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„The greatest show on earth“ in the hell

Blenden wir mal für ein paar Minuten die unsäglichen Begleiterscheinungen der Olympischen Spiele 2016 aus, geht das?

Immer wieder sehenswert, die Olympia-Trailer der BBC:

So sah das 2014 aus:

Was vom Tage übrig bleibt (96): Infantino, Samoura, Stepanowa, DOSB und unethische Olympialasten

Startliste 2. Vorlauf 800 m Frauen bei der EM in Amsterdam am 6. Juli 2016

Startliste 2. Vorlauf 800 m Frauen bei der EM in Amsterdam am 6. Juli 2016

Damit es nicht untergeht im Euro-Rauschen, einige Links, Docs und Lektüre-Hinweise.

1) Am Wochenende veröffentlichten Tages-Anzeiger/Sonntagzeitung ein internes Schriftstück aus der FIFA, aus dem seit Ende Mai zitiert wird (etwa in der FAZ) – und in dem Gianni Infantino so einiges vorgeworfen wird. „Wer den FIFA-Chef kritisiert, fliegt raus“, titelt Arthur Rutishauser. Es geht, wie seit etlichen Wochen debattiert, um die Kosten für Flüge (Alischer Usmanow zeigt sich sehr spendabel), Matratzen, Fitnessgeräte, Blumen, Luxus-Limousinen, teure Berater (u.a. Luís Figo), Reinigungen und andere Spesen – und natürlich um Infantinos Millionen-Gehalt, das er als „beleidigend“ empfindet.

Hier das Papier:

Dazu gab es bereits einige Beiträge mit weiterführenden Links und dem Mitschnitt der FIFA-Councilsitzung im Mai:

:

Im Übrigen nimmt die von Infantino betriebene Säuberungswelle in der FIFA-Administration kein Ende, die nächsten beiden Manager wurden gefeuert: Severin Podolak, Chef der FIFA Travel GmbH, und Christoph Schmidt, Bürochef des Generalsekretariats, das bis vor kurzem von Markus Kattner geführt wurde, der ja nun auch gefeuert wurde. Dabei ist Infantino nach den neuen FIFA-Statuten doch gar nicht mehr fürs Tagesgeschäft verantwortlich, sondern quasi außenpolitisch tätig. Doch halt, hat er nicht in einem seiner vielen Alleingänge als CEO und Generalsekretärin die Senegalesin Fatma Samoura, installiert, die gerade bei Elfmeterschießen gegen Italien in Bordeaux dem CDU-DFB-Präsidenten Reinhard Grindel um den Hals gefallen ist?

Na klar.

Von Opdi & Scholli und anderen vergebenen Möglichkeiten

Eine kleine TV-Kritik zur Euro 2016 war vorbereitet, da kommt der von der ARD fürstlich entlohnte Mehmet Scholl daher und macht endlich mal das, wofür er seit Jahren bezahlt wird. Scholl, dem viele in diesem Internet aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen den Fußball-Sachverstand absprechen (darauf muss man erstmal kommen), kritisierte also die Taktik des Bundes-Jogi gegen Italien – nach einem nervenzehrenden Duell mit grotesk-spannendem Elfmeterschießen, das sich würdig einreihte in die Chronik deutsch-italienischer Auseinandersetzungen bei großen Turnieren.

screenshot ARD

Screenshot ARD

Die Sache ist, wie vieles im Fußball, zu einem kleinen Politikum geworden, der Boulevard hat sich des Themas angenommen, La-Mannschaft-Chefvermarkter Oliver Bierhoff findet die Kritik „unmöglich“, „unglaublich“ und sieht den „gesamten Trainerstab“ angegriffen.

All that jazz.

