Eine kleine TV-Kritik zur Euro 2016 war vorbereitet, da kommt der von der ARD fürstlich entlohnte Mehmet Scholl daher und macht endlich mal das, wofür er seit Jahren bezahlt wird. Scholl, dem viele in diesem Internet aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen den Fußball-Sachverstand absprechen (darauf muss man erstmal kommen), kritisierte also die Taktik des Bundes-Jogi gegen Italien – nach einem nervenzehrenden Duell mit grotesk-spannendem Elfmeterschießen, das sich würdig einreihte in die Chronik deutsch-italienischer Auseinandersetzungen bei großen Turnieren.
Die Sache ist, wie vieles im Fußball, zu einem kleinen Politikum geworden, der Boulevard hat sich des Themas angenommen, La-Mannschaft-Chefvermarkter Oliver Bierhoff findet die Kritik „unmöglich“, „unglaublich“ und sieht den „gesamten Trainerstab“ angegriffen.
All that jazz.
Dreier- oder Viererkette? Defensive zu Ungunsten der Offensive stärken? Mit breiter Weltmeister-Brust den Italienern seinen Stil aufzwingen, statt auf die Stärken des Gegners mit Systemanpassungen zu reagieren? Das sind so Fragen, die seit gestern Abend gegen Mitternacht mit Verve diskutiert werden. (Einen Teil der Ausführungen Scholls hat die ARD auf Youtube veröffentlicht, eine Einbindung dieser Sequenz ist nicht möglich. In der Mediathek findet sich womöglich das komplette Stück.)
Nun bin ich seit jeher ein Freund taktischer Erwägungen, die im deutschen Fußball bis vor etwa einem Jahrzehnt viel zu kurz kamen. Auf die Balance kommt es an, wie immer. Ein Übermaß an taktischen Interpretationen, Taktik-Fachsimpeln um des Fachsimpelns willen, ermüdet schnell, zumal sich entscheidende Details in der Zweikampfsportart Fußball oft genug einer taktischen Analyse entziehen.
Gestern zum Beispiel: Mario Gomez spielt den zuckersüßesten Pass des Viertelfinals auf Jonas Hector, der in dieser Szene mal gut antizipiert und in die Lücke stößt (was man von einem Nationalspieler generell erwarten darf), es folgt allerdings, wie so oft, eine misslungene Hereingabe, der Ball landet nur deshalb bei Mesut Özil, weil er abgefälscht wird. Die Führung. Dass ausgerechnet Jérôme Boateng kurz darauf für ein Sekündchen die Sportart wechselt – Handball, Volleyball, Basketball, who knows, nicht mal er – und den Italienern einen Strafstoß schenkt, hat ebenfalls wenig mit der taktischen Ausrichtung zu tun. Dreier- oder Viererkette? Der Ausgleich. Ganz zu schweigen von der Lotterie namens Elfmeterschießen, in dem der eine Gigant (Gianluigi Buffon) bei sieben von neun Elfmetern in die richtige Ecke fliegt (korrekt gezählt?), um Hectors entscheidenden Versuch unter seinem Oberkörper durchflutschen zu lassen, und der andere Gigant (Manuel Neuer) meist falsch spekuliert, aber mit zwei gehaltenen Elfern seiner Heldenrolle gerecht wurde.
So ist Fußball.
Mag sein, dass die öffentliche Diskussion um sein öffentlich-rechtliches Jahressalär (ein sogenannter Branchendienst spekulierte über bis zu 1,6 Millionen Euro) das Unterbewusstsein des ARD-Experten Mehmet Scholl stimulierte, ein Mal während der EM etwas mehr von sich zu geben, als nur ein oder zwei Sätze auf jene Stichpunkte hin, die ihm sein Partner Matthias Opdenhövel darbietet. Vielleicht war es aber auch Berechnung: Wollte er ausgerechnet in jenen Minuten, da das Ergebnis doch alle Mittel heiligt (nicht meine Sicht aber wohl zweifellos die Sicht der Mehrheit), beweisen, dass er das ARD-Honorar wert ist? Antworten darauf kann nur Mehmet Scholl geben.
Vielleicht nicht mal er.
Was mich an dieser Episode mehr beschäftigt als die inhaltliche Frage, sich mit der von Joachim Löw gewählten Taktik auseinander zu setzen (wenn er sie denn gewählt hat, denn Scholl insinuierte mit dem Verweis auf die WM 2014 ja auch, dass die Spieler damals in der entscheidenden Phase die Taktik festgelegt hätten), ist der, sagen wir, im weitesten Sinne: journalistische Aspekt des Ganzen.
Aber vielleicht hat es auch nichts mit Journalismus zu tun, wenn ich nun auf Scholls Kompagnon Matthias Opdenhövel zu sprechen komme, den ARD-Presenter aus den EM-Stadien. Bevor mir jemand Arroganz und/oder Majestätsbeleidigung unterstellt, auf seiner Webseite wird der EM-Job als das bezeichnet, was es vor allem ist: „Matthias Opdenhövel präsentiert UEFA EURO 2016“. Opdenhövel wirkte nicht nur gestern, als Scholl eine gewisse Unterstützung gebraucht hätte (etwa in Form von zielführenden Fragen oder schlicht als Gegenpart), ziemlich überfordert. So war es logischer Weise an Scholl, der sich ein wenig in Rage redete, eine Frage zu stellen: „Du fragst dich sicher“, erkundigte er sich beim Stadionkumpel, den er „Opdi“ nannte, „warum ich das gesagt habe mit Siegenthaler“?
Nö.
Opdenhövel machte nicht den Eindruck, als würde ihn das brennend interessieren. Wohl aber begleitete er Scholls Ausführungen mit einem zunehmend süffisanten Lächeln. Gewiss ahnend, dass das Schlagzeilen machen würde. Denn diese Reflexe funktionieren zweifellos, anders als journalistische Reflexe.
Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: Wenn schon keine journalistischen Reflexe vorhanden sind, hätte Opdenhövel eine Art professionellen Schutzreflex ausleben sollen und die persönlichen Angriffe in Richtung Urs Siegenthaler (sollte besser morgens liegen bleiben, meint Scholl), die denen der Euro 2012 ähnelten, als Scholl Mario Gomez ein Wundliegen attestierte, elegant zurücknehmen und Scholl auf der richtigen Bahn belassen sollen. Mag sein, dass ich etwas überhört habe, aber ich habe nichts dergleichen mitbekommen.
Ich habe in den vergangenen Wochen einige Male auf Twitter das ZDF-Duo Oliver Welke und Oliver Kahn gelobt, konnte als Zuschauer einfach nicht widerstehen. Welke wäre mit einer solchen Situation wie am Samstagabend zweifelsfrei souveräner umgegangen. Vielleicht auch nicht viel journalistischer, aber er hätte adäquate handwerkliche Mittel gefunden.
Wo Opdenhövel – dies meine Beobachtung aus den EM-Wochen und zuvor schon von der WM 2014 in Brasilien, als er an der Copacabana ebenfalls mit Mehmet Scholl den Stehtisch teilte – bei geringsten Abweichungen vom Script (oder besser: seinen Notizzetteln) durchaus irritiert reagiert, blüht Welke erst auf.
Opdenhövel ist eher ein Nummerngirl, er kann selten den Eindruck erwecken, wirklich interessiert an einem für das Publikum gewinnbringenden Gespräch zu sein und seinem Experten-Partner mehr als ein, zwei floskelhafte Sätze zu entlocken. Scholl wirkte meines Erachtens meist unterfordert, schon 2014. Dabei zählt Scholl zweifelsfrei zu den intelligentesten Fußballern seiner Generation.
Opdenhövel, der bei „Schlag den Raab“ wohl besser aufgehoben war und gehaltsmäßig kaum unter Scholl agieren dürfte, hakt seine Notizen ab, leitet zum nächsten Act über, mitunter automatenähnlich – und scheint damit sichtlich zufrieden.
