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Jens Weinreich

Richard Carrión: die Kampferklärung des Bankers

LAUSANNE. Ausnahmsweise strahlte nicht die Sonne über der olympischen Hauptstadt. Und da sind es nun vier Kandidaten, die Boss des Ringe-Konzerns werden wollen …

[caption id="attachment_16086" align="aligncenter" width="1536"]IOC headquarter, Lausanne IOC headquarter, Lausanne[/caption]

Richard Carrion war nicht in Lausanne, wo sich gestern das IOC-Exekutivkomitee mit einigen anderen führenden Olympiern und Verbandsfürsten getroffen hat, um u.a. über die Zukunft der WADA zu beraten. Thomas Bach (FDP) war da, die Nummer eins im Kandidaten-Karussell, auch Ser Miang Ng aus Singapur, der vergangene Woche in der Sorbonne, 1894 Gründungsort des IOC, seine Offerte bekannt gegeben hatte, Ching-Kuo Wu (Taiwan), der früh am Nachmittag zum Flieger eilte und am Donnerstag in Taipeh seine Kandidatur erklärt. Richard Carrion aus Puerto Rico ließ gerade eine Pressemeldung verteilen.

Es spricht: der Banker. Jedes Wort ein Signal. Ich! bin! der! Mann! der! Milliarden! und! der! Stabilität!

Richard Carrión Announces Candidacy for IOC President

“We must embrace the changing dynamics of present times and keep innovating and evolving, or risk becoming less relevant to this and future generations.”

Thomas Bach und die vielfältigen Lebenssachverhalte: der neunte IOC-Präsident kommt aus Deutschland …

… wenn nichts erdrutschartiges dazwischen kommt bis zum 10. September 2013, wenn die IOC-Vollversammlung in Buenos Aires den Nachfolger von Jacques Rogge wählt.

Doch wann bebt schon mal die Erde im IOC.

[box title="UDIOCM"]

Hier im Blog suchten wir während der Olympischen Spiele 2008 in Peking nach einem geeigneten Akronym für Bach. Nach packender Diskussion heißt er seither auch: Unpolitischstes Deutsches IOC-Mitglied (UDIOCM), wegen seiner Haltung zur Tibet-Frage – und wegen der vielfältigen Lebenssachverhalte …

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Seit dem Olympischen Kongress 1981 in Baden-Baden, spätestens aber seit seiner IOC-Aufnahme in Birmingham 1991, weiß der denkende Teil der Welt, dass der Industrielobbyist Thomas Bach, UDIOCM, Schüler von Horst Dassler, FDP-Mitglied, Günstling von Juan Antonio Samaranch, Herrscher der Grauzone und Mann der vielfältigsten Lebenssachverhalte, IOC-Präsident werden will. Das wichtigste Amt des Weltsports soll es sein.

Seit Jahren zitiere ich einige IOC-Mitglieder wie René Fasel oder Gian-Franco Kasper, die früh aussprachen, was alle in der Szene wussten/wissen: Bach ist erster Kandidat auf den Thron und wird antreten.

Der Wettlauf um die so genannte News, wann er sich denn nun dazu bekennt, war nur Pseudo-Journalismus. Unerheblich, wichtiger sind die Hintergründe. Und über die wird in den kommenden Monaten ausführlich zu reden sein.

Die Frage des Tages lautet: Warum die Hektik? Warum so plötzlich und überhastet?

Zwei Antworten lauten zunächst:

1) Weil Bach unbedingt als erster in den Ring steigen und eventuell einem anderen Kandidaten zuvorkommen wollte. [So eine Art kleiner olympischer Schwanzvergleich.]

2) Weil Bach die IOC-Mitglieder informiert hat und fürchten musste, dass eins der Brieflein schnell öffentlich wird.

In dieser Minute beginnt in Frankfurt am Main, in der Zentrale des Deutschen Olympischen Einheitssportbundes DOSB eine Pressekonferenz mit Bach, um 13.45 Uhr findet eine internationale Telefonkonferenz statt.

Halt! Schrieb ich Pressekonferenz?

So ein Unsinn.

