Zum Inhalt springen

Jens Weinreich

Was vom Tage übrig bleibt (77): WADA-Report by Richard Pound „Lack of effectiveness of testing programs“

Als Ergänzung zu einem Aufreger dieser Woche, den Dopingfällen Asafa Powell, Tyson Gay et al, muss ich eine Pflichtlektüre unbedingt nachtragen. Den Bericht der von Richard Pound geleiteten WADA-Arbeitsgruppe zum weltweiten Dopingkontrollsystem.

Lesen! Bitte!

Vieles, was dieser Tage geschrieben und gesendet worden ist, wäre besser geworden, wäre kompetenter geworden, hätten die Autoren die Pound-Studie gelesen. Die Erläuterungen und die 90 Empfehlungen an die WADA, die Sport-Weltverbände (IF), die Nationalen Anti-Doping-Agenturen (NADA), die Sportler und Betreuer, für das Testprogramm, die Labore, die Organisatoren von Wettbewerben und den Welt-Sportgerichtshof (CAS) fassen den derzeitigen Stand der heißen Diskussion wunderbar zusammen.

Im Prinzip reichen zwei Zitate, um einen Grundsatzstreit zu umreißen, der derzeit ausgetragen und mit der Inthronisierung des neuen WADA-Präsidenten Craig Reedie (GBR, IOC) im November in Johannesburg vorentschieden oder gar entschieden wird.

WADA is an independent, international, regulatory body concerned with doping in sport; it is not a “service” organization

… schrieb Richard Pound im Mai.

Die WADA muss eine Serviceeinrichtung für die Verbände sein …

… sagte FIFA-Präsident Joseph Blatter wenige Tage später in Lausanne, als er aus dem IOC-Hauptquartier eilte (nach einem Krisengipfel des Sports zur WADA, der offiziell kein Krisengipfel sein sollte).

IOC-Buch, update 2: ein neuer Bookshop und ein neuer Newsletter

Moin. Bin noch etwas durcheinander, die Einrichtung eines eigenen Bookshops und eines Newslettersystems hat den Techniker in mir in den vergangenen Tagen und Nächten doch fast überfordert. Es wird, gerade in Bezug auf den Newsletter, gewiss einige Kinderkrankheiten und Beschwerden geben, doch die lassen sich hoffentlich mit allen Beteiligten friedlich regeln.

Kurz und schmerzlos:

1) Mein eigener Bookshop

Nachdem die erste Phase der Finanzierung des IOC-Buchprojektes auf Krautreporter.de so wunderbar gelaufen ist, vermarkte ich das Projekt in der zweiten Phase selbst – in einem eigenen Shop unter der Adresse:

Das sieht dort so aus:

Und so, der Warenkorb:

Masters of the IOC universe: Putin, Gazprom, oligarchs and sheikhs

The so-called Olympic movement has showed a surprisingly strong interest in the first part of the report on the presidential race in the International Olympic Committee (IOC). The acronym ABB seems to have electrified people. It stands for “Anyone But Bach” – referring to the clear favorite among the six contenders for the IOC Presidency, the German Thomas Bach.
[box title='want to read more?' class='aligncenter']
Visit my bookshop!

Buy the ebook:
mmm
[/box]

On April 21st this year, most senior IOC officials met in Tianjin, northern part of China. On this day, the „Juan Antonio Samaranch Memorial Museum“ was opened, planned by the architect Ching-Kuo Wuo (Taiwan), another one of the six presidential candidates. At this occasion a conspiratorial-sounding abbreviation was used for the first time. ABT: „Anything but Thomas“. Sometime in May it changed to ABB.

Of course, the five challengers of Thomas Bach discreetly promote the ABB story among their peers. But one of them, Ser Miang Ng from Singapore, currently thought to be number two or three in the presidential race, now argues more offensively with a historical fact:

There have been eight presidents in IOC history. Seven from Europe, one from the U.S. – but none from the biggest and most populous continent. None from Asia.

So perhaps the ABB will be replaced by an ABE: From anywhere but Europe?

Was vom Tage übrig bleibt (76): #journalism, „The twisted reality of an Italian freelancer in Syria“ by Francesca Borri

Mir stockt der Atem. Selten ein so brutalst ehrliches Stück über die Medien-Realität und Journalismus im dritten Jahrtausend gelesen.

Die Italienerin Francesca Borri beschreibt für die Columbia Journalism Review ihre Erfahrungen als (freelance) Kriegsreporterin in Syrien:

Lesebefehl!

Hammerhart auch viele Kommentare unter dem Stück.

