Für Krautreporter habe ich dazu gedichtet: Hamburg 2024: das Problem der Einmütigkeit
So sieht sie aus, die Aufbruchstimmung im deutschen Sport mit Hamburgs Olympiabewerbung 2024. bin ergriffen! #DOSB pic.twitter.com/uCEAuEsRc8
— Jens Weinreich (@jensweinreich) March 16, 2015
Wer Alfons Hörmann reden hört und die Leute neben ihm beobachtet, der redet besser nicht mehr von olympischen Visionen. #olympia2024 #dosb — Jens Weinreich (@jensweinreich) March 16, 2015
19.23 Uhr: Hörmann nennt drei Hauptpunkte, die den Ausschlag gegeben hätten:
1) Stimmungslage in der jeweiligen Stadtgesellschaft
2) klares Votum der Fachverbände
3) „Expertenrunde“, die „in der Gesamtschau dessen, was der olympische Geist für das Projekt ausmachen kann, uns nochmal wichtige Hinweise gegeben hat“ … (Herrje. Was für ein Quatsch.)
19.21 Uhr:
Nicht einstimmig, sondern einmütig.“
19.19 Uhr: Hörmann habe Verbandspräsidenten in Vieraugengesprächen nicht energisch von den Vorzügen Hamburgs überzeugt, sagt Hörmann (auf die Frage eines Kollegen von der Berliner Zeitung Tagesspiegel).
19.16 Uhr: „Hamburg ist eine echte Agenda-City“, sagt Hörmann. Und jetzt beginnt die Arbeit.
19.14 Uhr: Mehrheit der Spitzenverbände sei für Hamburg gewesen. 18 pro Hamburg, 11 pro Berlin, 4 für beide = unentschieden.
19.11 Uhr:
Der einmütige Vorschlag des DOSB-Präsidiums an Sportdeutschland lautet Hamburg.“
Hörmann hält nicht viel von Inszenierungen. Er verkündet es, ohne die Stimme zu heben und/oder eine bedeutungsschwere Pause zu machen
19.09 Uhr: Eine schwere Entscheidung, sagt Alfons Hörmann, „verbunden mit der Grundsatzfrage, wo der olympische Sport im Jahr 2030 steht“. Warum dann nicht die Winterspiele 2030? Olympia als Katalysator.
19.07 Uhr: „Verteilt Euch ein bissel gleichmäßig, Frauen und Herren“, sagt Hörmann.
19.05 Uhr: Mikrofonprobe. Hach ist das spannend in diesem erlesenen Ambiente, der Größe des Augenblicks angemessen.
Glamourös sieht das nicht aus beim #DOSB. Oder ist das die PK des Taubenzüchterverbands Bremen-Nord? #Olympia2024 pic.twitter.com/4IXJwpBM3n — Steffen Hudemann (@SHudemann) March 16, 2015
19.03 Uhr: Noch zwei Minuten soll es dauern. (Ich liebe geplatzte Eilmeldungen. #nurso)
18.45 Uhr: Gleich spricht der Alfons. (Ich mach nur noch schnell den Kindern das Abendessen.)
18.33 Uhr: Über zwei Themen muss man nachdenken:
- Die Angst der DOSB-Führungclique vor dem Bürger.
Die Ignoranz der DOSB-Führungsclique vor dem Votum der Spitzenverbände.Kann man streichen, weil die angeblich gut informierten Kreise falsch informiert waren.
Warum die (und andere) sich gefallen lassen, was der Vorstand (Vesper, Schwank & Co) vorbereitet und das Präsidium absegnet bzw „nach gründlicher Prüfung empfiehlt“ ist eine dritte Frage.
18.07 Uhr: Beim letzten innerdeutschen Wettbewerb, als das NOK im April 2003 für Leipzig votierte, gingen in der Evaluierung exakt 1 von 47 Gewichtungspunkten für die „öffentliche Meinung“ drauf. 2,12766 Prozent. Das hat sich ein wenig geändert – und das ist, ich wiederhole mich, das eigentliche Verdienst der Münchner Olympia-Opposition 2018/2022, diesen Faktor aufgewertet und Bürgerentscheide durchgesetzt zu haben.
Sollte Hamburg vom kleinen DOSB-Gremium tatsächlich auserwählt sein worden, dann vor allem – wie man von Beginn an wusste – wegen der Stimmungslage. Einerseits ist das okay, andererseits sollten technische Faktoren in dieser Phase wichtiger sein – so lange, bis die Bürger entscheiden dürfen.