In der heute morgen, 8.32 Uhr (sic!), eilig verschickten DOSB-Mitteilung heißt es:

Einladung zum Statement des DOSB

DOSB-Präsident Thomas Bach und Generaldirektor Michael Vesper werden am heutigen Donnerstag um 12.30 Uhr im DOSB, Otto-Fleck-Schneise 12, in 60528 Frankfurt/Main ein Statement betreffend des Prozederes der Wahl eines neuen IOC-Präsidenten abgeben. Dazu laden wir Sie in die Räume 10 bis 12 (Erdgeschoss) ein.

Wie putzig:

… ein Statement betreffend des Prozederes der Wahl eines neuen IOC-Präsidenten abgeben …

Ich werde den Tag über an dem Thema arbeiten und live bloggen.

FIFA’s Jack the Ripper and the Holy Bible: „with your love, your support and your understanding, I shall be your MP again“

My dear constituents, for the past two decades, I have been the target of various kinds of attacks. I have been targeted. My family has been targeted. My friends have been targeted. My detractors have said every dirty thing under the sun about Jack Warner. But in all of that you have kept the faith in me. And for that I thank you. I thank you for trusting me and for the confidence you have shown by your very presence here tonight. Mark my words when I tell you that Jack Warner has never betrayed you and I will never betray your trust.

The Holy Bible says there is a time for everything under the sun; a timeto sow and a time to reap; a time to be silent and a time to speak. The world of international sports politics is not a simple one. It is an arena of extremely high stakes. The remuneration packages and the perks of those jobs can be very attractive. And therefore at times the rivalry can become very intense among those lured by the trappings of officeand the craving for power.

It is against this background that I have found myself a keenly pursued target. And just as in any all-fours game, how smartly you play the few pieces of trump in your hand can determine whether you win or lose.

— The Honorable Jack Austin Warner, former T&T minister, former vice president of FIFA, former CONCACAF godfather

Nicolás Leoz tritt aus dem FIFA-Exekutivkomitee zurück: 1.075.625 (CHF) „gesundheitliche und persönliche Gründe“

Das Urteil des Münchner Richters Hans-Joachim Eckert zur ISL-Causa rückt näher. Und siehe: Schon verlässt wieder ein Ganove das FIFA-Exekutivkomitee. (Sepp, wann verschwindest Du endlich?)

Diesmal ist es der 84 Jahre alte Ewig-Präsident  der Confederación Sudamericana de Fútbol (CONMEBOL) Nicolás Leoz.

[caption id="attachment_8692" align="aligncenter" width="530"]Schmiergeldempfänger Nicolás Leoz (Paraguay), Familienoberhaupt Joseph Blatter (Schweiz), Goldpokal, Schmiergeldempfänger Ricardo Teixeira (Brasilien), Schmiergeldempfänger-Verteidiger Angel María Villar Llona (Spanien) von links: ISL-Schmiergeldempfänger Nicolás Leoz (Paraguay), Familienoberhaupt Joseph Blatter (Schweiz), Goldpokal, Schmiergeldempfänger Ricardo Teixeira (Brasilien), Schmiergeldempfänger-Verteidiger Angel María Villar Llona (Spanien)[/caption]

Die putzige Propagandameldung der FIFA:

FIFA has taken note of the formal resignation of Nicolás Leoz as a member of the FIFA Executive Committee and as President of CONMEBOL (Confederación Sudamericana de Fútbol) for health and personal reasons. Nicolás Leoz informed FIFA of his decision to resign today by letter.

In accordance with the FIFA Statutes (art. 30 par. 9), CONMEBOL will now have to decide immediately on the replacement of Nicolás Leoz as one of its representatives on the FIFA Executive Committee for the remaining period of office.

Der wahre Grund bzw die 1.075.625 Gründe:

Leoz hat von der ISL-Gruppe insgesamt 1.075.625 Schweizer Franken Schmiergeld erhalten.

  • am 12.11.1997: 282.000 CHF
  • am 13.05.1998: 300.000 CHF
  • am 04.12.1998: 282.000 CHF
  • am 20.01.2000: 159.950 CHF
  • am 04.05.2000: 51.675 CHF

Habe ich korrekt addiert?

Das ist die Summe, die wir kennen.

Ich rechne in derlei Fällen ja gern mal hoch, wohl wissend, dass nur maximal fünf Prozent aller Korruptionsfälle je öffentlich werden. Weshalb ich sicher bin, dass die ISL-Gruppe ein Mehrfaches jener 142 Millionen Franken an Sportfunktionäre gezahlt hat, die für die Jahre 1989 bis 2001 gerichtsfest dokumentiert werden können.

