Nun also LaShawn Merritt. Bester Rundenläufer der vergangenen Jahre, Bezwinger des unbezwingbaren Jeremy Wariner, Olympiasieger 2008, Weltmeister 2009, Dopingsperre 2010. Drei Mal wurde Merritt positiv auf das Prohormon DHEA getestet. Er hat die Verwendung zugegeben und seine vorläufige Suspendierung akzeptiert, was sehr ungewöhnlich für amerikanische Dopingfälle ist und zwei Fragen aufwirft:
- Merritt ist eigentlich eine ehrliche Haut und wollte nur ein bisschen angeben, weshalb er DHEA genommen hat, um seinen Schwanz zu vergrößern, wie er selber sagt.
- Merritt hat anderes zu verbergen, DHEA ist nur eine von vielen Drogen, die er nimmt.
Für die erste These spricht u.a., dass sich Merritt als dämlich und unreif bezeichnet.
Für die zweite These spricht u.a., dass DHEA ein ziemliches Modemittel ist und von etlichen Fachdopern benutzt wurde, die in größere Doping-Netzwerke eingebunden waren – etwa die Olympiasieger Justin Gatlin und Tyler Hamilton. Hamilton erklärte seinerzeit, er habe DHEA gegen Depressionen genommen. Ich will mich nicht über Gatlins Probleme lustig machen, sage nur, dass ich nicht weiß, ob Gatlin jemals angegeben hat, DHEA gegen sein ADHS-Problem eingesetzt zu haben (mit dieser Begründung konnte er 2001 seine erste Dopingsperre verkürzen).
Basis-Infos über Dehydroepiandrosteron (DHEA) und Doping kann jeder leicht googeln. Nur die wichtigsten Infos für Laien wie mich: DHEA ist ein Prohormon, eine Zwischenstufe des Testosteron; es gilt als Hormon der Jugend, wird als Anti-Aging-Mittel eingesetzt; Vertrieb in Deutschland ist verboten; in den USA sind Mittel (etwa Nahrungsergänzungsmittel) erlaubt, aber auch nicht in allen Bundesstaaten; die Wirkung ist umstritten, manche sprechen von Quacksalberei, andere wollen Wirkungen nachgewiesen haben.
Das soll mal reichen, anders als im Fall Pechstein liegen die Dinge hier etwas klarer. Deshalb, glaube ich, ist es angemessen, jener Spur nachzugehen, die LaShawn Merritt gewiesen hat: Der Penis-Vergrößerung. Nein, diese Spur führt nicht zu Kai Diekmann, sondern zur Frage:
Wie lauten die absurdesten/dämlichsten/frechsten/skurrilsten Doping-Ausreden aller Zeiten?
Ich erinnere mich an von der Ex gebackene Doping-Pirogen, verseuchte Hühnchenschenkel / Hackfleisch / Avocado / Bonbons / Kräutertee, zuviel Sex, Mischwesen, böse Tanten und Schwiegermütter, asthmakranke Hunde und etliches mehr. (Die Zahnpasta erwähne ich jetzt nicht, um keine erbitterte Ost-West-Diskussion aufflammen zu lassen.)
Vielleicht können wir gemeinsam einiges zusammentragen. Ich werde mich anschließend um eine dem Internetz angemessene Aufbereitung bemühen. (Vielleicht können die Kollegen von sportticker.net helfen, die haben oft gute Ideen.)
Um Empörungs-Kommentaren vorzubauen, etwa von meinen Freunden Walter und Herbert, es geht mir nachrangig darum, mich zu amüsieren. Listen mit angeblich dummen Ausreden kann man leicht ergooglen, jedoch traue ich derlei Zusammenstellungen nicht. Was mich hier interessiert: Finden wir gemeinsam Originale, Protokolle, CAS-Urteile etc., in denen die Ausreden auftauchen und möglicherweise sogar belegt werden? Deshalb muss meine Fragestellung ergänzt werden:
Welche skurrilen Umstände für positive Dopingproben wurden erfolgreich geltend gemacht?
Mich interessieren nicht x-beliebige Links, sondern die Originale, so weit verfügbar. Also jetzt bitte nicht hundertmal RP-online und die anderen üblichen Verdächtigen verlinken.
Wenn sich am Ende doch nachweisen lässt, dass etwa asthmakranke Hunde eine Doping-Gefahr für leistungssporttreibende Hundebesitzer darstellen, geht das auch in Ordnung.
