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Das Olympische Bildungsmagazin

BamS klaut und kämpft für Franz gegen die FIFA-Russenmafia

Deutschlands Fußball-Ikone Franz Beckenbauer wurde am Freitag von der so genannten Ethikkommission des Weltverbandes FIFA aus guten Gründen für 90 Tage suspendiert. Also mussten seine Geschäftspartner von Axel Springer, von Bild und Bild am Sonntag, handeln und ihrem Franz assistieren. So wie sie ihn seit Jahrzehnten stützen, gerade erst wieder nach den Berichten in der Sunday Times und im SPIEGEL über Beckenbauers Kontakte nach Katar.

Bild kämpft für Franz.

Heraus kam eine spannende Geschichte. Eine Titelgeschichte.

„Der FIFA-Boss und die Russen-Mafia“.

Das Werk von fünf Autoren. Und ein sechster Autor kommentierte.

bamscover

In der Online-Ausgabe erhielt die Enthüllungsgeschichte das Label Bild+ der zahlungspflichtigen Inhalte.

Denn Journalismus muss bezahlt werden.

Und derlei hochklassige Recherchen eines offenbar auf knallharte Investigationen spezialisierten Teams kosten etwas.

„Ein brisantes Foto liegt in den Akten deutscher Sicherheitsbehörden“, heißt es da.

Und: „BILD beweist Blatters Kontakte zu weltweit gesuchtem Kriminellen“. Es geht um ein Treffen von FIFA-Präsident Joseph Blatter im Januar 2005 im China Club in Moskau mit Alimsan Tochtachunow, einem seit 2002 weltbekannten Mafiosi.

Wow!

bams

Focus Online klaute natürlich gleich wieder die Exklusivmeldung der Bild-Gruppe: „In zwielichtiger Gesellschaft abgelichtet. Mafioso-Foto bringt neue Probleme für Fifa-Boss Sepp Blatter“.

Allerdings:

Auch die BamS-Story war geklaut.

Sieht man von einigen falschen Details und aufgeblasenen Formulierungen („heißt es aus deutschen Sicherheitskreisen„) ab, die wohl eher nicht stimmen, dann hat BamS im Grunde nur abgeschrieben und in pubertäre Zusammenhänge gebracht, was im Herbst 2008 in diesem Blog „exklusiv“ vermeldet wurde …

… was ich damals u.a. für die Berliner Zeitung („Wodka und Kalaschnikows“) und die Frankfurter Rundschau („Der lange Arm der Syndikate“) und später in erweitertem Zusammenhang (Whistleblower Waleri Morosow: “Es wird Blut fließen”) hier aufgeschrieben habe. Nur korrekter als BamS. Mit Quellenangaben. Natürlich mit einem Originaldokument. Und mit ein wenig Recherche.

Anders als BamS habe ich selbstverständlich auch den wunderbaren Film „Schattenreich russische Mafia“ von Alexander Gentelev sauber zitiert und empfohlen, in dem Alimsan Tochtachunow, den Blatter und UEFA-Boss Michel Platini (das verschweigt BamS aber) einst in Moskau trafen, eine Hauptrolle spielt.

Beim verzweifelten Versuch der BamS, ihren Geschäftspartner Beckenbauer in schweren Zeiten zu stützen, fällt außerdem auf: In der „Enthüllungsgeschichte“, in der geklaut und reichlich dumm versucht wird, Blatter mit der Russenmafia in Verbindung zu bringen (das lässt sich viel besser und wahrhaftiger tun), fehlt ein klitzekleiner Fakt. BamS-Partner Franz Beckenbauer ist seit Mai 2012 Botschafter des von Gazprom geführten Verbandes russischer Gasproduzenten. Über die Höhe der Zuwendungen an Beckenbauers Management ist nichts bekannt, aber die Gazprom-Truppe lässt sich gewöhnlich nicht lumpen.

Über die ebenfalls interessante Frage, wie ein solcher Content-Klau der BamS sich mit dem von Springer forcierten Leistungsschutzrecht verträgt, mögen andere urteilen.

