Eine putzige und wichtige Enthüllung hat der Londoner Telegraph veröffentlicht. Mit Kontoauszügen und anderen Dokumenten können Geldtransfers des gewesenen Blatter-Freundes und einst mächtigen FIFA-Funktionärs Mohamed Bin Hammam an den gewesenen Blatter-Freund und einst mächtigen FIFA-Funktionär Jack Austin Warner belegt werden.
Insgesamt rund zwei Millionen US-Dollar für „legal and other expenses“ und „professional services“.
Hübsch.
Vor allem auch, weil ein Teil des Geldes an Warners Reinigungsfirma (oder Geldwäschefirma oder was auch immer) Jamal Limited ging.
Mit im Spiel, natürlich, Jacks Söhne Daryan und Daryl, die sich noch immer in Miami aufhalten und Kronzeugen des FBI sind.
Die Annäherungsversuche der Telegraph-Reporterin erinnern an die kongenialen Reportagen von Andrew Jennings für seine Panorama-Sendungen in der BBC.
Nachtrag: Habe morgens noch für Spiegel Online gedichtet. Der Text ist mittlerweile veröffentlicht. Für Links und Erweiterungen, die nötig wären, reicht die Zeit nicht.
Worauf wäre ich gern noch eingegangen?
- Die Geschichte nutzt vor allem: Blatter.
- Hinweisgeber könnten Blatters Leute gewesen sein …
- … oder Garcia & Co.
- Jack und Mo sind in der FIFA ohnehin erledigt.
Damit will ich die Leistung der Kollegen vom Telegraph keineswegs schmälern.
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Die seit 2010 anhaltenden Diskussionen über Korruption bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 an den Wüstenstaat Katar haben eine neue Qualität. Erstmals werden Millionentransfers aus Katar an ein Exekutivmitglied des Fußball-Weltverbandes FIFA belegt. Die Londoner Zeitung „The Telegraph“ berichtet von mehreren Überweisungen – insgesamt mehr als zwei Millionen US-Dollar – an den langjährigen FIFA-Vizepräsidenten Jack Austin Warner (Trinidad & Tobago) und dessen Söhne Daryan und Daryl, die derzeit im erzwungenen Exil in Miami leben. Daryan, das wurde vor einem Jahr bekannt, kooperiert als Kronzeuge mit der US-amerikanischen Bundespolizei FBI, um einer langjährigen Haftstrafe wegen Geldwäsche zu entgehen. Die Warner-Familie ist seit Jahrzehnten in zahlreiche bestens belegte Korruptionsaffären verstrickt und verantwortlich für ein flächendeckendes Betrugssystem im FIFA-Business.
Eine englische Journalistin, die nun die Telegraph-Enthüllung veröffentlicht, hatte im Herbst 2010 maßgeblich an einer schlagzeilenträchtigen Geschichte der „Sunday Times“ mitgewirkt: Undercover-Reporter hatten damals FIFA-Exekutivmitgliedern fiktive Geldsummen für ihre WM-Stimmen geboten. Amos Adamu aus Nigeria und Reynald Temarii aus Tahiti waren interessiert. Sie wurden im November 2010 noch vor der WM-Vergabe suspendiert. Am 2. Dezember 2010 entschieden deshalb nur 22 statt 24 Exekutivmitglieder der FIFA: die WM 2018 ging an Russland, die WM 2022 an Katar.
Zwei Wochen später, am 15. Dezember 2010, stellte der damalige FIFA-Vizepräsident Jack Warner der in Katars Hauptstadt Doha ansässigen Firma „Khalid Electrical and Mechanical Est“ (Kemco) eine Rechnung über 1,2 Millionen Dollar. Inhaber der Kemco: das FIFA-Exekutivmitglied Mohamed Bin Hammam, Jugendfreund des Emirs von Katar und neben Warner bis dahin wichtigster Wahlhelfer des FIFA-Präsidenten Joseph Blatter. Das Geld wurde im Juli 2011 zunächst auf ein Konto Warners bei einer Bank auf den Cayman Islands überwiesen – mit dem Vermerk „für juristische und andere Ausgaben“. Zu diesem Zeitpunkt war Warner bereits von seinen Funktionen in der FIFA und als Präsident der nordamerikanischen Konföderation CONCACAF zurückgetreten. Die Bank auf den Cayman Islands vermutete offenbar einen erneuten Skandal und überwies die 1,2 Millionen am 4. Juli 2011 zurück nach Katar. Am selben Tag ging die Summer erneut auf die Reise und landete auf einem Warner-Konto in New York – diesmal mit dem Zahlungsgrund „professionelle Dienste 2005-2010“. Warners Söhne und ein Mitarbeiter des korrupten FIFA-Funktionärs erhielten ebenfalls Zahlungen in einer Höhe von insgesamt 1,1 Millionen Dollar.
