Lektüre für zwischendurch, während ich mich in die Bootshalle der Yachthafenresidenz zu einem Empfang des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern und scheidenden Chef der Sportministerkonferenz, Lorenz Caffier, begebe.
Das – Achtung, wunderbar – Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport teilt mit, dass profitorientierte Konzerne wie das IOC, die Fifa oder die Uefa auch künftig von der Bundessteuer befreit sind. So jedenfalls habe ich die heutige Presseerklärung gelesen.
Man sollte es zweimal lesen. Dass mir bei diesem Text das Urteil im ISL-Korruptionsprozess und Jack the Ripper und der Handball-Weltverband und King Rubén und die Bekanntschaften vom Blatter Sepp und anderes mehr durch den Kopf gehen, ist natürlich allein mein Problem. Ich muss die Dinge einfach globaler betrachten. Nicht so einseitig.
Internationale Sportverbände sind für die direkte Bundessteuer grundsätzlich steuerpflichtig. Gestützt auf ihre Auslegung von Art. 56 lit. g DBG haben verschiedene kantonale Steuerbehörden die internationalen Sportverbände mehrheitlich von der direkten Bundessteuer befreit. Der Bundesrat heisst diese während vielen Jahren entwickelte Praxis der Kantone gut.
Der internationale Sport trägt zur Völkerverständigung bei. Sportprogramme sind ein anerkanntes Element der Friedensförderung. Sport vermittelt positive Botschaften und Werte. Dazu gehören Fairplay, Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung sowie Förderung der sozialen und kulturellen Integration. Die internationalen Sportverbände wirken als Multiplikatoren und leisten bei der Verbreitung dieser Botschaften einen wichtigen Beitrag. Sie unterstützen nationale und lokale Sportorganisationen und leisten so namentlich in den Entwicklungsländern einen wichtigen Beitrag zur Sportentwicklung.
Die Bedeutung des Standorts Schweiz für die Verbandsführung des Weltsports ist ausserordentlich. 36 internationale Sportverbände, darunter Fussball, Radfahren, Ski, Schwimmen, Rudern, Kunstturnen etc., haben heute ihren Sitz in der Schweiz. Hinzu kommen weitere 21 Sportorganisationen wie etwa das IOK die sich in der Schweiz niedergelassen haben. Die Schweiz will ihre führende Position im Standortwettbewerb auch in Zukunft behaupten. Vor diesem Hintergrund setzt sich der Bundesrat für attraktive Rahmenbedingungen der internationalen Sportverbände ein.
Auf Ersuchen einzelner Kantone hin und unter Berücksichtigung der eingangs erwähnten Gründe hat der Bundesrat beschlossen, die Steuerbefreiung für diese internationalen Sportverbände gutzuheissen und die Steuerverwaltungen anzuweisen, diese Steuerbefreiung gesamtschweizerisch gleichermassen anzuwenden.
Der sachliche Anwendungsbereich der Steuerbefreiung bleibt in zweierlei Hinsicht eingeschränkt. Erstens gilt die nun vom Bundesrat gut geheissene Steuerbefreiung nur für die direkte Bundessteuer. Zweitens gilt sie nur für die dem Internationalen Olympischen Komitee IOK angeschlossenen, in der Schweiz domizilierten, internationalen Sportverbände sowie deren in der Schweiz domizilierten internationalen Unterverbände (Konföderationen). Die übrigen Steuern und Abgaben des Bundes (Mehrwertsteuer etc.) sind davon nicht betroffen. Befreit sind nur die Organisationen als solche. Nicht befreit sind natürliche Personen (Mitarbeitende, Personen in Gremien, Funktionäre etc.).
Adresse für Rückfragen: Béatrice Wertli
Leiterin Kommunikation Bundesamt für Sport BASPO
Herausgeber: Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
Gar nicht so sehr off Topic:
Willkommen in der Steuerzahler-Arena: Tino Symanzik reisst in der Berliner Zeitung ein schon lange nach Aufmerksamkeit rufendes Thema an: die staatliche Subventionierung des angeblich ach so unabhängig finanzierten Fussballs.
