Am Mittwoch (21. März) geheimnisst der Sportausschuss des Bundestages in gewohnt nichtöffentlicher Sitzung mal wieder zum Thema Doping in Deutschland.
Es wird verhandelt:
- Doping an Olympiastützpunkten, Bundesleistungszentren und Bundesstützpunkten konsequent bekämpfen
Ressortvertreter/in: Bundesministerium des Innern
… sowie …
- Sachstand im Verfahren gegen einen Sportarzt im Zusammenhang mit Eigenblutbehandlungen am OSP Thüringen/Erfurt und Anti-Doping Verfahren gegen Athleten in diesem Kontext
Ressortvertreter/in: Bundesministerium des Innern. Bericht: Nationale Anti Doping Agentur Olympiastützpunkt Thüringen/Erfurt, Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung, RA Dr. Engelbrecht
Zum Themenkomplex gibt es seit 6. März einen Antrag der SPD. Ein Antrag der Grünen wird folgen, er geht etwas weiter, darin wird von der Bundesregierung gefordert:
- An den Olympiastützpunkten in Deutschland wird eine zuwendungsrechtliche Überprüfung der Abrechnungen sämtlicher medizinischer Behandlungsleistungen durchgeführt. Diese Tiefenprüfung erfolgt unter Beteiligung des Bundesrechnungshofes. Die Ergebnisse werden bis zum 30. Juni 2012 dem Sportausschuss und dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages vorgelegt.
- Zuwendungswidrig verwendete Fördergelder werden konsequent von den Olympiastützpunkten sowie ggf. anderer Zuwendungsnehmer zurückgefordert. Darüber hinaus wird bei diesen betroffenen Olympiastützpunkten die noch nicht genehmigte Förderung dieses Jahres bis zur endgültigen Klärung des Sachverhaltes zurückgehalten.
- Die Olympiastützpunkte werden in die Berichtspflichten der jährlich vorzulegenden Anti-Doping-Berichte einbezogen.
- Der NADA werden Sondermittel aus dem Etat des Bundesministers des Innern für eine konsequente Dopingbekämpfung im Bereich des sportrechtlichen Ergebnismanagements zur Verfügung gestellt.
- Die Förderung für die Anti-Doping-Forschung wird ausgeweitet und soll auch eine verbesserte wissenschaftliche Wirkungsanalyse von Blutbestrahlungen umfassen.
- Es wird ein Gesetzentwurf vorgelegt, der die Verankerung eines Straftatbestandes der Verfälschung des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sport (Sportbetrug) vorsieht, um zukünftig auch wirksam gegen Sportlerinnen und Sportler ermitteln zu können.
Das wichtigste Dokument wie (fast) immer exklusiv vorab in diesem Blog, die dreiseitige Stellungnahme von Bernd Neudert, Chef des Olympiastützpunkts Thüringen:
Ich muss dazu einmal mehr sagen:
Es bleibt ein Skandal, dass sich der Sportausschuss Transparenz und Öffentlichkeit verschließt und auch dieses wichtige Thema hinter verschlossenen Türen verhandelt wird.
Es bleibt ein Skandal, dass diejenigen so genannten Volksvertreter, die Sportlobbyisten Riegert (CDU/Kapitän des FC Bundestag) und Günther (FDP), die in nichtöffentlichen Sitzung angeblich ungestört und intensiv Sachpolitik betreiben wollten, auch diesmal inhaltlich nichts beisteuern (wollen und können). Initiativen bleiben von ihnen wieder einmal aus. Ihre kindischen, desinformierten und politisch-ideologisch geprägten Pseudofragen wird es im Ausschuss gewiss wieder geben – aber eben unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Aus gegebenem Daueranlass: Journalisten, die sich in diesem Blog bedienen und die beiden Stellungnahmen zitieren, geben bitte die Quelle an: www.jensweinreich.de. Merkwürdig, dass diese Selbstverständlichkeit angemahnt werden muss.
* * *
Grit Hartmann, die in zahlreichen Beiträgen exklusiv über die Erfurter Affäre berichtete, hat sich Neuderts Stellungnahme angesehen und merkt dazu an:
Zur ziemlich exklusiven „Infektbehandlung“ durch einen Sportmediziner, der sich mit dem DDR-Spitzensport recht gut auskannte, da er einst in der Sportärztlichen Hauptberatungsstelle des Bezirkes Erfurt beschäftigt war, zur Tradition der Blutbestrahlung als Dopingmethode also, ist schon einiges geschrieben und gesagt worden.
OSP-Chef Bernd Neudert mag, nun ja, etwas unbedarfter sein in medizinischen Fragen, und vielleicht war das sogar auch der Gründungschef des OSP, bis 2001 im Amt: Rolf Beilschmidt, unter dem diese „Therapie“ begann, fortgesetzt wurde oder was auch immer. Beilschmidt, heute Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Thüringen, räumt recht freimütig ein, dass er zu DDR-Zeiten bewusst Dopingmittel einnahm. Das muss aber alles selbstverständlich gar nichts heißen. Wie auch nicht diese Zusammensetzung des OSP-Trägervereins, mit ein paar einschlägig prominenten „Aufsehern“ wie Burckhard Bremer.
Ob das die Experten im Sportausschuss interessiert?
Interessieren müssten sie sich allerdings für das, was der OSP hier zur Abrechnung mitteilt. Es ist nicht neu, dass die Blutbestrahlungen aus Steuermitteln finanziert wurden. Allerdings tun sich in diesem Punkt ein paar neue Abgründe auf: