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Das Olympische Bildungsmagazin

live aus PyeongChang (7): das IOC droht, mir die Akkreditierung zu entziehen

ALPENSIA. Das geht gut los bei diesen Olympischen Spielen. Läuft. Schon vor der Eröffnungsfeier am Freitag. Gerade schreibt mir ein IOC-Aufpasser (Christian Klaue), ich würde verwarnt und laufe Gefahr, meine Akkreditierung zu verlieren. Die Email ging cc an Rebecca Lowell Edwards, Strategic Communications Director, Mark Adams, Director of Communications, und das Press Office.

Wow.

Das ging ja schnell.

Angeblich hätte ich im Olympic Family Hotel „gefilmt“. Sagen IOC-Quellen.

Ich habe nicht im Olympic Family Hotel „gefilmt“. Habe kein Video aufgenommen. Habe keine Audio-Aufnahmen gemacht. Habe keine „Filmkamera“ dabei.

Die Attacken häufen sich. Ich bin mehrfach schon körperlich und verbal bedroht und an meiner Arbeit gehindert worden, meist von den Prätorianern des IOC-Scheichs und Bach-Vertrauten Ahmad, der mir mal höchst eigenhändig, flink wie ein Taschendieb, eine Kamera aus der Hosentasche stibitzte.

Die Email:

* * *
Von: Christian Klaue
Datum: Mittwoch, 7. Februar 2018 um 16:03
An: Jens Weinreich
Cc: pressoffice@olympic.org, Rebecca Lowell Edwards, Mark Adams
Betreff: Olympic Family Hotel

Dear Jens,

We have been told that you have been filming in the Olympic Family Hotel. As you know from the invitation you received (see below), cameras are not allowed.

Since there are so many other opportunities throughout the Olympic Games where interviews and such filming can take place we endeavour to keep the Olympic Family Hotel free from filming, particularly without permission.

Therefore we have to issue a warning and to ask you to

  1. not to use the material and
  2. to confirm to us that you will respect the rules in the future.

Otherwise we have to revoke your accreditation.

Thank you for your understanding. We are awaiting for your confirmation before you enter the next time the Olympic Family Hotel.

Best regards,

Christian

Christian Klaue
Head of Communications for German-speaking countries
Spokesman’s Services 

International Olympic Committee
Château de Vidy
1007 Lausanne
Switzerland

* * *
Die Invitation, von der Klaue schreibt, sagt dies:

Please note that the OFH pass is predominantly for written press and thus no camera and/or radio devices are permitted. Should you need to get in with a crew (with camera and/or radio device) to interview somebody, we will issue day passes upon request.

Meine Antwort:

Von: Jens Weinreich
Datum: Mittwoch, 7. Februar 2018 um 16:27
An: Christian Klaue
Cc: pressoffice@olympic.org, Rebecca Lowell Edwards, Mark Adams
Betreff: Re: Olympic Family Hotel

Wow!

I „have been filming“ in the Olympic Family Hotel?

You are claiming I did video?

I am sure your sources can prove my “filming”. I would really like to know. Simply because I did not do any video there. Whatever you and your sources may claim.

Kind regards

Jens Weinreich

* * *
Klaue schrieb mir dann kryptisch: „Thanks for the confirmation.“

Schaun mer mal, was passiert.

Ich muss wirklich sagen: Es nervt. Die Arbeitsbehinderungen durch diese Leute nerven gewaltig.

Vielleicht hat das aber auch nur mit meinen ersten Beiträgen aus PyeongChang zu tun.

Damit vielleicht?

Oder damit?

Oder damit?

Ich weiß es nicht und kann nur den Kopf schütteln.

Kann sein, dass Sie damit rechnen, dass ich das veröffentliche. Soll vielleicht eine Falle sein. Ist mir egal.

Nachtrag, 10. Februar: Inzwischen haben mir mehrere IOC-Menschen bestätigt, dass die o.g. Beiträge heiß diskutiert worden. Die Empörung war groß, besonders über den bestens dokumentierten Text, in dem ich erkläre, dass der Fall Rachimow und die Nähe zur Organisierten Kriminalität kein auf ein oder mehrere kleine Verbände reduziertes Phänomen, sondern ein olympisches Grundproblem unter IOC-Verantwortung ist.

* * *
Auch diesmal wird es für einige Beiträge eine olympische Bezahlschranke geben, denn ich blogge hier ja nicht nur aus Spaß. Es ist ein Job, ich muss davon leben.

Nebenan im Shop finden Sie einige Optionen – ob Olympiapass oder Jahresabo -, wie Sie die Winterspiele hier gemeinsam mit mir verbringen und Journalismus finanzieren können.

Dieses Magazinprojekt, in das ich schon Monate investiert habe, wird in PyeongChang nun endlich durchgezogen:

Ich wünsche Ihnen und Euch viel Vergnügen in diesem Theater in den nächsten Wochen (und darüber hinaus) und hoffentlich viele erhellende Momente.

* * *

28 Gedanken zu „live aus PyeongChang (7): das IOC droht, mir die Akkreditierung zu entziehen“

  1. Ich habe gestern den Olympia-Pass fuer die Webseite gekauft-du kannst jetzt nicht einfach gehen ;)!
    Aber Spass beiseite: Ich freue mich auf Deine Berichte-gerade weil mich Wintersport sportlich kaum interessiert, aber ich es wichtig finde, dass kritisch die IOC-Maschinerie begleitet wird.

  2. MetaloplastikaCvetković

    Weiter immer weiter.

