Bin auf der Rückreise von Lausanne nach Berlin. Werde später eine Bildergeschichte nachlegen, damit das zur schönen Tradition wird. Derweil kurz nur zwei Machwerke, die ich gestern gedichtet habe. Manches doppelt sich, manches stand hier schon. Aber man kann das Rad nicht täglich neu erfinden. Prozessberichterstattung ist das, andere meinen: es ist nur eine Aneinanderreihung von Gerüchten und Vermutungen. Sehe ich anders. Beide Texte entstanden VOR der Präsentation der Präsidentschaftskandidaten, die hinter verschlossenen Türen stattfand.
Übrigens: Die Programme der sechs Kandidaten gibt es tatsächlich weltweit nur hier. Komisch.
- IOC presidency, election manifesto: Richard Carrión (Puerto Rico)
- IOC presidency, election manifesto: Ser Miang Ng (Singapore)
- IOC presidency, election manifesto: Thomas Bach (Germany)
- IOC presidency, election manifesto: Ching-Kuo Wu (Taiwan)
- IOC presidency, election manifesto: Denis Oswald (Schweiz)
- IOC presidency, election manifesto: Sergej Bubka (Ukraine)
LAUSANNE. Gibt es sie doch, die olympischen Gespenster? Stimmt es tatsächlich, dass da jemand eine unheimliche Macht entwickelt und derzeit jeden wichtigen Wahlgang des Weltsports mitentscheidet? Oder ist alles nur Einbildung, eine zwangsläufig erscheinende Häufung von Zufällen, so als ob nichts auf der Welt auf Zusammenhängen beruht? Jedenfalls, wieder wurde am Donnerstag über einen Wahlsieger namens Scheich Ahmed Al-Sabah gesprochen. Scheich Ahmed hatte die Bewerbung von Buenos Aires für die Olympischen Jugendspiele 2018 unterstützt. Also wurde Buenos Aires von der Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt. Und Ahmed eilte vor die Tür. Das macht er ein Dutzend Mal am Tag. Ahmed ist Kettenraucher.
[kraut project=“https://krautreporter.de/de/projects/94-macht-moneten-marionetten/“]„Ich habe nichts zu verbergen. Ich bin kein schlechter Kerl. Sie missverstehen mich“, sagt der Scheich. Zu viele böse Gerüchte wabern durch die olympische Welt. Zu viele Fakten von schmutzigen Wahlkämpfen vor allem in der asiatischen Sport-Diaspora sind bekannt. Und immer hat es mit dem kuwaitischen Sicherheitsminister Ahmed Al-Sabah zu tun, der auch mal OPEC-Präsident war, der dem IOC angehört, der die Weltvereinigung der nationalen Olympiakomitees (ANOC) und das asiatische Olympia-Council (OCA) führt. Ahmed ist ein Tausendsassa.
Die Liste seiner virtuellen Goldmedaillen in diesem Jahr: Anfang Mai die Entscheidung im schmutzigen Wahlkampf im asiatischen Fußballverband AFC. Scheich Ahmed, der übrigens auch mal Fußballnationaltrainer in Kuwait war, flog ein nach Kuala Lumpur und unterstützte den bahrainischen Scheich Salman. Also wurde Salman, nun ja, gewählt. Vier Wochen später in St. Petersburg: Scheich Ahmed unterstützte den Rumänen Marius Vizer bei der Wahl zum Präsidenten der Vereinigung aller Sport-Weltverbände (Sportaccord). Also wurde Judo-Weltverbandsboss Vizer, ein Freund von Wladimir Putin, auch Sportaccord-Chef. Und Ahmed nahm die Glückwünsche Dutzender Verbandspräsidenten und IOC-Mitglieder entgegen. Sein Adlatus Husein Al Musallam lobte sich selbst, dass er das, nun ja, Wahlergebnis, am Vortag exakt vorher gesagt hatte. Wenn der Scheich und seine Getreuen nicht schon so reich wären, sollten sie Lotto spielen.