Dreier- oder Viererkette? Defensive zu Ungunsten der Offensive stärken? Mit breiter Weltmeister-Brust den Italienern seinen Stil aufzwingen, statt auf die Stärken des Gegners mit Systemanpassungen zu reagieren? Das sind so Fragen, die seit gestern Abend gegen Mitternacht mit Verve diskutiert werden. (Einen Teil der Ausführungen Scholls hat die ARD auf Youtube veröffentlicht, eine Einbindung dieser Sequenz ist nicht möglich. In der Mediathek findet sich womöglich das komplette Stück.)

Mag sein, dass die öffentliche Diskussion um sein öffentlich-rechtliches Jahressalär (ein sogenannter Branchendienst spekulierte über bis zu 1,6 Millionen Euro) das Unterbewusstsein des ARD-Experten Mehmet Scholl stimulierte, ein Mal während der EM etwas mehr von sich zu geben, als nur ein oder zwei Sätze auf jene Stichpunkte hin, die ihm sein Partner Matthias Opdenhövel darbietet. Vielleicht war es aber auch Berechnung: Wollte er ausgerechnet in jenen Minuten, da das Ergebnis doch alle Mittel heiligt (nicht meine Sicht aber wohl zweifellos die Sicht der Mehrheit), beweisen, dass er das ARD-Honorar wert ist? Antworten darauf kann nur Mehmet Scholl geben.

Vielleicht nicht mal er.

Was mich an dieser Episode mehr beschäftigt als die inhaltliche Frage, sich mit der von Joachim Löw gewählten Taktik auseinander zu setzen (wenn er sie denn gewählt hat, denn Scholl insinuierte mit dem Verweis auf die WM 2014 ja auch, dass die Spieler damals in der entscheidenden Phase die Taktik festgelegt hätten), ist der, sagen wir, im weitesten Sinne: journalistische Aspekt des Ganzen.

Aber vielleicht hat es auch nichts mit Journalismus zu tun, wenn ich nun auf Scholls Kompagnon Matthias Opdenhövel zu sprechen komme, den ARD-Presenter aus den EM-Stadien.

Olympic Summit: die schmierigen Finten des Putin-Kumpels Thomas Bach #Rio2016

Es wird immer wilder. Schon fällt in Russland das B-Wort.

Boykott.

Thomas Bachs handverlesener Olympic Summit ist nach etwas mehr als vier Stunden gerade beendet. In Kürze gibt es eine Pressekonferenz mit Bach in Lausanne. Ich höre am Telefon zu und werde den Tag über einiges bloggen. Eine aktuelle Analyse des Geschehens in Lausanne schreibe ich für Spiegel Online. Dort heute morgen auch mein Zwischenstand kurz vor dem Meeting:

14.10 Uhr: We have to join forces of all olympic stakeholders. Sagt der UDIOCP Thomas Bach.

Vor dem Olympic Summit: einigt sich IOC-Bach mit seinem Kumpel Wladimir Putin?

joint-venture

Zwei Zeugnisse meiner Dichtkunst nach dem IAAF-Entscheid in Sachen Russland, der uns weiter beschäftigen wird. Im ersten Text, einem (leicht erweiterten) Kommentar, den ich am Freitagabend nach diesen ausführlichen Blogbeiträgen auf Spiegel Online veröffentlicht habe, konzentriere ich mich noch auf das IAAF-Papier und die Mitschuld/Verantwortung hoher internationaler Sportfürsten (Coe, Reedie et al). Im zweiten (wie immer ebenfalls erweiterten) Text („Gesamtes russisches Olympiateam soll auf den Prüfstand“), veröffentlicht am Samstag, stelle ich einige Fakten und Überlegungen zur Diskussion, wie es wohl weiter geht – schon am Dienstag beim so genannten Olympic Summit in Lausanne. Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit gigantisch größer, dass UDIOCP Thomas Bach wieder routiniert Doppelpass mit seinem Sportkameraden Wladimir Putin spielt und Russland keine weiteren Olympia-Sanktionen fürchten muss, als dass Russlands NOK eventuell komplett oder weitere große Kontingente für Rio gesperrt werden. Doch ausschließen möchte ich letzteres nicht.

