Bei Fußballreportagen im Radio wird zu oft gebrüllt. Das nervt.
Gestern Abend aber war das schon okay, das Gebrülle, fand ich und amüsierte mich prächtig über die Reportage von Andreas Mann auf 90elf, meinem Lieblings-Fußballradiosender.
Witzig, dass jetzt ausgerechnet einer aus der katarischen Herrscherfamilie der Al-Thani der UEFA Korruption unterstellt.
Und sogar Rassismus (hä?).
Seine Exzellenz Sheikh Abdullah Bin Nasir Bin Abdullah Al-Thani, Chairman der NAS Group (die Milliardäre betreiben ihre Webseite lustigerweise mit der Open-Source-Software Joomla).
This is not football, but racism and clear of all
— Abdullah N Al Thani (@ANAALThani) April 9, 2013
Yes, we were targeted from the beginning of the season by corrupt UEFA and based on racism
— Abdullah N Al Thani (@ANAALThani) April 10, 2013
This is what is called and the RefereeCommission respected twitter.com/ANAALThani/sta…
— Abdullah N Al Thani (@ANAALThani) April 10, 2013
Klar hat Borussia Dortmund beim 3:2 einen Abseits-Weltrekord (einmal vier, einmal ein Spieler) für gegebene Treffer erzielt. Und ich hasse Floskeln, wonach sich im Fußball alles ausgleiche (alle Fehler?), weil ja das 2:1 für Málaga ebenso irregulär war.
Dieselben Leute, die jetzt sagen, es gleiche sich alles aus, würden heute ähnlich wie der Al-Thani-Sprössling argumentieren, hätte Málaga und nicht Dortmund das entscheidende Tor so erzielt.
Für mich ist dieser Irrsinn erneut Beleg dafür, dass es im Fußball bei Spielen auf dieser Ebene nicht ohne mehr technische Hilfsmittel geht.
Wie absurd ist das denn alles.
Da stehen ja sogar Torwächter bei der Champions League und erkennen einfache Abseitsstellungen nicht. [s. u. Nachtrag via Twitter]
Aber die Diskussion über die greisen Regelhüter des Fußballs und die Manager (ob nun in den Klubs, Verbänden oder Nationalmannschaften), die sich weiter diesen unfassbaren Fehlern beugen, führt zu kaum etwas. Und der Entscheid der FIFA, demnächst die Torlinientechnik einzusetzen, ist viel zu wenig.
Das Regelwerk und das Schiedsrichterwesen müssen grundlegend überarbeitet und Technik auf breiter Front eingeführt werden. Wie das geht, zeigen die nordamerikanischen Profiligen seit Ewigkeiten.
Alle Argumente sind ausgetauscht. Alle drei strittigen Entscheidungen gestern (die drei wichtigsten Fehler) hätten in wenigen Sekunden am Bildschirm von Unparteiischen analysiert und gewiss richtig entschieden werden können:
- Rot für Schmelzer.
- Kein 2:1 für Málaga.
- Kein 3:2 für Dortmund.
Von mir aus kann die Abseitsregel abgeschafft werden, kein Problem. Wäre gewiss die einfachste und nachhaltigste Entscheidung. Kapiert eh kaum jemand in allen Verästelungen. Das würde zu weniger Katastrophenfehlern führen – aber gewiss mehr solcher Zuspitzungen ermöglichen wie zwischen Dortmund und Málaga.
Rundfunkreporter wie Andreas Mann sollte das freuen. Die Zuhörer ebenso.
Der nächste Skandal ist übrigens schon in der Pipeline, denn heute Abend wird die Partie von Juventus gegen den FC Bayern von einem spanischen Schiedsrichterteam geleitet.
Herrje. Wie dämlich. Ausgerechnet von Spaniern. Wo es doch demnächst gegen Barcelona oder Madrid gehen soll. Das kann lustig werden, sollten Bayernspieler fürs Halbfinale gesperrt werden.
Der schlecht beleumundete FIFA-Vizepräsident und Boss des spanischen Verbandes, Angel María Villar Llona, Freund der Al-Thanis, sitzt seit 21 Jahren übrigens auch im UEFA-Exekutivkomitee und ist – Chef der Schiedsrichterkommission.
Wie absurd.
Die Schiedsrichterkommission der FIFA leitet Villar Llona natürlich auch.