Einige Passagen:

People have this romantic image of the freelancer as a journalist who’s exchanged the certainty of a regular salary for the freedom to cover the stories she is most fascinated by. But we aren’t free at all; it’s just the opposite. The truth is that the only job opportunity I have today is staying in Syria, where nobody else wants to stay. And it’s not even Aleppo, to be precise; it’s the frontline. Because the editors back in Italy only ask us for the blood, the bang-bang.

But whether you’re writing from Aleppo or Gaza or Rome, the editors see no difference. You are paid the same: $70 per piece. Even in places like Syria, where prices triple because of rampant speculation. So, for example, sleeping in this rebel base, under mortar fire, on a mattress on the ground, with yellow water that gave me typhoid, costs $50 per night; a car costs $250 per day. So you end up maximizing, rather than minimizing, the risks. Not only can you not afford insurance—it’s almost $1,000 a month—but you cannot afford a fixer or a translator. You find yourself alone in the unknown. The editors are well aware that $70 a piece pushes you to save on everything. They know, too, that if you happen to be seriously wounded, there is a temptation to hope not to survive, because you cannot afford to be wounded. But they buy your article anyway, even if they would never buy the Nike soccer ball handmade by a Pakistani child.

Batallón Olimpia oder: Joint Venture des Sports mit Vordemokraten und Diktatoren

Eher als Notiz zwischendurch, ein um einen Absatz, der nicht in die Zeitungen gepasst hat, leicht ergänzter Leitartikel, der in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau erschienen ist. Nichts weiter als ein Anriss der Thematik.

Vor ein paar Wochen hat sich Jérôme Valcke verplappert. Zu viel Demokratie sei im weltumspannenden Sportbusiness hinderlich. Da ließen sich Mega-Events nur schwer realisieren, sagte der Generalsekretär des Fußball-Weltverbandes FIFA. In Diktaturen läuft das Geschäft besser.

Nicht wie in Brasilien, wo Millionen Menschen auf die Straße gingen, auch um gegen Korruption und Geldverschwendung für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016 zu demonstrieren – und natürlich gegen die FIFA. Dass Valcke mit dem korruptesten aller korrupten Fußballfunktionäre eng befreundet ist, mit dem im US-Exil lebenden Brasilianer Ricardo Teixeira, gegen dessen Drecksgeschäfte die Brasilianer ebenfalls protestierten, soll hier nicht weiter thematisiert werden.

Valcke ist als FIFA-General für Milliardenprojekte verantwortlich: für derzeit drei Weltmeisterschaften, eine absurd teurer als die andere. 2014 in Brasilien, 2018 in Russland, 2022 in Katar. Bis zum nächsten Wochenende richtet die FIFA zudem eine Nachwuchs-WM in der Türkei aus, einem anderen Brennpunkt demokratischen Aufbegehrens, mit dem Finale in: Istanbul. Zwei dieser Länder, Brasilien und Russland, tragen demnächst Olympische Spiele aus. Das winzige, aber steinreiche Katar wird mit seiner Hauptstadt Doha spätestens 2028 Gastgeber von Sommerspielen sein. Dies nur, um die Kompetenz Valckes zu belegen.

Gehen wir doch lieber in Diktaturen, hat Valcke eigentlich gemeint, da haben wir unsere Ruhe. So denken noch immer mächtige Sportfunktionäre.

Man kann da durchaus mit dem Holzhammer argumentieren und 1936 erwähnen. Damals ließ Adolf Hitler in Berlin seine Olympischen Propagandaspiele austragen, die Nazi Olympics. Olympia verdankt den Nazis vieles, unter anderem den Fackellauf. Leni Riefenstahls zweiteiliger Olympiafilm wurde von Joseph Goebbels finanziert. Es klappte alles wie am Schnürchen in Berlin. Und während in der Stadt die Jugend der Welt um Medaillen wetteiferte, transpirierten vor den Toren der Metropole im Hochsommer einige tausend Menschen, die damit begannen, das Konzentrationslager Sachsenhausen zu errichten.

Bildergeschichte vom IOC (3): „Mamma mia, what an exhibition!“

Heute Punkt Mitternacht endet also die Crowdfunding-Phase auf Krautreporter.de für ein besonderes Buch, das mich geradezu elektrisiert.

Und heute, welch ein Zufall aber auch, halte ich mein erstes Seminar bei einem Medium, dass die entsprechende Buch-Prämie gebucht hat, das allerdings nicht in der Liste der Unterstützer genannt werden will.

Fein. Geht in Ordnung. Diskretion ist inklusive, auch wenn’s schwer fällt.

