… und man möchte fragen: Erst jetzt? Dass es diese Ermittlungen u.a. wegen des Verdachts auf Geldwäsche und ungetreue Geschäftsbesorgung geben müsse, erzähle ich seit knapp einem Jahr. Das war seit Veröffentlichung unserer ersten SPIEGEL-Titelgeschichte im Oktober 2015 klar. Damals löste schon der Fragenkatalog, den wir an Wolfgang Niersbach (seinerzeit noch DFB-Präsident, noch FIFA- und UEFA-Exekutivmitglied) und zahlreiche andere Funktionäre geschickt hatten, nichts als Panik aus.
Und tatsächlich wurde das Verfahren bereits am 6. November 2015 eröffnet.
Heute teilt die Schweizer Bundesanwaltschaft nach acht Hausdurchsuchungen (ziemlich spät) also mit:
Fussball: Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Deutschen Fussball-Bund (DFB)
Bern, 01.09.2016 – Die Bundesanwaltschaft der Schweiz hat ein Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Deutschen Fussball-Bund (DFB) eröffnet. Die Beschuldigten waren im Präsidium des Organisationskomitees der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland tätig.
Die Bundesanwaltschaft der Schweiz hat am 6. November 2015 ein Strafverfahren eröffnet. Dieses Strafverfahren wird insbesondere wegen des Verdachts des Betrugs (Art. 146 StGB), der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 StGB), der Geldwäscherei (Art. 305bis StGB) sowie der Veruntreuung (Art. 138 StGB) geführt. Beschuldigte des Strafverfahrens sind:
- Horst Rudolf Schmidt
- Theo Zwanziger
- Franz Beckenbauer
- Wolfgang Niersbach
Die vier genannten Personen waren Mitglieder des Präsidiums des Organisationskomitees der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht die Mitfinanzierung einer Galaveranstaltung in der Höhe von EUR 7 Mio., die später auf EUR 6.7 Mio. herabgesetzt worden war. Diesbezüglich besteht der Verdacht, dass die Beschuldigten wussten, dass der Betrag nicht der Mitfinanzierung der Galaveranstaltung diente, sondern der Tilgung einer Schuld, die nicht durch den DFB geschuldet war.
Es besteht insbesondere der Verdacht, dass die Beschuldigten die Mitglieder, resp. die weiteren Mitglieder, des Präsidialausschusses des Organisationskomitees der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 durch Vorspiegelung und Unterdrückung von Tatsachen arglistig irregeführt haben, um sie zu einem Verhalten zu bestimmen, welches den DFB am Vermögen schädigte.
Die Zuständigkeit der Schweiz für dieses Strafverfahren ergibt sich aus der Ausführung eines Teils der mutmasslichen Handlungen sowie des mutmasslichen Bereicherungsortes in der Schweiz.
In enger Koordination und Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden Österreichs sowie Deutschlands und unterstützt vom Bundesamt für Polizei (fedpol) fanden heute an insgesamt acht Orten zeitgleich Hausdurchsuchungen oder begleitete Editionen statt. Zudem wurden verschiedene Beschuldigte durch die Bundesanwaltschaft, oder im Auftrag der Bundesanwaltschaft einvernommen.
Weitere Angaben zum hängigen Strafverfahren können nicht gemacht werden.
Auch Fedor Radmann hat am Morgen Besuch bekommen in seinem Schweizer Wohnort Teufen. Er hat mal wieder den Geldmittler für Beckenbauer gespielt. Interessante Informationen hat der Tages-Anzeiger dazu:
Es geht nicht nur um die WM 2006: Über die Verstrickung von Fedor Radmann – märchenhafte FIFA-Bezüge für Beckenbauer https://t.co/JOSmJGGV9Z
— Jens Weinreich (@JensWeinreich) September 2, 2016
Recherchen zeigen aber, worum es im Strafverfahren gegen den 71-jährigen Deutschen (Radmann/JW) geht: um Millionenzahlungen der FIFA an Beckenbauer, bei denen Radmann zwischengeschaltet war. Zwischen 2008 und 2011 hatte der Weltfussballverband Zahlungen an Beckenbauer entrichtet, der damals in der Fifa-Exekutive sass. Sie waren als Löhne und als Zulagen deklariert. 5,4 Millionen Franken flossen so in jener Zeit zu Radmann. Die Hälfte davon leitete der Sportvermarkter an die Bank Spängler nach Salzburg weiter – auf ein Konto Beckenbauers beim traditionsreichen österreichischen Geldhaus.
Radmann wird nun verdächtigt, Urkundenfälschung begangen zu haben. Er soll bei seiner Bank verschwiegen haben, dass Beckenbauer der wahre Berechtigte des Geldes war. Die Strafuntersuchung läuft auch wegen Verdachts auf Geldwäscherei. Radmann war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die üblichen Geschäfte.
