Dirk von Gehlen bittet in seinem Blog Digitale Notizen darum, vier Halbsätze zum modernen Journalismus zu vervollständigen. Einige Kollegen haben das bereits getan. Mir fällt es wie immer schwer, mich kurz zu fassen, jede Antwort erfordert eigentlich 10.000 Zeichen, aber ich habe es wenigstens versucht:
1.) Das sollte jeder Journalist/jede Journalistin heute lernen:
… bloggen, also im Dialog zu kommunizieren, nicht nur Genres, sondern auch verschiedene mediale Darstellungsformen professionell anzuwenden und seinen Schaffensprozess so transparent wie möglich zu gestalten, um Vertrauen aufzubauen und die Umstände seiner Arbeit in die Debatte einzubringen, und natürlich seine Fehler einzugestehen und öffentlich zu korrigieren – übrigens wären Ausdauer und Fachwissen auch nicht schlecht.
2.) Nutzerbeteiligung macht den Journalismus besser, wenn …
… die Kommentarspalten nicht nachts und am Wochenende geschlossen werden, wenn Journalisten ihre Thesen auch mit nachprüfbaren Quellen belegen (Links! Dokumente!), wirklich mit ihren potenziellen Kunden kommunizieren, deren Kompetenzen anerkennen und Expertise erschließen.
3.) In zehn Jahren werden wir uns darüber wundern, dass in der heutigen Debatte …
… viele so genannte Qualitätsjournalisten den Unsinn verbreiten, das Internet sei ein rechtsfreier Raum; dass sträflich vernachlässigt wird, dass Journalismus mehr ist, als Unterhaltung; dass Journalisten sich eigentlich immer dort tummeln sollten, wo es weh tut; dass Journalisten Transparenz herzustellen haben und stets kraftvoll zubeißen müssen.
4.) So könnte ein Geschäftsmodell für den Journalismus von morgen aussehen:
… hoffentlich so wie hier – nur viel besser.
Verzeihung, das waren dann doch einige unmögliche Bandwurmsätze.
Da das nicht alle Journalisten wissen: Auf Rivva lassen sich die Reaktionen auf von Gehlens Digitale Notizen trefflich verfolgen.
wenn in einer diskussion jemand wieder die üblichen „blogger sind alle idioten“, „im internet gibts nur mediokre gefälligkeitsschreiber“ oder einfach nur „im netz gibts doch gar keinen richtigen journalismus“ verbreitet, verweise ich eigentlich immer als erstes auf diesen blog und sage dazu naseweis „so geht journalismus heute.“
deine antworten zeigen noch einmal, warum. danke, nur so zwischendurch, aber aus ganzem herzen.
Was doch störend ist an dieser Art von Diskussion, dass Sie sich auf den einzelnen Journalisten bzw. die Masse einzelner Journalisten beschränkt.
Der Blick sollte schon auch auf das große Ganze gehen: Selbst freie Journalisten sind in gewisser Weise eingebunden in Strukturen. Und wie die Leute drauf sind, die diese Strukturen mitgestalten, dass ist mindestens ebenso wichtig. Ich denke da weniger an Eigentümer, Verleger (obwohl das auch nicht verkehrt wäre), sondern an Chefredakteure, Ressortleiter etc. Sind natürlich – zumindest theoretisch – auch Journalisten (zumindest gewesen), in der Praxis aber zuweilen eher Leute, die anderen Vorgaben machen – und selbst kaum noch journalistisch arbeiten. Redaktionsmanager, Blattmacher, das trifft es wohl.
Dass „man“ trotzdem auch an den einzelnen Journalisten Erwartungen stellen kann – unbestritten.
Noch eine Anmerkung in Sachen modernisierte Medienwelt: Teilweise ist es schon grotesk, wenn Medienhäuser oder deren Vertreter einerseits die neuen Medien beschwören und Vieles ummodeln wollen, um sie zu bespielen, wenn man andererseits aber an alten Strukturen oder auch Unstrukturen festhält. Kleines Beispiel: Tennis Grand Prx in Stuttgart. In dieser Woche war diesesmal der zeitungsfreie 1. Mai (Freitag), zudem ist der Sonntag, in dem Fall der 3, Mai, bei den meisten auch zeitungsfrei. Wie auch immer: Ich wundere mich, wenn große, heimische Zeitungen (mit Internetambitionen) dann an zwei Turniertagen nicht präsent sind. Offenbar einfach deshalb (Stichwort: Haben wir schon immer so gemacht), weil am nächsten Tag keine Zeitung erscheint.