In Lausanne wurde nun Buenos Aires Gastgeber der Jugendspiele, und wenn nicht alles täuscht, dann feiert der Scheich genau dort, in Buenos Aires, die nächsten zwei, nun ja, Wahlerfolge: Am 7. September wird der Ausrichter der Sommerspiele 2020 bestimmt. Am 10. September wird der neue IOC-Präsident gewählt. Der Scheich favorisiert für die Spiele 2020 Madrid, nicht Istanbul oder Tokio. Und er steht, noch, hinter dem deutschen Präsidentschaftskandidaten Thomas Bach, der fünf Herausforderer hat. Madrids Bewerbungschef Alejandro Blanco, auch NOK-Präsident Spaniens, ist ein wichtiger Verbündeter des Scheichs, und er verantwortet in Vizers Judo-Weltverband IJF den Entwicklungshilfefonds „olympische Solidarität“. Der Scheich, auch das nur ein Zufall, ist im IOC für den mit 435 Millionen US-Dollar gefüllten Entwicklungshilfetopf verantwortlich.
Die Spanier unterstützten mit ihren Verbindungen gerade Buenos Aires gegen Medellin und Glasgow. Die Argentinier um den Milliardär Gerardo Werthein, IOC-Mitglied, werden in Buenos Aires vieles für Madrid und den Scheich und damit auch für Thomas Bach tun. So sah es am Nachmittag jenes Tages aus, da die sechs Präsidentschaftskandidaten unter Ausschluss der Öffentlichkeit den IOC-Kollegen ihre Programme präsentierten.
Thomas Bach ist der Favorit für den IOC-Thron. Er dürfte im ersten Wahlgang 35 Stimmen sicher haben – wahrscheinlich werden 47 Stimmen für die absolute Mehrheit reichen. Bach polarisiert aber auch am meisten. Längst formiert sich deshalb eine kleine Opposition, die ihren Unwillen in der Botschaft „ABB“ äußert, das Akronym steht für: Anyone but Bach – jeder außer Bach.
Der unheimlich wachsende Einfluss des Scheichs ist immer mehr Olympiern, die nicht an Zufälle glauben, ein Dorn im Auge. So erfolgreich und mächtig der Kuwaiti auch die Strippen zieht. Seine Machtdemonstrationen könnten in zwei Monaten zum Bumerang werden. Angeblich soll es darüber unlängst im Beau Rivage Palace Hotel, wo der Scheich in Lausanne residierte, eine Auseinandersetzung zwischen ihm und Bach gegeben haben. Wie Insider berichten, habe Bach um mehr Diskretion gebeten, nicht wie in St. Petersburg, als der Scheich zu offensichtlich agierte. Der Scheich fühlte sich brüskiert. Welcher Scheich lässt sich schon gern etwas sagen. Zumal, noch so ein olympischer Zufall, kuwaitische Investoren doch Mehrheitseigner an jener Firma aus Tauberbischofsheim sind, der Weinig AG, bei der Bach seit vielen Jahren als Aufsichtsratschef agiert.
* * *
LAUSANNE. Am 10. September wird in Buenos Aires der mächtigste Mann des Weltsports gewählt. Sechs Männer bewerben sich um die Präsidentschaft im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Es könnte ein historischer Tag werden, denn Thomas Bach, ein Wirtschaftslobbyist aus Tauberbischofsheim, ist Favorit. Es gab noch keinen deutschen IOC-Präsidenten. Doch der Widerstand wächst und manifestiert sich in einem Akronym, das in der Branche die Runde macht: ABB. Anyone but Bach. Jeder außer Bach!