Was bleibt?
Es bleiben permanent verschenkte Möglichkeiten.
Während im öffentlich-rechtlichen Schwesternsender Oliver Welkes Klasse dazu führte, dass Oliver Kahn besser wurde. Man erinnere sich an die, mit Verlaub, teilweise unsäglichen Auftritte Kahns im Duo mit Katrin Müller-Hohenstein während der Euro 2012 am Strand auf Usedom. Damals wie heute lässt das ZDF Presenter und Experten weitab vom Geschehen agieren, es ist allerdings ein Unterschied wie Tag und Nacht. Müller-Hohenstein hat seither ihre Beine in den Pool der Nationalmannschaft gehalten (2014) und macht auch 2016 irgendwas, wenn sie nicht gerade live in die Hauptnachrichtensendungen geschaltet wird, um von der Abfahrt oder der jeweiligen Ankunft des deutschen Mannschaftsbusses zu berichten. Welke aber spielt die Hauptrolle. Und das ist auch gut so.
Nein, bitte jetzt keine Gender-Diskussion, denn die journalistische Kompetenz und Leistung des ARD-DFB-Elf-Presenters Gerhard Delling scheint mir lediglich auf Müller-Hohensteins Level. Große Unterschiede sehe ich da kaum, allenfalls den, dass Delling etwas öfter vor dem deutschen Teamhotel Ermitage postiert wurde.
Ob Bus oder Hotel, Hauptsache nichtig.
Und ähnlich infantil.
Müller-Hohenstein und Delling verfügen über eine für diese enorme Bildschirmpräsenz unangemessen rudimentär ausgebildete Fragetechnik. Der, sorry, investigativste Satz, den Delling gestern nach dem Viertelfinale im Stadioninneren formulierte, war wie so oft seine Scheinfrage danach, ob heute noch eine große Party läuft. Nach Partys wird gern gefragt, oder danach, wer nun wem „einen ausgeben“ muss. (Ich erinnere mich übrigens immer wieder mit Grausen an Dellings Auftritte bei der Handball-EM Anfang des Jahres und die dort ebenfalls perfekt demonstrierte Hilflosigkeit, den Titel für die Deutschen, auch oder vor allem weil er sensationell kam, in für ein Millionenpublikum hilfreiche Worte zu packen und mehr als nur einen Mikrofonhalter zu geben.)
Überhaupt, die „Fragen“ und ihre Fragesteller, ein Graus, wie immer. Bezeichnend, wenn die Spieler immer öfter die Mikrofonhalter korrigieren und etwa Thomas Müller auf eine Glückwunsch-Orgie für das sensationelle Spiel gegen Nordirland cool entgegnet, er habe aber verdammt viele Chancen peinlich vergeben. Oder gestern Nacht, als ihn ein öffentlich-rechtlicher Abgesandter „fragte“, ob man nun, da Italien geschlagen war, Europameister werden wolle.
Thomas Müller antwortete:
Nee, auf gar keinen Fall. Unser Ziel war immer, im Halbfinale auszuscheiden.“
Entschuldigung, aber wann lernen die es endlich?
Schon gut, das Thema wurde oft beschrieben, es ändert sich nichts, und ich weiß ja, dass handwerkliche Dinge bei der Besetzung eher eine untergeordnete Rolle spielen. Wer zur öffentlich-rechtlichen Elite gehört, darf es irgendwann sogar so auf die Spitze treiben, wie Reinhold Beckmann in Malente, und jede Menge Gebührengeld verschwenden.
Wer das Grauen nicht scheut, sollte diesen Text von Jürgen Roth auf SpiegelOnline lesen („Wie viele Idioten soll diese Welt noch aushalten?“) oder das große „Beckmanns Sportschule“ Quiz auf 11freunde.de beantworten – eine adäquate Antwort auf ein obszön dämliches Format.
Sie können damit meine Arbeit und gelegentliche Aufsehen erregende Recherchen finanzieren.
Natürlich hat Kahn seit 2010 (ich meine, die WM war damals sein erster Auftritt als ZDF-Experte) bei seinem nun vierten Turnier gewaltig an Statur gewonnen. Inhaltlich, handwerklich, sprachlich. Im Gegensatz zu Scholl beherrscht er mittlerweile auch die Klaviatur der Selbstironie, und das macht ihn, Achtung: sympathisch. Der Gewinn für das Publikum scheint mir beträchtlich. Kahn kann endlich Dinge erklären und auf den Punkt bringen – wo er anfangs noch in seinem Immer-weiter-immer-weiter-ihr-braucht-Eier-Kosmos verfangen war. Das Hauptverdienst daran kommt Welke zu, wollte ich gerade schreiben. Das stimmt wohl, aber präziser wäre: Welke und Kahn sind eine Symbiose eingegangen, wie es Presenter/Moderator und Experte tun sollten. Sie hatten viel Trainingszeit, da sie ja gemeinsam bei der Champions League aktiv sind – aber andere Einsätze (DFB-Pokal, Länderspiele) hatten Opdi & Scholli auch.
Mit dem Zweiten sieht man hier tatsächlich besser.
Oliver Kahn, um das nicht auszublenden, war ebenfalls im Fokus der Honorar-Verdachtsberichterstattung. Er hat dazu auf Facebook äußern und dementieren lassen. Scholl ließ über die WDR-Pressestelle einen Satz zitieren. Mag sein, dass Opdenhövel und Scholl darüber auf dem Sender irgendwann witzelten, ich habe nichts dergleichen gehört, vielleicht war ich gerade auf der Toilette oder es war im Rahmen der sogenannten Vorberichterstattung, die ich aus Gründen des Selbstschutzes meide und frühestens zu den Nationalhymnen (Buffon!) einschalte. Wohl aber habe ich am Freitagabend Oliver Welke vernommen, der zu Kahn sagte:
Ey komm, für Deinen Tagessatz musst Du jede Frage beantworten!“
Man ahnt es, ich glaube, im Package hat das ZDF während der Euro ein besseres Angebot gemacht als die ARD. Wollte mich eigentlich ausführlicher dazu äußern, nun schien mir der Auftritt von Scholl bzw der Umgang damit passender für den Versuch einer Analyse.
Darüber hinaus einige Anmerkungen in Stichpunkten:
- Der Gott der Taktiktafel bleibt Erik Meijer auf Sky. Holger Stanislawski kann ihm im ZDF nicht das Wasser reichen. Zu EM-Beginn war Stanislawski von der Regie zudem schlecht in Szene gesetzt. Alles hat sich verbessert, wenngleich Stanislawski wohl nie ein Mann fürs Fernsehen wird. Zuletzt haben Welke und vor allem Kahn ihren Stanislawski allerdings halbwegs elegant einbezogen. So wird dieser Versuch vielleicht ein versöhnliches Ende nehmen.
- Claudia Neumann vom ZDF, die sich dem Mob und irritierender Aussagen ihres Vorgesetzten
JochenDieter Gruschwitz ausgesetzt sah, macht als Live-Reporterin meines Erachtens keinen schlechteren Job als die meisten ihrer öffentlich-rechtlichen (männlichen) Kollegen in Frankreich. Man sollte ihr und manch anderem vielleicht nochmal die erste Regel erklären, die schon Generationen von TV-Reportern kennen: Bitte nicht ins Mikrofon schreien, die Dinger sind so empfindlich, in der Regel hört man Euch wunderbar auch aus dem lautesten Stadion. - Béla Réthy hat sich imho von seinen Spickzetteln emanzipiert und war auch diesmal der beste Kommentator. Ich fand ihn bei den deutschen Spielen (er kommentierte das Achtelfinale gegen die Slowakei), die, wenn ich richtig notiert habe, bislang von fünf unterschiedlichen Reportern übertragen wurden, neben seinem ZDF-Kollegen Oliver Schmidt (Deutschland – Polen) am angenehmsten. Warum? Vor allem, weil die ARD-Leute Gerd Gottlob (Deutschland – Ukraine), Tom Bartels (Deutschland – Nordirland) und Steffen Simon (Deutschland – Italien) schwarz-rot-goldene Brillen trugen. Die Lobeshymnen bei Spielen gegen bescheidene Gegner waren bizarr und teilweise unerträglich. Aber ich weiß, für derlei Anmerkungen wird man schnell gesteinigt. Besser, man lässt es und erstellt stattdessen Inhaltsanalysen der Übertragungen.
- Der Diskussion über die Parteilichkeit von Reportern (ob nun für La Mannschaft oder für deutsche Schiedsrichterteams, denen Fehler unterlaufen) will ich lieber ausweichen, es schien mir aber gerade bei der ARD mitunter unangemessen – inklusive gewaltiger Wort-Bildscheren.
- Die Packing-Nummer der ARD habe ich bis heute nicht begriffen. Als ergänzenden Ansatz für die Analyse von Fußballspielen leuchtet mir das schon ein. Die Präsentation – geradezu out of the blue – nach dem Auftaktspiel gegen die Ukraine hinterließ allerdings den faden Geschmack der Schleichwerbung für die Impect GmbH.
- Als äußerst positiv habe ich die vielen ausländischen Studiogäste empfunden (Vermant, Hiddink, Makelele, Neville, Handballtrainer Sigurdsson!, Karembeu u.v.a.m.). Nicht immer wurden die von den Moderatoren optimal eingebunden. Grundsätzlich aber ein Gewinn. Da geht viel mehr.
Oops, nun habe ich einen Text über TV-Fußball gedichtet, obwohl ich es stets als äußerst unangenehm und vor allem unangemessen empfinde, dass bei derlei Mega-Events in der Medienberichterstattung der weite Begriff des Sportjournalismus zu Unrecht auf Presenter und artverwandte Jobs reduziert wird.
Meine Helden sind aber ganz andere. Jene, die nicht im Privatjet durch Frankreich düsen wie ARD-Teammitglieder, aus dem journalistischen Fußvolk des Presse- und Online-Business (in alten Kategorien formuliert).
In den EM-Wochen waren es die unvergleichlichen Twitterer @guek62 (Günter Klein), @marktwain64, dessen Klarnamen ich gar nicht kenne, @Peter_Ahrens, Fleißbienchen von Spiegel Online, oder @dagobert95 (Thomas Nowag) und vor allem jenes Quartett, von dem ich fast jeden Text gelesen und die meisten mit Genuss konsumiert habe:
- Claudio Catuogno von der Süddeutschen Zeitung, der zum Samstag wieder einen wunderbaren Text über die Isländer (Handball und Fußball) geschrieben hat („Beim Barte des Aron Gunnarsson“),
- Javier Cáceres von der SZ, der nahezu jeden Beitrag mit einem gutbürgerlichen Nachhilfeunterricht etwa in Weltliteratur verbindet, der mich allerdings enttäuscht hat, weil er es nicht schaffte, während der EM mal eben zum Finale der Copa Ámerica zu fliegen,
- Oliver Fritsch von Zeit Online, der meines Erachtens als einer der wenigen Nationalelf-Berichterstatter fast immer einen originären Ansatz findet, um nicht zu sagen: einen geradezu unabhängigen Ansatz findet (man lese seinen Text über die Verlängerung der Partnerschaft von DFB und Adidas, embedded journalism ist sein Ding nicht),
- und natürlich Holger Gertz von der SZ, der nicht nur wieder großartige Seite-3-Texte über den Fußball-Kosmos schrieb, sondern mich in diesen Tagen vielleicht sogar noch mehr mit seinen Nachrufen auf Muhammad Ali („Über Größe“) und Götz George („Zum Tod eines Unersetzlichen“) beeindruckte.
Im Gegensatz zu vielen Dingen, die man so am Bildschirm erleiden muss, hatte und hat das Klasse.
Meine Lieblingsschreiber von der #Euro2016: @ClaudioCatuogno (Handball) @elcaceres (Literatur) @OliFritsch (Taktik) und @Gertz68 (Nachrufe)
— Jens Weinreich (@JensWeinreich) July 1, 2016
Sie können damit meine Arbeit und gelegentliche Aufsehen erregende Recherchen finanzieren.
Guter Beitrag. Aber dennoch: Erik Meijer als Gott der Taktiktafel zu bezeichnen wird für Diskussionsstoff sorgen
Ist okay, Franz. Er wird es verkraften :) Ich auch.
Ja, das leidige Thema der Experten und ihrer Einbindung. Die Beobachtung zu „Opdis“ Reaktionszeit auf Überraschendes halte ich für sehr präzise. Zeigt aber auch, dass die Berichterstattung um die deutsche Elf bei der EM (jedenfalls im TV) zunehmend auch auf Stammtischniveau stattfindet – wer gewinnt, hat alles richtig gemacht und ist über jede Kritik erhaben. Da passt Scholls (IMHO) berechtigte Nachfrage, ob denn das Ändern einer erfolgreichen Mannschaft habe sein müssen selbstverständlich nicht ins Konzept. Schade, dass ihm nicht ein guter Journalist zur Seite stand, der ihn auf der Sachebene gehalten und vor den in der Form eher unangebrachten, weil aus Vermutungen gespeisten, persönlichen Angriffen bewahrt hätte. Allein, ich wüsste bei der ARD aktuell keinen Kandidaten.
Und Fieldreporterfragen sind schon Jahre schlimm und werden es wohl immer sein.
Danke dafür, meine TonausbiszumAnpfiff-Strategie gerechtfertigt zu haben. Ob und wie Kritik an der Löw’schen Taktik des Halbfinales erfolgen kann, hat an anderer Stelle der Rasenfunk mit Tobias Escher angerissen (der meint, das eine 3er-Kette gg. die Squadra Azzura Sinn macht – vgl. kurzpass 25 auf http://rasenfunk.de/kurzpass/ ), und vor allem die Form von Scholl Einwurf … bemängelt. Aber das macht vor des Hausherren Ausführungen natürlich Sinn, denn ohne Moderation bleibt der Fachverstand in der Formlosigkeit verborgen.
Drüben bei Trainer Baade war neulich Béla Réthy und seine vermeindlichen Karteikarten auch schon Thema. Auch hier Dank dem Hausherrn für das Hinweisen auf die modernen Übertragungstechniken – und ja, Béla R. jazzt nichts hoch, was des keinen Swing hat. Da darf er dann gerne auch seine Kärtchen abarbeiten (was er aber weniger zu machen scheint).
Was bleibt: Entweder die alternative Option für Audiodeskription … oder Mute, und dabei Musik hören. :-)
… Mist, Kurzpass 23, nicht 25. Aber bei der Schlagzahl des Rasenfunks zur Zeit kann man schon mal die Übersicht verlieren…
Opdenhövel ist ursprünglich berufsjugendlicher Radiomann (1Live et al). Er ist also schon von Berufs wegen darauf gepolt, sich selbst und seine Floskeln wahnsinnig dufte zu finden. Merkt man ihm leider auch immer wieder an. (Dass das bei Radioleuten nicht zwingend so sein muss merkt man z.B. an Katrin Müller-Hohenstein, die anders als diverse Kollegen kein überdimensioniertes Ego spazierenführt.)
