* * *
Nebenher einige Notizen zum FIFA-Kongress in São Paulo. Gerade spricht Joseph Stalin Blatter. Wüsste ich es nicht besser, liefe ich Gefahr, einige seiner ersten Sätze als kritisch einzuschätzen.
Der Youtube-Kanal lässt sich leider nicht einbinden, vielleicht funktioniert das anderswo, nicht in meinem Blog.
Ooops, wie oft hat Sepp schon Disziplin, Respekt und Fairplay gesagt?
Bullshit-Counter?
Er hat es wirklich gesagt: Eines Tages „we will have interplanetary competitions“.
Er sah ängstlich aus, obwohl ihn das Wahlvolk außerhalb Europas doch gestern und vorgestern bei den Kontinentalkongressen gefeiert hat. Ich sage immer: Sepp ist eigentlich feige und unsicher. Den wohl schlechtesten Auftritt aller Zeiten, jedenfalls den ich gesehen habe, hatte er im April beim UEFA-Kongress in Astana. Eben nicht viel besser. Aber seine große Rede kommt noch.
15.05 Uhr: Was gestern und am Montag passierte, habe ich aus der Ferne und im Social-Media-Dialog mit zahlreichen Delegierten und Beobachtern vor Ort ein bisschen auf Twitter verfolgt – rechts in der Timeline bei Bedarf nachzulesen inklusive etlicher Lektüreempfehlungen. 5 Kontinentalverbände stehen hinter Sepp, nur die Europäer nicht. Aber machen wir uns nichts vor, eine Revolution ist das nicht.
Die Äußerungen aus Holland und England in allen Ehren, aber die UEFA rund um Michel Platini und Marios Lefkaritis und Ángel María Villar Llona und Michel d’Hooghe und andere ist tief in die Katar 2022 Geschichte verstrickt. Andere wie Russlands Sportminister Witali Mutko sind ebenfalls unglaubwürdig.
15.12 Uhr: Die Tagesordnung.
15.14 Uhr: Oh. Das elektronische Wahlsystem funktioniert nicht. Sie wählen mit Kärtchen.
15.21 Uhr: Jetzt aber. Er nennt es „the Presidential address“.
# Where we stand and what we are having.
# There is much to be proud of. Football is a success story.
Vorher hatte er schon gesagt, hört, hört:
# Auf dem Spielfeld haben wir Schiedsrichter, ein Zeitlimit und Außenlinien. Aber außerhalb des Spielfeldes haben wir keinen Schiedsrichter, keine zeitlichen und sonstige Grenzen.
Meinte er sich selbst, der seit 1975 bei der FIFA ist, 1981 seinen Schwiegervater aus dem Amt putschte, 1998 Präsident wurde mit Bin Hammams kräftiger Unterstützung und 2015 zum fünften Mal antreten will mit dann 79 Jahren? Der also keine Limitierungen der Amtszeit akzeptiert und glaubt, seine Werk sei noch nicht beendet?
# More commercial interest. More media (RACISTS) interest. More political interest.
Oh ja:
# The World Cup can be a platform for change. And an opportunity of national and international debate! (Letzteres sagt er zweimal.)
Irgendwie ist Fußball auch ein Tool für Frieden und Solidarität und Exzellenz und Respekt. Name it.
# Congress: How we are going to do this?
Lächerlicher Stil. Da fällt mir ein: Erstmals haben ihm seine PR-Berater gesagt, er solle vom Teleprompter ablesen. Er wollte nicht. Sie haben seine Schwächen natürlich erkannt, er hat – siehe oben, Astana – extrem nachgelassen. Ich kann es auf dem Video nicht sicher erkennen. Ich denke, er liest vom Zettel, nicht vom Teleprompter. Vielleicht beides. Gut ist er nicht. Das ist vorbei.
15.33 Uhr:
# Wir machen nicht Profit um des Profits Willen.
Klar doch.
Says godfather @SeppBlatter „We must carry that flame of honesty, responsibility and respect … the spirit of integrity!“ #FIFAcorruption
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
15.37 Uhr: Leider kann Mohamed Bin Hammam ihn nicht dabei unterstützen, als er über das GOAL Programm spricht, aus dem Bin Hammam ihre Gefolgsleute lange Jahre bedient hat. Dokumentiert nun auch von der Sunday Times. Ja, klar, die Partnerschaft mit dem Friedensnobelpreis-Komitee.
Hope, faith and love! It is very philosophic!“
15.42 Uhr:
# Football is the most powerful organisation in the world!
# Congress, you, you, congress: Let us move forward! For the future! We have all reasons to be proud together.
We are leaders for everybody (in sport). Improve the game! Improve the world!“
Kein Wort über Katar. Kein Wort über Korruption.