Vor einem dreiviertel Jahr sah es so aus, als strebe der DOSB-Präsident Thomas Bach (59) allein auf weiter Flur den IOC-Thron an. Wann immer der Name eines möglichen Kontrahenten in Medien genannt wurde, erkundigte sich der deutsche Olympia-Karrierist bei der betreffenden Person, ob das stimme. Manchmal reagierte Bach schnippisch, mitunter verärgert, berichten Teilnehmer dieser Gespräche. Stets habe er klar gemacht, wie viel ihm dieser Karriereschritt bedeute und dass er viele Unterstützer habe. Derlei Reaktionen waren Thema in IOC-Zirkeln, zumal Bach seit der Niederlage der Münchner Olympiabewerbung für die Winterspiele 2018 auch energisch daran gegangen war, Abweichler aufzuspüren. Das kam nicht gut an.
München hatte im Juli 2011 gegen Pyeongchang (Südkorea) krachend mit 25 zu 63 IOC-Stimmen verloren. Für Bach war das eine sehr emotionale Sache gewesen, erstmals hatte er sich echt engagiert für eine deutsche Bewerbung – und anschließend Tränen vergossen. Langjährige Weggefährten hatten ihn gewarnt und München keine Chance eingeräumt. Doch Bach verschätzt sich und rechnete mit bis zu 40 Stimmen im ersten Wahlgang. Als die Tränen getrocknet und der erste Schock verdaut war, wollte es Bach wissen und suchte nach jenen IOC-Mitgliedern, die ihm und München die Gefolgschaft verweigert hatten. Teilnehmer mancher Vieraugengespräche berichten irritiert von einer bislang nicht bekannten Aggressivität des deutschen Vorzeige-Olympiers.
Der turnusmäßig nach zwölf Jahren aus dem Amt scheidende Belgier Jacques Rogge soll im März in Lausanne mindestens zwei der Kandidaten ermuntert haben, gegen Bach anzutreten. Rogge ist eher Kollege, aber kein Freund von Bach. Als sich die wichtigsten Funktionäre des Milliardenkonzerns IOC Ende April zur Eröffnung des „Juan Antonio Samaranch Memorial Museums“ im nordchinesischen Tianjin trafen, streute jemand zum ersten Mal ein verschwörerisch klingendes Kürzel: ABT. Anyone but Thomas – jeder außer Thomas.
Aus ABT wurde einige Wochen später ABB. Jeder außer Bach. Feixend raunt man sich die drei Buchstaben zu. Und Bach hat nun fünf Kontrahenten: Ser Miang Ng (64) aus Singapur, Richard Carrión (60) aus Puerto Rico, Sergej Bubka (49) aus der Ukraine, Denis Oswald (66) aus der Schweiz und Ching-Kuo Wu (66) aus Taiwan. Das Sextett präsentiert heute Abend auf der außerordentlichen IOC-Session in Lausanne unter Ausschluss der Öffentlichkeit ihre Programme.
Aus der von vielen befürchteten One-Man-Show ist ein Wettkampf geworden. Das IOC hat nun wirklich die Wahl. Bach hat nach wie vor die meisten Unterstützer und bleibt Favorit. Ihm traut man 35 Stimmen im ersten Wahlgang zu. Er polarisiert aber auch am meisten. Zum Beispiel wegen seiner Nähe zum vermeintlichen IOC-Königsmacher, dem einflussreichen und umstrittenen Scheich Ahmed Al-Sabah aus Kuwait. Der Präsidentschaftskandidat Oswald hat kürzlich angemerkt, was der Scheich treibe, entspreche nicht seinem Demokratieverständnis. Al-Sabahs Parteinahme für Bach würde gegen mindestens drei Regeln verstoßen, die von der IOC-Ethikkommission für diesen Wahlkampf aufgestellt wurden. Selbst wenn es weltfremd klingt: IOC-Mitgliedern ist nicht einmal eine verbale Unterstützung für einen Kandidaten gestattet, geschweige denn Stimmen-Deals und andere Arten des Beistands – was der Scheich natürlich abstreitet.