Dass der Scholli-Kuchen beim Backen aufgeht liegt natürlich nicht zuletzt an der deutschen Nachrichtenlandschaft und deren langsames Abgleiten Richtung Boulevard und Clickbaiting. Nachrichtentechnisch ist der Gehalt „Scholl hat eine dezidierte Meinung und äussert sie begründet in der Öffentlichkeit“. Was ja völlig okay ist. Was wird aber daraus in den Schlagzeilen des Folgetages? Er „ätzt gegen“, er „motzt über“, er „poltert“ mit platzendem Kragen, und ähnlicher Dummfug. Hauptsache Schlagzeilen erfinden. Arme Pressemeute.
Olli Welke ist natürlich ein flockiger Moderator, aber dummerweise nicht nur ursprünglich Radiomann, sondern schlimmer noch, ursprünglich Ratiokommödiant, oder „Comedian“ wie man heute dengeln würde. (Liebe Kinder, schaut doch mal in diesem Internet nach, was er früher so gemacht hat, Stichworte „radio ffn“ und „Kalk & Welk“ z.B.) Das hat heute zur Folge, dass er ein Vertreter der leider immer weiter um sich greifenden Seuche des Unterbrechens und ins Wort fallens und bloss nicht ausreden lassens von Interviewgästen ist. (Daran krankt z.B. das Sportstudio mitunter ganz gewaltig.) Manche mögen das für eine Form von Dialog halten, aber das ist es eben nicht. Welcher tolle Gag oder welche Stichpunktfrage dem Moderator just in der Sekunde einfällt, interessiert mitten im Satz nicht und hat gefälligst zu warten, bis der Gegenüber ausgeredet hat (vor allem bei Gästen, aber auch bei „Experten“ im Studio). Zum Glück lässt sich Kahn manchmal schlichtweg nicht unterbrechen und redet (mit Recht) einfach weiter. Vielleicht merkt’s der andere ja mal irgendwann. Jochen Breyer ist da auch so’n Fall, neben anderen.
Delling kann eigentlich gut fragen, ihm das abzusprechen ist ein Stück weit absurd (er hat durchaus journalistischen Hintergrund, hat ja z.B. auch mal Zapp moderiert). Er weiss allerdings vor allem, wann er was „hart“ (nach)fragen kann oder muss, und wann es zeit- und umständehalber über mehr als dumme Flockigkeit kaum herausgehen wird. Gerade für die EM-Interviews direkt am Spielfeldrand gilt das, denn die sind für den Host Broadcaster und stehen auch allen anderen internationalen Medien gedolmetscht zur Verfügung (man achte mal drauf, was nicht-deutsche Interviewer ihren Nationalmannschaftshelden manchmal für einen Bullshit vortragen, und wie unterschiedlich der Fokus in anderen Ländern ist – aber hey, was wären wir ohne wohlfeiles Jammern auf hohem und höchstem Niveau über unsere eigenen Fernsehleute…)
Das mit dem Packing ist natürlich Quatsch im Quadrat (haben sie wohl unlängst gemerkt, denn es spielt bei den Übertragungen kaum noch eine Rolle). Mit „Packing“-Werten kann man die statistische Qualität von Spielern und Mannschaften über grössere Zeiträume und mehrere Spiele hinweg illustrieren, und ist am ehesten für Scouts und Manager von Interesse. Für die Analyse einer einzelnen Spielsituation ist es so gut wie ungeeignet, hat in der Halbzeit- oder Nachspielanalyse im Grunde nichts verloren.
Oliver Schmidt? Schreihals. Tom Bartels? Jammernd emotionalisierend. Steffen Simon? Selbstherrlich. Aber keiner ist so schlecht, wie er in der deutschen Blog- und Medienlandschaft aus diversesten besserwisserischen und nitpickerigen Gründen gemacht wird. Gut: Claudia Neumann, Jürgen Bergener, noch’n paar andere.
Danke für den differenzierten Beitrag. Stimme in vielen Punkten zu.
Wobei mir bei Kahn gelegentlich unangenehm auffällt, dass er seine Beurteilung doch lächerlich stark vom Spielergebnis abhängig macht. Vor einigen Tagen fand er die Strategie, von außen die Sturmspitze durch hohe Flanken anzuspielen bei Mannschaft A eine gelungene, weil zielführende und erfolgreiche Variante. Das sei „der Plan der Mannschaft“ gewesen und wurde von Kahn gelobt. Bei der unterlegenen Mannschaft B kritisierte er zwei Sätze später: „es ist zu wenig, wenn man nur hohe Flanken auf die 9 reinschlägt… Mannschaft B hatte keinen Plan…“ Aha! ;-)
Ich habe gelernt: für die Angriffsstrategie über die Außenbahn mit Flanken, die glücklicherweise einen Kopf und von dort den Weg ins Tor finden, gibt es von Kahn Applaus. Dasselbe Muster des Gegners, dessen Kopfbälle knapp ins Aus gehen oder vom Torhüter weggefischt werden, wird als einfallslos kritisiert.
Kleine Anmerkung noch: Holger Stanislawski macht m.E. eine sehr gute Figur. Sympathisch, souverän, klar (und konsistent!) in der Analyse.
Ok, von Fußball versteh ich jetzt nicht allzuviel, doch Reinhold Beckmann in Malente, das ist wirklich der Gipfel. Absolut Unzumutbar.
@ nona #6: Die Anmerkung zu Dellings Fragetechnik würde ich dennoch dreimal unterstreichen. Seine Auftritte jenseits des Fußballs (ich nannte Handball, das hatte ich mir damals sogar mehrfach angesehen, anderes auch) fand ich sogar noch schlimmer, in dieser Kasperrolle rund um die Nationalelf erwarte ich überhaupt nichts mehr. Es mag sein, dass er das mal besser konnte, wenn ja, dann ging das leider auf dem langen Weg zum Ruhm verloren. Ich sag ja: interessant wäre eine Inhaltsanalyse, die über das „mehrfach gesehen und notiert“ hinaus ginge. Meine These: vier von fünf seiner „Fragen“ (es sind viel seltener wirkliche Fragen) beschränken sich aufs Gefühlige – und jetzt Party? was denken sie nun? wie fühlen/fühlten sie sich, wie werden sie sich fühlen, was dachten sie in diesem Moment und zuvor und überhaupt.
Quatsch. Sorry.
https://www.jensweinreich.de/?s=olympic+poem
Deine Anmerkungen zu Welke verstehe ich, wenngleich ich ihn diesmal etwas aufmerksamer empfunden habe – da ginge noch mehr, das sehe ich auch so.
Die Usancen bei Mega-Events und die einhergehenden Arbeitsbedingungen für die verschiedenen Mediengattungen (Rechteinhaber, Non Rightholders, Presse-Fußvolk, Internet-Idioten etc pp) sind mir bestens bekannt. Darüber schreibe ich seit vielen Jahren.
Ich weiß nicht. Gehe aber mal davon aus, dass Du diesen Beitrag da jetzt nicht einbeziehst. Habe mich auf einige Aspekte konzentriert und um Differenzierung bemüht. Grundsätzlich aber ist es doch so: man muss zu viel Unterirdisches ertragen, vieles ist eine Beleidigung der Intelligenz der Zuschauer. Das begreifen sogar Kinder.
„Die Packing-Nummer der ARD habe ich bis heute nicht begriffen.“ Also, das ist so:
wenn der Scholli von München nach Hamburg fliegt, überfliegt er womöglich Würzburg und Münster.
Er aber glaubt, er überfliegt auch Kaiserslautern und Dresden, weil die Städte breitentechnisch ja zwischen M und HH liegen.
Und da, wo ett wichtich is, auffm Platz, zählt der bis zum Platzwart auch alle mit, die beim Steilpass durch den Mittelkreis so seitlich rumstehen.
@ Blinkfeuer #9: Ich meinte eigentlich etwas anderes bzw einen anderen Aspekt, allerdings ist Deine Erläuterung vollumfänglich – das erklärt alles, auch die Frage der Schleichwerbung. Bestens nachvollziehbar, Danke!