Die Story wird fortgeschrieben. (Ich versuche am Ende dieses Blogbeitrags im Laufe des Tages noch einige Lektüre-Empfehlungen zu geben.)

Im Grunde kann man beide Texte wunderbar hintereinander stellen und lesen.

Entscheidung des IAAF-Councils zum russischen Staatsdoping


Ich eröffne schon mal den Beitrag, in dem heute Nachmittag der IAAF-Beschluss debattiert werden kann. Einige der wichtigsten aktuellen Veröffentlichungen dazu (BBC Panorama u.v.a.m.) habe ich in diesem Eintrag zusammengefasst:

Dies als Vorbereitung auf die Pressekonferenz der IAAF in Wien, die ab 17.00 Uhr übertragen wird:

TBC

„Bad mantra“: die IAAF, die WADA, das IOC und das russische Staatsdoping

Heute Nachmittag entscheidet das Council des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF in Wien nun also, ob der russische Verband ARAF/RUSAF wegen des staatlich organisierten Dopings weiter suspendiert bleibt – oder ob plötzlich alles in Ordnung ist und russische Athleten ab sofort wieder starten dürfen. Die Pressekonferenz der IAAF wird ab 17.00 Uhr live übertragen. Man kann das auch hier schauen, dazu eröffne ich später einen neuen Beitrag (und binde das Video der Live-Übertragung ein), in dem wir über die Entscheidung diskutieren und die interessantesten Reaktionen aus aller Welt sammeln können.

Für den 21. Juni hat IOC-Präsident Thomas Bach in Lausanne zum sogenannten Olympic Summit geladen. Russland taucht in der Einladung nicht auf, aber jeder weiß, worum es geht, und Alexander Schukow, IOC-Mitglied und Russlands NOK-Präsident von Wladimir Putins Gnaden, wird bei diesem Summit gewiss dabei sein, wie bei allen anderen Gipfeltreffen zuvor.

Die Entscheidung über eine Olympiateilnahme aller/keiner/einiger Russen wird gewiss später das IOC-Exekutivkomitee fällen. Im Juli steht ja noch ein Untersuchungsbericht der WADA an.

Für alle, die sich die Zeit bis zur IAAF-Verkündung sinnvoll vertreiben möchten, habe ich einige der wichtigsten Veröffentlichungen dieser Tage gebündelt. Mit dabei: BBC Panorama, Grit Hartmann, New York Times, Guardian und andere der üblichen Verdächtigen. Sie alle tragen wichtige Details zum spannenden Komplex Doping/WADA/Russland/IOC bei.

Zunächst die halbstündige Panorama-Sendung gestern in der BBC – von Mark Daly und meinem Freund James Oliver, der auch sämtliche wunderbare Panorama-Sendungen mit Andrew Jennings zur FIFA produziert hat. Die SMS-Sammlung von IAAF-Präsident Sebastian Coe (dessen IOC-Träume womöglich für alle Zeiten ausgeträumt sind), seinem inzwischen suspendierten Bürochef Nick Davies und dem von Interpol gesuchten Ganoven ist einfach nur köstlich.

Ich schaue mir die komplette Sendung auch erst an, kann die Datei leider nicht zur Verfügung stellen. Mit dem BBC iPlayer geht es auch nicht, weil dieser die IP-Adressen erkennt und nur in UK ausliefert – auch mit einem VPN funktioniert es nicht. Auf Youtube derzeit verfügbar:

Dazu einige Links:

Über den ehrenwerten Lord, der zwischen Ehrenamt und Privatgeschäften nicht immer zu trennen weiß, wird noch viel zu reden sein. Tendenz: Seine Zeit als IAAF-Boss könnte schneller vorbei sein, als er denkt.