15.49 Uhr: Serienlügner Valcke sagt „Our future is bright!“
16.01 Uhr: Er sagt wirklich „Don Julio Grondona“. Grandios Senior Vice President. Finanzchef der FIFA. AFA-Präsident gefühlt seit 1634. Multimillionär. Großganove.
16.26 Uhr: Ich muss dann mal los. Die Kinder abholen. Bestimmt verpasse ich eine sensationelle Aussprache und eine von der UEFA angezettelte Revolution.
Schon kommen die ersten she-said-he-said-Berichte in Agenturen und anderen Medien. Ehrlich gesagt, es interessiert doch gar nicht, was Platini, zum Beispiel, gerade der Sportschau sagt. Sondern was er tut. Für Katar tut. Für seinen Sohn. Seinen Schwiegersohn. Für Lefkaritis. et al.
16.31 Uhr: Domenico Scala. Oh: Er sagt, die Funktionäre sollten sich fragen, ob sie sich den Regeln entsprechend benehmen, ob sie Verwandte im Fußball mit Jobs u.a. versorgen … da schau her.
16.37 Uhr: Sehr coole Überschrift im Guardian: Sepp Blatter suggests that football could be played on other planets
Lord Triesman calls FIFA a „mafia family“ and likens Blatter to Don Corleone. Report from PA’s parliamentary staff: http://t.co/TqHLbuMSSr — Martyn Ziegler (@martynziegler) June 11, 2014
18.32 Uhr: Habe ich außer der Mittagspause etwas verpasst? Die UEFA-Revolution?
Palästina vs Israel. Never ending story. Palästinas Vertreter fordert den israelischen Verband auf, die Maßnahmen ihrer Regierung hier vor dem FIFA-Kongress zu verurteilen.
Blatter gratuliert den Israelis zu ihrem Schweigen.
Nun Zypern.
Palästina und Zypern sind die beiden Problemgegenden. Um beide kümmert sich der Präsidentschaftskandidat Jérôme Champagne, der früher für Blatter den Cleaner spielte.
18.48 Uhr: Sepp:
# I am not any longer an ice man. I am a sad man.
# On our earth is only one race. It’s the human race .
# Fight for discrimination …
… sagt er seinem neuen Lieblingsfunktionär Jeffrey Webb, dem Banker von den Cayman Islands, der gewiss einiges erzählen könnte, wenn er denn wollte.
19.33 Uhr: Die haben es tatsächlich fertig gebracht und die lächerliche CAF-Resolution von gestern unter dem Tagesordnungspunkt „Rassismus“ zu den Akten genommen. Sunday Times und andere Berichte = Rassismus. Jetzt ist es offiziell.
Verlesen hat das Papier der FA-Präsident aus der DR Kongo, der schon 2011 beim FIFA-Kongress einer der Claqueure Blatters war. Selemani Omari sagte damals:
We are ill at ease with people who wield unfounded accusations. Who accuses must provide evidence.“
Beweise lagen schon damals vor. Jetzt ist es noch ein Stapel mehr. Aber Omari will es trotzdem nicht wissen. Weiß jetzt gar nicht, ob er in den Unterlagen auftaucht.
So, Omari Selemani, president of the DR Congo Federation, uses the FIFA Congress podium to accuse @thesundaytimes of ‚racism’…
— Osasu Obayiuwana (@osasuo) June 11, 2014
But Omari is yet to answer one question – Are the emails, proving cash disbursements from Bin Hammam to various African FA bosses a lie?
— Osasu Obayiuwana (@osasuo) June 11, 2014
19.40 Uhr: Zum Finanziellen. Das hatte ich vorhin vergessen.
benefits for FIFA’s 209 federations + 6 confederations: „extraordinary success premium“ 750.000 US$ for FA’s – 7 mio$ for confederations
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
Jetzt kommt noch was dazu:
Even more money for Blatter supporters: GOAL project single amount increased to 600.000 US $ #FIFAcorruption #racism
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
Das heißt, jeder Verband in jedem abgelegenen Flecken der Erde kassiert von 2014 bis 2018 mindestens 2 Millionen Dollar (davon 750.000 als Bonus) plus mindestens 1 GOAL-Projekt (600.000). Ich kenne Verbände, die haben ein paar Hundert Fußballer, und die Präsidenten nutzen das Geld im Prinzip nur dazu, ihrer Familie ein fürstliches Auskommen zu bieten.
FIFA will vote to add members to its judicial bodies. One member needs to be replaced because he’s been sent to prison
— tariq panja (@tariqpanja) June 11, 2014
Einer geht noch:
Says #FIFA’s Exco mbr d’Hooghe „intelligent people solve problems, genius people prevent them“ Well, his son Pieter got a job in #Qatar2022
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
20.26 Uhr: Theo 20er. Michael Garcia.
Come to the point, Michael.