* * *

Und nun zum Bildungsprogramm. Kurzes Q & A zu Beckenbauers Suspendierung durch die FIFA-Ethikkkommission:

Warum hat die Ethikkommission der FIFA Franz Beckenbauer für 90 Tage suspendiert?

Weil Franz Beckenbauer nicht mit Michael Garcia kooperiert hat, dem Chefermittler der Ethikkommission, der Korruption bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland und Katar aufklären soll. Am tatsächlichen Aufklärungswillen von Garcia, dessen Arbeit sich die FIFA Millionen kosten lässt, gibt es berechtigte Zweifel. Daran aber, dass Beckenbauer mit Garcia nicht kooperierte, bestehen keine Zweifel. Er hat es selbst bestätigt. FIFA-Vizepräsident Jim Boyce aus England, der als Funktionär einen tadellosen Leumund hat, forderte deshalb vergangene Woche, all jene zu bestrafen, die nicht kooperieren. Einige schwer umstrittene Figuren aus der FIFA-Führung wie Julio Grondona aus Argentinien haben sich, wenngleich unter Druck, den Fragen von Garcia gestellt. Beckenbauer verweigerte sich.

Warum hat Beckenbauer seine Meinung geändert?

Am Freitag verkündete die Ethikkommission die Suspendierung und die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens gegen Beckenbauer, für das Vanessa Allard aus Trinidad und Tobago verantwortlich ist. Beckenbauer sprach im TV-Sender Sky, von dem er fürstliche Honorare erhält, von einem Aprilscherz. Tags darauf präzisierte Ethikchef Alan Sullivan (Australien) auf meine Anfrage hin, Beckenbauer dürfe keine WM-Spiele und drei Monate lang überhaupt keine Fußballspiele besuchen. Verboten seien jegliche Aktivitäten im Fußball.

Ich hatte die Aussagen von Sullivan am Samstagmorgen zuerst auf Twitter veröffentlicht:

Franz Beckenbauer cannot participate in any football-related activity, which includes, amongst other things, being invited to attend or attending on a  private basis any football match in any capacity.”

Weltweit wurde der Name Beckenbauer in Medien im Zusammenhang mit Katar-Korruption als Verweigerer von Aufklärung genannt – ein PR-Desaster ersten Ranges.

Bei Sky und Beckenbauer-Manager Marcus Höfl schrillten die Alarmglocken. Sky kann es sich mit der FIFA nicht verderben, wenn man künftig wieder WM-TV-Rechte erwerben will. Höfl plant weiter diverse Aktivitäten im Fußball, so eine zweite Auflage des Camp Beckenbauer, ein Treffen der High Society des Fußballs, zu dem 2013 auch FIFA-Präsident Joseph Blatter kam. (Beim Camp Beckenbauer wird neben Axel Springer, natürlich, übrigens auch die Nachrichtenagentur dpa zu den Partnern gezählt, was manche fragwürdige Berichterstattung vom Camp aus dem vergangenen Jahr erklären könnte.) Nach juristischer Beratung soll Beckenbauer der FIFA noch am Sonnabend geschrieben haben, er werde Garcias Fragebogen bis zum 27. Juni beantworten. Dies teilte Höfl am Sonntag in einem einseitigen Statement mit, das viele Fragen unbeantwortet ließ.

Erklärung Beckenbauers zur FIFA-Sperre, 15.06.2014

„Wir gehen davon aus, dass die provisorisch verhängte Sanktion gegen ihn umgehend aufgehoben wird“, schrieb Höfl. Plötzlich hieß es auch, Beckenbauer habe gegenüber einem anderen seiner Geschäftspartner, der Bild-Zeitung, nie behauptet, er wolle nicht zur WM nach Brasilien fliegen. Reichlich nebulös.

Franz Beckenbauer ist doch nicht mehr im FIFA-Exekutivkomitee, warum soll er dennoch befragt werden?