Warner und Bin Hammam wollten sich nicht zu den Transfers äußern. Das Organisationskomitee der WM 2022 wies den Vorwurf der Korruption zurück. Katars Bewerbung sei stets im Einklang mit den Ethikregeln der FIFA erfolgt. So absurd die Erklärung klingt, theoretisch könnten die Millionenzahlungen einen anderen Hintergrund haben: Denn Bin Hammam bereitete damals seine Kandidatur für die FIFA-Präsidentschaft vor. Er hatte sich mit Blatter entzweit und Warner als Unterstützer gewonnen. Im Mai 2011 traf sich Bin Hammam in Trinidads Hauptstadt Port of Spain mit Warner und Delegierten der CONCACAF und zahlte 40.000 Dollar pro Landesverband. Daraufhin wurde er kurz vor der FIFA-Präsidentschaftswahl suspendiert und später lebenslang gesperrt – den Bann hob der Weltsportgerichtshof CAS 2012 allerdings auf. Seither wurden Bin Hammams zahlreiche Vergehen als Präsident der asiatischen Konföderation AFC ebenfalls dokumentiert, zuletzt in einem spektakulären Untersuchungsbericht der Firma PricewaterhouseCooper.
Auf der Sitzung des FIFA-Exekutivkomitees ab diesem Donnerstag in Zürich wird also erneut über die WM 2022 debattiert. Das deutsche Exekutivmitglied Theo Zwanziger legt seinen Bericht über die Menschenrechtsverletzungen auf den Baustellen des Emirats vor. Michael Sommer, Chef des deutschen und des internationalen Gewerkschaftsbundes, hat wegen anhaltender Menschenrechtsverletzungen und vielen hundert Todesfällen unter den Bauarbeitern gerade wieder gefordert, Katar die WM 2022 zu entziehen. Katar wirft Gewerkschaftern und Menschenrechtsorganisationen eine Kampagne und falsche Informationen vor. FIFA-Boss Blatter, der seinen Aufstieg in der FIFA erwiesener Maßen entscheidend den korrupten Funktionären Warner, Bin Hammam und der Unterstützung des Emirs von Katar verdankt, hat das Thema zur Chefsache gemacht. Aufregung und Empörung über Katar sind weltweit groß, doch in der Traktandenliste der Exko-Sitzung taucht die Thematik erst ganz hinten auf, unter „Verschiedenes“, Punkt 30.2 von 32 Tagesordnungspunkten: „Bericht des FIFA-Präsidenten zu den Arbeitsbedingungen in Katar“.
Es wird am Freitag in Zürich weder über eine Verlegung der WM 2022 in die Wintermonate noch über eine Neuvergabe entschieden. Die FIFA-Führung hat derzeit mit der WM 2014 in Brasilien noch größere Sorgen. Monatelang haben Blatter & Co erklärt, über Katar werde erst nach der WM in Brasilien und nach Vorlage eines Berichts des Amerikaners Michael Garcia entschieden. Garcia ist Chef der Ermittlungskammer der FIFA-Ethikkommission und befasst sich seit langem mit den Korruptionsvorwürfen zu den Weltmeisterschaften 2018 und 2022, die Dank der Telegraph-Enthüllung neue Nahrung erhalten haben. Gemäß jüngsten Aussagen des Bin-Hammam-Intimfeindes Scheich Salman (Bahrain) wird es erst im Frühjahr 2015 Entscheidungen zur Wüsten-WM in Katar geben. Scheich Salman Al-Khalifa ist AFC-Präsident, Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees und Chef einer von vielen FIFA-Arbeitsgruppen: derjenigen, die sich damit befasst, den besten Termin für die WM 2022 zu finden. Im komplizierten Beziehungsgeflecht der FIFA hat auch Scheich Salman seine Interessen, die in einen Deal mit Katar einfließen könnten. Denn Salman will eine automatische Mitgliedschaft für den AFC-Präsidenten im FIFA-Exekutivkomitee. Zuletzt hatte er sich in einer von allerlei Korruptionsvorwürfen überschatteten Kampfabstimmung durchsetzen müssen – ausgerechnet gegen Hassan Al-Thawadi, den Cheforganisator der WM 2022.
* * *
Die Einschätzung von James Corbett auf Mondial:
Der gute Jack ist aber auch ganz schön altersmilde geworden… Jennings hatte er seinerzeit ja noch ein gepflegtes „I spit on you!“ entgegnet. Und Minister ist er wohl auch nicht mehr?! Ich bin schockiert. Nach allem, was er für sein Völkchen getan hat…
… und nicht zu vergessen: „fuck your mother“, war es nicht so?