21.57 Uhr: Schluss jetzt. Ist nicht auszuhalten. Ein paar Tweets zum Abschluss eines schrecklichen Tages.
Garcia claims he’s seen ‚vast majority‘ of #FifaFiles & says he has trawled tens of thousands of documents. We have hundreds of millions.
— Heidi Blake (@heidiblakeST) June 11, 2014
Sources in Garcia camp say he’s ruled out Mohammed Bin Hammam from his investigation & isn’t looking at his role in the 2022 bid. #FifaFiles
— Heidi Blake (@heidiblakeST) June 11, 2014
Pakistan FA speaking. The guy loves Sepp. He voted for Bin Hammam in 2009 at AFC congress and got GOAL project (400.000 $US) #FIFAcorruption
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
Well done @SeppBlatter no age limit for officials in FIFA. so, next step: re-elect Brazil giant João Havelange, now 98 years #FIFAcorruption
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
Swiss Marc Hodler (FIS, Ski) was longest serving president of an Olympic world federation with 47 yrs in office. 31 yrs to go @SeppBlatter
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
In 31 years, at his 109th birthday, @SeppBlatter could break world record as longest serving president of an olympic sport federation #FIFA
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
FIFA’s @SeppBlatter will neither become UN GenSecr nor Pope. new option: President of interplanetary league he was hallucinatung about today
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
It’s all about money. @SeppBlatter repeat: 750.000 $ bonus to 209 FA. 7 mio $ to 6 confederations + 600.000 $ basic in GOAL. applause! #FIFA
— Jens Weinreich (@jensweinreich) June 11, 2014
Its certainly a new more transparent FIFA. Blatter publicly announces payments to all FA’s before asking for their vote…..
— Simon Evans (@sgevans) June 11, 2014
Blatter tells congress „my mission is not finished“ & „I am ready to accompany you in the future“, confirming he’s standing for re-election
— Mark Bisson (@MBisson_WFI) June 11, 2014
Blatter: „you will decide who will take this great institution forward… I am ready..“ Round of applause. Ends speech.
— Richard Conway (@richard_conway) June 11, 2014
Blatter stelt zich helaas in zijn closing remarks inderdaad verkiesbaar. We hebben nog een jaar. Het congres moet dan beslissen
— Michael van Praag (@MichaelvanPraag) June 11, 2014
Und schließlich:
Blatter confirms he’ll stand again….meanwhile, Brazil will play in yellow.
— James Masters (@Masters_JamesD) June 11, 2014
Vielleicht sollte dem guten Herrn Blatter mal jemand sagen, dass er auf dem sicheren Weg ist, die Fußball-Welt zu spalten. Dann können demnächst die afrikanischen Despoten (und Geldeinsacker) mit den arabischen „Für Geld kriege ich alles“-Scheichs (und Geldverteilern) um die goldene Ananas spielen. Die jüngsten Wortmeldungen aus der UEFA (okay, es sind bislang nur England und Deutschland zu vernehmen) lassen jedenfalls hoffen, dass der Tag des jüngsten Gerichts für die FIFA nicht mehr weit ist.
Das Motto kann fast nur noch lauten: „Save Football – Destroy FIFA!“
Der Guardian-Artikel von Marina Hyde ist übrigens auch absolut lesenswert.
Hat man eigentlich schon was von FIFA one gehört?
Pingback: Ticker: Donnerstag, 12. Juni 2014 | Fokus Fussball
ZEIT-Kommentar von Christof Siemes: Abpfeifen! Jetzt!
Immer wieder lustig, dass Leute, wer plötzlich zum total harten „Kritiker“ wird, ohne dass das mit Vorleistungen gedeckt wäre.
SpOn-Kolumne von Jakob Augstein: Korruption im Fußball: Schluss mit der WM!
Schönes Video da oben. Erinnert mich spontan an ein altes Lied, das endet mit den Worten
Pingback: 64. FIFA-Kongress in São Paulo: “We will have interplanetary competitions!” | SportSquare
Aber, aber, aber:
«Der Fifa kann man bezüglich Korruption nicht mehr allzu viel vorwerfen. Die erwiesenermassen Korrupten wurden rausgeschmissen. Der Sepp hat das gut gemacht.»
http://www.blick.ch/news/politik/fifa-kritiker-roland-buechel-zum-wm-eroeffnungsspiel-mit-blatter-id2911183.html
online-Petition auf change.org: ARD, ZDF, Deutschland Radio: Meine GEZ-Gebühr nicht an die FIFA-Mafia