Ein Stück Sportgeschichte, wieder aufgelegt: Der erste Sammelband zur Korruption im Sport.
SPORT & POLITICS Classics = sportpolitische Basics. Olympische und journalistische Bildung.
Inhalt
- Jens Weinreich: Vorwort
- Andrew Jennings: The author-Criminal – a fascist, a team of fixers and the decline of investigative journalism
- Jens Weinreich: Die globale Spezialdemokratie – Korruption als strukturelles Problem des Sportsystems
- Herbert Fischer-Solms: Die Pest des Schmierens – Gespräch mit Wolfgang Schaupensteiner über Nehmen und Geben
- Jens Sejer Andersen: Play the Game – Reaktionen einer global operierenden Bewusstseinsindustrie
- Mario Goijman: Volleygate – the breathtaking story of King Rubén and Queen Malú
- Jean Francois Tanda: Liebling Schweiz – liberales Vereinsrecht, nachsichtige Richter, niedrige Steuern
- Ezequiel F. Moores: Brazilian pizza – parliamentary committees, investigating corruption ending in nothing. – The Godfather Don Julio – the Argentine dictator behind Fifa President Joseph Blatter
- Gustavo Poli: The dribbling routine – football and corruption have always been close in Brazil
- Lasana Liburd: The Jack Warner Production – how a humble school teacher became a multimillionaire
- Bob Munro: Greed vs Good Governance – the fight for corruption-free Football in Kenya
- Thomas Kistner: Amigo-Kultur in Reinformat – wie eine ominöse Deutschland AG die Fußball-WM akquirierte
- Holger Jakob: Außerhalb des Wettbewerbs – die öffentliche Finanzierung von WM-Stadien und das EG-Beihilferecht
- Jörg Winterfeldt: Operation Goldene Pfeife – in der Grauzone des globalen Geschäfts der Fußballwettmanipulationen
- Oliver Pragal: Das Betrugsdreieck – zur Bekämpfung der Strukturen von Wettmanipulationen im Fußball
- Britta Bannenberg, Dieter Rössner: Straftat gegen den Wettbewerb – Plädoyer für den Einsatz des Strafrechts bei Dopingverstößen
- Hans Leyendecker: Klebrige Nähe – Anmerkungen zur Korruption im modernen deutschen Sportjournalismus
- Werner W. Franke: Olympische Lügen-Rekorde – das Treiben korrupter Wissenschaftler
- Hans Wilhelm Gäb: Die Überlebensfrage – der Sport muss Korruption und Doping mehr Widerstand entgegensetzen
- Michael Reinsch: Nicht immer gewinnt der Beste – vom Kodex der Tagelöhner des Leistungssports
- Barbara Klimke: Grüße von der Mafia – Korruption im olympischen Schieds- und Kampfrichterwesen
- Jürgen Kalwa: Vetternwirtschaft jeder Art – der größte Skandal in der Geschichte des US-amerikanischen NOK
- Anno Hecker: Herr der Steuereinheiten – wie Max Mosley mit allen Schikanen über die Formel 1 gebietet
Lob & Tadel
Neue Zürcher Zeitung
13. Dezember 2006
24 Autoren hat der deutsche Journalist Jens Weinreich gebeten, Texte zu verfassen, die sich mit der Korruption beziehungsweise mit dem ‚organisierten Schweigen‘ in der Sportwelt auseinandersetzen. Vereint hat Weinreich dabei eine illustre Auswahl von Journalisten und Buchautoren, darunter auch den Briten Andrew Jennings, der seit Jahren mit seinen Büchern und Filmen den grossen Sportverbänden nicht nur auf die Finger schaut, sondern ihnen zugleich kriminelle Machenschaften vorwirft, was er schon mit so mancher juristischer Klage büssen musste. Zu Wort kommt aber auch die Wirtschaft – in der Person von Hans Wilhelm Gäb, dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Opel AG, der sich in der Vergangenheit immer wieder dafür starkmachte, dass sich der Sport, und hier ist primär der professionelle Sport gemeint, einer Art Selbstreinigungsprozess unterzieht. Alle Autoren des hochaktuellen und brisanten Sammelbandes zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich nicht allein an den Emotionen des Sports freuen und darüber berichten, sondern auch die Verbandsstrukturen, die sich der Sport selber gegeben hat, kritisch hinterfragen. Im professionellen Sport – dazu zählt Fussball ebenso wie Volleyball – wird die Demokratie vielfach nur vorgegaukelt, Entscheidungen dienen oft der Festigung der eigenen Machtposition. Ein Buch, das den Sportfunktionären den Spiegel hinhält und sich so spannend wie ein Krimi liest.
