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Das Olympische Bildungsmagazin

Die etwas anderen Demagogen: links, schrill, poetisch

Aus purer Neugier habe ich im Archiv gestöbert: in deutschsprachigen Qualitätsmedien, ausnahmsweise ohne Blogs. Ich habe nachgesehen, welche Personen des öffentlichen Lebens in letzter Zeit als Demagogen bezeichnet wurden. Huch, da kommt eine imposante Liste zusammen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und viel länger wäre, käme jemand auf die Idee, systematisch zu suchen und den nichtdeutschen Sprachraum einzubeziehen. Denn anderswo tut man sich doch viel leichter mit derlei Begrifflichkeiten. Wobei mir als verhindertem Sprachwissenschaftler, dem in jungen Jahren ein bisschen zuviel über Agitation und Propaganda erzählt wurde, schon auffällt, dass der Begriff Demagoge vor allem in meinungsstarken Qualitätsblättern verwendet wird und nicht selten positiv, sagen wir: konnotiert ist. Bin mal gespannt, wie lang die Liste wird, wenn hier Kommentare eingehen.

Darf ich darum bitten, die Beispiele der etwas anderen Demagogen mit Originalzitat (wenn möglich einem Link) und exakter Quellenangabe (Datum, Publikation) zu versehen? Merci.

  1. Assauer****, Rudi (Quelle: SZ: „instinktsicherer Demagoge“)
  2. Berlusconi, Silvio (Der Standard u. v. a. m.)
  3. Bhutto, Zulfikar Ali (Tagesspiegel)
  4. Blocher, Christoph (Die Zeit u. v. a. m.)
  5. Bryan, William Jennings (Die Zeit: „begnadeter Demagoge“)
  6. Bush, George W. (Focus, gemäß Boyle, T. C.)
  7. Caesar, Gaius Iulius (flächendeckend, gemäß Shakespeare, William)
  8. Castro, Fidel (Independent: „Zigarren rauchender Demagoge“)
  9. Chasbulatow, Ruslan Imranowitsch (FAZ)
  10. Chávez, Hugo (FAZ u. a., gemäß Focus auch: „karibischer Demagoge“)
  11. Christofias, Dimitris (Der Standard)
  12. Coulter, Ann (NZZ: „schrille Demagogin“)
  13. Dehecq, Jean-François (Die Zeit: „begnadeter Demagoge“)
  14. Dutschke, Rudi (taz)
  15. Fabius, Laurent (FAZ u. a., „oberster Demagoge“)
  16. Galloway, George (SZ)
  17. García, Alan (Die Zeit)
  18. Geißler, Heiner (Der Spiegel u. a.)
  19. Grillo, Beppe (Tagesspiegel)
  20. Haider, Jörg (flächendeckend)
  21. Hoppenthaler, Wolfgang (FAZ: „begnadeter Demagoge“, SZ: „charismatischer Demagoge“)
  22. Ishihara, Shintaro (NZZ)
  23. Kaczynski, Lech (BLZ u. a.)
  24. Kirchner, Néstor (SZ: „gemäßigter Demagoge“)
  25. Klimow, Andrej (SZ)
  26. Klopp***, Jürgen (FR)
  27. Koch, Roland (flächendeckend verbreitet, gemäß Beck, Kurt sogar ein „Ober-Demagoge“)
  28. Kubicek, André (SZ: „poetischer Demagoge“)
  29. Lafontaine, Oskar (flächendeckend in allen Schattierungen: begnadeter, begabter, gefährlicher, geschickter, moderner, fürchterlichster Demagoge; gemäß Schwan, Gesine; Müller, Peter u. v. a. m.)
  30. Lapid, Tommy (Der Spiegel: „erfolgreicher Demagoge“)
  31. Lepper, Andrzej (BLZ)
  32. Limbaugh, Rush (Handelsblatt)
  33. McCain, John
  34. Meinhof, Ulrike (Darmstädter Echo)
  35. Möllemann, Jürgen Wilhelm (FR: „begnadeter Demagoge“)
  36. Moore, Michael (Neon u. v. a., populistischer, linker Demagoge)
  37. Mugabe, Robert (AZ u. a.)
  38. Nasrallah, Hassan (NZZ)
  39. Obama, Barack (Die Welt u. v. a.)
  40. Odinga, Leo (Le Monde Diplomatique)
  41. Paisley, Ian (BLZ u. a. m., Deutsche Welle: „politischer Demagoge“)
  42. Palin, Sarah (Freitag: „gehässige Demagogin“)
  43. Papandreou, Andreas (FR)
  44. Perón, Juan Domingo (NZZ u. a.)
  45. Perón, Evita (Die Welt)
  46. Petke, Sven (Tagesspiegel: „begnadeter Demagoge“)
  47. Pötke, Jörg (SZ)
  48. Peymann, Claus (SZ Magazin, gemäß von Lutzau, Gabriele)
  49. Ramadan, Tariq (Der Spiegel)
  50. Rüttgers, Jürgen (Die Welt, gemäß Scholz, Olaf: „asozialer Demagoge“)
  51. Saakaschwili, Michail (Tagesanzeiger u. v. a., „machtbewusster Demagoge“)
  52. Santana, Pedro (Der Spiegel)
  53. Sarkozy, Nicolas (Der Spiegel)
  54. Sartre, Jean-Paul (WamS, gemäß Baselitz, Georg)
  55. Sata, Michael Chilufya (Der Spiegel)
  56. Schröder*, Gerhard (FAZ)
  57. Schwarzer, Alice (Tagesspiegel, gemäß Frankfurter Hurenverein)
  58. Shinawatra, Thaksin (Berliner Morgenpost)
  59. Siderow, Wolen (FR)
  60. Slota, Ján (FR)
  61. Soyfer, Jura (FAZ: „geschickter Demagoge“)
  62. Stoiber, Edmund (SZ: „Bierzelt-Demagoge“)
  63. Strauß, Franz-Josef (taz)
  64. Ströbele, Hans-Christian (Der Spiegel: „begnadeter Demagoge“, Bayernkurier: „übler Demagoge“)
  65. Stone, Oliver (NZZ: „linker Demagoge“)
  66. van Gogh, Theo (Der Spiegel)
  67. Zuma**, Jacob (Der Spiegel)