Beckenbauer war von 2007 bis 2011 FIFA-Exekutivmitglied. Er gehörte zu jenen 22 Funktionären, die am 2. Dezember 2010 die WM an Russland und Katar vergaben und damit eine der umstrittensten Entscheidungen der Sportgeschichte trafen. Etliche korruptive Vorgänge sind bereits belegt und werden derzeit vor allem von der Londoner Sunday Times enthüllt. Beckenbauers enger Berater und Freund Fedor Radmann hat damals für eine hohe Millionensumme als Lobbyist für Australien gearbeitet. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte einen Deal mit Australien: Weil Australien zuvor seine Bewerbung für die Frauen-WM 2011 zurückgezogen hatte, versprach der DFB Unterstützung für die WM-Bewerbung 2022. Beckenbauer und Radmann trafen sich 2009 auf Vermittlung des korrupten FIFA-Funktionärs Mohamed Bin Hammam, der inzwischen lebenslang gesperrt ist, in Doha mit dem Emir von Katar. In diesem Gespräch versuchte Radmann, so lautete sein Auftrag aus Australien, den Emir zum Rückzug der Bewerbung und einen neuen Anlauf für 2026 oder 2030 zu überreden. Noch im Juni 2011 begleitete Beckenbauer Manager der Hamburger E.R. Capital Holding auf Vermittlung von Bin Hammam nach Doha. Beckenbauer war als Berater und Botschafter für die Firmengruppe tätig, die in Katar auf der Suche nach Investoren war. Ein Jahr später, Ende Mai 2012, wurde Beckenbauer Botschafter des von Gazprom geführten Verbandes russischer Gasproduzenten.

Was verbirgt sich hinter dieser Suspendierung?

Zunächst einmal nichts als eine Sperre im Rahmen des FIFA-Reglements. In Deutschland werden dennoch Verschwörungstheorien gestrickt, wonach Blatter damit angeblich seinen Kritikern in der Europäischen Fußball-Union (UEFA) schaden wolle. Für diese These gibt es keine Beweise. Vor allem aber sind Blatter und Beckenbauer sowie Radmann seit Jahrzehnten eng miteinander verbandelt. Sie gehören zum Inner Circle der umstrittenen FIFA-Familie.

* * *

Und nun wieder ab an die Werkbank. (Eingeweihte wissen Bescheid.)

36 Gedanken zu „BamS klaut und kämpft für Franz gegen die FIFA-Russenmafia“

  1. Schön wie immer mit zweierlei Maß gehandelt wird. Da wird Hr. Beckenbauer für 90 Tage „ausgeschlossen“ und sein Anwalt verlangt eine Anhörung seines Mandaten. Bei Stadionverboten in Deutschland haben die meisten Ausgeschlossenen auch kein Anhörungsrecht.

    Der ganze Vorgang bzw. die FIFA überhaupt ist so ein schrecklicher Haufen. Wie hältst Du das aus, JW? Jeden Tag Dich mit dem Sumpf zu beschäftigen.
    Schönes Zitat heute auf Twitter gelesen.
    „Ich bin ja ein Romantiker, ihr wisst das, aber ich möchte die Scheidung zwischen der FIFA und dem Fußball. Und ich möchte einen Rosenkrieg.“ https://twitter.com/mathiasrichel/status/478190632625012738

  2. Pingback: Interessante Zusammenfassung der Causa Beckenbauer | Frank Stratmann

  3. Das Schlimmste ist doch, dass sich keiner mehr schämt, wenn er dem Fussballkonsumenten so einen Morast anbietet. Sie meinen, dass es schon so okay ist. Vllt. fraternisiert auch noch die BK mit dem Kaiser. Da wäre dann die Mess perfekt.
    Wenn man dann noch auf blöd macht und nach jahrzehntelanger Globbetrotterei nicht mal einen englischsprachigen Fragebogen auszufüllen vermag, kann sich der/die ehrliche Sportsmann/frau eigentlich nur noch verachtungsvoll abwenden. Hier werden unter dem Deckmantel des Sports private illegale Geschäfte gemacht. Das Entreé-Billet dafür sind frühere sportliche Erfolge. Danke auch.