Bleiben wir noch kurz bei der heutigen Entscheidung des IAAF-Vorstandes. Dazu drei Übersichten (die pdf-Einbindung der Dokumente funktioniert gerade nicht, das hole ich nach):

Was vom Tage übrig bleibt (95): Infantino-Tapes, Whistleblower und ein Rüpel-Interview

Der Zürcher Tages-Anzeiger hat freundlicher Weise einen Mitschnitt der FIFA-Councilsitzung vom Mai 2016 in Mexiko veröffentlicht. Über den Komplott gegen den einstigen FIFA-Chefaufseher Domenico Scala ist ausführlich berichtet worden. Wenn ich die jüngsten Reaktionen meines Twitter-Streams richtig deute, steigt weltweit die Empörung über den Reformgegner Gianni Infantino – ist halt immer ein Unterschied, ob man (nur) Zitate liest oder ihnen auch lauschen darf.

Trauen Sie bitte Ihren Ohren (wenngleich ich nicht weiß, was und wie geschnitten wurde).

:

Hans-Joachim Seppelt und einige andere Journalisten haben gestern eine Webseite freigeschaltet, die potenziellen Whistleblowern eine gesicherte Anlaufstelle bieten soll. Erreichbar ist der Briefkasten unter sportsleaks.com und dopingleaks.com. Und da gibt es nicht nur was für die Ohren, sondern auch für die Augen:

Eine feine Initiative. An anderen wichtigen Initiativen wird anderswo fleißig gearbeitet.

Und noch ein Video mit Hajo Seppelt, das seit ein paar Tagen heiß diskutiert wird und natürlich vielen Trollen Nahrung gibt. Seppelt hat offenbar ziemlich unvorbereitet und ohne Begleitperson russische TV-Reporter in ein für ihn angemietetes Apartment gelassen und anschließend die Contenance verloren. In deutschen Medien ist mittlerweile von einem „Überfall“ die Rede. Das scheint mir in der Verkürzung kaum überzeugender als die Berichterstattung eines russischen Propagandasenders.

BGH: „Schadensersatzklage von Claudia Pechstein vor den deutschen Gerichten unzulässig“

Beim Eislauf-Weltverband (ISU), beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC), beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), der Deutschen Eislauf-Union und anderen Sportmonopolen knallen die Schampuskorken. Denn der Kartellsenat des Bundesgerichtshof hat heute die Schadenersatzklage der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein, Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei, „vor den deutschen Gerichten“ für unzulässig erklärt.

Jetzt geht es wohl vor das Bundesverfassungsgericht und vielleicht irgendwann vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, wie das Pechstein-Lager nicht nur einmal angekündigt hat. Es geht weiter, immer weiter, nicht nur in Richtung Olympia 2018.

Ich will und werde den Fall hier nicht mehr (groß) kommentieren, vielleicht schließe ich die Kommentare sogar, mal schauen, werde auf jeden Fall rigoros von meinem Hausrecht Gebrauch machen. (Jahrelang wurde hier jedes Dokument zum Fall erbittertst diskutiert, das will ich nicht mehr.) Weil mir aber in den ersten Online-Meldungen zum BGH-Beschluss, die ich in einigen Medien überflogen habe, die Details fehlen, möchte ich kurz die Pressemitteilung und Begründung des BGH (eine ausführliche Begründung wird wohl folgen) in Gänze veröffentlichen. Da hat endlich mal ein Jurist so formuliert, dass es einigermaßen zu verstehen ist, auch wenn man die Rechtsauffassung natürlich nicht teilen muss.

Meine Übersetzung: Das Rechtskartell der Sportmonopole bleibt bestehen.

(Deshalb die Sektkorken.)