Die anderen Schmiergeld-Empfänger aus dem FIFA-Exekutivkomitee (ehemals und aktuell):

Grünes Licht für Winterspiele 2022 in München: DOSB-Bosse beziehen Ruhpolding ein und entlasten Garmisch-Partenkirchen

Es gibt Entwicklungen, die nichts mit Uli Hoeneß und Mario Götze zu tun haben.

Die Spitzen des Deutschen Olympischen Sport-Bundes (DOSB), Präsident Thomas Bach (FDP) und Generaldirektor Michael Vesper (Bündnis 90/Die Grünen), antichambrieren derzeit in Lima bei der IOC-Konferenz Sport for all. Für Bach hat der Wahlkampf um die IOC-Präsidentschaft längst begonnen – im September entscheidet die IOC-Vollversammlung in Buenos Aires. Vesper will dann kurze Zeit später Bachs Nachfolger als DOSB-Präsident werden – als bezahlter Präsident, versteht sich. Vergangene Woche hat das allmächtige Duo die Weichen für eine vernünftigere – und extrem aussichtsreiche – Olympiabewerbung Münchens für die Winterspiele 2022 gestellt.

Der DOSB rückt von seinem Zwei-Cluster-Prinzip ab, würde bei einer neuerlichen Bewerbung (über die angeblich im Herbst die Bürger abstimmen sollen) die Widerstands-Region Garmisch-Partenkirchen extrem entlasten und Wettbewerbe von GaPa nach München und vor allem nach Ruhpolding in die Biathlon-Hochburg verlegen.

Das ist vernünftig. Der Brief des DOSB wurde in der aktuellen Rathaus-Umschau der Landeshauptstadt München veröffentlicht:

Wobei Ralf in den Kommentaren natürlich längst darauf hingewiesen hat, dass der DOSB und die Olympiabewerbungsgesellschaft 2018 das vor zwei Jahren noch kolossal anders gesehen haben:

Im Folgenden setzen wir uns mit den 18 gebräuchlichsten Thesen gegen Olympische und Paralympische Winterspiele in München und Garmisch-Partenkirchen auseinander und geben Antworten darauf. Alle Belege, die wir vortragen, sind nachprüfbar.

„München plus 4 (Ruhpolding, Inzell, Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen) wäre das ökologisch bessere Modell gewesen, das man hätte unterstützen können.“

Das ist falsch. Im Gegenteil, dieses Modell würde

  • mehr Verkehr auf längeren Wegen auslösen,
  • mehr Flächenverbrauch durch zusätzliche Infrastruktureinrichtungen bedeuten und
  • mehr Eingriffe in Natur und Landschaft notwendig machen.

So müssten bei der Nutzung weiterer Austragungsorte zwangsläufig auch weitere Olympische Dörfer, Medienzentren und Funktionsbauten (Telekommunikation, Organisation etc.) errichtet werden. Darüber hinaus entstünde ein stark erhöhtes Verkehrsaufkommen von München bzw. Garmisch-Partenkirchen zu und innerhalb aller Austragungsorte durch Zuschauer, Verantwortliche und Medienvertreter, das mit dem bestehenden Verkehrsnetz nicht zu bewältigen wäre. Es wäre daher ein erheblicher Aufwand für den Ausbau von Straßen erforderlich, zumal entsprechende Bahnlinien nicht zur Verfügung stehen. Dieser Ausbau würde abgesehen von den enormen finanziellen Belastungen zu erheblichen Umwelteingriffen führen und wäre für das nach-olympische Verkehrsaufkommen nicht nachhaltig.

Zudem würde eine solche Ausweitung Münchens Chancen im internationalen Wettbewerb massiv beeinträchtigen, denn der Grundgedanke Olympischer Spiele ist es, Sportler/innen aus allen Kontinenten und aus den unterschiedlichsten Sportarten zusammenzubringen, um die internationale Verständigung zu fördern. Olympische Spiele sind eben nicht eine Addition von Weltmeisterschaften, sondern haben einen ausgesprochen integrativen Charakter. Sie ziehen ihre Faszination gerade aus der einzigartigen Verbindung ganz unterschiedlicher Nationalitäten und Sportarten an möglichst einem Ort. (…)

Bewerbungsfolklore.

Belege? Nachprüfbar?