  4. Ob Frau Merkel dem umtriebigen Herrn Beckenbauer demnächst ihr „vollstes Vertrauen“ ausspricht?

  5. Pingback: Neues Ehrenmitglied der Sektion Stadionverbot - 5 Freunde im Abseits

  6. Pingback: [WM 2014] Turniertagebuch Tag 5 - Matchday! | Männer unter sich

  7. Pingback: Fußball-WM 2014: Meine Tage mit Übungsleiter Löw (5) | sportinsider

  8. Pingback: Mikrokosmos Fußball « SPREEBLICK

  9. Vielleicht hätte die FIFA Herrn Beckenbauer [GELÖSCHT, JW] … bieten müssen, damit er die Fragen beantwortet. Das wäre dann schließlich eine Sprache, die er fließend spricht.

  10. Hi,

    wurde Franz Beckenbauer jetzt tatsächlich ein Fragebogen nur in englischer Sprache (sogenanntes Juristen-Englisch) vorgelegt, wie in diversen Blättern erwähnt wird, oder gab es tatsächlich zweisprachige Ausführungen (deutsch – englisch), was ich auch schon auf einigen Seiten gelesen habe?
    Ich könnte es schon verstehen, dass er sich weigert ein Fragebogen auszufüllen, der im komplizierten Englisch verfasst ist, aber es handelt sich hier um Franz Beckenbauer, der genug Beziehungen und ein Management hat, die sich darum hätten kümmer können. Für uns Normalsterbliche wäre eine Weigerung aufgrund der Sprache noch vertretbar. Bei Beckenbauer könnte ich es verstehen, verstehe ich aber nicht.
    Und wenn es den Fragebogen in zweisprachiger Ausführung gab, dann ist die Weigerung noch unverständlicher.

    Ich hoffe, dass der Sumpf trocken gelegt wird.

  11. Zu „Was verbirgt sich hinter dieser Suspendierung?
    Ich weiß nicht, was Beckenbauer tun sollte, getan hat oder nicht getan hat. Als Jurist finde ich das Vorgehen der FIFA aber äußerst bedenklich:

    – Art. 83 greift nur, wenn „eine rechtzeitige Entscheidung im ordentlichen Verfahren zweifelhaft“ erscheint. Wo ist im konkreten Fall das Eilbedürfnis?

    – Beckenbauer gibt eine schlechte Figur ab, weil er nicht weiß, was er darf und was nicht. Das liegt an der Vagheit einer Sperre „für jegliche nationale und internationale Tätigkeit im Fussball„. Eine solche ist nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam.

    – 90 Tage sind nach Art. 85 Abs. 1 die härteste mögliche Maßnahme; der beanstandete mutmaßliche Verstoß von Beckenbauer gegen die Ethikregeln ist aber relativ geringfügig. Wo bleibt das Schuldprinzip?

    – Die Sperre über 90 Tage greift gerade während der FIFA WM ein, bedeutet für den Betroffenen also eine besondere Härte. Wo bleibt die Verhältnismäßigkeit?

    – Der deutsche Richter tritt in den Ausstand; die Entscheidung trifft daher ein australischer Richter. Die gleiche Nationalität wie der potentielle „Täter“ ist also ein Ausschlussgrund (Art. 35 Abs. 2); die gleiche Nationalität wie das potentielle „Opfer“ (WM-Vergabe zulasten Australiens) soll aber nicht unter Art. 35 Abs. 1 fallen?

    – Die Entscheidung bedarf, da wohl ohne Anhörung getroffen, der Bestätigung (Art. 84 Abs. 2) und kann überdies mit der Berufung angegriffen werden. Pressemitteilungen deutscher Gerichte erwähnen üblicherweise, ob und wie eine Entscheidung angreifbar ist. Die FIFA-Pressemitteilung erwähnt das nicht.

  12. @ AX #7

    Ich bin ein großer Freund der These, nicht alles in der Welt und im Leben den Anwälten zu überlassen. Und ich werde nicht den Anwalt der FIFA spielen. Meine Haltung, in weiten Teilen begründet, zum so genannten Reformprozess und zu den so genannten Ermittlungen der Ethikkommission, auch zum peinlichen Urteilsspruch des anerkannten Richters Hans-Joachim Eckert in Sachen ISL kann man nachlesen. Zum Beispiel in diesem offenen Brief, in dem wir erneut nicht schlecht lagen – denn fast alle erwähnten Punkte/Fragen sind nicht umgesetzt/beantwortet.