Nachtrag, 15.22 Uhr: Die Kokain-Küsse von Richard Gasquet und Pamela, die zu einer positiven Dopingprobe geführt haben sollen, sind natürlich sensationell!
Pingback: Tweets die Wenn das Hirn in der Hose sitzt oder: die schönsten Doping-Ausreden : jens weinreich erwähnt -- Topsy.com
Genügt das folgende den strengen Anforderungen?
ivonne-kraft.com: Querschnitt durch die Rennsaison 2007
BDR: Amtliche Bekanntmachung des Bund Deutscher Radfahrer
BMI: Abschlussbericht Projektgruppe Sonderprüfung Doping
UCI: Decisions on Anti-Doping Rule Violations made in 2007
Genial.
oder Frage 3: La Shawn Merritt verbeitet diese Version um von seinen Helfern, Managern, Trainern, Doping-Quacksalbern oder gar einem neuen Conte abzulenken.
CAS: CAS 2009/A/1930 WADA v. ITF & Richard Gasquet
Ralf, Du bzw. die Küsse von Gasquet und Pamela, Ihr seid die absolute Sensation!
Ralf, ganz herzlichen Dank auch von mir. Die Sätze könnten auch vor echten Gerichten gefallen sein :-)
Wenn man der Zeitung mit den vier Buchstaben Glauben schenkt, dann hat Frau Kraft während der „Explosion“ des Asthma-Sprays übrigens gar nicht geschlafen:
Sag ich doch, nicht irgendwelche Qualitätsmedien verlinken. Unter #2 hast Du ja schon BDR, BMI und UCI aufgeführt. Das ist offiziell, den Institutionen kann man trauen. Die sagen sicher nichts als die Wahrheit.
Handball-Torwart Galia bei seiner Verhandlung beim DHB:
Nicht verlinkbar, weil es wohl in seiner Dutzendfachigkeit zuviel wäre und ständig so benutzt wird, aber: im US-Sport, insbesondere im dopingdurchseuchten Baseball, ist neben „i didn’t do nothin'“ wohl das „i didn’t know it’s illegal“ üblich weil sie ja alle immer nur -wie sie ständig sagen- irgendwelche harmlosen „food supplements“ oder „over-the-counter drugs“ nehmen, oder bestenfalls eine einmalige Injektion zur schnelleren Heilung einer Verletzung vom Teamarzt verabreicht bekommen haben, ohne zu wissen was der da spritzt. Wer ahnt denn auch schon, dass in Nahrungsergänzungsmitteln und Grippekopfschmerztabletten irgendwelche Wachstumshormone enthalten sind, oder dass Teamärzte die Liste der verbotenen Substanzen nicht beachten damit sie ihrer Mannschaft möglichst effektiv schaden können…
@ Theofilo:
Hatte denn Martin Galia mit seiner Geschichte tatsächlich Erfolg? Im Urteil steht auch das folgende:
sportgericht.de: Sperre und Geldstrafe nach erwiesener Einnahme von Dopingmitteln (Fall Jan Ullrich)
Wer weiß, dass die Saison im Handball im September beginnt und bis Mai/Juni geht, weiß das Strafmaß einzuschätzen. Galia fehlte also in der Saisonvorbereitung und in den ersten Spielen.
Dafür, dass seine Frau ihm NOX-Pump in die Energiedrink tat, konnte er doch fast nichts und für die Inhaltsstoffe muss man sich als Leistungssportler sich ja erst nach der Kontrolle interessieren.
Nachweisbar und leistungsfördernd ist ja wie in diesem Beispiel noch auslegbar.
…zum Zeitpunkt der Einnahme nicht im geringsten daran gedacht habe, dass diese möglicherweise verbotene Substanzen beinhalten.
:D großes LOL …
Tolle Liste, weiter so. Was hat es denn mit dem Asthma-Hund eigentlich auf sich?
Jedenfalls ist Ralf hier mal ein positives Beispiel für „user generated content“ bzw. eher „user compiled content“.. ;)
Hier was aus dem SZ-Magazin. Die legendäre TV-Doping zu Olympia. Auf meinen 3 Browsern wird die allerdings nicht richtig dargestellt… :-( Da waren auch eine Menge Kracher drin!
