tl;dr: Summary for the rapidly growing international audience on this independent journalistic website devoted to transparency in sport, the fight against corruption in sport, investigative journalism and the so-called Olympic movement:
Thomas Bach, widely seen as the favorite in IOC’s presidential race, which will be decided in Buenos Aires, September 10th, but losing ground in several polls, continues to get nervous – obviously.
He has hired Berlin-based lawyer Christian Schertz, who continues to send emails and letters with threatening content to journalists for doing their job – which means: they investigated, they asked questions.
They asked questions about Mr Bach’s past, not about his business relations and/or his short time with Adidas in the 1980’s alongside the brilliant and notorious Horst Dassler and/or his consultancy work for Siemens and other companies. No, they asked questions connected to the nationwide and internationally reported discussion about West Germany’s doping past.
But, instead of giving exact answers, Mr Bach and his lawyer threaten with „criminal complaint for libel and slander“. My well-respected colleague Grit Hartmann was the first (freelance) journalist who has received such a threatening email. The newspaper ‚Main-Post‘, based in Mr Bach’s home region, has published a very important story about West Germany’s doping past in July this year – today Main-Post is running three articles about the questions they have sent to the IOC presidential wannabe and the „answers“ they have received by Bach’s lawyer Mr Schertz.
The Main-Post quotes their own lawyer, Johannes Weberling (well-connected with an author of the controversially discussed doping report), saying he is literally scared by the actions of Mr Bach and Mr Schertz and their apparent understanding of the fundamental right of freedom of the press in a free society.
Additional information: There will be a hearing at the parliamentary sports committee next Monday in Berlin. Unfortunately, due to IOC business, Mr Bach could not accept the invitation – read his letter to the committee (in German).
Disclosure: Mr Schertz has worked on my side in one court case (against FIFA). He has acted on behalf of Theo Zwanziger – then president of the German FA (DFB), now a member of FIFA’s exco – against me in a long-standing juridical dispute.
* * *
Vor zwei Wochen habe ich erwähnt, wie der so genannte Prominentenanwalt Christian Schertz in Namen des IOC-Präsidentschaftsfavoriten Thomas Bach (FDP) die freie Journalistin Grit Hartmann unter Druck setzt. Auf einfachste, höflich und fachgerecht formulierte Fragen zu Bachs Vergangenheit als Fechter in Tauberbischofsheim (und seiner medizinischen Betreuung) gab es keine inhaltliche Antwort.
Grit Hartmann formulierte das so:
Der Meister des Floretts, der auch als Funktionär eher die feine Finte schätzt, zückt den Säbel. Fragt man in aller Zurückhaltung, ob er als aktiver Sportler mal behandelt worden ist von den Freiburger Ärzte-Gurus Armin Klümper oder Joseph Keul, lässt der Wirtschaftsjurist das volle Arsenal auffahren:
Sein Anwalt Christian Schertz droht mit „Strafanzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung“. Die mit einer solchen Frage „intendierte Unterstellung“ entbehre „jeglicher sachlicher Grundlage“.
„Strafanzeige wegen über Nachrede und Verleumdung“?
Fragen an Thomas Bach werden von seinen Anwälten auch als „Ausforschungsfragen“ bezeichnet. So kenne ich das, und das hatte ich bereits erwähnt.
Was „sachliche Grundlagen“ für journalistische Fragen sind (und was nicht) entscheidet Herr Bach bzw entscheiden Herr Schertz bzw jeder andere im Auftrag des IOC-Präsidentschaftsfavoriten tätige Advokat?
Glauben diese Advokaten.
Ich sehe das anders. Andere sehen das anders.
(Offenlegung: Schertz hat mich 2006, damals war ich Sport-Ressortleiter der Berliner Zeitung, gegen die FIFA vertreten. 2008/2009 hat er im Auftrag des damaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger gegen mich agiert. Sein Kanzlei-Partner Simon Bergmann ist hier im Blog ebenfalls kein Unbekannter, für Grit Hartmann schon gar nicht. #Pechstein)
Schertz hat im Auftrag von Thomas Bach (UDIOCM) in den vergangenen Wochen weiteren Journalisten, freien Journalisten und ARD-Mitarbeitern, sowie einer im süddeutschen Raum beheimateten Zeitungsredaktion Emails und Briefe geschrieben. Diese aber sind vergleichsweise harmlos gegen das Schreiben, das Grit Hartmann erhalten hat.
