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Das Olympische Bildungsmagazin

Was vom Tage übrig bleibt (26): Das Korruptionsproblem im Handball

Oops, dass ich das noch erleben durfte. Ich verlinke (wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt) auf die Webseite des kicker, oder, wie es im deutschen Fußballjournalismus oft heißt: zum „Fachorgan Kicker“, das doch, wie ich finde, über etliche anrüchige Vorgänge im Sport gar nicht oder nur unzureichend berichtet.

Soeben greift kicker.de eine Meldung der dpa auf, die Frank „Ehrenmann“ Bohmann, den Geschäftsführer der Handball-Bundesliga e.V. (HBL), so zitiert:

Dass es im Handball ein Korruptionsproblem gibt, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Ich sehe die einzige Chance darin, dass wir unter Zuhilfenahme von externen Experten den Sumpf trockenlegen müssen. Wenn wir Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wollen, nicht behalten, sondern wiedergewinnen wollen, müssen wir diesen Weg gehen.

Herr Bohmann lernt täglich dazu. Es lohnt sich, seine Aussagen im Verlaufe der vergangenen zwei Wochen zu studieren. Da hat sich doch einiges getan, bis es zu dieser (nahe liegenden) Analyse kam. Natürlich hat der Handball ein Korruptionsproblem, wie der gesamte Sport. Jetzt bin ich aber gespannt, welche externen Experten den Sumpf trocken legen.

Nach dem dubiosen Bargeldfund im Gepäck der besten deutschen Schiedsrichter handelt nun erstmals auch die European Handball Federation: Die EHF suspendiert die Magdeburger Bernd Ullrich und Frank Lemme. Wo soll das noch hinführen?

Ach ja, und diese Gelegenheit möchte ich nutzen und unbedingt noch einmal an die wunderbare, bis heute aber leider nicht aufgeklärte, Korruptionsgeschichte aus Magdeburg zu erinnern: Hübsch aufgeschrieben von Claudio Catuogno: Bernd Uwe Hildebrandt, einstiger Chef der HBL – der König der Fördertöpfe.

50 Gedanken zu „Was vom Tage übrig bleibt (26): Das Korruptionsproblem im Handball“

  1. Also, wenn du diesen Eintrag etwas später geschrieben hättest, hättest du bestimmt eine andere Quelle gefunden und hättest nicht auf kicker.de verlinken müssen. Allerdings wäre denn auch der Eröffnungsgag futsch, also ist alles gut.
    Und warum sollten wir Fachleute hier nicht wieder wie damals einem Sportverband helfen? Ich erbitte also hiermit eine abstimmung, welcher Experte der HBL helfen soll und kündige auch schon mal meine Stimme für JMW an!

    Ach ja, wie war das noch gleich mit dem „kostenlosen Service“? Den habe ich schon vermisst.

  2. @ Gua: Der Service wird in Kürze nachgeholt, nimm bitte das Ehrenwort eines Ehrenmannes entgegen.

  3. Klar doch, aber warum nicht gleich den Service bieten? Ich wollte das übrigens auch, aber irgendwie hat das diesmal nicht geklappt.

  4. warum finde ich eigentlich nie 50.000 Dollar in meinem Reisegepäck ? Das scheint ja häufiger vorzukommen, als man annehmen würde. ^^

  5. @B.Schuss
    frag doch mal denn Herrn Leisler Kiep — hatte der damals nicht sogar mal irgendwie zufällig 1Mio Mark „gefunden“ (wenn auch nur auf seinem Konto, also ohne anonyme Plastiktüte)?

    @gua
    ich wollte ja schon fast fragen, warum du bei deinem eigenen Link dem notorisch unzuverlässigen Hausherrn nicht mit gutem Beispiel vorangegangen bist… ;-)

  6. Aus dem Volksstimme-Interview:

    Lemme: Ja, mörderischen Respekt sogar, wenn Sie wissen, was ich damit meine. Man weiß ja nie, was jetzt noch alles so passiert … Also, auf jeden Fall habe ich den Funktionär abblitzen lassen mit den Worten: Ganz Europa guckt hier zu, das Spiel wird live übertragen, da kann man nicht manipulieren. Macht einfach euer Spiel, seid gut, dann braucht ihr unsere Hilfe nicht.

    Was für eine Antwort! Beginnt mit einen ganz schlechten Witz (oder was auch immer das im ersten Satz sein sollte) und bin ich der einzige, der aus dem von mir markierten Satz rausliest, dass die Manipulationsbereitschaft bei Spielen ohne Kameras höher ist? Super Unterhaltungswert!

    @Jens:
    Danke, jetzt habe ich es verstanden (Montagmorgen und so).

    @cf:
    Immerhin weiß ich inzwischen, wo mein Fehler lag.

  7. Ich denke zum einen kann man ein Spiel immer Manipulieren weil es einfach so viele 50/50 Entscheidungen in einem Spiel gibt, zum andere les ich das da nicht raus. Da muss man das schon raus lesen wollen. Von Bereitschaft hat er ja auch nicht gesprochen sondern von Möglichkeiten. Und das die wenn nicht im nachhinein kontrolliert werden kann größer ist dürfte eindeutig sein.
    ich glaube auch nicht ganz an einen schlechten Witz. Immer dran denken, das sind totale Amateure, die kennen die Welt nicht besser als jeder andere. Mich mit Leuten anlegen die offenbar mal eben so 50.000 Dollar beschaffen um ein Spiel zu verschieben möchte ich mich auch nicht.

  8. Beitrag von Thorsten Zacharias, bis letztes Jahr noch Bundesliga-SR:

    Ich bin mir sicher, einige von Euch haben begriffen, welche Tragweite diese Angelegenheit für die Beiden angenommen hat.
    Einigen scheint es aber weitestgehend egal zu sein.

    L/U sind sportlich seit dem WE k.o. – inwieweit auch aus eigenem Verschulden, durch die Nichtmeldung des Vorganges in 2006, kann jeder selbst beurteilen.
    Nur: Es geht momentan gar nicht um ihre sportliche Zukunft. Die beiden haben Angst. Wie oft sollen sie das eigentlich noch betonen, bis irgendeiner mal auf die Idee kommt, um was es hier geht ?

    Da das Gegenteil bis zum heutigen Tag nicht bewiesen ist, haben sie es nach all den Jahren – und das was sie für den Handball geleistet und investiert haben – verdient, dass man ihnen zumindest bis zum Beweis des Gegenteils Glauben schenkt.

    Und all den Amtsträgern der HBL, die sich jetzt ihre Wunden und verbrannte Hände lecken, wünsche ich etwas mehr Rückgrat, als wiedereinmal in blinden Aktionismus zu verfallen.
    So wie sie Schwenker, Storm und Kollegen eine saubere Weste bis zum Beweis des Gegenteils bescheinigen, so hätte ich es mir auch für Bernd und Frank gewünscht.
    Aber gut, hier geht es ja nur um austauschbare Schiedsrichter. Da kann man sich schonmal ins ZDF setzen und das große Reinemachen ankündigen.

    L/U haben Fehler gemacht, was sie auch nicht abstreiten. Dafür haben sie die Konsequenzen zu tragen, was sie auch tun.
    Ihnen darüberhinaus mehr zu unterstellen als bislang bewiesen ist, kann ich nicht nachvollziehen. Das ist nicht ok, Leute. So macht man Menschen kaputt.

  9. Erst denken, dann schreiben…
    Jens, hast du schon mal von sowas gehört, dass man nicht nur Angst vor Klagen, etc sondern gegebenen Falls auch im die Gesundheit haben muss in den Kreisen der Sportfunktionäre und ähnlichem?

  10. Der Spiegel-Beitrag über Ullrich und Lemme von heute endet so: Warum haben sie dem DHB erst jetzt, nach Anfrage des Spiegel, den Vorfall aus dem Jahr 2006 gemeldet?

    Ullrich sagt, sie hätten Angst.

    Ich denke, da ist was dran. An deren Stelle würde ich jetzt nicht mehr nach Russland reisen. Man muss Angst um die Gesundheit haben, so bald derartige Themen öffentlich werden. Andererseits kann gerade Öffentlichkeit schützen, nur eben nicht in Ländern wie, sagen wir, Russland oder Saudi-Arabien.

    Ein Beispiel aus dem olympischen Boxverband AIBA:

    Thriller von Taipeh

    … Der Fall Doganeli beweist, dass nach einer 20 Jahre währenden Diktatur der Korruption durch den Präsidenten Anwar Chowdhry (Pakistan) die Aufräumarbeiten begonnen haben. Auf dem AIBA-Kongress in Santo Domingo im November 2006 war ja nicht nur unter mysteriösen Umständen ein Delegierter aus Mali, Pierre Diakite, ums Leben gekommen (er hatte sich gegen Chowdhry ausgesprochen und wurde später tot im Fahrstuhlschacht seines Hotels gefunden), der Kongress hatte auch einen neuen Präsidenten gewählt: Ching-Kuo Wu aus Taiwan gewann mit 83:79 Stimmen gegen Chowdhry. Wu setzte allerdings zunächst weiter auf Generalsekretär Doganeli und hatte sich auch mit dem Usbeken Gafur Rachimow verbündet. Rachimow, der in Dokumenten von polizeilichen Ermittlungsbehörden mit der organisierten Kriminalität und Drogenhandel in Verbindung gebracht wird, ist AIBA-Vizepräsident. Den Wahlkampf des Dr. Wu hatte mit Ho Kim (Südkorea) ein weiterer Funktionär zweifelhaften Rufes gemanagt. Kim wurde dafür zum Exekutivdirektor der AIBA berufen. (…)

    oder: Delegate to amateur boxing congress found dead

  11. Zum Interview in der Volksstimme:

    Ich kann ja verstehen, daß die Herren Schiedsrichter nach der Sache nur noch schnell aus Russland raus wollten, aber die Erklärungen sind doch etwas dünn. Wenn ich als renommierter Schiedsrichter ( ihre Worte, nicht meine ) auf ein russisches Polizeirevier gebracht werde, dann rufe ich gottverdammtnochmal den Rechtsbeistand des DHB, bzw. der Euroliga an, unterschreibe nichts und rede mit keinem, bis der Anwalt da ist. Und wenn ich schon so blöd ( sorry ) bin, etwas auf russisch zu unterschreiben, dann lasse mir in jedem Fall eine Kopie geben.

    Denn die Erfahrung zeigt: sowas kommt immer raus. Und jetzt wird aus dem Argument „wir hatten ja keine Beweise“, ein Schuh: gerade weil sie jetzt keine Beweise für den Ablauf nach ihrer Version haben, geraten sie in Erklärungsnot.

    Merke: als „Offizieller“ immer das eigene Gepäck vor dem Betreten des Flughafens kontrollieren. Über eventuell auftauchende Bargeldsummen freuen sich die Obdachlosen…^^

  12. Sehe ich auch so. Selbst wenn es so gewesen sein sollte, dass sie überrumpelt und reingelegt wurden und in den Stunden des Schreckens nicht Herr ihrer Sinne, darf man doch erwarten, dass sie nach Rückkehr von sich aus zum DHB gehen und anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen – um sich für später zu schützen. Es hätte ja alles anders ausgesehen, wäre der DHB am Wochenende mit der Mitteilung gekommen: Seht her, die beiden haben sich im Mai 2006 vertrauensvoll an uns gewendet; alles wurde protokolliert, wir haben sogar eidesstattliche Versicherungen anfertigen lassen …

    So hätte es sein können, oder?

    Aber so ist es im Sport eigentlich nie.

  13. Und was lernen wir daraus: im Handball agieren also nicht nur die Offiziellen amateurhaft, nein, auch die Schiedsrichter… (und das ist wohlgemerkt schon die freundlichstmögliche Variante!)

    Hach… Aber vielleicht werden ja zumindest für die Zukunft ausnahmsweise mal die richtigen Konsequenzen (soll heißen: überhaupt mal ernsthafte, zumindest in der Nähe der Wurzel des Übels ansetzende, … und so) gezogen.
    Aber wenn man die Wahrscheinlichkeit dafür mit 0 angibt, ist das vermutlich schon aufgerundet.

  14. Kein Wunder, daß die Schiris amateurhaft agieren: Sie sind es ja auch. 400€ für ein Europacupspiel, das dürfte nicht als Vollzeitjob durchgehen.

    Ich verweise noch auf dies aus der FAZ (vom 6.3., Keiner wird verpfiffen:

    „Ein anderer deutscher SR, der nicht mehr aktiv ist, hatte schlechte Erfahrungen gemacht, als er -ähnlich wie nun Bülow – auf Missstände in der Szene hinwies. Er sei dafür bitter bestraft worden, man habe ihn aus allen Verbänden entfernt, ich werde nie wieder etwas dazu sagen, sonst habe ich wieder ein Verfahren am Hals. Der Mann hatte sich sogar schriftlich verpflichten müssen, keine Anschuldigungen mehr zu erheben.“

    Man bedenke auch, wie auffällig im Spiegelartikel betont wird, wie sich Andrej Lawrow um Lemme/Ullrich gekümmert hat. Später ist dann nur noch die Rede von russischen Funktionären, aber eins ist sicher: Lawrow ist in der russischen Politik wie Sportpolitik, auch internationalen, bestens vernetzt. U.a. sitzt er im Exekutivrat der EHF.