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/statisch/tvdoping
Hier noch was handfestes. Immer diese Advocados…
http://www.on-dope.de/9-die-duemmsten-doping-ausreden.html
@J.W
Das soll mal reichen, anders als im Fall Pechstein liegen die Dinge hier etwas klarer. Deshalb, glaube ich, ist es angemessen, jener Spur nachzugehen, die LaShawn Merritt gewiesen hat: Der Penis-Vergrößerung.
Wenn man die Bilder anschaut von LaShawn Merritt
Kann man das nachvollziehen er ist Opfer der Quacksalberei!
Ralf, Du hast meinen Tag gemacht, wie man so sagt.
…neben der Belustigung aber eine interessante Frage, warum eine so offensichtliche Dummdreistigkeit im Lande der Florida-Rolfes und Meilen-Cems exakt überhaupt keine mediale Entsprechung findet?
Marco Borriello und das Kortison
Eine meiner Lieblingsgeschichten, hierzulande nicht gänzlich unbekannt, ist die von Marco Borriello, damals Fußballer beim AC Milan. Ende 2006 wurde Borriello positiv auf Kortison getestet, ein Hormon, dessen Anwendung zu therapeutischen Zwecken erlaubt, auf Grund seiner entzündungshemmenden und leistungssteigernden Effekte jedoch gemeldet werden muss.
Seine Freundin, das argentinische Model Belén Rodriguez, nutzte die Situation für einen Karrieresprung, indem sie an die Presse ging und u.a. im Fernsehen von einem „fatalen, ja letalen Körperkontakt“ sprach. Sie erklärte, dass sie an einer Vaginalinfektion gelitten habe, für deren Behandlung ihr der Arzt eine kortisonhaltige Creme verschrieben und zudem sexuelle Enthaltsamkeit verordnet habe. Leider habe sie sich, als sie die Nacht bei ihrem Marco verbrachte, an diese Verordnung nicht gehalten, den armen Kerl so angesteckt und ihm dann, ohne irgend einen Gedanken an Kortison, zum Gebrauch der heilenden Creme geraten, ein Rat, den er auch brav befolgte.
Die Geschichte war schlüpfrig genug, um Männer wie Medien zu begeistern, die sich die Gelegenheit nicht entgehen ließen, Fotos von der spärlich bekleideteten Schönen zu zeigen. Nur in den Augen der zuständigen Richter war Rodriguez‘ Version offenbar nicht völlig überzeugend: Borriello wurde für drei Monate gesperrt.
http://de.fifa.com/worldfootball/news/newsid=721240.html
http://magazine.excite.it/news/665/Belen-Rodriguez-e-il-doping-di-Borriello
http://www.paoloziliani.it/news.asp?id=515
meine persoenlich allerliebste ausrede falls ich mal getestet werde:
1000 mg cortison bei einem MS schub sind völlig normal.
also legt euch doch wie ich, liebe luegenbolde, eine schoene chronische krankheit zu.
bei asthma bekommt ihr doch nur kindergarten cortisondosen.
dieser beitrag war dann wohl subofftopic. entschuldigt bitte. shalom.
mir fällt da noch eine österr. langstreckenläuferin ein, die meinte, ihr hund habe vielleicht irgendwo rumgestreunt und das epo dann im fell herumgetragen ….
„Erfolgreich geltend gemacht“ wurde auch die folgende Geschichte:
sid: Stefan Schumacher hofft auf Freispruch
BDR: Amtliche Bekanntmachung des Bund Deutscher Radfahrer
Lustigkeit kennt keine Grenzen.
http://www.independent.co.uk/sport/general/athletics/merritt-apologises-for-foolish-mistake-1952871.html
In Anbetracht dieser potentiellen Dopinggefahr sollten unsere Fussballer während der WM in Südafrika auf den Besuch durch ihre Frauen verzichten. Und vor allem den Geburtstag vorher checken. Jogi, take care !
Nun denn. Der muss noch sein, passend zu Merritts Begründung (da scheint doch was dran zu sein. ;-)
@ Herbert: ich bin geradezu glücklich, dass Sie mein Lieblingszitat angebracht haben. In meiner Erinnerung hieß es: The lady deserved a treatment. Wir beide in Lustigkeit verbunden? Bei diesem ernsten Thema?
@ Jens
Dahinter stand keine Absicht von mir. ;)
Jähe Wendungen sind nicht auszuschließen. Man darf nur nicht an seinen Vorurteilen festhalten. Ich glaube jedoch, ich komme hier manchmal ernster rüber als ich es eigentlich bin.