* DFB-Ehrenmitglied
** Als ANC-Chef politischer Hauptsponsor des FIFA World Cup 2010TM
*** Inhaber der DFB-Trainerlizenz
**** Gewinner des DFB-Pokals

56 Gedanken zu „Die etwas anderen Demagogen: links, schrill, poetisch“

  1. Das ist doch mal ne Liste! Allerdings wäre es angesichts einiger Namen in dieser Liste für Zwanziger zuviel der Ehre in selbige aufgenommen zu werden.

  2. Mein Lieblings-Demagoge: der „Bonsai-Demagoge“.

    Carsten Joost, Gründer des Bundes kritischer Architekten, laut einem Investor im SPIEGEL vom 8.9.2008

  3. @ ha: Anonyme Quellen zählen nicht! Der Bonsai-Demagoge ist natürlich großartig, aber in die Liste dürfen nur die etwas anderen Demagogen aufgenommen werden, wenn a) in Beiträgen eine Person explizit eine andere Person als Demagoge/demagogisch bezeichnet und/oder b) ein Medium/ein Journalist eine Person explizit so bezeichnete.

    Ich habe meinen Kommentar beim Indirekten Freistoß schließlich auch nicht anonym verfasst!

  4. Gilt auch nicht. Direkt. Wobei ich nicht behaupte, es wäre mir beim Erstellen der Liste kein Fehler – d.h. ungewollte Abweichung von der o.g. Regel – passiert. Wenn es so wäre, würde ich den oder die Namen natürlich sofort streichen.

  5. @ jw.
    Schon gut. Den „Bonsai-Demagogen“ benutzte Stefan Sihler, Mediaspree-Investor. Er hat Joost noch dazu als „fehlgeleiteten Robin Hood“ bezeichnet. Und sehr wahrscheinlich hat ihn das vor einer Klage geschützt, denn Robin Hood war im 13. Jahrhundert unterwegs, Bonsais sind vermutlich noch älter, „fehlgeleitet“ wahrscheinlich die gesamte Evolution – und deshalb ist der so Bezeichnete nicht auf die Idee mit dem Duden gekommen … Oder er hat ein neueres Exemplar, wo Demagoge mit „Volksführer“ / „Volksverführer“ übersetzt ist. Aber war schon alles dran …

  6. Neue Schattierung für Lafontaine:
    „adrenalingesteuerter Demagoge“
    http://www.sueddeutsche.de/bayern/406/313313/text/10/

    Die bayerischen Landesführer/Parteioberen sind fast ausnahmslos D.:

    Anke Fuchs (SPD) fährt Horst Seehofer (CSU) scharf an: „Sie sind ein Demagoge, Herr Kollege Seehofer.“ Dafür bekommt sie von Vizepräsident Heinz Westphal einen Ordnungsruf.
    http://www.zeit.de/1986/39/Bonner-Kulisse

    Die Genossen sind empört: Huber sei ein „unbelehrbarer Demagoge und Kalter Krieger“
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,576037,00.html

  7. Ganz ehrlich, Jens: ich frage mich schon die ganze Zeit, ob nicht nur die direkte Beschuldigung der Person mit deiner Äußerung bei Oliver wirklich vergleichbar ist, wollte dies aber nicht unbedingt öffentlich machen. Hier wird jetzt von dir selber eine ähnliche Grenze gezogen.

    Wenn es aber etwas anderes ist, wenn eine Person direkt als Demagoge oder nur die von ihr verwendete Rhetorik als demagogisch bezeichnet wird, dann ist auch der Ausrutscher des TZ in Gießen nicht weiter hilfreich, wo er ja Fischer-Solms nach dem, was man hier gehört hat, „demagogische Fragen“ unterstellte. Und nicht diesen als Demagogen bezeichnete.

  8. Davon mal ganz ab: Berlusconi, Blocher, Haider, Koch, Kaczynski, auch Chávez und Castro, sind eher Beispiele, die geeignet sind, Zwanzigers These von der Volksverhetzerassoziation zu stützen. Da wäre ich vorsichtig, bevor ich die Arbeit der Gegenseite mache.

    Schön ist die Liste trotzdem. Als besonders nachdrücklichen Beleg für die typische Verwendung des Wortes im Deutschen empfinde ich übrigens die Bezeichnung Obamas in der Welt.
    Auch wenn ich nicht so recht glauben mag, dass ein des deutschen Mächtiger so eine Liste unbedingt benötigt.

  9. Pingback: Auswärtsspiel in Koblenz: Zwanziger ./. Weinreich : jens weinreich

  10. Klaus-Peter Tscheliesnig

    Hallo lieber Lens Weinreich
    Welch wunderbarer Blog, Welche Mühe,welche herrlichster Journalismus . Ich lese und verweise gerne auf ihre Arbeit.
    Hier etwas aus dem Hause Heiner Geissler und Günther Wallraff .Ich finde Geissler liefert eine wunderbare Interpretation des Wortes Demagoge
    Vielleicht hilft das dem guten Zwanziger „demos agere“ ,und gibt dem ganzen Zwanziger die nötige Wendung.
    Zwanziger der Volks -fußball- führer.
    hier das zitat:
    15.07.2008 SZ sueddeutsche.de: Der Schriftsteller Günter Wallraff sagte uns unlängst, er möge Sie jetzt. Früher aber seien Sie ein „harter Demagoge“ gewesen. Hat er recht?
    Geißler: Ja, natürlich. Aber das ist kein Gegensatz. Als Generalsekretär stehe ich an der Front für meine Partei. Ich muss allerdings nicht Bahnhöfe besetzen, sondern Begriffe. Und „Demagoge“ ist für mich kein Schimpfwort. Demos und agere – das heißt, dass jemand das Volk führt. Natürlich kann man es auch verführen, aber das habe ich ja nicht.

    Interview mit Heiner Geißler: „Kapitalismus ist so falsch wie Kommunismus“

  11. Pingback: www.direkter-freistoss.de » Post vom Anwalt

  12. @ Sternburg:

    zu Gießen: Deshalb taucht ja „Fischer-Solms, Herbert“ nicht in dieser Liste auf, obgleich ich ihn – zugegeben – im Entwurf positioniert hatte. Nichtsdestotrotz wurde hier und an anderer Stelle schon der Bezug zwischen der Demagogen-Definition von Herrn Z. in Oliver Fritschs Interview und dem Adjektiv demagogisch hergestellt. Streng nach der erwähnten Definition müsste demagogisch bedeuten … aber das haben andere schon ausführlich formuliert.

    Du hast einige Namen von Leuten genannt, die wir beide wahrscheinlich nicht unbedingt zu den Top-Demokraten zählen würden. Richtig, damit habe ich kein Problem, ich habe ja auch nie behauptet, dass es keine Schattenformen geben würde, das ist nicht Kern der Sache. Es ist eine unvollständige Liste, ein Diskussionsangebot, das schon mal beweist, wie vielfältig dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch ganz selbstverständlich verwendet wird – und zwar, dabei bleibe ich, mitunter mit durchaus respektvollem Unterton; nicht aber, und darauf kommt es an, ausdrücklich und hundertprozentig so wie es von gewisser Seite behauptet wird.