Im Gesamtbild ist der Internationale Sportgerichtshof CAS unabhängig und neutral. Er ist ein echtes Schiedsgericht …“

… sollte Bettina Limperg, Präsidentin des BGH, das in ihrer Urteilsbegründung tatsächlich so gesagt haben (so übermittelte es die Nachrichtenagentur dpa), hielte ich das eher für einen schlechten Witz. Zum Flüchtlingsvergleich von Pechstein (Flüchtlinge genießen mehr Rechtssicherheit als Sportler, wird sie sinngemäß zitiert) äußere ich mich lieber nicht.

* * *

Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 97/2016

Schadensersatzklage von Claudia Pechstein vor den deutschen Gerichten unzulässig

Urteil vom 7. Juni 2016 – KZR 6/15

Die Klägerin, Claudia Pechstein, eine international erfolgreiche Eisschnellläuferin, verlangt von der beklagten International Skating Union (ISU), dem internationalen Fachverband für Eisschnelllauf, Schadensersatz, weil sie – nach ihrer Auffassung zu Unrecht – zwei Jahre lang wegen Dopings gesperrt war. Im Revisionsverfahren geht es im Wesentlichen um die Frage, ob eine von der Klägerin unterzeichnete Schiedsvereinbarung wirksam ist, die unter anderem die ausschließliche Zuständigkeit des Court of Arbitration for Sport (CAS) in Lausanne vorsieht.

Die Beklagte ist monopolistisch nach dem „Ein-Platz-Prinzip“ organisiert, d.h. es gibt – wie auch auf nationaler Ebene – nur einen einzigen internationalen Verband, der Wettkämpfe im Eisschnelllauf auf internationaler Ebene veranstaltet. Vor der Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft in Hamar (Norwegen) im Februar 2009 unterzeichnete die Klägerin eine von der Beklagten vorformulierte Wettkampfmeldung. Ohne Unterzeichnung dieser Meldung wäre sie zum Wettkampf nicht zugelassen worden. In der Wettkampfmeldung verpflichtete sie sich unter anderem zur Einhaltung der Anti-Doping-Regeln der Beklagten. Außerdem enthielt die Wettkampfmeldung die Vereinbarung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens vor dem CAS unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs. Bei der Weltmeisterschaft in Hamar wurden der Klägerin Blutproben entnommen, die erhöhte Retikulozytenwerte aufwiesen. Die Beklagte sah dies als Beleg für Doping an. Ihre Disziplinarkommission verhängte gegen die Klägerin unter anderem eine zweijährige Sperre. Die hiergegen eingelegte Berufung zum CAS war erfolglos. Auch eine Beschwerde und eine Revision zum schweizerischen Bundesgericht blieben in der Sache ohne Erfolg.

Die Klägerin hat daraufhin Klage zum Landgericht München I erhoben. Sie verlangt Ersatz ihres materiellen Schadens und ein Schmerzensgeld. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht München hat dagegen durch Teilurteil festgestellt, dass die Schiedsvereinbarung unwirksam und die Klage zulässig sei.

Die Revision der ISU bekämpft diese Bewertung. Die Klägerin meint hingegen mit dem Oberlandesgericht, die Schiedsvereinbarung sei nach § 19 GWB* unwirksam. Die ISU habe durch den Zwang, entweder die (alleinige) Zuständigkeit des CAS als Schiedsgericht zu vereinbaren oder an der Weltmeisterschaft nicht teilzunehmen, ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt. Die Schiedsrichterliste des CAS, aus der die Parteien jeweils einen Schiedsrichter auswählen müssen, sei nicht unparteiisch aufgestellt worden, weil die Sportverbände und olympischen Komitees bei der Erstellung der Liste ein deutliches Übergewicht hätten.

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs ist dieser Argumentation der Klägerin nicht gefolgt. Er hat entschieden, dass die Klage unzulässig ist, weil ihr die Einrede der Schiedsvereinbarung entgegensteht.

The Organized Crime Syndicate called FIFA

Habt Spaß, liebe Leute.