Noch ein Fehler im System.
Aber halt, jetzt wird mir das zu grundsätzlich. So weit wollte ich gar nicht gehen. Ich wollte doch nur die putzige Rundfunktreportage sharen.
Nachtrag, 14.36 Uhr: Natürlich komme ich so leicht nicht davon. Flink werde ich auf eine Ungenauigkeit im Beitrag hingewiesen:
.@ranonshow Oh ja. Mein Fehler. Ist natürlich nicht deren Job. Die sind ja nur für Linien zuständig. Noch so ne Dummheit :)
— Jens Weinreich (@jensweinreich) April 10, 2013
@jensweinreich Sie heißen ja nicht umsonst TORrichter, sonst kommt man ja völlig durcheinander… ;)
— ranON (@ranONshow) April 10, 2013
Könnten sie das auch nochmal bei SpON schreiben? Da gibts Schiedsrichterbashing. Übrigens funktioniert zumindest bei mir die Soundcloudeinbindung nicht.
@ Chris: wegen Soundcloud kann ich leider nicht helfen. Bei mir funktionierts es auf Chrome, FF und Safari blendend, sogar auf dem iPhone.
SpOn: Fragen Sie doch bitte bei den Kollegen nach, sollte ich einen Auftrag erhalten, teilen wir uns das Honorar.
Zum eigentlichen Grund des Artikels: Glückwunsch 90elf, da bleibt das weinende Auge über die verlorenen Rechte an Sport1.
Zum anderen Thema: Ich hab eine ähnliche Meinung auch bei Spiegel Online gelesen, bin aber anderer Meinung. Das Argument Es geht um zu viel, auch finanziell kann ich ebenso für mich gelten lassen, wie der Vergleich mit sterilen Profiligen aus den USA.
Technik im Sport lässt den Sport technisch werden, was dem Sportler und den Zuschauern im Stadion schadet. Da liegen aber die Wurzeln, da liegt die Romantik und die Legendenbildung. Der Sport verkommt langsam zum TV-Event, alles wird in Superzeitlupe gezeigt – so sieht der normale Zweikampf erst wie ein Mordanschlag, zumindest wie Körperverletzung aus, so kommen erst die Fragen auf.
Letztlich ist es erst die Technik, die nach weiterer Technik ruft – die Fans im Stadion werden andere Erinnerungen an Spiele haben, als die Frage nach Abseits oder nicht.
(Anmerkung: Ich bin mir der Tatsache völlig bewusst, hier ein wenig auf der „Bratwurst und Bier“-Schiene zu argumentieren, aber einer muss es ja machen…)
@jw, die Abseitsregel abschaffen? Nicht Dein Ernst, oder? Ich möchte keine Handballtaktik im Fußballstadion haben.
Und der Torwächter soll jetzt Abseits(w/f)achmann sein?
@ mb: Zu den Torwächtern habe ich längst was richtig gestellt. ist mir aber auch egal. Wozu stehen die denn da? Können die nicht mal mit Abseits-Expertise aushelfen?
Und ja, wenn es so läuft, wie es täglich läuft, und so absurd wie gestern zumal, dann kannst Du Abseits auch abschaffen. Ist besser so. Sinnvoller. Und lustiger.
@ nilsn: In der Kreisliga kannst Du weiter bei Bratwurst und Bier argumentieren :)
Der Sport verkommt nicht zum TV-Event, er ist es längst. Jedenfalls der Fußball. Und trotzdem gibts jede Menge Romantik und Legendenbildung. Und wird es weiter geben.
Die Fans im Stadion werden verarscht, weil ihnen (oder ist das nur bei der FIFA WM TM sprich bei der WM so) die strittigen Szenen vorenthalten werden. Was wiederum aus vielerlei Gründen absurd ist, denn auf mobilen Geräten kann theoretisch ja jeder anschauen, was gerade wirklich passiert ist.
usw usf
Ich sage doch: die Argumente sind längst alle ausgetauscht.
Du bringst die Bratwurstbierromantik ins Spiel.
Ich pfeife teilweise drauf.
Ich finde ein Fußballspiel mit Stehgeigern nicht lustig und auch nicht sinnvoll.
wg. erfolgter Korrektur der Torwächter-Kompetenzen: sorry, hatte ich nicht bemerkt. Netzfehler meinerseits.