Geschenkt.

Im Münchhausen-Test sind Bach & Co wieder einmal durchgefallen.

Hatte der DOSB-Boss doch 2010 im sid-Interview gesagt:

sid: Gerade hat Ruhpolding wieder seinen ausgezeichneten Ruf als Biathlon-Hochburg unter Beweis gestellt. Warum passen die Chiemgauer dennoch nicht in das Konzept für München 2018?

Bach: „Weil es dann keine Olympischen Spiele in Deutschland geben würde. Mit einer Flickenteppich-Bewerbung hätten wir keine Chance. In Ruhpolding müsste unter anderem ein zusätzliches olympisches Dorf errichtet werden, ein solches Subzentrum mit kostenintensiven Verkehrswegen ist nicht zu rechtfertigen.“

Nachtrag, 14.12 Uhr: Das Fragezeichen habe ich flink mal aus der Überschrift getilgt.

Denn das ist wohl der Auftakt der deutschen Olympiabewerbung 2022.

Twitter-Wahrheitsdroge für @SeppBlatter, doch Rücktritte nur von Jack the Ripper und Alexandra Wrage

It was decided that the president Sepp Blatter is to step down due to corruption charges …

… meldete die FIFA?

Kurze Aufregung am Montagabend. Gegen 18.30 Uhr MESZ (habe die genaue Zeit leider nicht notiert) wurde über einen FIFA-Account auf Twitter der Rücktritt des ewigen Präsidenten Joseph Blatter mitgeteilt. @SeppBlatter hat seinen Rücktritt gleich mal retweetet und weitere lustige Tweets abgesetzt, die den Eindruck erwecken konnten, er sei auf Wahrheitsdroge gesetzt worden.

So what if I took money from Qatari prince? I am the family’s bread earner …

Die Nachfolger-Frage wurde geklärt …

I have recommended his excellency prince Ali Bin Al Hussein of Jordan as my successor …

… und die WM 2030 nach Jordanien vergeben …

The royal family has done much for FIFA, I am sure Jordan will make an excellent host for 2030

So sah das aus:

Der CONCACAF-Bericht zu den Millionengaunern und FIFA-Ehrenmännern Chuck Blazer und Jack Warner

Das Integrity Committee der nordamerikanischen und karibischen Fußballkonföderation CONCACAF hat seinen Bericht zu einigen Verfehlungen der Ganoven Jack Warner (Präsident von 1990-2011) und Chuck Blazer (Generalsekretär von 1990-2011) vorgelegt.

Lesebefehl!

Wenn ich richtig informiert bin, dann gelten die Millionenbetrüger noch als FIFA-Ehrenmänner und erhalten eine fürstliche Pension aus Zürich.

“Dortmund macht das 3:2! Keine Ahnung, wer’s geschossen hat. Ist mir auch scheißegal …”

Bei Fußballreportagen im Radio wird zu oft gebrüllt. Das nervt.

Gestern Abend aber war das schon okay, das Gebrülle, fand ich und amüsierte mich prächtig über die Reportage von Andreas Mann auf 90elf, meinem Lieblings-Fußballradiosender.

Witzig, dass jetzt ausgerechnet einer aus der katarischen Herrscherfamilie der Al-Thani der UEFA Korruption unterstellt.

Und sogar Rassismus (hä?).

Seine Exzellenz Sheikh Abdullah Bin Nasir Bin Abdullah Al-Thani, Chairman der NAS Group (die Milliardäre betreiben ihre Webseite lustigerweise mit der Open-Source-Software Joomla).

Die FIFA unter @SeppBlatter: Personenkult, Korruptionsmaschinen, Ethiksimulation und Propaganda

[caption id="attachment_62" align="aligncenter" width="600"]Mein Lieblingsfoto von Sepp und Don Julio: von der Krönungsmesse 2007 in Zürich Mein Lieblingsfoto von Sepp und Don Julio: von der Krönungsmesse 2007 in Zürich[/caption]

Gerade tagt das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes FIFA in Zürich (die Tagesordnung). Bin heute nicht vor Ort, werde die anschließende Pressekonferenz aber online verfolgen und live ein bisschen bloggen. Also bitte immer wieder ans Ende des Beitrags scrollen. Auch die beiden folgenden Texte werden ergänzt und verlinkt.

