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Das Olympische Bildungsmagazin

64. FIFA-Kongress in São Paulo: „We will have interplanetary competitions!“

* * *

Nebenher einige Notizen zum FIFA-Kongress in São Paulo. Gerade spricht Joseph Stalin Blatter. Wüsste ich es nicht besser, liefe ich Gefahr, einige seiner ersten Sätze als kritisch einzuschätzen.

Der Youtube-Kanal lässt sich leider nicht einbinden, vielleicht funktioniert das anderswo, nicht in meinem Blog.

Ooops, wie oft hat Sepp schon Disziplin, Respekt und Fairplay gesagt?

Bullshit-Counter?

Er hat es wirklich gesagt: Eines Tages „we will have interplanetary competitions“.

Er sah ängstlich aus, obwohl ihn das Wahlvolk außerhalb Europas doch gestern und vorgestern bei den Kontinentalkongressen gefeiert hat. Ich sage immer: Sepp ist eigentlich feige und unsicher. Den wohl schlechtesten Auftritt aller Zeiten, jedenfalls den ich gesehen habe, hatte er im April beim UEFA-Kongress in Astana. Eben nicht viel besser. Aber seine große Rede kommt noch.

15.05 Uhr: Was gestern und am Montag passierte, habe ich aus der Ferne und im Social-Media-Dialog mit zahlreichen Delegierten und Beobachtern vor Ort ein bisschen auf Twitter verfolgt – rechts in der Timeline bei Bedarf nachzulesen inklusive etlicher Lektüreempfehlungen. 5 Kontinentalverbände stehen hinter Sepp, nur die Europäer nicht. Aber machen wir uns nichts vor, eine Revolution ist das nicht.

Die Äußerungen aus Holland und England in allen Ehren, aber die UEFA rund um Michel Platini und Marios Lefkaritis und Ángel María Villar Llona und Michel d’Hooghe und andere ist tief in die Katar 2022 Geschichte verstrickt. Andere wie Russlands Sportminister Witali Mutko sind ebenfalls unglaubwürdig.

15.12 Uhr: Die Tagesordnung.

15.14 Uhr: Oh. Das elektronische Wahlsystem funktioniert nicht. Sie wählen mit Kärtchen.

15.21 Uhr: Jetzt aber. Er nennt es „the Presidential address“.

# Where we stand and what we are having.

# There is much to be proud of. Football is a success story.

Vorher hatte er schon gesagt, hört, hört:

# Auf dem Spielfeld haben wir Schiedsrichter, ein Zeitlimit und Außenlinien. Aber außerhalb des Spielfeldes haben wir keinen Schiedsrichter, keine zeitlichen und sonstige Grenzen.

Meinte er sich selbst, der seit 1975 bei der FIFA ist, 1981 seinen Schwiegervater aus dem Amt putschte, 1998 Präsident wurde mit Bin Hammams kräftiger Unterstützung und 2015 zum fünften Mal antreten will mit dann 79 Jahren? Der also keine Limitierungen der Amtszeit akzeptiert und glaubt, seine Werk sei noch nicht beendet?

# More commercial interest. More media (RACISTS) interest. More political interest.

Oh ja:

# The World Cup can be a platform for change. And an opportunity of national and international debate! (Letzteres sagt er zweimal.)

Irgendwie ist Fußball auch ein Tool für Frieden und Solidarität und Exzellenz und Respekt. Name it.

# Congress: How we are going to do this?

Lächerlicher Stil. Da fällt mir ein: Erstmals haben ihm seine PR-Berater gesagt, er solle vom Teleprompter ablesen. Er wollte nicht. Sie haben seine Schwächen natürlich erkannt, er hat – siehe oben, Astana – extrem nachgelassen. Ich kann es auf dem Video nicht sicher erkennen. Ich denke, er liest vom Zettel, nicht vom Teleprompter. Vielleicht beides. Gut ist er nicht. Das ist vorbei.

15.33 Uhr:

# Wir machen nicht Profit um des Profits Willen.

Klar doch.

15.37 Uhr: Leider kann Mohamed Bin Hammam ihn nicht dabei unterstützen, als er über das GOAL Programm spricht, aus dem Bin Hammam ihre Gefolgsleute lange Jahre bedient hat. Dokumentiert nun auch von der Sunday Times. Ja, klar, die Partnerschaft mit dem Friedensnobelpreis-Komitee.

Hope, faith and love! It is very philosophic!“

15.42 Uhr:

# Football is the most powerful organisation in the world!

# Congress, you, you, congress: Let us move forward! For the future! We have all reasons to be proud together.

We are leaders for everybody (in sport). Improve the game! Improve the world!“

Kein Wort über Katar. Kein Wort über Korruption.

15.49 Uhr: Serienlügner Valcke sagt „Our future is bright!“

16.01 Uhr: Er sagt wirklich „Don Julio Grondona“. Grandios Senior Vice President. Finanzchef der FIFA. AFA-Präsident gefühlt seit 1634. Multimillionär. Großganove.

16.26 Uhr: Ich muss dann mal los. Die Kinder abholen. Bestimmt verpasse ich eine sensationelle Aussprache und eine von der UEFA angezettelte Revolution.

Schon kommen die ersten she-said-he-said-Berichte in Agenturen und anderen Medien. Ehrlich gesagt, es interessiert doch gar nicht, was Platini, zum Beispiel, gerade der Sportschau sagt. Sondern was er tut. Für Katar tut. Für seinen Sohn. Seinen Schwiegersohn. Für Lefkaritis. et al.