    Dies vorab.

    Was Beckenbauer getan hat, wird nicht in Abrede gestellt, sondern bestätigt. Er hat weder die Fragen von Garcia schriftlich beantwortet, noch sich dazu interviewen lassen. Und das nach jahrelangen öffentlichen Diskussionen über dieses Thema („Ermittlungen“, Mitwirkungspflicht, Korruption etc).

    Das steht für sich.

    Würden wir die Liste der Fragen kennen, ließe sich gewiss besser argumentieren. Da kommt u. U. noch einiges auf uns zu.

    Franz Beckenbauer hatte es in der Hand, es nicht so weit kommen zu lassen. Ihn jetzt als Opfer hinzustellen, scheint mir unangebracht.

    Ich weiß, dass Juristen am Ende immer bestimmen, selbst ohne die geringste Ahnung von der Materie, über die sie richten (ich meine nicht Sie, AX). Doch ich favorisiere mitunter den gesunden Menschenverstand.

    @ Daniel Schultz #8

    Wiktionary:

    Synonyme: abstauben, entwenden, lange Finger machen, mausen, mopsen, stehlen, stibitzen, umsonst einkaufen

    Gegenwörter: kaufen, erwerben, shoppen

  13. Hier nochmal die Pressemitteilung zur Suspendierung durch die Ethikkommission in Deutsch und Englisch.


    Statement of the independent FIFA Ethics Committee

    Franz Beckenbauer was today provisionally banned from taking part in any football-related activity, at any level, for 90 days. The deputy chairman of the FIFA Ethics Committee’s adjudicatory chamber, Alan Sullivan, issued the ban at the request of the chairman of the investigatory chamber, Michael J. Garcia. The ban is effective immediately.

    The decision was taken pursuant to the FIFA Code of Ethics art. 83 par. 1, on the grounds that a breach of the Code of Ethics appears to have been committed and a decision on the main issue may not be taken early enough. The apparent breach relates to Mr Beckenbauer’s failure to cooperate with an Ethics Committee investigation despite repeated requests for his assistance, including requests that he provide information during an in-person interview or in response to written questions provided in both English and German. The case is now the subject of formal investigation proceedings being conducted by investigatory chamber member Vanessa Allard as chief of the investigation.

    Pursuant to art. 35 par. 2(c), the chairman of the adjudicatory chamber, Judge Hans-Joachim Eckert, withdrew from participation in this matter.

    Mitteilung der unabhängigen FIFA-Ethikkommission

    Franz Beckenbauer ist heute provisorisch für eine Dauer von 90 Tagen für jegliche nationale und internationale Tätigkeit im Fussball gesperrt worden. Die Sperre wurde vom Vizevorsitzenden der rechtsprechenden Kammer der FIFA-Ethikkommission, Alan Sullivan, auf Antrag des Vorsitzenden der Untersuchungskammer, Michael J. Garcia, ausgesprochen und gilt ab sofort.

    Der Entscheid basiert auf Art. 83 Abs. 1 des FIFA-Ethikreglements, da davon ausgegangen werden kann, dass es zu einem Vergehen gegen das Ethikreglement gekommen ist und dass es nicht möglich sein wird, früh genug eine reguläre Entscheidung zu fassen. Das mutmassliche Vergehen steht im Zusammenhang mit der fehlenden Kooperation von Franz Beckenbauer in einer Untersuchung der Ethikkommission, obwohl er wiederholt angefragt wurde, in einem persönlichen Interview oder durch die Beantwortung schriftlicher Fragen, die in Englisch und Deutsch gestellt wurden, Informationen zu liefern. Der Fall unterliegt nun dem offiziellen Untersuchungsverfahren, das von Vanessa Allard, Mitglied der Untersuchungskammer, geleitet wird.

    Gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. c trat der Vorsitzende der rechtsprechenden Kammer, Richter Hans-Joachim Eckert, in dieser Sache in den Ausstand.

  14. Ich bin ein großer Freund der These, nicht alles in der Welt und im Leben den Anwälten zu überlassen.

    Das hätte der Sepp nicht besser ausdrücken können. Der regelt solche Dinge bekanntlich innerhalb der Familie.
    Der Franz hat auch begriffen, dass er fürchten müsste, nicht mehr zum Kaffee eingeladen zu werden, wenn er einen Anwalt hinzuzieht.

  15. Wie sind den so die Gepflogenheiten bei Journalisten wenn es um die Vergütung bei Content-Klau geht?

    Ich kenne es aus einer ganz anderen Branche so, dass einfach eine neutral formulierte Rechnung über erbrachte Leistungen zu marktüblichen Preisen gesendet wird. Meist wird die stillschweigend oder nach ein bisschen Hin und Her bezahlt.

  16. Ich würde dem franz durchaus zutrauen, dass es sein Selbstverständnis ist, dass er – der franz – sowas nicht beantworten müsse. Er versteht sich ja auch nicht mehr als FIFA Mitglied (=bin ja nicht mehr im Exco!).
    Für die FIFA kam es doch auch gerade Recht, hier wurde bis zum Kickoff ja doch über Brasilien berichtet (also über Demos und so). Auch die Prpaganda des FIFA Kongresses kam nicht so 100% positiv rüber. Da hilft so eine Suspendierung am staatlichen fussballkaiser ungemein in der Lenkung der Medien.

  17. Pingback: #Link11: Der herumstreunende Neuner | Fokus Fussball

  18. Eine sonderliche Lenkung bräuchte es hier eigentlich gar nicht. Die europäischen Verbände haben bei der Blattershow gut 50 von gut 200 Stimmen. Jetzt mal ungeachtet von „gezielten Zuschüssen“ an ihre Mitgliedsverbände und der offensichtlich dubiosen Struktur und dem Filz des Ganzen: die FIFA unter einem Rous war sehr eurozentrisch organisiert, vorsichtig ausgedrückt, und seit Havelange-Blatter hat auch der Rest der Fußballwelt erstmals ein zumindest gefühltes Mitspracherecht. Diese Verlustangst spielt der Sepp ja aktuell auch wieder schön aus, indem er sämtliche Vorwürfe der traditionellen Fußballhochburgen zum Rassismus erklärt, zum gezielten, rein ideologisch motivierten Abwehrkampf der Fußballkolonialmacht Europa, die lange, lange das alleinige Sagen hatte. Vorsicht, meine Familie! Die wollen euch wieder alles wegnehmen.

    Das gibt Standing-Ovations, die man in Europa oft nicht versteht, natürlich. Ansonsten hätten sich unsere Medien kaum über den letzten Wahlsieg Blatters so gewundert und empört. Selbst Kunstpausen werden bejubelt wie Tore in der Nachspielzeit, die Phrase is the message. Es sind nicht (bloß) die Zuschüsse. Es ist ein grundlegendes erstmaliges Mitspracherecht, das viele mit der Havelange-Blatter-Ära verbinden. Und: rein geschäftlich ging es dem Fußball, pardon, der Fifa ja auch nie besser.

  19. @ Sven: Und Europa ist absolut zerstritten. Blatter hat in Europa garantiert 15-20 Stimmen. Die Front, die jetzt manche Medien aufmachen, ist so doch noch gar nicht vorhanden. Vor allem verniedlichen bestimmte Berichterstatter, die nur Blatters Skalp wollen, schon wieder die Platini-Verstrickungen und vieles mehr.