Zur Feier des Tages, denn es ist wirklich gut gelaufen mit dem Crowdfunding, finde ich, nun also wie versprochen die dritte Bildergeschichte über die IOC-Familie, die manchen Stamm- und neuen Gästen hier schon richtig ans Herz gewachsen ist. Und dabei beginnen wir doch gerade, uns alle aneinander zu gewöhnen und einigermaßen kennenzulernen.

Bis zur IOC-Vollversammlung in Buenos Aires, bis Dossier und Ebook erscheinen und Thomas Bach zum IOC-Präsidenten gekürt wird, werden noch tausende Zeilen geschrieben, hunderte Fotos, Videos, Grafiken und Dokumente veröffentlicht, keine Sorge.

Die beiden Vorgeschichten haben enormen Anklang gefunden in der olympischen Szene. Noch nie wurde ich so oft auf meine Geschichten angesprochen, von IOC-Mitgliedern, Verbandspräsidenten, Lobbyisten, PR-Leuten u.a.m.:

Vielfältige Lebenssachverhalte oder: eine Aneinanderreihung von Zufällen

Bin auf der Rückreise von Lausanne nach Berlin. Werde später eine Bildergeschichte nachlegen, damit das zur schönen Tradition wird. Derweil kurz nur zwei Machwerke, die ich gestern gedichtet habe. Manches doppelt sich, manches stand hier schon. Aber man kann das Rad nicht täglich neu erfinden. Prozessberichterstattung ist das, andere meinen: es ist nur eine Aneinanderreihung von Gerüchten und Vermutungen. Sehe ich anders. Beide Texte entstanden VOR der Präsentation der Präsidentschaftskandidaten, die hinter verschlossenen Türen stattfand.

Übrigens: Die Programme der sechs Kandidaten gibt es tatsächlich weltweit nur hier. Komisch.

LAUSANNE. Gibt es sie doch, die olympischen Gespenster? Stimmt es tatsächlich, dass da jemand eine unheimliche Macht entwickelt und derzeit jeden wichtigen Wahlgang des Weltsports mitentscheidet? Oder ist alles nur Einbildung, eine zwangsläufig erscheinende Häufung von Zufällen, so als ob nichts auf der Welt auf Zusammenhängen beruht? Jedenfalls, wieder wurde am Donnerstag über einen Wahlsieger namens Scheich Ahmed Al-Sabah gesprochen. Scheich Ahmed hatte die Bewerbung von Buenos Aires für die Olympischen Jugendspiele 2018 unterstützt. Also wurde Buenos Aires von der Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt. Und Ahmed eilte vor die Tür. Das macht er ein Dutzend Mal am Tag. Ahmed ist Kettenraucher.

[kraut project=“https://krautreporter.de/de/projects/94-macht-moneten-marionetten/“]„Ich habe nichts zu verbergen. Ich bin kein schlechter Kerl. Sie missverstehen mich“, sagt der Scheich. Zu viele böse Gerüchte wabern durch die olympische Welt. Zu viele Fakten von schmutzigen Wahlkämpfen vor allem in der asiatischen Sport-Diaspora sind bekannt. Und immer hat es mit dem kuwaitischen Sicherheitsminister Ahmed Al-Sabah zu tun, der auch mal OPEC-Präsident war, der dem IOC angehört, der die Weltvereinigung der nationalen Olympiakomitees (ANOC) und das asiatische Olympia-Council (OCA) führt. Ahmed ist ein Tausendsassa.

Die Liste seiner virtuellen Goldmedaillen in diesem Jahr: Anfang Mai die Entscheidung im schmutzigen Wahlkampf im asiatischen Fußballverband AFC. Scheich Ahmed, der übrigens auch mal Fußballnationaltrainer in Kuwait war, flog ein nach Kuala Lumpur und unterstützte den bahrainischen Scheich Salman. Also wurde Salman, nun ja, gewählt. Vier Wochen später in St. Petersburg: Scheich Ahmed unterstützte den Rumänen Marius Vizer bei der Wahl zum Präsidenten der Vereinigung aller Sport-Weltverbände (Sportaccord). Also wurde Judo-Weltverbandsboss Vizer, ein Freund von Wladimir Putin, auch Sportaccord-Chef. Und Ahmed nahm die Glückwünsche Dutzender Verbandspräsidenten und IOC-Mitglieder entgegen. Sein Adlatus Husein Al Musallam lobte sich selbst, dass er das, nun ja, Wahlergebnis, am Vortag exakt vorher gesagt hatte. Wenn der Scheich und seine Getreuen nicht schon so reich wären, sollten sie Lotto spielen.