  15. Ja, der NDR ist vorn dabei, wie die KN heute berichtete

    Satire-Magazin nimmt THW aufs Korn
    Kiel – Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Dieser Lebenseinstellung konnten sich viele Kieler am Mittwoch allerdings nicht recht hingeben. Das NDR-Satiremagazin „extra 3“ (Donnerstag, 22.30 Uhr) und sein Moderator Tobias Schlegl (im Foto Mitte) sammelten bei laufender Kamera in der Holstenstraße Spenden für den THW Kiel – frei nach dem Motto „Erfolg ist nur eine Frage des Geldes“.

  16. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Handball ein harter Sport ist. Aber selbst der Versuch einer Bestechung war für Spieler und Schiris eher selten. Das wird nun alles nachgeholt.

  17. Endlich: Zebras reingewaschen. „Wettanbieter geben Entwarnung“, titelt heute meine Kieler Heimatzeitung auf Seite 1 und drinnen: „Wetten ergeben keinen Verdacht gegen den THW“. Nachzulesen hier: KN (hoffe, ich habe es diesmal richtig verlinkt, Jens)
    Übrigens: Gegen wen kämpfte der letzte Mohikaner noch? Waren das die Ironesen? :-)

  18. Wie war das noch mit der Vergleichbarkeit von Äpfel und Birnen und wer hat bei Hoyzer noch gleich wen und wofür bestochen? Ganz schlechter Artikel, aber THW-Fan können da sicher jetzt aufatmen.

  19. :-) Da frag mal den Staatsanwalt, cf, der wird es wissen. Ansonsten darf man die Agentur zwischen den Zeilen lesen: Staatsanwaltschaft „erheblich“ von Anklage entfernt, meldet gerade dpa, und beginnt: „Handball-Rekordmeister THW Kiel muss in der angeblichen Manipulationsaffäre derzeit nicht mit einer Anklage rechnen.“
    Alles andere hätte mich auch sehr gewundert – denn gegen den THW wurde und wird ja gar nicht ermittelt, sondern gegen die Herren Schwenker und Serdarusic. Leute, Leute

  20. so… lustig auch, was der kicker momentan unter dem titel „EHF sorgt für Unverständnis“ meldet:

    Außerdem sollte die Ansetzung der Referees erst zwei Stunden vor Spielbeginn bekanntgegeben werden. Doch die Spanier waren schon lange in Kenntnis davon, wer die Partie leiten wird. „Die strengeren Maßnahmen galten nur für das Viertel- und Halbfinale im Europacup, nicht für das Finale„, sagte Glaser jetzt.

  21. DHB: DHB-Präsidium und Schiedsrichterausschuss beschließen befristete Nichtansetzung von neun Monaten für Lemme/Ullrich

    Kommentar DHB-Präsident Ulrich Strombach:
    „Es ist mir wichtig, feststellen zu können: Alle Mitglieder der beiden Gremien sind übereinstimmend der Meinung, dass für einen bloßen Formalverstoß, nämlich einen Bestechungsversuch nicht gemeldet zu haben, eine befristete Nichtansetzung von neun Monaten eine ausreichende Bestrafung darstellt.“

  22. EHF: Arbitration Tribunal decision: the case of HC Lada

    Mr. Oleg Yepifanov is therefore excluded from taking part in any international handball competition and from carrying out any EHF function and/or activity for a period of five years.
    […]
    Mrs. Julia Visner is therefore excluded from taking part in any international handball competition and from carrying out any EHF function and/or activity for a period of two years.
    […]
    Therefore, HC Lada shall pay a monetary fine of €30,000 with the threat of two-year exclusion. The exclusion is suspended for a period of four years.

  23. Pingback: boxsport

  24. Wir müssen uns übrigens alle keine Sorgen mehr machen:

    Martin Hausleitner, der Generalsekretär des Österreichischen Handball-Bundes (ÖHB), hat ohnehin kein Verständnis dafür, dass nun die Debatten um Korruption wieder losgehen: (…) Die Referees, die bei der EM pfeifen, seien unbestechlich, glaubt Hausleitner: „Da bin ich ganz sicher. Es ist eine neue Generation von Schiedsrichtern im Einsatz, die bar jeder Verdachtsmomente ist.

  25. Pingback: Boxing World

  26. Erik Eggers im Tagesspiegel: Ein Fuchs unter Beschuss

    Denn der „Spiegel“ hatte berichtet, dass Hanning gegenüber Dritten freimütig eingeräumt haben soll, mit seinem Insiderwissen Quoten für Spiele im deutschen Profihandball bewertet zu haben.

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