16.31 Uhr: Domenico Scala. Oh: Er sagt, die Funktionäre sollten sich fragen, ob sie sich den Regeln entsprechend benehmen, ob sie Verwandte im Fußball mit Jobs u.a. versorgen … da schau her.

16.37 Uhr: Sehr coole Überschrift im Guardian: Sepp Blatter suggests that football could be played on other planets

18.32 Uhr: Habe ich außer der Mittagspause etwas verpasst? Die UEFA-Revolution?

Palästina vs Israel. Never ending story. Palästinas Vertreter fordert den israelischen Verband auf, die Maßnahmen ihrer Regierung hier vor dem FIFA-Kongress zu verurteilen.

Blatter gratuliert den Israelis zu ihrem Schweigen.

Nun Zypern.

Palästina und Zypern sind die beiden Problemgegenden. Um beide kümmert sich der Präsidentschaftskandidat Jérôme Champagne, der früher für Blatter den Cleaner spielte.

18.48 Uhr: Sepp:

# I am not any longer an ice man. I am a sad man.

# On our earth is only one race. It’s the human race .

# Fight for discrimination …

… sagt er seinem neuen Lieblingsfunktionär Jeffrey Webb, dem Banker von den Cayman Islands, der gewiss einiges erzählen könnte, wenn er denn wollte.

19.33 Uhr: Die haben es tatsächlich fertig gebracht und die lächerliche CAF-Resolution von gestern unter dem Tagesordnungspunkt „Rassismus“ zu den Akten genommen. Sunday Times und andere Berichte = Rassismus. Jetzt ist es offiziell.

Verlesen hat das Papier der FA-Präsident aus der DR Kongo, der schon 2011 beim FIFA-Kongress einer der Claqueure Blatters war. Selemani Omari sagte damals:

We are ill at ease with people who wield unfounded accusations. Who accuses must provide evidence.“

Beweise lagen schon damals vor. Jetzt ist es noch ein Stapel mehr. Aber Omari will es trotzdem nicht wissen. Weiß jetzt gar nicht, ob er in den Unterlagen auftaucht.

19.40 Uhr: Zum Finanziellen. Das hatte ich vorhin vergessen.

Jetzt kommt noch was dazu:

Das heißt, jeder Verband in jedem abgelegenen Flecken der Erde kassiert von 2014 bis 2018 mindestens 2 Millionen Dollar (davon 750.000 als Bonus) plus mindestens 1 GOAL-Projekt (600.000). Ich kenne Verbände, die haben ein paar Hundert Fußballer, und die Präsidenten nutzen das Geld im Prinzip nur dazu, ihrer Familie ein fürstliches Auskommen zu bieten.

Einer geht noch:

20.26 Uhr: Theo 20er. Michael Garcia.

Come to the point, Michael.

21.57 Uhr: Schluss jetzt. Ist nicht auszuhalten. Ein paar Tweets zum Abschluss eines schrecklichen Tages.

Und schließlich:

10 Gedanken zu „64. FIFA-Kongress in São Paulo: „We will have interplanetary competitions!““

  1. Vielleicht sollte dem guten Herrn Blatter mal jemand sagen, dass er auf dem sicheren Weg ist, die Fußball-Welt zu spalten. Dann können demnächst die afrikanischen Despoten (und Geldeinsacker) mit den arabischen „Für Geld kriege ich alles“-Scheichs (und Geldverteilern) um die goldene Ananas spielen. Die jüngsten Wortmeldungen aus der UEFA (okay, es sind bislang nur England und Deutschland zu vernehmen) lassen jedenfalls hoffen, dass der Tag des jüngsten Gerichts für die FIFA nicht mehr weit ist.
    Das Motto kann fast nur noch lauten: „Save Football – Destroy FIFA!“

    Der Guardian-Artikel von Marina Hyde ist übrigens auch absolut lesenswert.

  2. Pingback: Ticker: Donnerstag, 12. Juni 2014 | Fokus Fussball

  3. Immer wieder lustig, dass Leute, wer plötzlich zum total harten „Kritiker“ wird, ohne dass das mit Vorleistungen gedeckt wäre.

  4. SpOn-Kolumne von Jakob Augstein: Korruption im Fußball: Schluss mit der WM!

    Der internationale Fußball ist Leuten wie Sepp Blatter, Franz Beckenbauer und Michel Platini in die Hände gefallen. Es muss gelingen, ihn wieder zu befreien. Sonst droht das Geld den Fußball zu vernichten, so wie das Doping den Radsport vernichtet hat.
    […]
    Die großen Sportereignisse sind zu gigantischen Geldpumpen in der amoralischen Thermodynamik eines entgrenzten Globalkapitalismus geworden: Westliches Geld leistet am Austragungsort institutionelle Aufbauhilfe für ein Geflecht aus bestechlicher Bürokratie, korrupten Unternehmen und organisierter Kriminalität und fließt dann über Firmenaufträge und Konsumgüterverkauf wieder an seinen Ursprungsort zurück. Unterwegs sind ein paar Leute sehr reich geworden und noch viel mehr ihrer Rechte verlustig gegangen, manche ihres Lebens. Der internationale Sport ist ein Schweinesystem.

  5. Pingback: 64. FIFA-Kongress in São Paulo: “We will have interplanetary competitions!” | SportSquare

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