Die Aufarbeitung des kriminellen, weltumspannenden FIFA-Systems ist immer noch am Anfang, auch wenn in diesen Minuten Jeffrey Webb verurteilt wird (Quatsch, heute morgen kam die Meldung, dass sein Urteilsspruch auf November vertagt wurde). Soeben ein Befreiungsschlag (AUCH um Infantino aus der Schusslinie zu nehmen) aus dem Home of FIFA, wo man bislang ja immer behauptet hat, die FIFA sei alles, nur keine RICO, also keine von Gangstern dominierte vollkorrupte Organisation.

Ooops, vielleicht muss die Kanzlei Quinn Emanuel Urquart & Sullivan, die mindestens zehn Mio CHF monatlich am Klienten FIFA (und neuerdings auch am CONMEBOL et al) kassiert, diese Einschätzung revidieren. Das, was die QEUS-Anwälte William Burck und Thomas Wehrlen vor wenigen Minuten ausgewählten Journalisten auf einer Telefonkonferenz präsentierten, lässt keinen anderen Schluss zu:

Für Joseph Blatter, Jérôme Valcke und Markus Kattner (und andere) war diese FIFA ein Selbstbedienungsladen. Blatter, Valcke und Kattner haben allein zwischen 2011 und 2015 mindestens 79 Millionen Schweizer Franken kassiert. Da kann noch einiges hinzukommen. Das Department of Justice und die Bundesanwaltschaft, die gestern mal wieder im Home of FIFA und besonders in Kattners ehemaligem Büro zu Gast war, werden die neuen Infos in Strafermittlungen einfließen lassen.

Nur mal kurz die WM-Prämien, die sie sich meist selbst zuschanzten, angeblich unter Umgehung der juristischen Abteilung (Marco Villiger, ist das zu glauben?)

wc boni blatter valcke kattner

Ich begleite das Treiben heute bei Spiegel Online und auch ein bisschen hier. Ich werde diesen Eintrag bis spätabends ergänzen.

Zunächst die Dokumente, macht Euch doch selbst ein Bild:

Contract Overview Chart1

Arrivederci, Gianni! Uff wiederluege, Herr Infantino!

Und es geht weiter. Ticktack, ticktack, ticktack … die Zeit des Gianni Infantino als FIFA-Präsident, der sich eben noch superstolz mit Papst Franziskus und Vlad Putin getroffen hat, dürfte bald abgelaufen sein.

Im Schnitt waren acht FIFA-Präsidenten seit 1904 je vierzehn Jahre im Amt. Kann sein, dass Infantino nicht mal vier Monate schafft.

Wollte heute Abend entspannt meine harmlosen Zusammenfassungen der vergangenen Tage bloggen und einige Links empfehlen, da beginnt die Uhr für den lieben Gianni, der offensichtlich nicht der Smarteste ist, ganz heftig zu ticken.

Zusammengefasst:

  1. Erst schmiedet er erfolgreich einen Komplott, um Domenico Scala aus den Ämtern zu drängen.
  2. Dann beauftragt er offenbar den Rechtsdirektor (und nunmehrigen stellvertretenden Generalsekretär) Marco Villiger damit, die Audio-Datei des Council-Meetings in Mexiko löschen zu lassen.
  3. Gleichzeitig ergeht Auftrag, dass die sonstigen Protokollschreiber nichts machen sollen, sondern ein treuer Diener aus dem Präsidentenbüro offenbar gefälschte Minutes erstellt, die mit der Wirklichkeit nicht mehr viel zu tun haben.
  4. Zwei Millionen Gehalt sind ihm übrigens zu wenig – ein solches Angebot (von Scala festgesetzt und eigentlich nicht verhandelbar) bezeichnete er im Exko/neu: Council als „Beleidigung“.
  5. Das alles garniert mit ungezählten Wahrheitsbeugungen und perfider Propaganda aus dem Home of FIFA, wo die Propaganda-Abteilung seit dem 27. Mai 2015 fast verstummt war (und das war auch gut so), jetzt aber zu neuem Leben erwachte – in unsäglicher Tradition.
  6. (Dazu noch viele Altlasten aus der UEFA, dubiose Netzwerke und Personen, die Panama Papers, die Behinderung und Verhinderung früherer FIFA-Reformen, die Beleidigungen in Richtung Theo Zwanziger und und und und …)