Sorry, ist nicht böse gemeint, aber ich kann die „Bratwurst und Bier-Romantik“ nicht mehr hören.
Für Malaga ging es gestern um wieviel, vielleicht 15 Millionen Euro?
Um die wurden sie gebracht, weil ein Schieds- und ein Linienrichter gleich zwei gravierende Fehler gemacht haben (von der Fehlentscheidung gegen Schmelzer samt lächerlicher Gelben für Jesus Gamez garnicht mal zu sprechen).
Bei soviel Geld dürfen solche Fehler nicht gemacht geschweige denn überhaupt toleriert werden.
Der Videobeweis muss her, und zwar am besten wie in der NFL die „Flag“ oder beim Tennis die Hawk-Eye-Regel:
Beide Trainer haben beispielsweise drei Mal die Chance auf einen Einsprüch, den sie dann einsetzen wenn sie es für richtig halten. Dann wird 10 Sek auf einem Bildschirm am Seitenrand die betreffende Szene vom Schiri analysiert und fertig.
So wäre Schmelzer gestern wohl geflogen, das 1:2 und das 3:2 nicht gefallen.
Das Spiel wäre seinen gerechten Gang gegangen. Darum sollte es in der Gesellschaft doch gehen, oder? Um Gerechtigkeit. Im Sport darf das nicht anders sein. Ganz egal wie romantisch man drauf ist.
Ach, mb, Du ewiger Romantiker. Ich hole mal weit aus:
In der ersten Hälfte meines Lebens habe ich mir ebendieses ohne Mauer irgendwie nicht vorstellen können.
Und nun ist sie schon einige Jahre weg, die Mauer. Und es gibt trotzdem ein Leben.
Ähnlich stelle ich mir das mit dem Abseits vor.
@jw 9, na ja, sehr weit ausgeholt. Sozusagen gleich über die Stadionmauern hinaus.
Also vielleicht ein Paar Gedanken zum Thema Fehlentscheidungen:
Als Fan des Amerikanischen Sports kann ich nur sagen, dass der Videobeweis auch nicht alle Probleme löst, wie sich das der Fußballer immer so vorstellt. Zum einen kann laut Regelwerk zum Beispiel im Basketball oder Football nicht jede Entscheidung überprüft werden. Denn auch der Ami hat vermutlich festgestellt, dass dann jedes Spiel noch einmal eine gepflegte Stunde länger würde. Daraus resultiert die Situation, dass wichtige Entscheidungen nicht überprüft werden können, was meiner Ansicht nach psychologisch noch schlimmer ist, als wenn man per se nicht prüfen könnte.
Viel schlimmer noch, selbst wenn Entscheidungen überprüft werden, können trotzdem noch Fehlentscheidungen resultieren. Das ist nur menschlich, denn in einigen knappen Situationen, ist es für den Schiedsrichter wohl angenehmer seine eigentliche Entscheidung stehen zu lassen, als sie nach Sichtung zu revidieren. Was wiederum psychologisch viel mehr Nerven kostet, als wenn es nicht überprüft würde.
Zum Dritten, wäre ich sehr gespannt, in welcher Form man einen Videobeweis im Fußball einführen wollte. Wie beim Football, dass alle scoring plays ohnehin überprüft werden und der Trainer eine Challenge pro Spiel hat. Lassen wir die Spielzüge bei möglichem Abseits laufen, das Tor erzielen, überprüfen dann und nehmen das Tor zurück? Darf jedes Foul überprüft werden und wir entscheiden danach vielleicht doch auf rot? Dabei möchte ich anmerken, dass amerikansiche Sportarten grundsätzlich Unterbrechungssportarten sind, in die ein Videobeweis wesentlich einfach intergriert werden kann, als beim flüssigen Spiel Fußball.
Vielleicht sollten wir uns auch einfach nur ein Beispiel and en Amerikanern in anderer Hinsicht nehmen! Denn Diskussionen über Fehlentscheidungen in umfangreicher Form, wie sie in Europa bei jeder falschen Einwurfentscheidung aufkommen, kenne ich aus den USA nicht. Die einzige Debatte, an die ich mich erinnere, war der zu Unrecht gegebene Touchdown von Golden Tate in Week 3 der letzten NFL Saison (Golden Tate Fehlentscheidung), wobei dort auch wegen des Schiri Lockouts College Shiris am Werk waren.