17.55 Uhr: Mir ist es wurscht, wer es zuerst twittert, dass angeblich Hamburg vom DOSB-Präsidium bevorzugt wird. Recherchejournalismus ist auch in diesem olympischen Metier wichtiger als eine durchgesteckte Eilmeldung. Entscheidend ist, was Medien an Aufklärung bieten – von mir aus auch beim Olympiabewerber Hamburg 2024 ff.
16.42 Uhr: Mit welcher Bewerbung hätten wir eigentlich mehr Spaß bis zum Juli 2017 – oder nur bis zum September 2015?
Der Entertainment-Faktor spricht eindeutig für Berlin.
15.05 Uhr: Der Worte sind genug gewechselt. In diesen Minuten entscheiden acht Menschen aus dem Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (ohne IOC-Bach und Gudrun Doll-Tepper) darüber, ob Berlin oder Hamburg Olympiabewerber für 2024 wird. Die am Samstag folgende außerordentliche Mitgliederversammlung darf das Ergebnis nur noch mit 100 Prozent absegnen und für Bewerbungspropaganda herhalten. Nebenbei werde ich bis spätabends ein wenig bloggen – und vielleicht sogar einen vernünftigen Gedanken ins Internet schreiben. Who knows. Kommentare sind willkommen.
Bin sehr erstaunt, wer sich plötzlich als Olympia-Experte outet bzw von Medien als solcher präsentiert wird. Sehr schräg. Kaum auszuhalten. Hilfe! Am besten alles archivieren und zu passender Gelegenheit an der Realität messen.
Wie im DOSB-Präsidium war übrigens auch in der so genannten Expertenrunde der Zivilgesellschaft nicht jede geladene Person tatsächlich Experte für Mega-Events. Ganz und gar nicht.
Nicht vergessen, 19 Uhr Sportdeutschland TV gucken. Die Pressekonferenz mit Alfons Hörmann, dem Mann, der mit dafür verantwortlich ist, dass die Olympiabewerbung 2022 beim Bürgerentscheid unterlag – er hat sich schlicht keine Mühe gegeben und war auf Thomas Bachs IOC-Präsidentschaft und dessen Nachfolge im DOSB fokussiert. München 2022 wäre ein vergleichsweise nachhaltiges Projekt gewesen – so gehen die Spiele an Almaty oder Peking – und Hörmann dreht für 2024 ff. an einem noch größeren Rad. Das gefällt ihm. Der DOSB erhofft sich schon in der Bewerbungsphase viel Geld aus öffentlichen Kassen und einen Schub für das zu überarbeitende Fördersystem mit all den Rodlern und anderen Sportsoldaten.
- Wie die Spitzenverbände gestern abgestimmt haben, weiß man noch nicht – aber bald.
- Hier nochmal der Link zur vom DOSB beauftragten Forsa-Umfrage in Hamburg und Berlin.
- Der DOSB-Leitfaden zur Bewerbung.
Die 14 Kriterien, deren Gewichtung unklar bleibt und jetzt erst entschieden werden soll. Die DOSB-Partner von AS & P und Proprojekt haben dazu mehrere Varianten erarbeitet. Ich habe aus dem DOSB-Leitfaden vergangene Woche für Krautreporter („Transparenzattacke wider Willen“) diese Übersicht destilliert:
- Vision & Erbe: Berlin und Hamburg weitgehend deckungsgleich.
- Stadtentwicklung: Berlins Konzept beschleunigt „gesamtstädtische Entwicklung“, Hamburgs Konzept „die Neuentwicklung eines Stadtareals“.
- Olympisches Dorf: Größtes Problempotenzial, beide Planungen waren zunächst an der Untergrenze der Mindestforderung, Umsetzungen aus verschiedenen Gründen unsicher (Berlin-Tegel, Hamburger Hafen).
- Sportstätten in den Bewerberstädten: Angeblich „plausible Kostenangaben“. Berlin „muss weniger in Neubauten investieren“ und hat im Bereich temporärer Sportstätten „Optimierungspotenziale“.
- Sportstätten außerhalb: Beiden Bewerbern werden „sinnvolle Ansätze“ der Einbeziehung anderer Orte und „Anlagen mit gesicherter Nachnutzung“ attestiert. (Detaillierte Aufschlüsselung aller Sportstätten auf den Seiten 85 bis 91.)