Keine Zeitung – na und? Heutzutage kann ich doch (relativ wichtige) Themen auch übers Internet spielen. Nur gibt es halt a) Mentalitätsprobleme, ggf. das Problem mangelnden „Einsichtsvermögen“ und natürlich b) das Problem beschränkter Mittel bzw. des Ansatzes, zusätzliche Kosten vermeiden wollen.
Dieses Tennis-Beispiel ist nur eines. Aber dass zwischen Theorie (z. B. im Sinne eines verbesserten Service) und Praxis (konkrete Ausgestaltung) ein Diskrepanz bestehen, gar ein himmelweiter Unterschied liegen kann, ist eigentlich nichts Neues.
Pingback: Alles was fliegt
4.) So könnte ein Geschäftsmodell für den Journalismus von morgen aussehen:
:)
Morgen!
@ Ralf Kohler:
Sehen Sie, der Blick aufs „große Ganze“ interessiert mich halt fast gar nicht. Weil das „große Ganze“ mitsamt aller Hierarchen, die Kraft ihrer Wassersuppe meinen zu wissen wie’s geht und oft genug Journalismus verhindern und die Karre in den Dreck gefahren haben, sich in eine ziemlich aussichtslose Situation manövriert hat.
Das „große Ganze“ geht leider unter. Sie haben es mit dem kleinen Beispiel der Tennis-Berichterstattung ja gerade beschrieben.
Pingback: Digitale Notizen » Blog Archive » Viele Sätze für den Journalismus
Ich freue mich über Ihre Anmerkung (hätte schlimmer sein können)..
Die Vereinzelung soll und kann`s dann bringen? Der Einzelne kann (gewähr)leisten, was große Strukturren nicht hinbekommen? Etc.
Wenn`s klappt – wenn gar ich das kann – nichts dagegen. (Optimistisch dies anzunehmen, ist es trotzdem).
Der Journalist – und nicht nur der – soll ja auch Teamplayer sein (zumindest in Sonntagsreden). Da wäre es umso überraschender, wenn es ein Team gar nicht bräuchte.
Hat der Verlag in Hamburg doch recht, der seine Redaktion auflöst???
So lange Sie sich nicht mindestens zur Hälfte über den Blog finanzieren, sondern über Medien (gleich welcher Art), sind Sie im weiteren Sinne aber auch abhängig von Strukturen … (vom großen Ganzen).
Das habe ich nie bestritten. Doch ich orientiere mich an journalistischen Inhalten, nicht an Strukturen, die ich nicht ändern kann und will. Und wenn der einzelne dann vereinzelte Geschichten produziert und dauerhaft Themen bearbeitet, auf die das große Journalisten-Kollektiv scheißt, ist das doch immer noch Journalismus, oder zumindest der Versuch, wenngleich von wenigen.
Es ist doch simpel: Dieser Beruf ist zuvorderst Berufung und bringt vielfältige Verpflichtungen mit sich.
Inhalte kann ich, anders als Strukturen, durchaus: bestimmen.
Die Teamplayer-Nummer ist doch in großen Teilen Nonsens und nicht wirklich ein Argument. Das wissen Sie selbst.
Lässt sich die Antwort auf zumindest die ersten beiden Fragen nicht auf die Formel zusammenkürzen: „Journalist sein“?
Das ist ja gerade das Elend dieses Berufsstandes: das so vieles, was unter dieser Flagge schifft, die allgemein anerkennten Mindestanforderungen nicht im Mindesten erfüllt, ja nicht einmal zu erfüllen versucht.
Im übrigen bin ich der Meinung, dass eine Kontoverbindung anzubieten ist.
Ich stimme Ihnen ja mehr oder weniger zu, Herr Weinreich. Vielleicht sieht es nicht so aus.
Inhalte bestimmen. Naja. Wie man`s nimmt.
Da auch Sie (das ist kein Vorwurf) Geld verdienen wollen und vermutlich müssen, ist es doch illusorisch das so zu behaupten: Inhalte liessen sich – im Gegensatz zu Strukturen – einfach so bestimmen.
Mal ganz davon abgesehen davon, dass man, auch wenn man sich nicht der 1:0-Berichterstattung widmet, ein Stück weit davon abhängig ist, was es zu berichten, ggf. auszugraben gibt. Es sei denn man würde Geschichten erfinden. Tun wir natürlich nicht, sonst bräuchten wir die Diskussion über journalistische Standards ohnehin nicht zu führen.
Der Beruf ist Berufung: JA.
Er bringt Verpflichtungen mit sich: Ja.
Komisch nur, dass man Leute von denen man alles und immer mehr erwarten kann, so mies bezahlen und behandeln kann, oder nicht?