Energischer gehen Thomas Bach resp. der so genannte Prominentenanwalt Schertz (der schon mal bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche auftritt, eines Journalistenvereins, der investigativen Journalismus fördert) in einem weiteren Fall vor, der heute in der Main-Post nachzulesen ist:
An der Schwelle zur IOC-Präsidentschaft: Wir wollten von der Tauberbischofsheimer Fecht-Legende Auskünfte zum Thema Doping haben. Doch der Sportfunktionär schickt seinen Anwalt vor.
Die Main-Post schreibt u.a.:
Post bekamen wir. Aber nicht von Bach. Auch nicht von seinem Sprecher Christian Klaue. Sondern von Bachs Anwalt Christian Schertz aus Berlin.
Er schrieb in einer E-Mail vom 20. August und rückte bereits in der Betreffzeile die Verhältnisse klar: „Dr. Thomas Bach ./. Main-Post GmbH & Co. KG – CS/MO 1397/13“.
Eine Presseanfrage wird mit einem anwaltlichen Verfahrenskürzel beantwortet, statt Antworten wird gemauert und gedroht.
Nach einer langen Einleitung mit vielen Worten wie „Verdachtsberichterstattung“, „Mandant“, „Berichterstattungsanlass“ schreibt Schertz schließlich: „Zu Ihren Fragen kann festgestellt werden, dass sich hier jegliche Verbindung zu unserem Mandanten in einem etwaigen Bericht verbietet.“ (…)
Dann wird auf den von Grit Hartmann in der Berliner Zeitung geschilderten Fall verwiesen.
Die Drohung von Schertz gegenüber dieser Zeitung hätten eine sofortige Veröffentlichung gerechtfertigt. Doch im Vorfeld der Wahl des IOC-Präsidenten war seit längerem ein Gespräch mit Bach zu anderen Themen ausgemacht.
Die Redaktion wollte Bach aus Gründen der Fairness Gelegenheit geben, Fragen zum Thema Doping selbst zu beantworten. Er verwies erneut auf seinen Anwalt.
Medienanwalt Johannes Weberling verwahrt sich gegen Versuche, journalistische Fragen für eine Berichterstattung verhindern zu wollen: „Weder Herr Bach, noch sein Anwalt, sondern allein die Presse entscheidet nach eigener pflichtgemäßer Abwägung, ob das vermutete öffentliche Interesse an der Nachricht ein mutmaßliches persönliches Interesse an deren Nichtverbreitung überwiegt.“ Die Bewertung Weberlings, der diese Zeitung medienrechtlich vertritt: „Das offenbar hinter dem Vorgehen von Herrn Bach stehende Verständnis des Grundrechts der Pressefreiheit in einer freien Gesellschaft hat mich regelrecht erschreckt.“
Bachs Haltung verwundert, schließlich heftet er sich die Studie „Doping in Deutschland“ ans eigene Revers. Aufgearbeitet werden sollte ursprünglich die Zeit von 1950 bis zur Gegenwart. Die Forscher haben – unter anderem in vielen Gesprächen mit Zeitzeugen – ein bislang unbekanntes Bild des dopenden Deutschland gezeichnet. Und ist Bach nicht genau das: ein Zeitzeuge? (…)
Was sich selbst kommentiert, muss ich nicht kommentieren.
Ich stelle lediglich zur Diskussion, einverstanden, Christian Schertz/Thomas Bach?
In den hier beschriebenen Fällen ging es nicht um Bachs Geschäfte und Beratertätigkeiten wie etwa für Siemens, die in den vergangenen Jahren immer mal Schlagzeilen gemacht haben, oder seine einstige kurze Tätigkeit Mitte der 1980er Jahre als „Adlatus“ (IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger) an der Seite des genial-berüchtigten Adidas-Supremos Horst Dassler. Nein, es ging um die national ziemlich erbittert diskutierte Dopingstudie, eine Diskussion, die international aufmerksam verfolgt wird.
Ergänzend dazu, Pflichtlektüre:
- Main-Post: Sechs unbeantwortete Fragen
- Main-Post, Kommentar: Bach macht sich selbst verdächtig
- Hier im Blog: Thomas Bach: Lebenssachverhalte im nationalen Interesse (III). UDIOCM sagt dem Sportausschuss ab
Nur noch eine Anmerkung, der Fairness halber: Johannes Weberling, Anwalt der Main-Post, ist gut vernetzt mit Giselher Spitzer, Autor des umstrittenen Teils der Dopingforschungsstudie.
Und nun, geht’s WÄHLEN!
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NDR, Zapp: Achim Muth über die Recherchen zu Thomas Bach
Inzwischen ist auch der im TV gesendete Beitrag online…
Zapp: Juristische Mittel gegen journalistische Recherchen
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