@JW
Scheint alles eine Frage des Preises zu sein.
JW für SpOn: Eine Million vom Freund des Emirs
Thomas Hummel in der SZ: Millionen für den Fifa-Vizepräsidenten
Auch wenn JW eher nicht nach Komplimenten fischt, er hat den dicken Fisch exzellent zerlegt.Chapeau !
Die einen lesen BILD, WELT und Spiegel Online und sind ob dieser Enthüllung total überrascht.
Die anderen lesen den Blog von Jens Weinreich, verdrehen die Augen und denken sich: „Ja, ach nee…“
Interessante Geschichte – aber: Wann kommt denn nun Dein Buch?
Alle Crowdfunder und Käufer haben heute die Infos bekommen. Wenn Du dabei sein möchtest, hier geht es zum Bookshop, nur zu.
23. Sitzung vom 20.03.2014 Gysi, Dr. Gregor (Die Linke)
http://dbtg.tv/fvid/3229119
Zitat: „… im Arsch des Wladmir Putin hinein interpretieren.“
http://www.heise.de/tp/artikel/41/41351/1.html
Zitat: „Mit der Eskalation des Ukraine-Konflikts setzen deutsche Journalisten zunehmend auf das stilistische Mittel der Personalisierung.“
Ja, löschs ruhig weg, wegen schlimm gefakter eMailadresse, oder verschiebs unter den richtigen Artikel oder schaff die Kommentarfunktion ab, ganz wie du magst.
Aber vielleicht magst du die beiden Links ja auch mal angucken und beim nächsten mal auch nicht ganz soviel in den Kommetar reininterpretieren was gar nicht drinsteht.
Ein bisschen Hintergrundinfo was das für einer ist der Dennis und wie er als Bewohner der Krim darauf kommt so einen Brief an „Deutschland“ zu schreiben, hatte mich allerdings tatsächlich ein wenig interessiert.
Nachdem ich den diesbezüglich inzwischen dann mal gegoogelt habe (Man ist Twitter ein unübersichtlicher Müll) und mir die ersten 25 Minuten von unten verlinkten Interview angeguckt habe, erschliesst sich mir dieser Brief noch weniger, (es sein denn ich würde den als bizarren Asylantrag interpretieren) wenn Deutschland seiner Bitte nachkommen würde, was sollte da bitte rauskommen was nicht dritter Weltkrieg ist?
Denis Trubetskoy über die Krim und die Ukraine
https://www.youtube.com/watch?v=2G_UmWowJ2Y&feature=share&t=2m29s
P.S.: OK, Minute 31 erklärt es dann vielleicht. Er konnte sich die bei näherer Betrachtung doch recht offensichtliche Eskalationstufe, dass Russland die Krim zurückholt bis vor kurzem einfach nicht vorstellen. Seine Vorstellungskraft davon, was passieren würde, wenn Deutschland Ihn auf der Krim schützen käme ist wahrscheinlich ähnlich gelagert.
dpa: WM-Vergabe an Katar: Korruptionsverdacht erhärtet
Im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-WM 2022 an
Katar sieht sich der Weltverband FIFA mit neuen schweren
Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Der britischen Zeitung „Sunday
Times“ liegen nach eigenen Angaben geheime Dokumente vor, die belegen
sollen, dass der ehemalige katarische Spitzenfunktionär Mohammed bin
Hammam fünf Millionen Dollar an Offizielle gezahlt haben soll, um
sich deren Unterstützung für Katars WM-Bewerbung zu sichern. Vorwürfe
einer Einflussnahme bei der WM-Vergabe im Dezember 2010 hatten die
Organisatoren und Bin Hammam bisher stets zurückgewiesen. Die
Dokumente sollen nun belegen, dass der Katarer direkte Zahlungen an
Funktionäre aus Afrika leistete.
Blöder Zeitpunkt auch, wo das alles hochblubbert. Selbt, wenn Insider nur ein „Nein!-Doch!-Ooh!“ erwidern würden.
Viel blöder geht gar nicht.
@JW Ich meinte ja nicht nur für Dich, auch für die FIFA. ;-)
Nachtrag: Aber hey, solange das ZDF-Sportstudio lieber Größen wie Völler und Matthäus von KMH nach deren Erinnerungen befragen lässt, ist doch alles noch nicht so schlimm.
Ich weiß.
Hier geht es aber nicht um Insider, Stefan. Woher „Tausende Gigabytes“ und „Millionen Emails und Dokumente“ auch kommen (NSA und andere Datenstaubsauger lassen grüßen), das ist alles wunderbar und hat eine neue Qualität! Es führt nun wirklich schon sehr nah zum Emir und seinen Leuten (Al-Thawadi) und bleibt nicht nur bei Bin Hammam.