Das alles mag strafrechtlich nicht relevant sein. Nach der kriminellen Vorgeschichte der FIFA und ihrer Funktionäre/Kontinentalverbände dürfte das aber für einen gepflegten Rücktritt oder gar Rausschmiss reichen.

Gemäß Meldungen von Tim Röhn in der Welt und Mario Stäuble im Tages-Anzeiger steht eine Suspendierung des FIFA-Präsidenten durch die Ethikkommission unmittelbar bevor. Selbst wenn es dazu (noch) nicht kommen sollte. Der Email-Verkehr lässt kaum Fragen offen. Allenfalls die nach dem Geisteszustand von Infantino. Obwohl: als sonderlich smart ist er nie beschrieben worden.

Gegenüber der Welt gab die FIFA-Propagandaabteilung bis zur Erstveröffentlichung keine Stellungnahme ab. Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte man, es habe sich lediglich um eine Kopie der Audio-Datei gehandelt.

Nun ja.

Putin-Freund Thomas Bach und das IOC in Not: Kampf um die Kommunikationsherrschaft

We are at a tipping point for international sport, whose future may well be in doubt.“
Richard Pound, IOC-Doyen

Finale Fußball-WM 2014

Foto: President of Russia

Es ist eine Flucht nach vorne. Der Vorstand des von spektakulären Doping- und Korruptionsfällen schwer erschütterten Internationalen Olympischen Komitees (IOC) geht nach einer Krisensitzung in die Offensive. Der Olympiakonzern unternehme alles, um „saubere Athleten zu schützen“, heißt es in einer länglichen Erklärung vom Dienstag. So teilte die IOC-Führung mit, bei Nachkontrollen eingefrorener Dopingproben von den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking seien 31 Athleten aus zwölf Ländern und sechs Sportarten des Dopings überführt worden. IOC-Medizindirektor Richard Budgett hatte die Analysen vor zwei Monaten angekündigt. Namen wurden nicht genannt, zunächst würden die betreffenden Nationalen Olympischen Komitees (NOK) zeitnah informiert, hieß es. Das IOC versprach weitere Nachtests der Proben von Medaillengewinnern 2008 und 2012 (London). 

Wenig später wurde ein Meinungsbeitrag des IOC-Präsidenten Thomas Bach auf der IOC-Webseite und mancher Tageszeitung veröffentlicht (in Deutschland übernimmt diese Posaunenfunktion traditionell die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Die Unschuldsvermutung könnte in Frage stehen“), in dem Bach von einer „schockierenden neuen Dimension“ und „beispielloser krimineller Energie“ sprach, sollten sich die Enthüllungen des russischen Whistleblowers Grigori Rodschenkow über das staatlich sanktionierte russische Dopingsystem bewahrheiten.

Woran kaum Zweifel bestehen.

Am Mittwoch versprach der UDIOCP Thomas Bach schließlich auf einer Telefonkonferenz mit ausgewählten Journalisten, es würden alle beteiligten Personen und Verbände zur Verantwortung gezogen – sogar lebenslange Sperren zog er in Erwägung, dabei hat er als Funktionär stets gegen lebenslange Sperren und sogar gegen Vierjahressperren gekämpft, die seiner Meinung nach gegen Menschenrechte verstoßen würden. Doch in Krisenzeiten wie diesen stellt sich Bach als Hardliner dar. Ausgerechnet er, der Wladimir Putins Propaganda-Winterspiele 2014 bisher stets in höchsten Tönen als „die Spiele der Athleten“ gepriesen hatte.