Richtig: Die Teamplayer-Nummer ist zum großen Teil nonsens. Aber wenn der Einzelne meint, es allein zu können – besser zu sein als ein großes, arbeitsteilig organisiertes System – dann ist das zumindest sehr optimistisch. (Durchaus symphathisch – gewiss).
Off Topic: Die Hintergrundgrafik scheint überlagert. Sie ist schon ganz braun.
Beschwerden und Regressforderungen nimmt wie immer Webmaster cf entgegen. Gefällt’s nicht? Der gute hat einen ziemlich schrägen Geschmack. (Hoffentlich hört er nicht mit.)
Was mir gefällt, ist ja letztlich egal. Aber ich finde, das sieht aus, als würde es unangenehm riechen.
Du bist König hier. cf, handeln Sie!
unangenehm riechen? pah!
vielleicht solltest du wissen, dass dem hausherrn sein layout zu seriös war. da war mir der wunsch nur befehl. (und zwar relativ kurzfristig, wenn ich das anmerken darf ;-) )
(wenn man fälschlicherweise mit dem IE unterwegs sein sollte, sieht man im moment ja eh nix vor lauter hintergrund)
wenn du bessere vorschläge hast — nur zu! ich glaube, regenbögen würden hoch im kurs stehen. das lässt mich wiederum an das sepp-puzzle denken. wobei das schon ganz schön hardcore wäre in puncto psychedelischer farbgebung… :)
Hey – ich wollte nur meckern, keinesfalls selber aktiv werden!
Vielleicht spuckt der Assoziationsblaster das Thema „Geruch“ auch nur wegen des Kontrastes zum frischen Grün aus, wer weiß. Aber sag mal, cf, wenn Du eh schon im Design unterwegs bist, meinst Du nicht, Du könntest irgendwo eine Kontoverbindung von Jens unterschummeln?
Ich find’s gut. Etwas freundlicher als vorher und mal eine Farbkombination, die nicht jeder hat. Allerdings irritiert die Hintergrundgrafik auch im Firefox ein wenig beim Lesen.
Argh! Ich bin spontan erblindet…
Wenn so das Geschäftsmodell für Journalismus aussieht, dann gucke ich lieber weg. Das haben weder diese Seite noch der Sepp verdient, wenn auch aus entgegengesetzten Gründen. ;-)
cf, da du ja dafür verantwortlich bist: Wie bekomme ich denn mit Adblock Plus dieses Hintergrundbild weg?
Ich habe schon ein $background,other hinter die Grafikadresse eingefügt, aber das Bild ist noch da. Also wie muss der Filter aussehen?
@Gua: wenn du upload.wikimedia drin hast, funktioniert es.
Die komplette Adresse des Bildes:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/68/South_Africa_provinces_%2B_flag_back.png
Finde ich aber durchaus angenehm auf der Seite momentan
@gua
du musst die wikimedia-commons blocken! :D
ok. genau genommen reicht auch schon dieses bild. bliebe allerdings die frage: warum eigentlich? und überhaupt: hier liegen noch ganz andere versionen in der folterkammer!
Warum? Damit ich zukünftig weiß wie es geht und weil ich bekannt so wenig im „WM-Fieber“ bin, dass mich das schon stört. ;)
Allerdings funktioniert der Filter
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/68/South_Africa_provinces_%2B_flag_back.png$background,other
bei noch immer nicht. Auch nicht, wenn ich ein paar Teile durch * ersetze. Was müsste ich ändern?
@gua
was versprichst du dir denn von dem angehängten suffix? ich habe jetzt nicht extra in die ABP-doku geschaut und will daher nicht ausschließen, dass sich auf diese weise filter auf bestimmte rollen beschränken lassen… aber offenbar schießt du dir genau damit ins knie — bei mir hat das probeweise ganz normale blockieren des URLs jedenfalls funktioniert, ganz ohne $-gedöns, wildcards oder reguläre ausdrücke.
um auch das ewig hungrige phrasenschwein auf seine kosten kommen zu lassen, möchte ich schließen mit der alten bauernregel, dass weniger manchmal eben doch mehr ist.
p.s. „wm-fieber“ ist übrigens, auch wenn es aus afrika kommt, gar keine krankheit
Jo, du hast Recht. Ich hatte das zuerst einmal ohne $-Kram, aber da wurde das nicht geblockt und da stand irgendwas von wegen Ausnahme weil Hintergrund. Deshalb nur der $-Kram. ;(
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=tz&dig=2011%2F03%2F19%2Fa0213&cHash=04eac4e874
Zwei Fragen: 1. Kann man sich darauf freuen ?
und 2. Gibts da auch eine andere Sicht auf den Sport ?