Im Großen und Ganzen habe ich nichts gegen Technische Hilfsmittel wie den Videobeweis. Wir sollten nur vielleicht mal ein schlüssiges Konzept vorlegen und mit ein bisschen amerikanischer Gelassenheit den Fehlentscheidungen gegenüberstehen. Denn alle wollen immer, dass im Zweifel für den Angreifer laufen gelassen wird. Nun passiert es und alle Welt regt sich über Abseitsentscheidungen auf, die bei bestem Willen maximal im Bereich von 30 cm lagen. Calm down and enjoy the game!
Wer die entspannten Feldhockey-Spiele bei der Olympiade in London gesehen hat, kennt die Blaupause: Jede Mannschaft hat ein Recht auf ein oder meinetwegen auch zwei Videobeweise in einem Spiel, fertig. Wo ist das Problem?
Das Problem besteht einzig und allein in den greisen Köpfen der Gralshüter des Regelwerks. IFAB genannt, Sepp mittendrin. Und das IFAB wird von Lügnern und Ganoven dominiert.
schaut hockey..
Pingback: Die Stille beim Schuss und Uwe Tschiskale | Fokus Fussball
Bezogen auf die Fehlentscheidungen, die Ruhm, Ehre und natürlich Geld falsch verteilen, ist die Torlinientechnologie wahrscheinlich die überflüssigste Korrekturmöglichkeit. Von daher vollste Unterstützung für alle die, die umfassende technische Lösungen hier fordern. Meiner Einsicht nach würde es auch kein bisschen am Reiz des Fußballs kratzen. Das zeigen die Beispiele aus den hier bereits genannten Sportarten.
Wer ernsthaft darüber nachdenkt, Abseits abzuschaffen, der hat, fürchte ich, Fußball niemals gleichzeitig gespielt und verstanden.
Lustig, Arnesen, lustig.
also ich finde ja, arnesen hat völlig recht.
das abseits hat nun wirklich ganz fundamentalen einfluss auf das spiel und die taktik. oder anders ausgedrückt: fußball ohne abseits ist eine andere sportart.
Die Hockey-Argumentation ist ja wohl daneben. Schaut euch nur das Stadionpublikum an, wenn der Schiedsrichter vermeintlich falsch entscheidet. Während beim Fußball nur eine weitere Ladung Bier, die vom wütenden Hintermann verschüttet wird, auf dem eigenen Fantrikot landet, können die Hockey-Mums in aller Ruhe noch ein Piccolo öffnen und die Lachsbrötchen auspacken, solange der Videobeweis läuft.
@JW: Zu sagen alle Argumente seien ausgetauscht mag ja stimmen, scheint aber dennoch zu Differenzen in der Meinungsbildung zu führen. ;)
Ich bleibe jedenfalls bei meiner Meinung, auch oder gerade weil es für viele nur noch ein TV-Event ist. Bin übrigens beeindruckt, wie oft die Schiedsrichter richtig liegen. Und Titel oder entsprechende Platzierungen holen ja ebenfalls erstaunlich oft Mannschaften, die es eher verdient haben. So ungerecht kann das alles nicht sein.
Bzgl. der Hockeythematik: Ich hab jahrelang in der 2. Bundesliga gespielt, daher übergehe ich mal die Klischees mit dem Piccolo. Hockey ist zweifellos zu meinen liebsten Sportarten zu zählen, allerdings verhindert die Komplexität des Regelwerkes ein Interesse einer breiteren hockeyfernen Maße. Hockey wird immer in der Nische bleiben, dabei wegen der Erfolge alle vier Jahre mal Thema werden. Der Video-Beweis wird den Status alles andere als verbessern, fairer in den Entscheidungen hat es den Sport meines Wissen ebenfalls nicht gemacht…
Grundsätzlich bin ich für technische Hifsmittel im Fußball, aber den Glauben an die umfassend positiven Auswirkungen teile ich nicht. Wer sich die potentiellen Konsequenzen für einen Sport anschauen will, dem empfehle ich die Kontroversen über das DRS (decision review system) im Cricket seit seiner Einführung 2009.
