellten Moustafa einen Persilschein aus und zerstreuten alle Zweifel an der Korrektheit, mit der der Präsident seine Geschäfte tätigt. Roca ist ab jetzt erster Vizepräsident.

    Die ganz große Katastrophe wird wohl auch in den nächsten Jahren ausbleiben – und das ist die eigentlich Tragödie. Denn ohne eine waschechte Katastrophe, die den Handballnationen die Augen öffnet, wird eine Veränderung nicht stattfinden. Allerdings ist der Schaden, den der Handball stetig und schleichend durch die neue alte IHF-Führung nimmt, um so größer. Das liegt auch leider an denen, die in gutem Glauben Moustafa vor den größten Fehlern bewahren, weil sie glauben, so Schaden von der Sportart abzuwenden. Nur leider ist dies viel zu kurz gedacht.

    Daneben tummeln sich in der IHF vor allem eine Vielzahl von Funtionären, wie man sie auch bei anderen Verbänden antrifft. Oberste Priorität hat da nur der persönliche Vorteil, manchmal stehen in zweiter Reihe auch noch länder- oder kontinentspezfische Verbandsinteressen. Das „System IHF“ ist ein Biotop von Macht und Korruption. Und der dickste Frosch im Teich bleibt immer noch Hassan Moustafa, auch wenn im Hintergrund teilweise noch mächtigere Strippenzieher auszumachen sind.

    Schade nur, wenn der Sport in den Hintergrund gerät und die Machtinteressen der Funktionäre und der Verbände die Entscheidungen bestimmen. Es wird Zeit, dass man sich in der IHF wieder um den Handball kümmert. Diese Chance haben die Delegierten allerdings vertan. Eine Bankrotterklärung auf ganzer Linie.

    p.s.: Ich danke dem Kollegen Weinreich für seine fortwährend kritische Berichterstattung in Sachen IHF und wünsche mir, dass er auch in den kommenden Jahren den Welthandball nicht aus den Augen verliert. Genug zu schreiben wird er wohl haben.

  9. Kaiser: Vor der Wahl wurde das elektronische Abstimm-System mit einer Frage getestet: Wer ist 2009 Weltmeister geworden, Frankreich (richtig, d.Red), Kroatien oder Deutschland? 55 Prozent lagen richtig. Das heißt, 45 Prozent der Delegierten des Welthandballverbandes haben keine Ahnung von Handball.

    HAMMER!!!

  10. So sehr ich Kaiser schätze, aber ganz so schlimm wird es nicht sein. Beim Testen von EVS machen sich Delegierte – auch in Fifa oder IOC – immer einen Spaß. Ohne nachzuschauen: Ich meine mich zu erinnern, dass beim Fifa-Kongress 2006 in München die Frage gestellt wurde (um das EVS zu testen), in welchem Land die Fifa-WM 2006 stattfindet. Nicht alle hatten auf den Knopf „Deutschland“ gedrückt. Unter Funktionären gilt das als netter Zeitvertreib.

  11. Ungewohnt ehrlicher sid-Beitrag, meinst Du. Hat sport1 wohl vergessen anzugeben, dass es sich nicht um einen eigenen Text handelt. Der sid hat als Autor Gerd Heizmann angegeben.

    Die im letzten Absatz angesprochene Wahlpanne hätte sich Moustafa sparen können, wenn er sich ein Beispiel an Sepp Blatter genommen hätte. Bei Wiederwahlen per Akklamation kann eigentlich kaum was schiefgehen.

  12. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (33): Pharaonen-Special im Schweizer Fernsehen : jens weinreich

  13. Pingback: Hassan Moustafa, Handball, Sportfive, Lobbyismus und Korruption : jens weinreich

  14. wo doch gerade wieder mal handball-wm ist — erik eggers über eine neue regel, die es, theoretisch, ermöglicht, schiedsrichter bei manipulationsverdacht noch während der partie auszutauschen: Ein falscher Pfiff und weg

    fast schon gewohnt „professionell“ dabei auch einmal mehr das gebaren der IHF, die es nicht schaffte (oder nicht für nötig hielt), die regeländerung den teilnehmenden mannschaften und selbst ihren funktionären im vorfeld der wm zu kommunizieren. der dilettantismus im organisieren handball ist doch immer wieder erfrischend.

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