- Nachhaltigkeit: „Beide Städte haben ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis von der umweltschonenden Ausrichtung über solide Finanzen bis hin zur sozialverträglichen Umsetzung“, heißt es im Papier. Solide Finanzen? Sozialverträglich? Was zu beweisen wäre.
- Finanzierung: Die Bewerberbudgets (bis zur IOC-Entscheidung im Sommer 2017) werden auf je 50 Millionen Euro geschätzt. Berlin sichert eine 100-prozentige Finanzierung durch einen Senatsbeschluss vom August 2014. Hamburg verspricht die „jeweils hälftige Beteiligung öffentliche Hand und Wirtschaft“ und stellt eine „Liquiditätsabsicherung und Ausfallgarantie in Form einer Bürgschaft“ in Aussicht.
- Politische Unterstützung: Aufgelistet werden die Haltungen der Fraktionen, sowohl das Berliner Abgeordnetenhaus als auch die Hamburger Bürgerschaft unterstützen die Bewerbung mehrheitlich. Ablehnung in Berlin und Hamburg von den Linken.
- Öffentliche Unterstützung: Forsa-Umfrage des DOSB vom September 2014: Berlin 48 Prozent Zustimmung, Hamburg 53 Prozent Zustimmung. Forsa-Umfrage vom Februar 2015: Hamburg 64 – Berlin 55 Prozent. In Berlin fände im Falle des Zuschlags durch den DOSB am 13. September 2015 ein „politisch bindendes Bürgervotum“ statt. Hamburg verspricht für den Herbst ein „rechtlich bindendes Bürgervotum“.
- Unterbringung: Das Ergebnis kann niemanden überraschen, macht aber dennoch Schlagzeilen: Berlin verfügt im Radius von 50 Kilometern über 58.441 klassifizierte Hotelzimmer (und rund 9.000 unklassifizierte), Hamburg kann lediglich 15.960 klassifizierte Zimmer bieten (plus 29.000 unklassifizierte), will deshalb u.a. auf Kreuzfahrtschiffe ausweichen und ein Mediendorf für etwa 16.000 Medienvertreter errichten. Das IOC verlangt (bisher) mindetens 42.000 Zimmer. Deutlicher Vorteil Berlin – das war von Beginn an klar und hat sich leicht ergoogeln lassen. (Wer daraus Schlagzeilen bastelt, wie manche Medien am Mittwochabend, agiert dämlich.)
- Transport: Ebenfalls Vorteil Berlin, sollte der Flughafen BER bis 2024 fertig werden. Im Nahverkehr bietet Berlin gemäß DOSB-Einschätzung das „robustere Konzept im Vergleich zum kompakten Hamburger Konzept, hat jedoch Nachteile im Bereich Reisezeiten“. In Hamburg müssten u.a. einige Brücken neu gebaut werden.
- Paralympics: „Beide Städte haben integrierte Konzepte“ für die Durchführung von Olympischen und Paralympischen Spielen entwickelt, heißt es.
- Mehrfachbewerbung: Beide Städte sind auch an einer Bewerbung für 2028 interessiert, sollte die Offerte für 2024 abgelehnt werden.
- Internationale Wettbewerbsfähigkeit: Die kleine Auflistung verschiedener Kategorien (Tourismus, Sportevents, Lebensqualität) auf Seite 100 darf wohl als Vorteil Berlin interpretiert werden.
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Jetzt mal ernsthaft, hat der DOSB verkündet, was im Fall eines Gleichstands von 4:4 geschieht? Gilt dann zB Hörmann qua Präsidentenamt als primus inter pares, so dass seine Stimme entscheidet?
Kann ich ad hoc gar nicht sagen. Steht das in irgendwelchen Beschlüssen, ob das so läuft wie beim Blatter Sepp?
Der Ingo Weiss hat aber eine schöne rote Nase.
Von Bleistift bis Füller – viele Schreibmittel führen zum olympischen Geist
Gudrun Doll-Tepper schaut arg geknickt in die Runde.
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War mir neu, dass es mal olympische Spiele der Arbeiterbewegung gab:
http://m.taz.de/Olympische-Spiele-der-Arbeiterbewegung/!156725;m/
Bitte, keine dt. Bewerbung für irgendwelche MEGA Events, die wir als Steuerzahler bezahlen müssen. Wenn dann soll das IOC / FIFA / UEFA die Sportstätten selbst finanzieren, dann können sie auch die Gewinne behalten!