    Wenn ich es richtig sehe, harren ihrer Aufnahme in die Liste:

    68. Huber, Erwin
    69. Gysi, Gregor
    70. Seehofer, Horst
    71. Joost, Carsten

    Schattierungen:
    – adrenalingesteuerter
    – unbelehrbarer
    – Bonsai-D.

  13. Ich hätte einen Friedensnobelpreisträger im Angebot: „…der routinierte Demagoge Brandt“ (Flugblatt der bunten Liste Freiburg, 1982. Zitiert in Hoevels: 30 Jahre Ketzer…, S. 302)

    Glück gehabt hat übrigens auch Der Spiegel, denn er kann von „dem harten und virtuos demagogischen Wahlkämpfer Adenauer“ nicht mehr verklagt werden. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,434368,00.html

    …Einen hab ich noch: Joseph Alois Ratzinger aka Papst Benedikt XVI. wird von einem Blogautor „als ausgrenzender, seine Mitmenschen verachtender Demagoge“ (http://stevenmilverton.com/2007/12/13/der-unverbesserliche/) bezeichnet.

    Google weiß alles…

    Ach ja, Max Weber hat Journalisten pauschal als Demagogen bezeichnet: „vor allem der Journalist ist der wichtigste heutige Repräsentant der Gattung“ (Max Weber: Politik als Beruf). Zum Verklagen ists bei dem aber leider schon zu spät.

  14. Zwanziger der unglaubliche Demagoge

    Der „positive“ Demagoge

    Der „gute“ Demagoge
    So wie die beiden „guten Demagogen“

    Zitat
    .“…“gute“ Demagogen wie Philipp Jakob Siebenpfeiffer und Johann Georg August Wirth (Burg Hambach 1832)…“ http://www.rhetorik-netz.de/

  15. …..und wer kennt nicht den edlen Perikles

    „…Die Athener bemühten sich in den folgenden Jahrzehnten immer wieder um die weitere Schwächung, ja Auflösung der exekutiven Gewalt. Nach 458/57 wurde das Archontat sogar den Zeugiten zugänglich gemacht, und sehr bald schon waren die meisten Beamten reine Losbeamte, wurden nur Offiziere, Finanzbeamte, Gesandte und etliche Kulturbeamte gewählt. An die Stelle der Exekutive rückt – v.a. unter Perikles der Volksführer (Demagoge), der allein durch seine Autorität und seine Argumente das Volk lenkte….“
    Dirk Kohn ,Die Entstehung der Demokratie im klassischen Athen bis zur Zeit des Perikles
    http://www.alabaster.de/RagmansRake/Reservoir/Forschung/TexteRRpasswort/rr0157.html

  16. Können wir den noch gebrauchen?

    „Die trägen Profis von Bayer Leverkusen hat Christoph Daum zu Meister-Aspiranten gemacht. Den einen gilt er als Meister der Motivation, den anderen als skrupelloser Demagoge. Dabei benutzt er Fußball als Bühne gesellschaftlicher Anerkennung.“

    […]

    Nach Meisterschaft und Rausschmiß beim VfB Stuttgart fand der damalige Manager Dieter Hoeneß: „Dieser Mann ist ein Demagoge.“

    http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=8653691&top=SPIEGEL

  17. Es geht mir nicht um die gesamte Menschheitsgeschichte und auch nicht um die gern benutzte journalistische Feigheits-Floskel (statt eigener Meinung): „den einen gilt …“ Es geht, s. o., um direkte, begründete Nennung mit Namen und Adresse – und zwar im aktuellen journalistischen/politischen Sprachgebrauch.

  18. Schade. Finde halt die Menschheitsgeschichte (ausnahmsweise) nicht nebensächlich, da der Begriff über Zwanzigers historischen Zeithorizont hinausreicht. Aber okay, lebendes, aktuelleres Exemplar:

    Samuel Huntington, Harvard, Politologe, per Spiegel-Überschrift ein: „Demagoge der Angst“

    http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/91/51/dokument.html?titel=DEMAGOGE+DER+ANGST&id=32261519&top=SPIEGEL&suchbegriff=demagoge&quellen=WIKI%2C%2BSP%2CALME%2C%2BMEDIA&vl=0&sm=e&qcrubrik=artikel

  19. (…) wie vielfältig dieser Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch ganz selbstverständlich verwendet wird

    Okay, sehe ich ein – und bleibe dabei, wenn du mal einem Richter gegenüberstehen oder einen Leser haben solltest, der eines solchen Nachweises überhaupt erst bedarf, dann solten wir uns alle ganz andere Sorgen machen.. :)

    ..aber schadet natürlich auch nicht.