Welke, wenn er ins Wort fällt, da mag man ihm seinen komödiantischen Hintergrund ruhig ankreiden, ist kaum vergleichbar mit dem ASS. Cerne und Poschmann haben jahrelang nicht zuhören können, Skripte abgehakt, Steinbrecher war nur auf emotionale Statements geeicht.
Die Kritik an Opdenhövel scheint berechtigt, Scholl hat aber seit Beginn der Partnerschaft die Aussagen flach gehalten. Opdenhövel konnte da fragen, was er wollte, Scholl verweigerte sich konsequent längerer Analysen. Fussball ist simpel, Italien mag ich, England nicht, Spieler X war unter mir bei den Bayern Amateuren.
Anfangs manchmal erfrischend, aus einer schlechten Leistung keine Grundsatzdiskussion erwachsen zu lassen, inzwischen aber in seiner Schlichtheit erschreckend, wenn mangelnde Vorbereitung und Banalitäten sich regelmäßig aneinander reihen.
Meinungsstärke gerne, zwar nicht übertrieben wie bei und ESPN et al., aber doch nicht an der damaligen Vereinsleistung von Gomez oder der Entscheidung von Löw vorbei.
Scholl hätte vielleicht noch eine Chance verdient, wenn man ihm Diskussionspartner zustellte, dann machen kontroverse Aussagen auch Sinn. Im Stehbereich ist das Duo ausgereizt, Scholl hat die Sympathiekarte überzogen. Deutlich vor der Kritik an Löw.
#Delling: Da fehlen Biss und Leidenschaft. Immerhin war er da, um die Kritik von Scholl an Löw zu vermitteln. Ansonsten verdammt alt geworden, leider nicht wie die alten Weine der US-Ligen noch besser geworden.
Wurde es auch obig angesprochen? Ob Stadionstudio oder Medienzentrum machte diesjährig keinen Unterschied, selbst wenn man die Anstalten tauschte.
@ mik: Kann da
fastkomplett mitgehen.Habe übrigens gestern Nacht nochmal zwei, drei MOTD Spielbesprechungen gesehen – u.a. zu GERITA mit Henry, Vialli, dem leider unvermeidlichen Shearer und natürlich Lineker. Das ist um Klassen besser als eine gute ZDF-Analyse, glaube ich. Will das nicht zu hoch hängen, da gibt es natürlich auch Aussetzer, aber was mir auffiel (und gerade, weil jetzt hier mehrere Leute notieren, Welke könne auch nicht richtig zuhören) ist doch, dass Lineker seinen Gästen mehr Zeit gibt. Sie können durchaus mal einen Gedanken entwickeln. Da habe ich bei den Welke-Runden nur Ansätze gesehen – er wäre aber der erste und das Format das erste, um so etwas hinzukriegen. MOTD auf BBC bleibt von allem was ich kenne, der absolute Maßstab. (Und der Twitter-Gott Lineker sowieso.)
So weit wollte ich das nun aber nicht ausführen. Aufhänger war ja Scholl, ich hatte ohnehin vor, einige Beobachtungen zu notieren. International kenne ich außer MOTD bei großen Turnieren kaum etwas und es interessiert mich auch nicht so sehr, da gibt es bei AAS et al richtige Experten.
@dogfood freut sich da sicher über die Expertise-Vermutung… :-)
Markus Völker in der taz: „An Manuel rangewanzt“
Juliane Wiedemeier schreibt ein Altpapier: „Ein Bierchen, ein Bierchen und ein Bus“
„Scholl, dem viele in diesem Internet aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen den Fußball-Sachverstand absprechen (darauf muss man erstmal kommen)“
Darauf muss man nicht kommen. Scholls Inkompetenz modernen Fußball zu verstehen, ist offensichtlich und erklärt auch sein totales Scheitern als Trainer. Ein „Gehts raus und spielt Fußball“ reicht eben nicht mehr, da kann er noch so sehr über die bösen Laptop-Trainer zetern.
Es viel mehr genau anders herum: Man muss erstmal darauf kommen, Scholl überhaupt als „Experten“ zu bezeichnen. Es ist ja längst nicht das erste Mal, dass er Mist erzählt.
@ Klaus Lachshammer: Ich muss Scholl nicht verteidigen und weiß nicht genau, was Sie unter „totalem Scheitern“ verstehen. Aber sagen Sie bitte mal: Waren Sie Nationalspieler, Gewinner der Champions League, des Weltpokals, vielfacher deutscher Meister und Pokalsieger? Haben Sie einen Trainerschein und haben mindestens eine Regionalligamannschaft trainiert?
Scholls Regionalligatätigkeit wurde meines Wissens nach im Verein mit Einfalls- und Ideenlos bewertet.
Ich kann – wie schon anderswo geäußert – mit sehr vielem, was Du sagst, mit gehen. Und nicht nur ich. Ich kenne nur einen kleinen Ausschnitt dieses Internet-Nörglertum, dass Du mit „AAS et al“ bezeichnest. Und in diesem kleinen Ausschnitt wurde Dir nach meiner Beobachtung in fast allen Gesichtspunkten Deiner Kritik in den letzten Tagen von fast allen zugestimmt. So sehr, dass gewohnt wohlwollende Stimmen schon glauben, Du würdest diese Stimmungslage katalysieren. Was ja irgendwie auch ein Lob ist.
Ich weiß, Dir dürstet es nach nix mehr als nach der Beurteilung irgendwelcher verstrahlter Internet-Vollschreiber, deswegen meine Rückmeldung. Bei uns Vielguckern rennst Du jedenfalls offene Türen ein.
Wo ich ganz persönlich eine leicht abweichende Meinung habe, das ist in der Beurteilung eines der mir persönlich wirklich sympathischsten Menschen rund um den Fußball-TV-Betrieb, nämlich von Mehmet Scholl. Ich ertrage den nicht mehr. Ich habe das mal (Widerspruch erntend) ausformuliert und bin so dreist, an der Stelle darauf zu verlinken.
Wo ich ebenfalls eine andere Meinung habe, dass ist die Bewertung von Rethy, Daran ist natürlich immer ganz viel Geschmackssache. Und Rethys Stimmlage trifft einfach meinen persönlichen Geschmack nicht, da kann er nichts für. Aber er redet aus meiner Sicht auch objektiv sehr viel Quatsch. Wenn ich an Rethy denke, dann denke ich an die Formulierung „unerträgliches Geschwafel“. Und zwar obwohl auch ich ihm zugestehe, sich von seinen Karteikarten etwas emanzipiert zu haben. Leider wird es dadurch aber kaum besser. Woran ich persönlich aber auch nur leide, weil mir Kommentatoren beim Fußball so wichtig sind. Ich sollte mit solchen Gedanken vielleicht nicht Deine Kommentarspalte zuspammen und führe das deswegen nicht weiter aus. Was ich eigentlich sagen will: Oliver Schmidt trifft meinen persönlichen Geschmack noch weniger und ich empfand seine bisherige Turnierleistung trotzdem als sehr angenehm. Und nicht nur ich. Es braucht ja oft gar nicht so viel. Für mich klar der stärkste aus der Riege.
Was Delling angeht… Puh. Schön, dass Du das mal ansprichst. Ich habe mich das bisher nie getraut, weil ich natürlich den Quatsch, an dem u.a. er beteiligt ist, immer sofort wegmute und mir deswegen eigentlich kein Urteil erlauben darf. Und sind wir ruhig mal ehrlich: Ich beneide ihn natürlich unendlich um seinen Job. Hängt vor Teamhotels rum, arbeitet sich nicht gerade tot und hat sicherlich ein komfortables Dasein. Aber er ist ja nun nicht ich. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Gerhard Delling auf einen solchen Gig angewiesen ist. Und da frage ich mich doch: Ist ihm das nicht selber peinlich?