Es ist noch ein bisschen Zeit. Um was es heute ging/geht, habe ich in den vergangenen Tagen u.a. für die Berliner Zeitung und Spiegel Online aufgeschrieben:

* * *

19. März. Die Propagandaabteilung der FIFA arbeitet hochtourig. Am Tag vor dem Treffen des Exekutivkomitees in Zürich veröffentlichte der Fußball-Weltverband Details aus einem „persönlichen Schreiben“ des Katholiken Joseph Blatter an Pontifex Franziskus. „Ohne den Glauben an Gott mit dem Glauben an den Fußball auf eine Stufe stellen zu wollen, möchte ich anmerken, dass beide gemeinsame Werte haben“, schrieb Blatter. Warum so bescheiden? Blatter betrachtet sich und sein Fußballgeschäft doch allen Ernstes als einzig globale Religion:

Fußball ist mehr als eine einzelne Religion“, hat er einmal gedichtet: „Also nur zu sagen, mehr als die katholische Kirche, das wäre für mich zu wenig.“

[box title="DOKUMENTE"]

Zur Orientierung:

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Der Fußballpapst konferiert mit seinen Kardinälen aus dem Exekutivkomitee ab Mittwoch im Home of FIFA auf dem Zürichberg, um so genannte Reformmaßnahmen abzusegnen. Ein kastriertes Programm, das seit dem FIFA-Kongress 2011, als Blatter zum vierten Mal gekrönt wurde, exakt jenem Fahrplan folgt, den er und seine fürstlich entlohnten Paladine, PR-Leute und Lobbyisten, ausgeheckt haben. In deren Diktion heißt es, die „Reformen“ werden beim FIFA-Kongress im Mai auf Mauritius abgeschlossen. Von Blatter Angeheuerte wie der Compliance-Experte Mark Pieth aus Basel, die als Teil der Inszenierung lange Zeit still hielten, geben neuerdings Interviews und drohen mit Abbruch der fragwürdigen Geschäftsbeziehungen zur FIFA.

Pieth legte mit dem Unabhängigen Governance-Komitee (IGC) im Februar den zweiten Bericht und sieben als „unverzichtbar“ bezeichnete Forderungen vor. Dazu zählen die Amtszeitbeschränkung für den FIFA-Präsidenten und die Exekutive sowie ein unabhängiger Integritätscheck von Top-Funktionären. Beides wird so nicht kommen. Pieth müsste dann sein Versprechen wahr machen und als Kommissionschef zurücktreten. Letztlich dürfte er für Blatter, der ihn persönlich ausgesucht hat, den Clown gespielt und der Propagandanummer „Reform“ eine Art Autorität verliehen haben. In der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte die Kanadierin Alexandra Wrage aus dem Pieth-Komitee nun, es gäbe nur „kosmetische Verbesserungen ohne echte Veränderungen “. Es würden „nur die Liegestühle auf der Titanic umgruppiert“.

Die sieben „unverzichtbaren“ Forderungen des IGC:

The IGC however, reminds the Members of the ExCo that the revision of the Statutes foreseen for Congress 2013 is fundamental: as highlighted in its First Report of March 2012, the IGC stresses the need to introduce transparency and accountability throughout FIFA.

Therefore it is indispensable:

  1. That the President and all Members of the ExCo as well as the standing Committees of FIFA undergo an integrity check performed by an independent body within FIFA centrally prior to their (re-) election.
  2. In order to underline their role and responsibility as Members of the FIFA’s Executive Body the Members of the ExCo should be confirmed by Congress upon their appointment or reappointment by the Confederations.
  3. In order to guarantee transparency and accountability two independent Members should attend the meetings of the ExCo.
  4. Both, the President and the Members of ExCo should be subjected to limited terms of office.
  5. The IGC supports the redesign of the bidding and decision process for hosting decisions, as well as for the governance of development projects, marketing and procurement activities. The corresponding policies need to be reviewed by the IGC.
  6. The IGC welcomes any steps to make the IFAB more democratic and transparent.
  7. The IGC would like to stress the importance of transparency in the area of compensation and benefits. The establishment of an expert subcommittee to the Audit and Compliance Committee is an important step. However, the decisions of the sub-committee need to be made public, to the same degree as in not-for-profit organizations and other international organizations.