  20. Am Ende dieses Tages haben wir, wenn ich auf Perikles und Turnvater Jahn u. a. verzichten darf (aber vielleicht brauche ich die noch in der Argumentation, wer weiß, sie wandern auf jeden Fall ins Archiv):

    72. Putin, Wladimir
    73. Daum, Christoph (ehem. Fast DFB-Bundestrainer)
    74. Huntington, Samuel

    Schattierungen:
    – hemdsärmeliger
    – rechtsgerichteter
    – destruktiver
    – genialer (Schröder, Gerhard)
    – brillanter (Berlusconi, Silvio)
    – routinierter

    (Die Schattierungen stammen aus einem kleinen Dossier, das mir ein freundlicher Leser geschickt hat.)

  21. eat this, theo „jahrgang 1945“ zwanziger!

    ari roth, aus wien stammender jude, jahrgang 1925, (vater zeitweise in dachau), lange chefredakteur der jerusalem post: „Netanjahu ist zwar ein fürchterlicher Demagoge, aber manchmal haben Demagogen leider auch recht.“
    http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/388/174865/6/

    auch humanistisch gebildet: wolfgang koydl, http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/614/136345/:

    Einer der größten Antagonisten der Bundesregierung ist der Linken-Chef Oskar Lafontaine. Unlängst wurde er, nicht zum ersten Mal, als Demagoge bezeichnet – was im Zusammenhang mit unserer soeben geführten Debatte durchaus Sinn ergibt.
    „In dem Wort steckt natürlich das griechische demos = Volk, wie es in der Demokratie, der Volksherrschaft auftaucht. Beim agogos = Führer stoßen wir abermals auf unseren alten Bekannten agein. Ein Demagoge also ist, nein, kein Volksführer, sondern ein Volksverführer – und dies schon seit dem vierten vorchristlichen Jahrhundert, als der Historiker Thukydides den athenischen Staatsmann Kleon mit dem Schmähwort belegte.“

    gabriele von lutzau, stewardess in der landshut 1977 sagt zu claus peymann (im direkten gespräch): „Okay, Sie sind der Demagoge und ich die Populistin – damit kann ich leben.“
    http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/2637/4/1#texttitel

    greil marcus, amerikanischer historiker, popkritiker usw.: „Bush ist ohnehin ein sehr geschickter Demagoge.“
    http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/3/31971/

  22. Danke, Linksaussen, gewohnt produktiv. Ich hatte Dich schon vermisst.

    Ich ergänze ab jetzt oben im Text.

  23. produktiv? einmal auf sueddeutsche.de googeln geht halt schneller und leichter als althochdeutsche quellenarbeit.

  24. „Gorny“ der „übliche positive Demagoge“

    (oder da der jetzt im Archiv ist der Perikles von Viacom)

    Traurig war, daß sich in der VIVA Belegschaft so viele Leute haben bezirzen lassen, Aktien von ihrer Firma zu erwerben. Gorny war natürlich der übliche, positive Demagoge während dieser Expansionsphase: „Wir müssen größer werden oder wir gehen unter.Ich bin erst zufrieden, wenn das VIVA Logo auf dem Viacom-Tower in New York angebracht ist.“ Wie es schlußendlich gekommen ist, wissen wir jetzt.
    http://209.85.135.104/search?q=cache:Y6W3_3CMuE8J:www.rootz.net/musfeat29.htm+positive+demagogen&hl=de&ct=clnk&cd=11&gl=de&client=firefox-a

  25. Wollen Sie den haben?
    „Sensibler Demagoge“
    Richard Wagner und die Juden: Starkritiker Joachim Kaiser analysiert Fakten und Hintergründe zum Reizthema
    Von Joachim Kaiser Aus FOCUS Nr. 28 (1999)