Vor zwei Wochen soll es in Lausanne im Beau Rivage Palace Hotel einen heftigen Wortwechsel zwischen Bach und Al-Sabah gekommen sein. Bach habe darum gebeten, etwas diskreter aufzutreten und sich nicht als Königsmacher zu positionieren – nicht so wie in St. Petersburg, als der Scheich den Rumänen Marius Vizer zum Präsidenten der Vereinigung alles Sport-Weltverbände (Sportaccord) gekürt hatte. Der Scheich sei von Bachs Vortrag pikiert gewesen und habe seither einigen Personen klar gemacht, dass eine Unterstützung für Bach nicht ewig währen müsse.
Bei sechs Kandidaten bestehen naturgemäß viele Optionen. Die Wahl-Arithmetik im IOC ist nicht frei von Überraschungen. Wer in der ersten Runde vorn liegt, muss nicht zwangsläufig Präsident werden. Zuletzt hat es derlei Wähler-Wanderungen drei Mal gegeben: Pyeongchang hatte bei der Vergabe der Winterspiele 2010 und 2014 im ersten Wahlgang die meisten Stimmen – unterlag aber letztlich gegen Vancouver und Sotschi, weil die meisten derjenigen, die für die zunächst ausgeschiedenen Salzburger gestimmt hatten, zu Vancouver und Sotschi wanderten. Und bei der Wahl der Olympiastadt 2016 lag zunächst Madrid vorn, musste sich im dritten Durchgang aber Rio de Janeiro beugen.
Auch deshalb sollten Ser Miang Ng oder Richard Carrión, die Rogge aus verschiedenen Gründen am nächsten stehen, nicht abgeschrieben werden. 43 der aktuell 103 IOC-Mitglieder wurden seit 2001 in Rogges Präsidentschaft aufgenommen. Das schafft durchaus Abhängigkeiten.
Gespannt wird in IOC-Kreisen derzeit beobachtet, wie Bach mit dem gewachsenen Druck umgeht. Seit Jahrzehnten verzehrt er sich nach dem IOC-Führungsposten. Wird er zu ungeduldig? Verärgert er weitere Kollegen? Kann er auf den Scheich bauen oder sucht der sich einen anderen Favoriten? Und schließlich: Verbünden sich seine Herausforderer, die sich im Übrigen blendend verstehen und schon über Bachs Unruhe amüsieren, und versprechen sich gegenseitig Unterstützung? Das wäre die größte Gefahr für Bach. Zumal, wenn der Slogan ABB weitere Dynamik entwickelt. Anyone but Bach: Es gibt Alternativen.
Hätte ja irgendwie nicht gedacht, dass jetzt schon diese Jugendspiele Teil des Pokers sind.
Danke für die Aufklärung über die nächste
ungünstigerfolgreiche Generalprobe ;)Interessant: David Owen in „Inside the Games“ :
Zwischen der Zeilen (oder bin ich das nur?) lese ich –
Oswald ist schon Geschichte; Wu ist eine Lösung, die geeignet wäre – und deshalb chancenlos ist (wie die Tokyo Bewerbung in Kopenhagen, Liebling der Sportler aber politisch unterlegen); Bubka zu jung und rebellisch (junge Leute? Sind wir selbst); Ng weißt die richtigen Knöpfe zu drücken, ist also nicht aus dem Rennen, muss aber mehr Präsenz und olympische Politik zeigen, Bach nach wie vor, nun ja, Favorit, und Carrión ABB Kandidat (oder wie sollte man das verstehen:“ This is potentially quite an important breakthrough, since the Puerto Rican is in some ways the status quo candidate.“)
Übrigens, ob es für Bach vorteilhaft, eine Unterstützung von den
jüdischenÜber-israelische-Politik-Andersdenkenden Wertheins zu bekommen, wenn damit der Scheich verärgert sein könnte? Und was wird die Ghorfa über die Geschäftsbeziehungen zu sagen haben? Koscherstempel stattJuden-Reinheitsschein?@ Alon: Das ist von mir in der aktuellen Produktion (wieder mal) zu unsauber formuliert worden: Natürlich ist da unten erstmal nur Gerardo W. Der IOC-Nachbar von der anderen Flussseite, Julio Maglione, steht direkt unter des Scheichs Knute. Maglione, dicker Kumpel (FINA) des Bach-Kumpels Ramsamy, wählt Bach.
