Habe es doch tatsächlich noch rechtzeitig von der echten Sportpolitik im olympischen Machtzentrum Lausanne zur Theorie an die Universität Göttingen geschafft, um dort dem Symposium „Sportpolitik als wissenschaftliche Entwicklungsregion“ zu lauschen, über das wir hier ja schon nett diskutiert haben. Mal sehen, was da so alles entwickelt werden kann (Programm, pdf).
Gerade spricht der Ethnologe Rolf Husmann über Buzkashi, ein Reiterspiel der Stämme am Hindukush, dessen Weiterentwicklung Qarajai. Natürlich auch über Ehre, Konkurrenz, Rivalität, Stärke – zentrale Komponenten der Sportpolitik.
to be continued …
Also, ist zwar nicht Weihnachten, aber ich würde gern lesen, welche Reformüberlegungen die Vertreterin aus der Entwicklungsregion namens Paul-Löbe-Haus vorträgt, ob es sich tatsächlich um Ideen handelt, die einschlägige Praxiserfahrungen bezüglich verbandsnaher Interessenpolitik und koalitionärer Konsensdemokratie irgendwie reformieren könnten. Und wenn ja und vor allem: In welche Richtung?
wg.
Das würde mich auch interessieren, auch wenn ich die Postulate zu kennen glaube. Doch sie kommt nun doch nicht, lässt sich durch ihren Parteikollegen und Sportfunktionär Martin Gerster vertreten.
Ein Referent aus Köln erzählt gerade, dass es statt Lobbyismus (wie ich gern am Beispiel des Sportausschussses sage) eher Korporatismus heißen müsste. Muss mal drüber nachdenken.
korporatismus? Gibt es das Wort überhaupt, oder erfinden wir gerade einen neuen Joker für das Bullshit-Bingo?
Nur, weil der Name negativ behaftet ist, schafft man mit rebranding kein positiveres Resultat …
ok, wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Quelle: Wikipedia
@ Korporatismus: Nicht zuletzt, weil diese Wirtschaftsform typischerweise von den deutschen Nationalsozialisten schon einmal – bekanntlich unter ausdrücklicher Suspendierung aller von der (unausdrücklich unter dem Führerprinzip ohnehin praktisch als absolut überflüssig erachteten) Verfassung einmal garantierten individuellen Freiheitsrechte – verwirklicht worden ist, hat der verbale Verschiebungsvorschlag von ‚Lobbyismus‘ hin zu ‚Korporatismus‘ in der heutigen Zeit etwas besonders Aufschlussreiches.
Kluge spekulative Köpfe rechneten bereits vor ca. einem knappen halben Jahr damit, dass sich aufgrund des Scheiterns des Neoliberalismus speziell in Deutschland nicht unbedingt eine Stärkung der Demokratie einstellen würde:
Die Tageszeitung, 14./15. Februar 2009: Ein schizophrener Moment; Interview: Robert Misik
Na, wenn das mal stimmt, was die existierende Wissenschaft zum Korporatismus bereit hält:
http://www.bpb.de/publikationen/G5AS3B,0,Vom_Korporatismus_zum_Lobbyismus.html
[@ ha] Was Herr v. Alemann von der Bundeszentrale für politische Bildung da sagt, ist schwer nachvollziehbar; es sieht mir gar danach aus, als würde er sich rasch von der Matte machen und den Korporatismus im Pluralismus verstecken, während er durch Geisselung des „Pluralismus pur“ als Lobbyismus den K. stillschweigend wieder als irgendwie besseren Sonderfall in den Vordergrund spielt. Das wäre tendenziös.
Solange alle Begriffe, nicht nur Korporatismus und Pluralismus, von einer nicht näher bestimmten Interpretation abhängen, frage ich mich (immer öfter), ob die Sache, die mit „Pluralismus“ bezeichnet sein soll, auch noch etwas mit Pluralität an sich zu tun hat.
Denn da der ‚Pluralismus‘ stets Hand in Hand mit jenem gängigen Prinzip zu kommen scheint, „wonach jedes Werk [und wohl auch jeder Begriff] zu jedem Augenblick einer unendlichen Interpretation unterzogen werden kann (unendlich im doppelten Sinne als Interpretation, die sich nie erschöpft und die unabhängig von ihrer zeitlich-historischen Situation möglich ist)“*, erscheint mir dieser Begriff als solcher eher wie die wohlfeile Hülse für eben alles mögliche, möglicherweise also – und dann hat der Herr Alemann paradoxerweise vollkommen recht, sogar wenn er an der Stelle gar nichts gesagt hat – auch den Korporatismus. Wobei „übergreifende Kategorie“ schon stark ist, wenn es sich denn wirklich bloß um eine Worthülse handeln sollte.
Es gibt ein „genuin von [Walter] Benjamin geprägtes hermeneutisches Prinzip, das das genaue Gegenteil (jenes) gängigen Prinzips ist – das Jetzt der Lesbarkeit (oder der Erkennbarkeit)“*, und ich schätze, der „Korporatismus“ würde sich unter diesem allein schon aufgrund seiner belasteten Vergangenheit zumindest nicht als die Erlösung vom Lobbyismus auf einer fröhlichen back-to-the-roots-Schiene suggerieren lassen, wie es mir jener Artikel der BpB zu versuchen scheint.
*Zitate von G. Agamben, Die Zeit, die bleibt, S. 162
Hendrik Maaßen im Göttinger Tageblatt: Sportpolitik hat noch viele Entwicklungsregionen