  26. hier mal ein US Präsidentschaftskandidat

    „William Jennings Bryan, ein begnadeter Demagoge,“

    Der Prozess in Dayton war »eine Kreuzung zwischen Zirkus und Heiligem Krieg«, notierte damals Time. Scopes wurde von dem legendären Anwalt Clarence Darrow vertreten (im Film Inherit the Wind von Spencer Tracy dargestellt). Die Anklage gegen den 24-Jährigen leitete William Jennings Bryan, ein begnadeter Demagoge, der dreimal als Präsidentschaftskandidat für die Demokraten angetreten war

    ZEIT ONLINE 29/2007 S. 42 [http://www.zeit.de/2007/29/Kreationismus]

  27. ein Nachthupferl vom guten Qualtinger

    Demagogen

    = Leute, die in den Wind sprechen, den sie selbst gemacht haben.
    Helmut Qualtinger (1928-86), östr. Schriftsteller, Kabarettist u. Schauspieler | Zitat-Nr.: 1801

  28. Der Demagoge im posthumen Geburtstagslobgesang: „Staatsdichter der DDR, hinreißender Denker, großer Demagoge und vollendeter Poet.“ FAZ, 20.3.2008, zum 80. von Peter Hacks.

    Irgendwas wird problematisch an dieser Liste. Zu wenige Bonsai-Demagogen.

  29. Wie ist’s mit dem hier:

    „Der Rock’n’Roll-Demagoge“ gefunden beim Radio-Dudel von „EinsLive“ (Interview mit James Hetfield von Metallica/veröffentlicht am 12. September 2008)
    http://www.einslive.de/musik/interviews/2008/metallica.jsp

    Wieso fühlt sich TZ eigentlich so expilzit in die Nazi-Ecke gestellt? Warum fühlt er sich nicht in die Ecke des real existierenden Sozialismus geräumt? Passt er da nicht viel besser hin? Jedenfalls steckte der real existierende Sozialismus auf deutschem Boden (Oktober 1949 bis Oktober 1990) voller Demagogen.

  30. @ Cujau: Der Rock-Demagoge gehört für mich zu den Top Ten. Danke vielmals. Wunderbarer Hinweis zu den DDR-Demagogen. Da ich hinter der Mauer sozialisiert wurde, behaupte ich einfach mal, mein Demagogen-Begriff sei schon deshalb etwas breiter gefächert als Z.’s Duden.

  31. Motivations-, Assoziationskettenforschung erübrigt sich eigentlich, denn um den Demagogen geht’s ja weniger.
    Aber: Hier kommt noch einer – Michail Gorbatschow. Der entstand über einen, tja, Goebbels-Vergleich. Und wurde vorgetragen von einem Zwanziger-Parteifreund, einem Pfälzer: Helmut Kohl. 1986 ein Riesenskandal. Möglicherweise hat sich TZ das gemerkt, in Koblenz, als Richter – und halt nicht viel mehr:

    „1986 setzte Kohl in seinem Interview mit einem amerikanischen Magazin Michail Gorbatschow mit Josef Goebbels gleich mit der Begründung, beide seien begnadete Demagogen. So etwas geschah erstmals in der Geschichte zwischen der BRD und der UdSSR. Zwei-drei Jahre später aber wurden Kohl und Gorbatschow beste Freunde …“

    http://www.russland.ru/kanzlerwahl/morenews.php?iditem=12

    Freundschaft wird’s wohl nicht, im hier besprochenen Fall. Wäre auch unangebracht.

  32. @jw: Bin da ebenfalls sozialisiert worden (Jhg. 1967), hatte zumindest das Glück (wenn man davon sprechen darf), das in einem christlichen Elternhaus zu erleben – also mit Distanz zu den Dingen da draußen.

  33. Finde auch die DDR-Demagogen und den Diktatur-Verweis nicht ganz so bedeutend. Könnte man doch so sehen: Demagogie ist, was man bedauern kann, in Demokratien wichtiger, betrachtet als Rede-„Kunst“ im politischen Meinungsstreit, eben: im Kampf um die Kommunikationsherrschaft. In Diktaturen gings immer auch anders, wenn Demagogie nicht zog. War wohl eher so, dass Demagogen eine Rolle beim Übergang von Demokratie zu Diktatur spielten und dann bei deren Zementierung. Schwierige Übung, im Kleingartenbiotop DDR Demagogen zu entdecken …

  34. Auch Friedensnobelpreisträger Al Gore wird in versch. Blogs und Kommentaren als D. bezeichnet. Vielleicht kann jemand eine „offizielle“ Quelle finden…

  35. Nachtrag zur DDR:
    Die hatte keine Volksführer oder -verführer – die hatte ne Mauer … Das wollte ich sagen.

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