Auch wenn in dieser Aufzählung:
.. mindestens noch Hertha BSC und der FC Bayern fehlen – ein Anfang ist gemacht.
besonders schön diese textliche Zusammenstellung:
[jeden Morgen in der S-Bahn ein Artikel, der zum Erwerb der Zeitung einläd. So langsam mache ich mir fast schon wieder Gedanken um ein Abo]
@sternburg:
In der Aufzählung fehlt ganz sicher das Hertha-Sponsoring durch den Staatskonzern DB. Die HSH Nordbank ist hingegen zumindest teilweise in privaten Händen. Allerdings: Auch Staatskonzerne (insbesondere wenn sie keine Monopolisten sind und dem Wettbewerb ausgeliefert sind) dürfen Werbung machen – und mit dem gleichen Argument würde durch Anzeigenschaltungen auch die Presse „indirekt staatlich gefördert“.
Und dass Unternehmen in Krisenzeiten gar keine Werbung mehr machen, ist wohl keine Lösung. Entscheidend ist, ob die Kosten des Sponsorings dem Werbewert entsprechen.
Dass die Presse als korrigierende „4. Staatsgewalt“ durch staatliche Anzeigenschaltungen gefördert wird, halte ich übrigens bei den meisten Blättern durchaus für sinnvoll. Für den Kommerzsport gilt dies nicht.
An die Gazprom hat sich der Schreiber offenbar nicht herangetraut. Wofür gibt die Gazprom das Geld aus, was und vor allem wen will sie mit ihrem Engagement erreichen??? Ich würde mich freuen, wenn in einem hoffentlich geplanten Buch „Korruption im Sport II“ ein Artikel auch mit diesem Thema (wofür kaufen Unternehmen „Business-Logen“ und was passiert dort? etc.) auseinandersetzt. Der Sport ist ja nicht nur DURCH Korruption betroffen, sondern er bietet auch eine Plattform FÜR Korruption.
Okay, zwei habe ich noch. Nur mal so, flink gegoogelt, zwei alte Artikel betr.: Subventionen, Hertha, DFB.
So verdient die Hertha auch ihr Geld:
„BUSINESS LOUNGE – Sehen und gesehen werden
Kundentermine, Mitarbeitermeetings oder sich einfach nur mit Geschäftsfreunden treffen. (…) Einfach ein idealer Platz, um Kundenbeziehungen zu pflegen“ Quelle: http://www.hertha-vip.de
Also für mich klingt das nicht nach Sportverein sondern nach Korruptionsdienstleister.
Ich glaube ich kaufe mir mal ein Ticket und sehe mich da ein wenig um!
P.S. Die Hertha ist natürlich nur ein Beispiel von vielen.
@Herr Holle,
genau so ist das da auch, nur, dass kein vernünftig kalkulierender Manager auch nur annähernd irgendwem weismachen kann, dass man durch eine solche Loge Aufträge oder ähnliches an Land ziehen kann. Maximal eine gewisse Kundennähe, -beziehung kann erreicht werden. Und selbst die ist fraglich. Kein Geschäftsmann wird Unternehmen A bei gleichen Preis und Leistung bevorzugen, nur weil die mal in eine Loge eingeladen haben. Also eigentlich geht es nur darum, ob sich ein Unternehmen eine solche Loge (oder Aufenthalt im VIP Bereich) leisten oder nicht. Die Manager, die die HAnd auf den Karten dafür haben werden von den Mitarbeitern geliebt, weil sie hoffen auch mal hingehen zu dürfen um auf Betriebskosten zu speisen und trinken. Zudem werden die Karten ehh meist nur mit privaten Freunden genutzt. Würde das Finanzamt da mal genau hinsehen, würden wieder ein paar Steuergroschen mehr eingetrieben werden. Nur wenn das FA die Förderung dafür streichen würde, dann würden die Vereine (Kapitalgesellschaften) gar keine Business Seats mehr verkaufen und da würde unser geliebter DfB / DFL sofort einschreiten.
@enrasen
Energischer Widerspruch. Du kannst dir sicher sein, dass so eine Sponsoren-Loge ein idealer Platz ist um Geschäfte zu machen. Da passiert mehr als nur Beziehungspflege.
Und… sieht irgendjemand irgendein Medium oder irgendeine öffentliche Person, welche diese Diskussion endlich anstoßen würde?
Also, jetzt außerhalb dieses Zirkels hier.
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