    Was ich persönlich auch in diesem Zusammenhang wieder geil finde ist, dass das IOC etwas ohne offenkundigen Beweis einfach behauptet und droht.
    Ich stelle mir gerade die Rollen vertauscht vor.
    Geht es um Korruption oder Doping, da reichen dem IOC selbst die besten Nachweise natürlich nicht und man verschickt munter Abmahnungen etc.
    Ich könnte solch eine Mail nicht schreiben, ohne dass ich einen Beweis als Anlage beifügen wollte, sei es aus einer Handyaufnahme eines Dritten, der Hotelkamera etc. – diese Behauptung muss ich doch vorab verifizieren und bitte komme mir keiner mit Hörensagen Dritter reicht, das ist albern.
    Es geht beim Akkreditierungsentzug gegen einen Journalisten immerhin um dem maximalen Eingriff in seine Berufsausübung.

    Das ist alles so irre und teils wirklich traurig.

  3. MetaloplastikaCvetković

    Eine Ergänzung , da ich eben erst die Twittergeschichte gesehen habe.
    https://twitter.com/ReporterOG/status/961199821427232769
    Ich selber bin und war nie bei Twitter oder Facebook und diesem ganzen Zeug angemeldet, deswegen schreibe ich es hier.

    Mail Hr. Klaue an Herrn Weinreich:
    Erst wird der Malus / Sachverhalt behauptet ohne Nachweis und dann folgt für sich alleinestehend als eigener Absatz dieser entscheidende Satz, wie die Sanktion gegen einen weiteren Verstoss aussieht.

    „Otherwise we have to revoke your accreditation.“

    Akkreditierungsentzug (Ende Gelände, Aus die Maus, Feierabend).
    Es ist keine Einschränkung örtlich oder räumlich in dem Satz.
    Eine endgültige Maßnahme. Rote Karte “ Du kannst nach Hause fahren“. Wie man eben schwanger oder nichtschwanger ist. Der Satz lässt 0,0 Spielraum für ein „bißchen“ Akkreditierungsentzug zu.

    Im dt. Recht nennen wir das Willenserklärung, wo es entscheidend auch auf insbesondere den Empfängerhorizont (Weinreich – oder dem Leser wie mir) ankommt und nicht nur den wirklichen Willen des Erklärenden (Klaue).
    Für mich als Leser war klar, wenn du noch einmal gegen Bedingen verstösst, ist die Akkreditierung weg und zwar insgesamt. Da ist 0,0 Spielraum für eine Auslegung.
    Mir kam nicht einmal im entferntesten der Gedanke, das gelt nur für das Family Hotel, weil der Satz „Otherwise we have to revoke your accreditation.“ als eigener Absatz so eindeutig ist, dass er eben keinerlei Spielraum zulässt.

    Im Twitter entwickelte sich nun folgendes Gespräch:

    „Christian Klaue
    ‏Verifizierter Account @ChKlaue
    Antwort an @ReporterOG @JensWeinreich

    Um das klarzustellen, wie ja es ja auch in dem Schreiben heißt: es geht um die Akkreditierung zum IOC-Hotel. Dabei handelt es sich um ein Upgrade.

    Jens Weinreich
    ‏@JensWeinreich

    Falsch. Aber typisch. Das eine ist die Akkreditierung, das andere der Olympic Family Hotel pass. Die Drohung ist eindeutig formuliert.

    Christian Klaue
    ‏Verifizierter Account @ChKlaue

    Und bezieht sich eindeutig auf das Hotel. Weil nur da die Regeln gelten.“

    Um es kurz zu machen. Hr. Klaue liegt mit seiner Aussage so dermaßen daneben, dass man sich echt nur noch wundern kann.
    „Und bezieht sich eindeutig auf das Hotel.“
    Eben gerade nicht sondern das genaue Gegenteil ist der Fall.
    Weil sonst hätte man das eben in dem Satz
    „Otherwise we have to revoke your accreditation.“ um ev. “ for the Oly. Family Hotel“ ergänzt – ein Teilentzug halt in diesem Fall örtlich.

    Hr. Klaue ist Medienprofi, die machen den ganzen Tag nichts anderes als mit Worten umzugehen. Wenn man wirklich nur die Akkreditierung für das Fam. Hotel gemeint wäre, dann hätte jeder “ für the Oly. Fa. Hotel“ ergänzt.
    Ev. lesen das auch Juristen vorher noch.

    Persönliche Einschätzung:
    Selbst meinen Freunden würde ich sagen, ob Sie nicht alle Dachlatten am Zaun hätten, so einen Mist nocht zu twittern on top.

  4. Wieso schreibt der „Head of Communications for German-speaking countries“ einem Landsmann eigentlich auf Englisch?

  5. @Veit: Weil alles eine Prüfung durchläuft, vielleicht wird sogar das Zeug von Juristen geprüft, das Klaue da gestern abgesondert hat.

    Deutsch ist keine Amtssprache im IOC. Man könnte natürlich auf Deutsch fragen und Antworten bekommen, das ist aber unerwünscht.

    Das IOC macht es sich dadurch einfacher. Zum Beispiel habe ich es nicht nur einmal erlebt, dass ich umfangreiche Fragelisten an das IOC schicke. Die lassen sich Tage Zeit mit der Beantwortung. Und nutzen dann die Antworten gleich, um sie anderen Journalisten zu schicken. So wird dann auch manche ‚exklusive‘ Kleinigkeit entwertet.

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