Um 7.09 Uhr geht es mit dem Expresszug von Zürich Hauptbahnhof nach Zug, wo um 9 Uhr der Strafprozess gegen sechs ehemalige ISL-Manager beginnt. Unabhängig davon, ob vielleicht doch keiner der Angeklagten eine Zuchthausstrafe antreten muss, unabhängig davon, ob die Vorwürfe, dem Fußball-Weltverband Fifa etliche Dutzend Millionen Schweizer Franken aus einem Fernsehvertrag mit Globo TV unterschlagen zu haben, vom Gericht gewürdigt werden, wird in Zug etwas ganz anderes verhandelt: Viel wichtiger als die Knastfrage ist, dass einmal mehr dokumentiert wird, welches korrupte System den Weltsport und den Handel mit Marketingrechten (TV und Sponsoring) dominiert.
Viel wurde darüber schon geschrieben, auch in diesem Blog, oder neuerdings hier und hier und hier (Andrew Jennings) und hier: Herren des Universums (von mir). Und was wird erst ab heute berichtet werden aus dem Strafgericht, Aaabachstrasse 3, 6301 Zug. Es ist übrigens gar nicht so wild, ob die Brüder von der ISL den Brüdern von der Fifa den einen oder anderen Franken vorenthalten haben. Denn es bleibt irgendwie doch in der Familie, man betrachte beispielsweise aufmerksam dieses Foto aus meinem Archiv:
„Hände weg vom Goldpokal“, möchte man rufen. Aber das ist Unsinn, denn dieses Ding gehört den Sportkameraden ja. Der Mann in der Mitte ist natürlich über jeden Zweifel erhaben, er ist auch nicht unmittelbar in den Prozess involviert, er wird nicht angeklagt, um das gleich zu sagen, sonst kommen wieder seine Anwälte angewalzt. Nein, der Weltverbesserer Joseph Blatter, der gestern übrigens 72. Geburtstag feierte (Glückwunsch an das Fischlein!), ist ein ganz lieber Harmloser – auch wenn böse Zungen etwas anderes behaupten. Sepp ist u. a.:
- Träger des Olympischen Ordens
- Ehrenmitglied des Schweizerischen Fussballverbandes SFV
- Empfänger zahlreicher Auszeichnungen von Vereinen, Verbänden und Konföderationen
- Träger des „Order of Good Hope“ der Republik Südafrika
- Vom Sultanat von Pahang (Malaysia) zum Ritter (Dato‘) geschlagen
- „Order of Independence (1st class)“ von Jordanien
- „Grand Cordon du Wissam Alaouite“ von Marokko
- „Medalla al Mérito Deportivo “ von Bolivien
- „Grand Cordon de l’Ordre de la République Tunisienne“ von Tunesien
- „International Humanitarian of the Year“ und „Golden Charter of Peace and Humanitarianism“ von der Internationalen Humanitären Liga für Frieden und Toleranz
- Empfänger des „American Global Awards for Peace“
- Empfänger des Ranges des Großoffiziers von Wissam Al Arch (Marokko)
- Empfänger der UEFA-Verdienstorden in Diamant
- Empfänger der Verdienstorden von Jemen
- Ritter der französischen Ehrenlegion
- Empfänger des „Ordens der zwei Nile“ des Sudans
- Ausgezeichnet in Djibouti zum „Commandeur de L’Ordre National du 27 Juin 1977“
- Honorary Doctor of Arts, De Montfort University (Leicester)
- Ausgezeichnet im südafrikanischen Port Elizabeth mit der Ehrendoktorwürde in Philosophie von der Nelson Mandela Metropolitan University
- Ehrenbürger seines Heimatortes Visp
- Ehrenmitglied von Real Madrid
- Träger des Ordens des Nationalen Olympischen Komitees von Belarus
- Träger des Ordens Jarowslas des Weisen (Ukraine)
- Träger des „Dustlik“-Ordens (Usbekistan)
- Träger des Danaker-Ordens (Kirgisistan)
- Träger der „Crown of Peace“ (Indien)
- Dr. h.c. Internationale Universität Genf
- Träger des Ordens Francisco de Miranda – Primera Clase, Palace Miraflores, Venezuela 2007
- Ehrendoktor der aserbaidschanischen Staatsakademie für Körperkultur und Sport
- Träger des Ehrendiploms von Ilham Aliyev, Staatspräsident Aserbaidschan
- Ehrenbürger von Bangkok
- Ehrendoktor im Bereich Sportmanagement an der Chandrakasem Rajabhat Universität in Bangkok
- Träger des Ehrenordens des Königreichs Bahrain
- mein Lieblingsfunktionär
Okay, das muss jetzt mal reichen. Es geht schließlich nicht um den Gutmenschen aus Visp, dem Bergdorf im Wallis, aus dem übrigens auch der Untersuchungsrichter in der ISL-Sache stammt: Thomas Hildbrand. Und schon, die Welt ist ja so klein, sind wir wieder beim Thema:
Der Compañero links neben Blatter hat ein recht aktuelles Problem, den sein Name taucht in den Prozessunterlagen als Empfänger von 211.625 Franken, angewiesen über die Stiftung Sunbow auf den British Virgin Islands auf. Nicolás Leoz gehört immer noch dem Fifa-Exekutivkomitee an und präsidiert die südamerikanische Konföderation Conmebol. Der Compañero rechts neben Blatter ließ sich von Problemen nie beirren. Ricardo Terra Teixeira ist nicht nur eine Skandalnudel, er ist ein abgebrühter Abkassierer. Seine Firma Renford Investments Ltd., die er gemeinsam mit dem ehemaligen Schwiegerpapa João Havelange betrieb, ist angeblich in der Transportbranche tätig. Sagt Teixeira. Stimmt wahrscheinlich sogar, denn irgendwie muss auch Geld von A nach B transpor verscho transferiert werden. Jedenfalls, wenn ich die Zahlungen aus der Liste, die mir bereits vorliegt, addiere, komme ich auf eine größere Millionensumme für die Transportfirma des brasilianischen Fußballpräsidenten.
Aber was soll’s, Ricardo hat schon ganz andere Sachen gedealt. Nachzulesen etwa in den zentnerschweren parlamentarischen Untersuchungsberichten aus Brasilien. Mein absoluter Favorit, und damit ist Schluss für heute Nacht, ist dieses Dribbling von Ricardo Terra Teixeira – ein stinknormales Dribbling zu ein paar Millionen mehr. Überhaupt nicht der Rede wert:
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