Das war von Blatter nie anders geplant. Der Große Vorsitzende hat gerade in mehreren Interviews deutlich gemacht, was er von derlei Interviews hält: Nichts. Pieth habe sich nur intern zu äußern, dürfe Vorschläge machen, über die das Exekutivkomitee entscheide. „Ich habe mit ihm gesprochen“, sagte Blatter, „er hat akzeptiert, dass er sich nicht mehr öffentlich äußert, wenn ich es ihm nicht erlaubt habe.“

The Times: Exklusive Qatar-Dream-Football-League-Geschichte war exklusiv erfunden

[caption id="attachment_15550" align="aligncenter" width="480"](c) Les cahiers du football (c) Les cahiers du football[/caption]

The Times hat am Sonntagabend eingeräumt, dass die dreiseitige vermeintliche „Exklusivgeschichte“ über die Dream Football League in Katar exklusiver Nonsens gewesen ist.

When we are wrong, we will hold our hands up. It’s the right thing to do. (…)

The Dream Football League (DFL) would turn into a journalistic nightmare.

Tony Evans, Fußballchef The Times

Wie es dazu kommen konnte?

So ziemlich alle Fragen bleiben in der Kolumne von Tony Evans unbeantwortet.

[Der Text war zunächst hinter der Paywall, sollte aber am Montag frei zur Verfügung stehen.]

Evans fabuliert stattdessen munter weiter über Katars Pläne, die vermeintliche Klasse seines Geschichtenerzählers Oliver Kay, benutzt die Vokabel „Entschuldigung“ nur einmal auf Twitter, nicht aber in der Zeitung …

… und bezeichnet diejenigen, die in modernen Medien Aufklärung herbei geschrieben haben, später als Trolle:

Ein eher typischer Vorgang im real existierenden (Fußball)journalismus also.

Die Arroganz bleibt ungebrochen.

Vier Tage hat es gedauert. Es brauchte einen kleinen Shitstorm auf Twitter und wenige hartnäckige Blogger, um die vermeintliche Exklusivgeschichte der Londoner Times als das zu entlarven, was sie ist: Bullshit. Eklatantes Versagen von Journalismus.

Die Kurzfassung geht so (mit einigen wenigen Tweets und Links, viele weitere Links finden sich in meiner ersten Zusammenfassung):

„Sheikhs shake world game“: Katar traut man auch eine Dream Football League zu – nur stimmt die Geschichte überhaupt?

Hat die Londoner Times einen Gag des französischen Magazins „Les cahiers du football“ zu einer „Exklusivstory“ aufgebauscht?

Das ist hier die Frage, die gewiss im Laufe des Tages beantwortet wird.

Denn die dreiseitige Geschichte von Times-Fußballschreiber Oliver Kay macht weltweit Schlagzeilen. (Ich kenne bisher nur diesen Anreißer, habe kein Times Abo. #paywall)

Demnach plant die Familie des katarischen Emirs Hamad ab 2015 im Sommer (!) alle zwei Jahre ein Großturnier der 24 besten Klubs der Welt. Preisgeld: 2 Milliarden Euro. In sechs Golfstaaten.

So stand es vor drei Tagen in „Les cahiers du football“:

[caption id="attachment_15550" align="aligncenter" width="480"](c) Les cahiers du football (c) Les cahiers du football – doch lustigerweise erschien die kleine Grafik auch in der Times (exklusiv?)[/caption]

So steht es heute in der Times (längst auch anderswo) und wurde gestern Nacht via Twitter angekündigt:

Da man den Kataris, dem Emir und den Seinen, die sich schon die WM 2022 und etliche andere Spielzeuge aus der Welt des großen Fußballs gekauft haben, alles zutraut, machte diese Times-Story geschwind die Runde.

Medien meldeten. Wissenschaftler kommentierten (manche verdienen schon jetzt gut an und in Katar). Die Branche hyperventilierte.

Desert storm. Dream football League. Konkurrenz zur Champions League. Sheikhs shake world game …

Undsoweiterundsofort.

Vor drei Stunden meldeten sich die Franzosen:

Seither gab es einige Wortwechsel zwischen ihnen und Oliver Kay …

… und die ersten – vorsichtig formuliert – Nachfragen, etwa auf Eurosport:

Qualitätsblättern wie dem Independent ist das relativ egal. Dort wird getitelt:

So kann man das natürlich auch sehen. Weil man, noch einmal, den Kataris halt alles zutraut.