DOSB-Presse
10. Oktober 2006
Der erste internationale Report über die Umwidmung von gemeinschaftsstiftenden Kraftfeldern in egoistischen Eigenbedarf hat seine Stärken und Schwächen. Bei einigen Autoren verdichtet sich der Eindruck, Moralpolemik und eigene wohlfeile Ethik-Stränge sind das selbstgerechte Maß aller Dinge, ist bei ihnen doch Objektivität nicht konsequent der Gradmesser. Sicherlich, es gibt einige eklatante Fälle von Korruption im Sport, die nicht bestritten werden können und unsäglich sind, wobei die Dunkelziffer hoch ist. Doch zumindest zwei Beiträge des Readers leben von Überinterpretationen mit einer nicht ausbalancierten Gewichtung, basierend auf fehlgeleiteter Übergewissheit. Merke: Propaganda argumentiert nicht, von Kathedern spult sie Sätze gegen ressentimentgeladene Lieblingsfeinde ab. Sicherlich, aufklärerische Reports dieser Art leben auch von Überzeichnungen. Doch wenn jemand als PR-Experte oder Lobbyist beruflich tätig ist und sich damit seinen Lebensunterhalt verdient, heißt dies noch lange nicht, dass besagte Person konkret an unseriöser Einflussnahme beteiligt war/ist, um Gewichtungen zu verschieben und sich damit selbst in Vorteil zu setzen. Genauso wie Journalisten ihr Einkommen und Renommee damit beziehen, dass sie investigativ tätig sind und dadurch auch einen Elite-Status in ihrem Berufsfeld wahrnehmen, genauso sollten Wirtschaftsleute auf hohem Level legal Beratungsfunktionen wahrnehmen und etwa Kontakte zwischen Sport und Wirtschaft schmieden können. Die Kernfrage ist: Wer ist vorteilsbegünstigt? Skandalös wird das alles erst dann, wenn Proportionen verschoben und Wertmaßstäbe verrückt werden.
Financial Times Deutschland
26. Juli 2006
Nach der Lektüre der 24 Kapitel bleiben daran kaum Zweifel. Die Quellen verweisen auf zahlreiche Urteile, Gerichtsakten, Berichte von parlamentarischen Ausschüssen und Ethikkommissionen. Nichts, einschließlich Geldwäsche, Menschen- und Drogenhandel, ist dem Weltsport fremd. Kriminalisierung droht allerdings eher Enthüllern wie dem Briten Andrew Jennings. Er wurde in Lausanne zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Und auch Goijman verlor Ämter und Vermögen, seine Anklage gegen Acosta strandete in der Schweiz. Nicht das einzige denkwürdige Urteil, wie der Beitrag ‚Liebling Schweiz‘ verrät – aber einer der Gründe, warum 60 Weltsportverbände und das IOC dort beheimatet sind. Die Recherchen über die chinesische Wettmafia, Dopingdealer, das amerikanische Olympiakomitee USOC und gestohlene Olympiasiege im Eiskunstlaufen oder im Boxen addieren sich zu Kapiteln, die den Korruptionsbegriff ausweiten: auf Siegabsprachen in Radsport und Formel 1 oder über jenes ‚Schmiergeld namens Nähe‘ für Reporter, die sich als Teil der Sportfamilie betrachten. Das Buch erlaubt die Lesart, dass der Spitzensport seine Glaubwürdigkeit verspielt hat. Man kann es aber auch anders verstehen, denn der Todfeind der Korruption heißt schlicht: Transparenz. Insofern bietet allein das Vorliegen dieser Koproduktion von Journalisten, Wissenschaftlern und Sportfunktionären einen Hoffnungsschimmer.