    Allerdings täuschst Du Dich. Es gab beim Kongress fast keinen Szenenapplaus. Es gab nur Standings Ovations bei den vorgelagerten Kontinentalkongressen. Blatter war nie so schwach. Es baut körperlich und geistig ab, er hat kaum noch Feuer und schafft es nicht mehr, dieses Feuer bei anderen zu entfachen. Es ist, anders als Du sagst, nur noch das Geld und es sind die Gaben, die er wieder austeilt. Dieselben Typen, wie Omari zum Beispiel, werden zu Hyänen, wenn Blatter weiter abbauen und wegen Katar weiter Probleme bekommen sollte. Der Käse ist noch nicht gegessen. Aber es bleibt dabei: gegen Blatter, in einem richtigen Duell, kann niemand gewinnen. Die Hoffnung der anderen kann nur lauten, dass Blatter im 79. Lebensjahr noch schneller abbaut als zuletzt – und weitere Enthüllungen seine Macht bröckeln lassen.

    Neben den Boni lautete die Botschaft an AFC, CAF, CONMEBOL und CONCACAF doch vor allem: So lange ich da bin, wird Euch wegen der läppischen Bin-Hammam-Millionen niemand belangen!

  20. Das mit Platini verstehe ich auch nicht. 1998 trat ja als Gegenkandidat zu Blatters Sepp der Schwede Johannson an. Der versprach größere Transparenz. Und verlor. Aber: Selbst der macht sich mittlerweile für den Platini stark. Und die Haltung des DFBs zu der Geschichte ist eh kaum zu ertragen, leider. Ob Platini oder Blatter-Rücktritt, Hauptsache UEFA, oder wie?

    Wahrscheinlich muss sich die Geschichte tatsächlich biologisch erledigen, so makaber das ist. Mir hats die Geschichte um ersten Mal wirklich versaut, bisher zwei Spiele gesehen. Was ich da nicht verstehe: Warum bilden sich keine Sprechchöre? Gerade wenn bekannt ist, wer hier im Stadion sitzt, wie beim Eröffnungsspiel: Da muss man doch einfach mal 90 Minuten vor der Weltöffentlichkeit demonstrieren, wer hier tatsächlich die Macht hat. Ohne schweren technischen Aufwand und Intervention von Neffe Philippe, Chef von Infront sowie Tochterunternehmen und damit Herr der Bilder, würde sich das doch schwerlich aus den handverlesenen Propagandaaufnahmen der Blatterschen Passionsspiele herausfiltern lassen. Aber wahrscheinlich hat die Fifa das Publikum dafür mittlerweile einfach aus den Stadien preiskategorisiert. Eine WM 2018 in England wäre hoch interessant gewesen. :-)

  21. Johansson ist ein liebenswerter sehr sehr alter Mann. Er hat keinen Einfluss mehr.

    Zum zweiten Absatz: sehr gut beobachtet. Dazu mal später mehr. Wenn mir nicht Journalisten, die mitlesen und gern ohne Quellenangabe Ideen absorbieren, zuvor kommen.

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  23. Freitag, 27. Juni.

    Statement of the deputy chairman of the adjudicatory chamber of the independent Ethics Committee

    The decision to provisionally ban Franz Beckenbauer was revoked today by the deputy chairman of the independent Ethics Committee’s adjudicatory chamber, Alan Sullivan QC. Having received the appropriate submissions, Alan Sullivan QC considered that it was appropriate at the time to impose provisional measures. However, Sullivan QC, considering that a breach of the FIFA Code Ethics appeared to have been committed, concluded that all the conditions for the imposition of provisional measures were no longer fulfilled.

    The deputy chairman warned Mr Beckenbauer that a repetition or continuation of the conduct that led to the imposition of the provisional measure might give rise to further sanctions, including new provisional measures.

    The investigation proceedings opened by Mr Michael J. Garcia and conducted by Vanessa Allard, which will determine whether Mr Beckenbauer violated provisions of the FIFA Code of Ethics, are on-going.

  24. Scheinbar salomonisch und weise

    it was appropriate at the time to impose provisional measures.
    …that all the conditions for the imposition of provisional measures were no longer fulfilled.
    … that a repetition or continuation of the conduct that led to the imposition of the provisional measure might give rise to further sanctions, including new provisional measures.
    … will determine whether Mr Beckenbauer violated provisions of the FIFA Code of Ethics, are on-going.

    und doch so ausgesprochen verlogen.

    Franz should be cautious – besser: Franz sei wachsam – they are watching you. ;)

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