In gewisser Weise ist Cricket ein Sonderfall, weil der Schiedsrichter ein Nichtereignis beurteilen muss (hätte der Ball die stumps getroffen, wenn er nicht vom batsman mit dem Körper aufgehalten worden wäre… lbw für die Fachleute). Durch Haw-Eye, das für Cricketfernsehzuschauer und nicht für Tennis entwickelt wurde, wird die weitere Flugbahn des Balles berechnet. Nachdem der Schiedsrichter auf dem Feld eine Entscheidung getroffen hat, bekommt eine Mannschaft die Möglichkeit, diese vom Videoschiedsrichter überprüfen zu lassen.
In der Praxis führt das kaum zu weniger Kontroversen und die Schiedsrichter sehen nicht besser aus. Sie treffen immer noch ziemlich viele kaum nachvollziehbare Entscheidungen, die Spieler meckern nicht weniger und die Zuverlässigkeit der Technik wird von manchen Ländern nicht akzeptiert. In der Folge wird häufig mehr über das Review-System diskutiert als über das Spiel.
Ein großer Teil der Kontroversen im Cricket stammt von den Schwierigkeiten, den Videobeweis in den Kontext und die Traditionen des Spiels einzubetten, anstatt diese zu entwerten. Die zentrale Frage ist, wie sich das Spiel an die neuen technischen Gegebenheiten anpassen kann, ohne seine Seele und Geschichte zu verlieren. Das sind auch für den Fußball (und seine Vermarktbarkeit) relevante Fragen, und die Bier-und-Bratwurt-Fraktion stellt sie zurecht. Dass sie nicht offen von den Autoritäten diskutiert werden, ist das Problem.
Zugegeben, der Fussball hat kein vorhersehbares Element, ein Teil der im Cricket diskutierten Probleme stellt sich hier nicht. Aber im Fall von Abseitsentscheidungen oder Fouls, die unter Zeitdruck von Offiziellen auf der Tribüne überprüft werden sollen, würde es immer noch eine Menge Fehler geben, nur diesmal eben von Videoschiedsrichtern. Und dass diese von den Opportunisten der Fifa, Uefa oder des DFB in einem solchen Fall nicht im medialen Sturm stehen gelassen werden würden, das glaubt doch wirklich niemand.
@ nilsn, miz:
Bin immer wieder erstaunt, wie konservativ Verbraucher reagieren auf derlei Diskussionen, ähnlich konservativ wie Sepp & Ganoven. (Ich meine ausdrücklich nicht Sie/Euch).
Zwei Punkte nur, mehrfach genannt, hier und anderswo:
Niemand behauptet, alles würde besser werden, alle Probleme und Streitigkeiten würden gelöst.
Ich behaupte lediglich, die meisten der Hyper-Aufreger der vergangenen Jahre (Henry, Lampard etc) hätten sich leicht aufklären lassen. Vor Ort. Wenn nicht binnen weniger Sekunden, dann doch binnen weniger Minuten.
Das wäre in Dortmund bei den drei genannten Szenen nicht anders gewesen.
Und, oft beschrieben, es würde schon helfen, bei Abseitsstrittigkeiten Aktionen konsequent durchspielen zu lassen. Dann schauen. Hier gibt das Dortmund-Spiel ebenfalls ein gutes Beispiel: beide Aktionen mit Toren abgeschlossen. Hätte man dann halt beide aberkennen müssen.
Natürlich schwer vorstellbar … oder besser: versuchen wir uns einfach mal vorzustellen, was im aufgeheizten Stadion passiert wäre, hätte der Schiri ordnungsgemäß das 3:2 nicht gegeben.
Heißa.
Abseits/Videobeweis etc – eine zu großen Teilen auch sehr verlogene Diskussion. Wer gerade glücklich bevorteilt worden ist, hält das Maul und hofft, nicht allzu schnell auf der Verliererseite von derlei krassen Fehlentscheidungen stehen zu müssen.
Ich sage nur: Anpassungen der Regeln (Abseits u.a.), Einbindung aller technischen Hilfsmittel, konsequentere Professionalisierung des Schiedsrichterwesens, Anleihen in anderen Sportarten (best practise) würden den Wettbewerb n bisschen glaubwürdiger/realistischer/fairer machen. Der Bratwurstbierscheiß und die Stammtischlegenden würden dennoch bleiben.