Und da kann man schön den Bogen zurück zu Welke schlagen. Mein Mute-Finger war nämlich zu langsam, als dass ich nicht mitbekommen hätte, wie der sich mehrmals on air über die „Bus-Berichterstattung“ lustig gemacht hat.
Noch ein Wort zu Claudia Neumann: Sie trifft meinen persönlichen Geschmack auch nicht so richtig. Aber wer Simon aushält und Neumann beschimpft, allein aus dem lustigen Umstand heraus, dass sie eine Frau ist, der stellt meine pazifistische Grundüberzeugung auf eine harte Probe.
Ich sollte zu Scholl vielleicht ergänzen, dass ich mir keineswegs anmaße, seinen Fußball-Sachverstand zu beurteilen – ist doch nur ein Aspekt gesichert: Er hat davon jedenfalls mehr als ich.
Aber ich glaube, ich verbringe genug Zeit vor der Glotze, um mir anmaßen zu können, was jemand in der Position als TV-Analytiker eines Fußball-Spiels bei der TV-Analyse eines Fußballspiels leisten sollte und was nicht. Nur darum geht es mir.
Opdenhövel gewinnt bei mir keine Punkte, weil er schon bei den – für Moderatoren und Kommentatoren – absoluten Basics versagt und seit 20 Jahren keine Weiterentwicklung erkennbar ist.
Ein Moderator sollte in der Lage sein frei zu reden und auch geschriebenen Text, der über Moderationskarten oder Teleprompter reinkommt, mit einer natürlichen Intonation unfallfrei rüberzubringen. Opdenhövel mangelt es aber an Natürlichkeit und er schafft es seit 20 Jahren nicht (schon seit den Radiozeiten und dem Quiz „hast du Töne“ auf Vox) in einem TV Kontext nicht komplett gestelzt und künstlich rüberzukommen.
Sobald Opdenhövel Text verlesen muss oder sich nicht spontan durchwursteln kann klingt das aber so, als würde ein Mittelschüler ein Referat vor der Klasse halten oder als müsste er im Deutschunterricht aus einer Lektüre vorlesen. Da ist er auf einem Niveau mit Elton. Außerdem bricht er komplett ein sobald sich die Situation als solche nicht mehr an sein Skript hält.
Welke ist erstens sportbegeistert und verfügt tatsächlich über einigen Sachverstand, zweitens weiß er wann der dem Experten das Feld überlassen muss und wann er wieder „reingrätschen“ darf (naja, meistens) und drittens ist er als Komiker auf Natürlichkeit, Timing und Spontaneität geeicht (und vor allem, der Teil der Empathie der das Publikum und seine Gesprächspartner einschätzen muss) und er kann auch von Texten oder dem Teleprompter ablesen und das in einen Rahmen bringen, dass es nicht wie ein Referat über den Sommerurlaub mit den Eltern klingt.
Ich bin da altmodisch und Opdenhövel scheint keinen Bock zu haben sich auf dieser elementaren Ebene mal auf ein halbwegs professionelles Niveau begeben zu wollen. Da stellt sich dann gleich auch seine Kompetenz in anderen professionellen Dingen in Frage.
In „Hast Du Töne?“ fand ich ihn super.
Außerdem ist Opdenhövel erklärter Gladbach-Fan und insofern ohnehin von jeder Kritik ausgenommen.
Es war Gehirn-Schluckauf, hat er gerade am Stehtisch gesagt:
Opdenhövel hat als Raab-Adlatus seine „beste“ Zeit hinter sich. Da er und Elton jetzt bei den ÖR werkeln dürfen, sagt viel zu Anspruch und Niveau der ÖR.
Oliver Welke ist durch die ganz harte Schule gegangen: aufgewachsen bei Gütersloh, Kindermodel für Bockwurst, und dann lange Jahre mit Kalkofe und Wischmeyer beim Frühstyxradio.
Die UEFA betreibt ja gerade eine Charmeoffensive, erst wird der Twitter-Account von Kurt Proedel, der alle Elfmeter vom Viertelfinale zusammengeschnitten hatte, gelöscht, und dann verbieten sie, dass die Spielerkinder nach dem Spiel aufs Feld dürfen. Aber klar, die werden ja nicht von einem Burgerbrater gesponsert.
Zustimmung zum Lob für das Duo Welke/ Kahn! Macht Spaß den beiden zuzusehen.
An Stanislawski stört mich sehr dieses unsägliche „wir“. „Wenn wir so die Mitte zumachen…“, „da fehlt uns noch die Zuverlässigkeit beim Abschluss“, blabla bla – ein Mindestmaß an Distanz sollte man beim Fernseh-Auftritt als Experte wohl erwarten dürfen.
Puh, so viel Text, so viele Gedanken, die mir dabei durch den Kopf gehen. Also sorry, wenn das etwass durcheinander gerät, hier.
Zunächst einmal möchte ich den Stani ausdrücklich loben. Hab mir seine Analysen sehr gerne angeschaut und angehört. Alte Hamburger Verbundenheit, denk ich mal… einen Vergleich zum Erik kann ich nicht ziehen, ich habe kein Sky.
Dann möchte ich deiner Einschätzung zu Kahn zustimmen. Mit der Müller-Hohenstein (die ich als Moderatorin im ASS durchaus schätze) wollte der Funke einfach nie so richtig überspringen, mit Welke harmoniert er viel besser. Mir ist da vor allem die Anekdote in Erinnerung als der Kahn davon erzählte, wie er bei einer EM sogar mal fast als Feldspieler auflaufen musste, wegen der vielen verletzten. Welke fragte: „Wo hättest du denn dann gespielt?“ und Kahn: „Ach… mich kannste ja quasi überall einsetzen“. Grandios.
Weiter im Text: Réthy ist und bleibt für mich der Inbegriff des schlechten Kommentators. Das heißt nicht, dass andere da merklich besser wären, aber Réthy versteht es jedesmal, mich seinen Phrasen auf’s neue zu nerven. Im Spiel gegen Frankreich fand ich ihn aber sogar mal erträglich.
Und beim Stichwort „Spiel gegen Frankreich“ wären wir auch schon beim Müller-Zitat: Ziel erreicht, würde ich mal sagen. ;)
Steffen Simon: Fand ich gegen Italien auch äußerst schwach. Einzig im Elfmeterschießen wusste er zu überzeugen, weil er da tatsächlich mal von seiner Rolle als Kommentator abgewichen ist und das ganze als Fan betrachtet hat. Sein „NEEEINN!“ als Schweinsteiger den Ball über’s Tor befördert ist doch tatsächlich der emotionsgeladenste Kommentar, zu dem ein deutscher Kommentator fähig zu sein scheint. Es muss ja nicht gleich „Gummi Ben“-mäßig sein, aber ein bisschen mehr Freude und Empathie würden auch nicht schaden.
Punkt „schwarz-rot-goldene Brille“: Ja, ein bisschen „Parteilichkeit“ darf ja durchaus sein, aber wenn selbst die größte Grütze noch schön geredet wird, dann hört der Spaß tatsächlich auf.
Und last but not least zu Oliver Fritsch… also, weiter auseinander könnten unsere Meinungen hier gar nicht gehen. Jedesmal, wenn ich auch nur eine Zeile dieses *Selbstzensur* lese, steigt in mir der Drang auf, von der ZEIT-Redaktion mein Geld zurückzuverlangen. Ich hoffe immer noch, dass „Oliver Fritsch“ nur ein Fantasieprodukt ist und irgendwann als groß angelegter Aprilscherz entlarvt wird.
@ Hannes: „Oliver Fritsch“ ist (aus Deiner Sicht: leider) kein Aprilscherz. Der ist aus Fleisch und Blut, den gibt es tatsächlich.