Es bleibt spannend.
Geldwäsche, Betrug, ungetreue Geschäftsbesorgung – nebst: schwarzer Kasse -, davon war von Beginn an die Rede. Manche wollten es nur nicht wahr haben.
Und nun wieder an die Arbeit. Es gibt noch viel zu tun in der Parallelgesellschaft Sport.
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Und was macht eigentlich das Camp Beckenbauer in diesem Jahr so?
Läuft nicht mehr sooo gut für die Adidas-Kumpels Beckenbauer, Bach, Blatter, Niersbach. #FIFAcrime #WM2006 #IOC #DFB pic.twitter.com/2k2lOLlevP
— Jens Weinreich (@JensWeinreich) September 1, 2016
Es zieht um.
Nach China.
Ich denke mal, da ist Beckenbauer vor Hausdurchsuchungen geschützt.
Zwei Belege meiner Dichtkunst aus dem Urlaub (noch bis Sonntag):
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Gegen Franz Beckenbauer und drei andere ehemalige Größen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) laufen strafrechtliche Ermittlungen im Zusammenhang mit ominösen Millionenzahlungen im Vorfeld der WM 2006. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat dazu im November 2015, drei Wochen nach den Enthüllungen des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL, ein Strafverfahren eingeleitet und gab nun erstmals Details dazu bekannt. Am Donnerstag wurden in der Schweiz und Österreich, offenbar auch am Wohnort von Beckenbauer in Salzburg, Hausdurchsuchungen und Vernehmungen durchgeführt. Die Maßnahmen erfolgten gemäß Mitteilung der Bundesanwaltschaft „in enger Koordination und Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden Österreichs sowie Deutschlands und unterstützt vom Bundesamt für Polizei (fedpol)“.
Dass ein Strafverfahren geführt wird, überrascht nicht und war nach den gut dokumentierten Enthüllungen des SPIEGEL zwangsläufig. Die Schweizer Behörden mussten von Amts wegen ermitteln. Es erstaunt allerdings, dass Befragungen und Hausdurchsuchungen erst zehn Monate nach Verfahrenseröffnung durchgeführt wurden. Ermittelt wird gegen Franz Beckenbauer, Horst R. Schmidt, Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger wegen des Verdachts des Betruges, der ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Geldwäsche und Veruntreuung. Die vier Präsidiumsmitglieder des Organisationskomitees der WM 2006 waren in unterschiedlichem Maße in den dubiosen Zahlungsfluss von 6,7 Millionen Euro verwickelt – von aktiver Täterschaft und Legendenbildung bis zur Mitwisserschaft.
Das Geld wurde vom damaligen, inzwischen verstorbenen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus als sogenanntes Darlehen bereitgestellt, wurde im WM-OK bewusst falsch verbucht als angeblicher Beitrag für die abgesagte WM-Gala der FIFA – und versickerte letztlich auf dem Firmenkonto des wegen Korruption lebenslang gesperrten ehemaligen FIFA-Exekutivmitglieds Mohamed Bin Hammam aus Katar. Eine Kernfrage lautet seit Herbst 2015, ob Bin Hammam damit Stimmen für die deutsche WM-Bewerbung organisiert hatte. Das schwer korrupte FIFA-Exekutivkomitee sprach Deutschland die WM 2006 im Juli 2000 mit 12:11 Stimmen gegen Südafrika zu.
Bin Hammam spielte bei der von Korruptionsvorwürfen überschatteten Vergabe der WM 2022 an das Emirat Katar ebenfalls die entscheidende Rolle. Die Bundesanwaltschaft der Schweiz ermittelt auch in diesem spektakulären Kriminalfall des Weltverbandes FIFA sowie zur Vergabe der WM 2018 an Russland. Zugleich kooperieren die Schweizer eng mit dem amerikanischen Justizministerium, das bereits mehr als 40 Fußballfunktionäre und Firmen aus dem FIFA-Reich wegen großflächiger Korruption, Geldwäsche, bandenmäßiger Verschwörung, Erpressung, Steuerbetrugs und anderer schwerer Delikte angeklagt hat. Mehr als die Hälfte der Angeklagten ist geständig. Die Schadenssumme beläuft sich bisher auf mindestens eine Viertelmilliarde Dollar. Nahezu jedem Angeklagten drohen Gefängnisstrafen von mehreren Jahrzehnten.