Aber das wisst ja alle selber!
Spekulation zum jetzigen Stand, alles mit Wahrscheinlichkeiten:
– Die Stimmung in Boston ist negativ. Die Sache kann bis zur Abstimmung im Nov 2016 nicht gedreht werden. Boston fällt raus.
– Hamburg bekommt nicht den Zuschlag wegen der wahrscheinlichen Fußball-EM 2024 in DE.
– Paris oder Rom wird ausgewählt weil Europa 2024 dran ist.
Weil Olympia 2028 dann an einen anderen Kontinent vergeben wird, folgt dass Hamburg 2028 aussichtslos sein würde. Damit ist Hamburg 2024 und 2028 anscheinend schon gescheitert.
Alle genannten Punkte können sich natürlich noch ändern, aber es sieht nicht gut (oder schlecht) aus für Hamburg. Halleluja?!
Boston deutete sich bereits vor USOC-Entscheid an, doch nahm die Nolympics-Bewegung rasanter Fahrt auf, als wohl die meisten Beobachter gedacht hatten. (Viele deutsche Olympia-Beobachter allerdings schrieben Boston die Spiele 2024 quasi schon zu, kann man in vielen Texten nachlesen. Ziemlicher Unsinn.) Interessant ist ja auch, dass diese Entwicklung die Aufbauarbeit des USOC unter Larry Probst einreißen kann.
In der Tat spricht vieles für einen relativ leichten Sieg von Paris oder Rom – mit weniger Gegenwehr als erwartet.
Die etwaigen Ambitionen von St. Petersburg können wir angesichts des Rubel-Verfalls und anderer Probleme von Putin wohl vernachlässigen. Da kommt nichts mehr. Andererseits sind die Russen immer für Überraschungen gut.
Die EM 2024 scheint mir längst nicht in Sack und Tüten. Mal schauen. Derzeit ist der Markt der Mega-Events zu volatil, sage ich seit Ewigkeiten.
Die Frage der Kontinental-Wechsel sollte man vorsichtiger betrachten. Da gibt es keine festen Regeln. Das galt mal als ungeschriebenes Gesetz – wurde doch aber fundamental durchbrochen. Insofern glaube ich für 2024 bisher nicht, „dass Europa dran ist“. Genau so wenig ist Europa für 2028 automatisch draußen.
1992 Europa, Europa
1994 Europa
1996 Nordamerika
1998 Asien
2000 Australien/Ozeanien
2002 Nordamerika
2004 Europa
2006 Europa
2008 Asien
2010 Nordamerika
2012 Europa
2014 Europa
2016 Südamerika
2018 Asien
2020 Asien
2022 Asien
Das mit Europa 2024 ist tatsächlich der wackeligste Punkt. In Rom formiert sich die parlamentarische Opposition und bringt gleich den römischen Mafia-Skandal ins Spiel (Paris hat es in der Hinsicht etwas leichter). Dazu kommen die potentiellen Kandidaten von Doha bis Istanbul. Zweimal hintereinander Sommerspiele auf dem selben Kontinent scheint mir aber sehr unwahrscheinlich.
In Boston sieht es trübe aus: 49:37 gegen die Spiele und 46:40 glauben nicht an positive Effekte der Spiele. 61:23 wollen eine Abstimmung. Die dortige Olympia-Koalition wird aus allen Rohren feuern, in der Art „Es kostet nicht Milliarden, es bringt Milliarden“.
Gerade noch gesehen: Olympia wird vor der EM vergeben. Das macht den anderen Punkt auch unsicherer. Olympia könnte also bei Hamburg landen und die Türkei macht die EM.
Ach, das wurde zwar mal vermeldet (u.a. „exklusiv“ von dpa), aber das sind so sinnlose Headlines. Die UEFA ist da sehr flexibel und kann lässig das Jahr der Entscheidung ändern. Wogegen bei der IOC-Session 2017 nur die Frage lautet: Juli oder September.
Juli-Sessionen zuletzt in ungeraden Jahren:
2001 Moskau
2003 Prag
2005 Singapur
2007 Guatemala
2011 Durban
Herbst-Sessionen:
2009 Kopenhagen (Oktober)
2013 Buenos Aires (September)
Die UEFA hat diesen Rhythmus nicht, deren Kongresse finden stets im Frühjahr statt, und ist da völlig frei – weil das Exko entscheidet.
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