Aber zu Argentinien: Was ich damit sagen wollte: YOG war nur Verfügungsmasse, die YOG interessieren nicht wirklich, sonst hätte man sie nach Glasgow (wegen der Infrastruktur) oder Medellin (wegen der Story), aber nicht nach Buenos Aires (schlechteste Bewertung) gehen müssen.
Auf eine einzelne Stimme kommt es nicht drauf an, es geht um die Allianz Spaniens/Madrids mit dem Scheich. YOG war ein Zückerli, wie sie hier wohl sagen (bin gerade auf Zwischenstopp in Zürich). Ein Zückerli zunächst für Madrid 2020. Aber nicht alle Südamerikaner, die am 7. September Madrid wählen, werden am 10. September in der ersten Runde für Bach stimmen. Werthein zum Beispiel wird, glaube ich, Carrión wählen. Solange der dabei ist.
Klingt doch alles ziemlich einfach, oder?
#2
Das sieht Denis Oswald laut Schweizer Medien selbstverständlich ganz anders ;)
Denis Oswald mit starkem Auftritt …
Die Geschichte auf Insidethegames ist ja eine hübsche Bestätigung für die ABB-Story. Der Jurist (Bach) und der Zahlenmensch (Carrion) versuchen offensichtlich, ihren Sympathiefaktor aufzustocken. Und beide erzählen nach den Präsentationen selbstverständlich, sie hätten das geschafft.
Dass darunter tatsächliche Defizite liegen, reflektiert der Branchendienst – anders als deutsche Medien, die 1:1 berichten über Bachs anekdotische Talente.
@ Jens
Sehe ich genauso wie du – dieses Thema (Ghorfa, Israel, Muslime, Juden, Gedöns) spielt eh eine sehr untergeordnete Rolle (wenn auch nicht für mich, natürlich). Was ihre Geschäfstfelder angeht, sind Gerardo und Richard sehr nah, bestimmt auch Geschäftspartner (das recherchiere ich aber jetzt nicht).
Nein, nein, es ist sehr einleuchtend. Buenos Aires, Madrid, Bach. (Übrigens, es sind die letzten vier schlechtestbewerteten Kandidaturen hintereinander gekürt worden. Auch eine Idee für eine schöne Wette in zwei/vier Jahren…). Gulf-Spiele in 15 Jahren können keine Asienspiele 2020 gebrauchen. Und davon würden alle verdienen. Bach als Berater der Gulfspiele? Ist ja Präsi nur bis 2025!
@ha
Die Schweizer haben eh schon immer eine sonderbare Sicht der Dinge gehabt. Macht sie sehr schweiz-zentriert, aber auch irgendwie sympatisch…
Fand den Branchendienst erstaunlich gehaltvoll, geradezu einladend, zwischen den Zeile zu lesen. Passiert auch nicht oft. Und deutsche Medien – come on, das hat man nicht wirklich anders erwartet. Wir sind IOC! (fast)
@ Alon
Wobei mir bei Insidethegames eher gefallen hat, was nicht zwischen den Zeilen stand, sondern erstaunlich explizit dargestellt ist.
Bach:
Carrion:
Bei Bubka z.B. kann ich ein Zwischen-den-Zeilen nicht erkennen. Die zitierte social-media-Attitüde wirkt sehr flach, einen Tick zu offensichtlich, und passt vor allem ausgesprochen wenig zu seinem geschäftstüchtigen Werdegang. Ich lese da eher, dass er das black horse in diesem Rennen ist, auch für Insider eines Branchendienstes ;)
*dark horse* … natürlich.