Die Bundesanwaltschaft weist daraufhin, dass für die vier DFB-Größen die Unschuldsvermutung gelte. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, drohen den Verantwortlichen Haftstrafen von drei bis maximal fünf Jahren. Im Fokus der Ermittler steht vor allem Beckenbauer. In Deutschland laufen gleichzeitig Ermittlungen der Steuerfahndung, die bereits am 3. November 2015 Hausdurchsuchungen durchgeführt hatte. Wegen Steuerbetruges drohen dem einstigen DFB-Präsidenten Niersbach mehrere Jahre Haft – und dem DFB rückwirkend die Aberkennung der Gemeinnützigkeit, was horrende Steuernachzahlungen bedeuten würde. Niersbach war wenige Wochen nach den SPIEGEL-Enthüllungen als DFB-Präsident zurückgetreten.
Sein Amtsvorgänger Theo Zwanziger hatte die Vorgänge rund um die WM 2006 im Herbst 2015 scharf kritisiert, von einer „schwarzen Kasse“ und vom Stimmenkauf gesprochen und seine Vorwürfe teilweise belegen können. Niersbach musste nach einem Urteil der FIFA-Ethikkommission inzwischen seine fürstlich dotierten Posten als Exekutivmitglied der FIFA und der UEFA abgeben. Er wurde für zwei Jahre für alle Fußballfunktionen gesperrt, spielte aber in der Bewerbung des DFB für die Europameisterschaft 2024 bis dahin eine wichtige Rolle, obwohl er das DFB-Präsidium in Sachen WM 2006 getäuscht, mehrfach die Unwahrheit gesagt und entscheidende Informationen vorenthalten hatte.
Bei der Präsentation des DFB-internen Untersuchungsberichts der Anwaltskanzlei Freshfields war im März 2016 die Unvollständigkeit der Unterlagen betont worden. Akten lagen nur teilweise vor. Aus den Unterlagen, die von der Staatsanwaltschaft, der Steuerfahndung und der Schweizer Bundesanwaltschaft sichergestellt wurden, können sich weitere Anhaltspunkte für mögliche Straftaten ergeben.
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Die Mühlen der Justiz mahlen im Sportbusiness äußerst langsam. Doch inzwischen mahlen sie wenigstens, wenngleich nur in Einzelfällen. Nachdem das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL ab Oktober 2015 mit seinen Enthüllungen zur mutmaßlich gekauften WM 2006 die Spur gelegt hatte, konnte im Grunde nur mit den Mitteln der Strafjustiz weitere Aufklärung erfolgen. Das Schweigekartell des Fußballs mit seinen mafiosen Strukturen, in denen entscheidende Unterlagen längst vernichtet sind, kann nur mit Strafandrohung gebrochen werden – nicht aber mit internen Kommissionen.
Das amerikanische Justizministerium und die Ermittler vom FBI und der Steuerbehörde IRS haben das am Beispiel der FIFA und der Kontinentalverbände in Nord- und Südamerika vorgemacht: Wenn es eng wird für die Mitglieder der Fußballfamilie, die Jahrzehnte lang unantastbar waren, plaudern sie plötzlich.
Im Fall DFB ist das etwas komplizierter, sind Rechtslage und die dubiosen Vorgänge weniger eindeutig. Aber auch hier geht es inzwischen darum, Haftstrafen zu vermeiden. Das könnte eine Lichtgestalt wie Franz Beckenbauer gesprächig machen. Hausdurchsuchungen ein knappes Jahr nach einer Enthüllung, die Deutschland in Atem hielt, bringen gewiss nicht viel. Aber der Symbolwert ist nicht zu unterschätzen.
Lukas Rilke für SpOn: Des Kaisers neues Schweigen
SZ-Kommentar von Hans Leyendecker: Schluss mit Schweizer Unsauberkeiten
Ach der Herr Leyendecker – hat doch lange geschrieben, dass alles halb so schlimm sei und DER SPIEGEL ohnehin irgendwie falsch unterwegs. Lustig auch in einem anderen SZ-Text die Kapriolen der Autoren: „im Herbst 2015 nach Ruchbarwerden der Affäre“.
„Ruchbarwerden“, das Wort merke ich mir.
Dabei müßte er doch nur mal seinen Kollegen Thomas Kistner fragen. Oder redet man bei der SZ generell oder die beiden im speziellen nicht so gern mit Kollegen?
@Johannes Ich glaube, das ist der Unterschied zwischen Sportjournalist und Edelfeder.
SpOn: Beckenbauer hat 5,5 Millionen Euro Honorar erhalten
SpOn-Kommentar von Jürgen Dahlkamp: Hätte er doch aufgehört
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Bravo zur eleganten Unterbringung von „Ruchbarwerden“ im SpOn Artikel: Die faulen Ausreden des DFB. Da freut sich der Herr Leyendecker bestimmt auch.
Michael Horeni und Evi Simeoni in der FAZ: Der DFB und sein Sommermärchen: Es werde Licht – aber bitte nicht zu viel
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insideparadeplatz.ch: Eklat beim Sparhafen: Urs Linsi im Ausstand
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