Zu Réthy: Da habe ich ja nur angedeutet, könnte mit Beobachtungen und Notizen noch einen langen Text schreiben, um das zu begründen, aber wir sind uns einig, dass wir da nie auf einen Zweig kommen – Du und ich und Millionen andere … Absolut typisch ist doch: Du sagst, gestern sei er erträglich gewesen – ich fand ihn gestern im Halbfinale wiederum schwach, vor allem, weil er kaum ins Detail ging, meines Erachtens nicht ein Mindestmaß an taktischen Beobachtungen/Bewertungen einfließen ließ und Schlüsselszenen unzureichend würdigte/sah/bewertete.
C’est la vie.
Was mir sowohl bei Rethy und Simon besonders missfiel, waren die Versuche, das Agieren der deutschen Mannschaft permanent mit überhöhten Verbalien wie z. B. Weltklasse schön zu reden. Man konnte sich nicht des Verdachts erwehren, dass sie sich zum Sprecher der Nationalmannschaft profilieren wollen. Vielleicht zahlt die besser. ;)
Toll dagegen wie die Redakteure Thomas Kroh und Andreas Vogtmeier vom rbb-Info-Radio den Vergleich von Berichterstattung hier hinkriegen:
https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/zwischenruf/201607/37206.html#top
Die etwas andere Kritik zur deutschen Fußball-Nationalmannschaft
Manuel Neuer: Bei ihm ist es wie mit der Hausfrau und dem Mittagessen: Schweigt der Mann – hier Kritiker -, dann war es gelungen und gut. Punkt! Nur was soll das ewige reklamieren und lamentieren nach Gegentoren? Es gibt nun einmal Tore, die nicht zu verhindern sind. Siehe den Treffer des Schweizers Shaqiri, Ronaldos Geniestreich mit der Hacke oder auch Draxlers Akrobatikeinlage gegen die Slowakei.
Joshua Kimmich: Die Entdeckung des Turniers schlechthin. Nicht nur, dass die meisten Flanken verwertbar waren, der Jungspund war mit Pfostenschuss und Kopfball gegen Frankreich sogar torgefährlichster Akteur! Der Vorwurf des Fehlers vor dem 0:2 ist wohl eher Höwedes zu machen. Querpass durch den eigenen Strafraum geht ja nun mal gar nicht…
Benedikt Höwedes: Wo ihn der Jogi bei diesem Turnier hinstellte, stand er richtig. Weckte Erinnerungen an glorreiche deutsche Defensivtugenden und -recken a la Vogts, Briegel, Kohler…
Rettete mit einem aus der Position fast nicht mehr für möglich gehaltenen Tackling Boateng gegen „Le bleu“ förmlich den „Arsch“.
Jerome Boateng: Wandelte mit seinen Leistungen zweimal auf dem schmalen Grat zwischen Volksheld und „Depp der Nation“. Opferte sich für die Mannschaft und das Gelingen des großen Ziels auf bis zum Muskelbündelriss. Der lädierte Oberschenkel hätte eine längere Pause gebraucht. Die hat der Bayernspieler jetzt. Bin gespannt wann giftige Bemerkungen darüber aus dem Haus an der Säbener Straße kommen. Speziell er hat das Ausscheiden nicht verdient. Er ist und war ein Erfolgsgarant.
Mats Hummels: Das trifft durchaus auch auf den Neu-Münchner zu. Doch wirklich aufgefallen ist er mehr durch seine Bussi-Einlagen direkt nach Spielschluss. Mir ist es unerklärlich, wie ein Mannskerl wie er sich so in die Abhängigkeit einer veganen Tofu-Verehrerin begeben kann. Mode-„Dämchen“ Cathy ist auf dem besten Weg, sich an die Spitze der Rangliste der Fussball-Männer-beherrschenden Damenriege Gabi Schuster, Bianca Illgner u. a. zu setzen. Wer bezahlt eigentlich Aufenthalt und Rückflug im Mannschaftstroß?
Jonas Hector: Seine Spielweise ähnelte der eines Play-Mobil-Kumpels. Das Repertoire bestand aus folgenden Feinheiten: Aufstellen an der Außenlinie, Ball bekommen, kurz schauen, Alibi-Rückpass nach hinten. 99 Prozent seiner Pässe fanden Abnehmer, nur Pech, dass sie stets das Trikot des Gegners trugen. Das mag für Spiele des 1. FC Köln in der Faschingszeit genügen. Für eine EM-Endrunde und einen als „Nobody aus der saarländischen Diaspora“ gefeierten Stammspieler (ja, er fehlte auch in der Qualifikation so gut wie nie) war das zu wenig. Bei der Entgegennahme der 100 000-€-DFB-Erfolgsprämie sollte er schamrot werden und das Geld für soziale Zwecke spenden.
Semi Khedira: Ein in die Jahre gekommener Juve-Profi hinterließ den Eindruck vornehmer Zurückhaltung nach dem Motto: Lass die anderen Mal machen. Schließlich setzt der National-Jogi auf mich als Transporteur seiner Theorien auf den Platz und in die Mannschaft. Wie viele andere nur Mitläufer, keine Fernschüsse, Durchbrüche in die Tiefe, usw. War offenbar auch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte und blieb dadurch unter seinen Möglichkeiten.
Toni Kroos: Dessen Einschätzung fällt nicht viel besser aus. Statistik-Larifari von 265mal Ballbesitz oder überflankte Gegenspieler übertünchen nur die Schwächen, die da waren: keine überraschenden Pässe in die Tiefe, kaum Doppelpassversuche, keine seiner gefährlichen Fernschüsse. Es hatte den Anschein, dass die vielbeschworene Einheit aller Mannschaftsteile nur auf dem Papier stand und sich immer wieder zwischen Abwehr und Mittelfeld sowie der Angriffsreihe (welch ein großes Wort) Lücken auftaten.
Bastian Schweinsteiger: Endlich einer der sich diesem Manko entgegenstemmte. Und wie er das tat, nötigte Hochachtung ab. ZDF-Mikrofonhalter Bela Rethy sprach einmal vor Begeisterung von „Steinschweiger“. Das kleinkarierte Gemäkel wegen des Handspiels und eines angeblichen Stellungsfehlers vor dem Griezmann’schen 0:2 kann er sich ruhigen Gewissens von der Backe schmieren. Bitte mach weiter!
Mesut Özil: Seine gute Spielweise wird von vielen in nationaler Besoffenheit verharrenden Rudelguckern nicht so richtig wahrgenommen. Den Begriff „direkte Torgefahr“ hatte leider auch er aus seinem Repertoire gestrichen. Man hat immer den Eindruck, er schleppt einen Rucksack mit sich herum, in dem Recep Tayyip Erdogan sitzt und mit erhobenen Zeigefinger droht: Du Schlingel, warum spielst du für das Böhmermann-Land?
Thomas Müller: Seine launigen Kommentare bei Pressekonferenzen und ähnlichen Anlässen bleiben das einzig Erwähnenswerte, wenn man an EM 2016 und Thomas Müller denkt. Sollte aufpassen, dass die Herren Hoeneß und Rummenigge nicht schon Verkaufsabsichten hegen.
Julian Draxler: Ihm möchte man zurufen: Mensch, Junge, warum nicht öfter so wie gegen die Slowakei! Die Ausbootung nach solcher Leistung für das Italien-Match muss man erst einmal verkraften. Hut ab! Ich hoffe für den Ex-Knappe und Wolfsburg, das er neben seinen spielerischen Fähigkeiten endlich das auf Schalke gepflegte Malocher- und Kämpfer-Gen in sich entdeckt hat.