Zum Glück besteht das Leben nicht nur aus Doping und die sich daraus ergebenden infights. Z.B. rollt heute der älteste Radklassiker in Belgien, LüBaLü, und Valverde will gewinnen. Ja dumm, da wären wir schon wieder beim unvermeidlichen Thema.
Noch eine Gemeinsamkeit: Auch ich komme hier regelmäßig „ernster rüber“, als ich es eigentlich bin. Und jetzt wieder zum Thema: Wenn das Hirn in der Hose sitzt bzw. sich dort verirrt hat. Kann außer Ralf, Theofilo, Herbert und lopez sonst niemand Belastbares beisteuern? Muss Mann denn alles selber machen?
Ich würde noch Simoni(?) und die Bonbons seiner Mutter in die Runde schmeissen, finde auf die schnelle aber keinen Beleg („AAL-Prinzip“).
Was würdest Du sagen, wenn dem Juristen sternburg die Gegenseite (vor Gericht) mit dem Argument käme: Wir wissen da was und würden mal in diesem Sinne argumentieren – nur belegen können wir es gerade nicht.
Dann würde ich sagen: Rechtsmeinungen und Rechtssprechung muss das Gericht eh selber kennen. Wenn ich es im Sinne des Mandanten und aus übertriebener Vorsicht darauf hinweise, wird dies ja wohl reichen, raussuchen kann das Gericht sich den Quatsch ja wohl selber. Gnagnagna.. ;)
zählt zur not auch der radelnde kollege schumacher, stefan? dessen auffällige blutwerte kurz vor der heim-wm in stuttgart (die freilich erst hinterher bekannt wurden) ließen sich ja letztlich einwandfrei durch eine akute durchfallerkrankung erklären. insofern natürlich nichts spektakuläres, weil ärztliches attest gewissermaßen die standardsituation unter den erklärungsversuchen.
aber die meldung aus erstbester hand liest sich, gerade im nachhinein, trotzdem ganz nett:
Schumacher macht sich zum gläsernen Athleten
Was denn, immer nur Radfahrer, kein Fussballer dabei?
@dieter
Doch, Mutu. Aber der hat nur 6 Monate Sperre bekommen, weil er ein Fussballer ist. ;)
Danke Herbert. Musste mich aber erst mal via google schlau machen wer das ist dieser Mutu -> http://www.google.com/search?q=mutu+fussballer+doping
Vielleicht passt das hier hin: Ein Schweizer Radrennfahrer erklärt, wie man erfolgreich mit einer Mikrodosis EPO dopt – nachdem er erwischt worden ist. Und das verdankt die Dopingkontrolle einiger überraschender Koinzidenzen: http://www.tagesanzeiger.ch/sport/weitere/Gedopter-Thomas-Frei-erklaert-wie-er-die-Kontrolleure-jeweils-taeuschte/story/20847622
Oh, gerade zufällig drüber gestolpert, als ich eine andere Sache gesucht habe. Deshalb der Zufallsfund ohne die geforderte Verlinkung, aber dennoch sehr schön:
Im April 2000 wurde der spanische Langstreckenschwimmer David Meca-Medina vom Bosman-Anwalt Dupont von einer vierjährigen Dopingsperre frei – mit der köstlichen Begründung, der Genuss der brasilianischen Spezialität Sarapatel (Fleisch, Leber, Niere und Innereien eines unkastrierten Ebers) habe den erhöhten Nandrolonwert in Meca-Medinas Urin verursacht.
„Er“ ist in diesem Fall Mike Rodgers, mit schlappen 9,86s immerhin noch auf Platz 4 auf der Jahresweltbestenliste über die 100m. Mal schauen, wie glimpflich er mit seiner Geschichte davonkommt — bislang zumindest ist er wohl noch nicht suspendiert worden vom US-Verband.
(Aber ich bin ja schon ein wenig erschrocken, als ich in dem Zusammenhang gelesen habe, dass man es heutzutage auch mit einer 9,80 nur eben so noch aufs virtuelle Weltbestenpodium schafft.
Außerdem möchte in an dieser Stelle noch Ben Johnson grüßen.)Pingback: Wenn das Hirn in der Hose sitzt: die schönsten Doping-Ausreden • sport and politics
SZ: Sex führte zu positivem Dopingtest
Sport Dispute Resolution Centre of Canada (SDRCC): In the matter of an anti-doping rule violation by Shawnacy Barber