Ich vergaß, an diesen Beitrag von der WM 2010 zu erinnern, zum Überfliegen vielleicht hilfreich:
Crowdsourcing betr. Schiedsrichter-Fehler bei der WM, Videobeweis
Ich stimme mit Ihnen (oder wollen wir uns duzen?) ja vollkommen überein: Die Technologie sollte genutzt werden; man sollte Anleihen bei anderen Sportarten machen (Rugby, Hockey sehen am vielversprechendsten aus); und die Konsequenzen wären tatsächlich weitgehend positiv.
Man sollte das, und das ist mein Hauptpunkt, nicht in Technokratenart okroyieren, wie das bei den Sportverbänden nun meistens der Fall ist. Denn die Technologien würden das Spiel und seine Kultur tatsächlich verändern.
Ein großer Teil des Misstrauens gegen die Technologie unter der Bier-und-Bratwurst-Fraktion („nicht mehr das gleiche Spiel“ etc) stammt, glaube ich, aus den Vorbehalten gegen die Machenschaften der Sportspitzen und deren undurchsichtigen Interessen. Genau deswegen bedienen diese auch die Skeptiker.
Dass sich ausgerechnet ein Scheich über Korruption aufregt hat schon was. Klingt für mich ungefähr so als würden Nazis unter Antisemitismus zu leiden haben.
Dass das entscheidende Tor eine von mehreren klaren Fehlentscheidungen war ist allerdings auch unstrittig. Trotzdem ist das Spiel auch der fast mathematische Beweis, dass sich Fehlentscheidungen auf lange Sicht ausgleichen. Schließlich haben beide Mannschaften ein irreguläres Tor geschossen.
Abseits würde ich nicht nur deswegen nie abschaffen. Ich mag den Fußball so wie er ist. Zur Bier und Bratwurstfraktion zähle ich deswegen (obwohl ich beides gerne mag) noch lange nicht. Denn früher war nicht alles besser. Alle Zeiten hatten und haben ihre Vor- und Nachteile. Aber was bleibt ist der Fußball und das ist gut so.
Gruß
Die kölsche Ziege
P.S. Der Radiokommentar und selbst meine als nicht Dortmundfan infarktähnlichen Reaktionen sind übrigens der beste Beweis gegen zuviel Technik und Möglichkeiten, den Videobeweis anzufordern. Man stelle sich mal vor, das wäre geschehen und die Mannschaften und Fans hätten wohlmöglich minutenlang auf eine Entscheidung warten müssen. So guckt man einmal auf den Linienrichter.
Fahne unten = Jubel an!
Pingback: Taschenpost vom 14.04.2013 » Nerdtalk.de
Komme gerade vom Eishockey-Finale und musste sofort an den Artikel denken. Trotz Videobeweises war die Schiedsrichterleistung in vielen Situationen umstritten. Denn es wird nur kontrolliert, ob Tor oder nicht Tor. Trotzdem hatten die Schiedsrichter einen zu starken Einfluss auf die Partie. M.E. kann man alles so lassen wie bisher. Ich kann mit den Aufregen leben. Es würde durch den Videobeweis nicht besser.
Und es sei nochmal daran erinnert, dass in der DEL schon einmal ein Tor gegeben wurde (Kassel-Köln vor ca. 10 Jahren), obwohl der Punk nicht hinter der Linie war und nur der Schiedsrichter nicht aus der 2D-Ansicht auf 3D umdenken konnte.
Ich mag den Hitchcock-Thriller Effekt bei Spielen wie Dortmund gegen Malaga. Auch die Diskussionen um das Wembley Tor oder das deutsche Tor gegen England 2010 waren doch sehr unterhaltsam. Bestes Entertainment. Das macht doch einen großen Reiz des Fußballs aus. Es ist eh schon einiges rumgedoktert worden am Fußball.
Das im Einzelfall Irland oder auch Malaga die A-Karte dabei ziehen… ist mir bewusst. Aber wo anfangen mit einem Videobeweis und wo aufhören. Wer von der Trainergilde hebt sich seine Optionen des Videobeweises dann für bewusstes technische Zeitspiel in der Schlußphase aus. Wer stoppt überhaupt dann die Zerfaserung eines Spiels? Mit technischen Hilfsmitteln würde heute keiner mehr über das Malaga-Spiel reden.