Hab mir die Präsentationen mal durchgelesen…der Sportfreund Weinreich schuldet mir vier Stunden Lebenszeit.
Einige optisch recht nett, inhaltlich eigentlich alle meh. Bubkas Idee der kulturellen Olympiade gefällt mir, das ist so ein hervorragend absurdes Konzept.
Ich glaube ja, dass die IOC-Familie immer noch hervorragend im Spiegelfechten ist. Die Geschichte hat gezeigt, wie man Kandidaten motiviert. Egal ob Städte oder Mitglieder. Ähnlich vermute ich es hier auch.
Kandidaten wie Oswald und Bubka wird erzählt, dass sie es schaffen könnten. Ganz bestimmt. Schmeißt nur ordentlich Kohle in Richtung Berater und Versprechen. Wie bei dem schwedischen Team dem Örtchen aus Falun. Dabei haben sie in meinen Augen nicht den Hauch einer Chance. Und hatten diese auch nicht.
Kandidaten wie Carrion und Ng werden motiviert, damit sie weiterhin am Ball bleiben und Versprechen abgeben. Wie Paris, mit dem sich dann Chirac ziemlich blamiert hat. Trotzdem dürfte dort auch ziemlich viel Geld an alle Beteiligten fließen. Was machen eigentlich die üblichen Spinndoktoren gerade? Für Madrid und Tokio buckeln? Reicht das aus?
Und dann ist Bach. Schon so gut wie gewählt. Aber es wär ja blöd, wenn das wirklich alles so glatt laufen würde, wenn es ihm zu leicht gemacht würde. Atlanta hatte im Nachhinein 1996 früh für sich, Barcelona vier Jahre vorher auch. Peking war in meinen Augen letztendlich auch ziemlich deutlich als Host-City vorherzusehen. Und doch hat man offiziell immer behauptet, dass es einen Wettbewerb gibt. Dass kein Kandidat so klar in Führung liegt. Und in den stillen Kämmerchen hat man das ebenso den Kandidaten kommuniziert. So kann man doch prima noch mehr Versprechen arrangieren, noch mehr Hospitality-Pakete einheimsen, und vielleicht die eine oder andere Hostess mehr kennenlernen.
Genau das stelle ich mir auch mit dem Scheich vor. Klar sitzt er schon jetzt an wichtigen Hebeln. Aber in meinen Augen braucht er auch den Zugriff auf die IOC Spitze. Nur so kann er sicherstellen, dass seine Leute auch ins IOC und damit in die entsprechenden Kommissionen kommen. Und dazu braucht er Thomas Bach, denn in meinen Augen ist er der einzige Kandidat, der den Scheich wirklich gut kennt.
Deswegen das Streuen des kleinen Missverständnisses. Diese halböffentliche Aussage, dass der Scheich nicht unbedingt den deutschen Kandidaten unterstützen muss. Dieses nicht-unterbinden des ABBs (ich könnt mich heute noch in den Arsch beißen, dass ich nicht schon früher gefragt habe, warum die Jungs und Damen im IOC Bach als Ding betiteln … ). In meinen Augen Spiegelfechterei.
Eine rein sprachliche Frage:
Dieses „Anything(-one) but …“ kannte ich schon als ABC-Gourmet-Regel für die Wahl des Weines: „Anything but Chardonnay“.
Weiß jemand, ob das als „Geflügelte Abkürzung“ noch älter ist?
BBC (Mar 23, 2000): Manchester United and the ABUs
linuxtoday.com (Jun 14, 1999): For the love of Linux: the Anything but Microsoft crowd
newswithviews.com (October 23, 2010): Carly Fiorina is the real deal
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Danke, Ralf, schön, dass man sich auf dich auch bei Kleinigkeiten verlassen kann!
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