Mario Gomez: Zwei Jahre bekam er von Löw, Bierhoff und dem DFB die „Arschkarte“ gezeigt, jetzt war sein Ausfall auf einmal „ein wichtiger Verlust“. Über soviel opportunistischen Sinneswandel kann man nur den Kopf schütteln. Gerade er, aber auch Neuer, Boateng, Kimmich, Draxler, haben das Ausscheiden nicht verdient.
Mario Götze: An dieser Stelle soll der Satz von ZDF-Reporter Rethy genügen: „Wo ist eigentlich Götze? Er ist schon 15 Minuten auf dem Platz, aber offensive Wirkung erzielte er noch nicht….“.
Emre Can: Mit dem Klopp-Schützling betrat ein forscher junger Mann den Rasen, der mit Körper und auch Fuß erst einmal beeindrucken wollte. Schiri Rizzoli bremste ihn mit einer Gelben Karte ab und fortan sah man nur noch einen braven Mitläufer, von deren Sorte schon einige auf dem Platz standen.
Andre Schürrle: Wie immer konnte er nicht verhehlen, wo er herstammt: Aus der Weichei- und Erfolglos-Schule von Bayer Leverkusen. BVB-Fans, macht euch auf etwas gefasst, sollte er käuflich erworben werden.
Lukas Podolski: Erfüllte seinen Kurzeinsatz zufriedenstellend, riss nichts herum, machte aber auch nichts kaputt. Das ist doch schon mal was. Neu ist eigentlich nur, dass ein Spieler entscheidet, dass er
in der Nationalelf weiter macht … und dann natürlich auch berufen wird. Ei, ei, ei, ist das wohl schon schleichender Machtverlust von Trainer Jogi?
Shkodran Mustafi: Siehe 1. Satz bei Podolski.
Julian Weikl, Leroy Sane, Jonathan Tah: Alle drei erfüllten ihre Aufgaben perfekt. Keine Widerworte, glattdiszipliniert wie alle „Elf Engel für Jogi“ wie die „Süddeutsche Zeitung“ ein Essay kürzlich überschrieb. Und in Fußball-hörigen Gazetten wie der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ wurden sie schon als die neuen Heilsbringer hochgejubelt. Also alles Spielertypen, die den Ball streicheln können, aber vergessen, wo das Tor steht und was davor passieren muss.
Ron-Robert Zieler: Ein Kameraschwenk auf sein Gesicht nach dem Halbfinal-Aus weckte die leise Hoffnung, hier könnte einer eigene Gedanken zu Aufstellung und Spielweise haben. Vorsicht, glattes Terrain, kann man da nur warnen.
3. Torwart: Hat Glück, denn mir fällt gerade nicht der Name ein.
Gesamtresümee und Ausblick: Hiermache ich es einfach und verweise auf einen Essay des Deutschlandfunk-Autors Jürgen Roth in der Sendung am Samstag, 2. Juli. U. a. heißt es da: „Die deutsche Auswahl ist keine Fußballmannschaft aus lebendigen Individuen, sie ist ein unerhört wichtigtuerisches und ungemein fades PR-Produkt, ein Playmobil-Team aus plastinierten Seelen mit Preisschildern an der Stirn.“ Moralisch einwandfreie Knaben aus der Retorte erfüllten somit den von Löw und seinem Kommandeur Bierhoff vorgegebenen Nominierungs-Hauptgrund: anpassungsbereites, unterwürfiges Wohlverhalten. Den zweiten Teil: Fußballerische Glanztaten blieben sie durchweg schuldig.
Da dieses Ausbildungsschema gewollt ist und selbst bei schnellem Umsteuern lange nachwirken wird, werden wir uns damit abfinden müssen, dass „Turnlehrer“ Löw weiterhin eine Mannschaft auf den Platz bringt, die man eher dem Leistungskurs „Nadelarbeit“ einer Waldorf-Schule zuordnet als einer kernigen Männerriege.
Die Plastiksprache des Bundestrainers
Thomas Müller ist eine Ausnahme. Einer, der in Interviews auch mal frei von der Leber weg antwortet, jedes Medien-Training zur inhaltlichen Verwässerung vergisst und präzise auf den Punkt kommt. Ansonsten ist bei der EM vor allem Plastiksprache zu hören – findet unser DLF-Autor Jürgen Roth.
Es ist ein Elend, das man kaum noch wahrnimmt – oder nicht mehr wahrnehmen will. Wenn der Bundestrainer zu sprechen anhebt, geht die Grammatik in die Knie, und die Semantik zerstäubt.
„Löw ist zweifellos ein besonders inferiorer Kopf“, urteilt Eckhard Henscheid, ein Kopf, der „jeden Tag, ja manchmal pro Satz zweimal ‚Wahnsinn‘ sagt – ein Sprachschatz wie ein zurückgebliebenes Kind.“ Und dieses Kind baut dann zum Beispiel einen solchen Satz zusammen: „Wir können nur an unserer eigenen Seriosität scheitern.“
„Nullgerede à la Merkel“ – Es ist aber nicht bloß das „unheimlich“ infantile, automatisierte Geplapper. Löws Nullgerede à la Merkel, dieses technokratische, zerschossene Gewirr, strotzt auch – neben all den Debilvokabeln – vor, wie sie der Linguist Uwe Pörksen nennt, „amorphen Plastikwörtern“ und „Amöbenwörtern“. „Besser strukturiert sein“, „sehr gute defensive Struktur“, „super organisiert“ – so geht es in einer Tour. Es ist die Sprache einer Geisterwelt, uniform, entleert, entwirklicht.
Nicht nimmt es da wunder, daß die von Peter Sloterdijk zu „windigen Bürschchen“ geadelten Spieler größtenteils affinen Sums absondern. „Der Bundestrainer sagt, was er von mir sehen möchte“, rapportiert Julian Draxler, aus Benedikt Höwedes blubbt es heraus: „Letzten Endes geht es gar nicht um mich, letzten Endes geht es ums große Ganze.“ Das sind Parteiverlautbarungen, dienstbeflissen vorgetragen von bis zur Selbstaufgabe anpassungsbereiten, regredierten, unterwürfigen, moralisch einwandfreien Knaben aus der Retorte. Wo sind die Breitners, die Briegels, die Augenthalers, die Ballacks geblieben?
„Elf Engel für Jogi“ war kürzlich ein Essay im Magazin der Süddeutschen Zeitung überschrieben. „Die Nationalspieler sind glattdiszipliniert wie nie“, hieß es weiter, und das verweise auf die „kaum noch aushaltbare Lücke, die zwischen der Verkommenheit des internationalen Fußballgeschäfts und dem moralischen Anspruch an seine Protagonisten klafft“.
Ein fades PR-Produkt – Die deutsche Auswahl ist keine Fußballmannschaft aus lebendigen Individuen, sie ist ein unerhört wichtigtuerisches und ungemein fades PR-Produkt, ein Playmobil-Team aus plastinierten Seelen mit Preisschildern an der Stirn.
„Wir haben aktuell nicht den Eindruck, daß es das richtige Zeichen ist, wenn er bei uns dabei wäre“, begründete Oliver Bierhoff die Relegation von Max Kruse vor dem Turnier. Bierhoff, dieser Prototyp des smart und harmlos dreinschauenden Unternehmenskommandeurs unserer Tage, der sich damit brüstet, regelmäßig im Silicon Valley herumzuspazieren, hat die Zerstörung des deutschen Fußballs planmäßig betrieben – seine Verwandlung in eine glitzernde, degoutante und bigotte Vermarktungsmaschinerie.
„Wir müssen das tun, wovon wir überzeugt sind, und dürfen uns nicht treiben lassen von der Frage, ob und wie das ankommt“, bekundete Bierhoff jüngst gegenüber dem Spiegel.
Dann macht mal schön ohne mich.
Gemäß Rechnungshof Rheinland-Pfalz schreibt Kress eine nette Geschichte mit diesen Zahlen:
Netzers geheime Super-Honorare
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