Bach ist weltweit unter Druck geraten, seine PR-Maßnahmen folgen in diesen Tagen einem altbekannten Muster, er nennt es gern „proaktive Kommunikation“ und bedient sich wie so oft Verbündeten in den Medien. (Von den üblichen Drohgebärden seiner Anwälte gegenüber Journalisten ist mir derzeit allerdings nichts bekannt.)

Der Reihe nach. Zunächst das Thema Peking: Es handelt sich nicht um die ersten Nachtests der Peking-Proben. Schon 2009 waren einem halben Dutzend Sportlern die Verwendung des Blutdopingmittels Cera nachgewiesen worden. Daraufhin wurde dem für Bahrain startenden Marokkaner Rashid Ramzi die Goldmedaille über 1.500 Meter aberkannt. Auch der italienische Radprofi Davide Rebellin musste seine Silbermedaille zurückgeben. Allerdings war bei der Auswahl der Proben, die in Paris, Lausanne und Köln auf Cera und Insulin untersucht wurden, offenbar selektiert worden. Auch bei den nun vom IOC bekannt gegebenen Fällen wurde selektiert: Man hat sich auf die Proben von Sportlern konzentriert, die für einen Start bei den Sommerspielen 2016 im August in Rio de Janeiro in Frage kommen. Von einer transparenten, unabhängigen Nachkontrolle aller Proben kann also keine Rede sein.

Doping an der Uniklinik Freiburg: das erste Einzelgutachten

Gaaanz vorsichtig formuliert: Es tut sich was in Freiburg. Wie zuletzt angekündigt, scheint die Uni willens, die Gutachten der Doping-Evaluierungskommission zu veröffentlichen, so sie denn vorliegen. Heute Nachmittag teilte man u.a. mit:

Die Universität bekräftigt mit der heutigen Veröffentlichung des ersten Gutachtens ihren festen Willen, die Vergangenheit der Freiburger Sportmedizin aufzuklären und offen zu legen. Sie bittet nochmals auch alle anderen ehemaligen Mitglieder der Evaluierungskommission, ihre Gutachten zur Veröffentlichung freizugeben“, sagt Rektor Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer. „Die ehemalige Kommissionsvorsitzende, Prof. Dr. Letizia Paoli, trägt dabei gemeinsam mit den Autoren die Verantwortung, dass die zwingend nötigen Einverständniserklärungen der Zeitzeugen und Behörden vorliegen.  Wir veröffentlichen nach Freigabe durch die Autoren und Bestätigung der Einverständniserklärungen unverzüglich. Universität und Öffentlichkeit können spätestens jetzt erwarten, die Ergebnisse neunjähriger Kommissionsarbeit zu erhalten.“

Dafür wurde eine Webseite eingerichtet und das erste Gutachten von Prof. Heinz Schöch aus München hochgeladen:

  • „Finanzielle und strafrechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Dopingproblematik in der Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmedizin und in der Sporttraumatologischen Spezialambulanz des Universitätsklinikums Freiburg“.

Die Uni dazu:

In seinem Gutachten kritisiert Schöch, dass die Staatsanwaltschaft Freiburg Verfahren wegen Körperverletzung an den Radsportlern Patrik Sinkewitz, Andreas Klöden und Matthias Kessler sowie an der Hürdensprinterin Birgit Hamann eingestellt hat. Die überwiegende Meinung in der Literatur folge zwar der Auffassung, „dass einverständliche Dopingmaßnahmen bei einem über die Risiken aufgeklärten Sportler durch einen Arzt oder einen anderen Helfer wegen rechtfertigender Einwilligung keine strafbare Körperverletzung darstellen“. Bei den Radsportlern jedoch entfalle die Wirksamkeit der Einwilligung wegen Sittenwidrigkeit, da bei den Behandlungen mit Blutkonserven oder mit Eigenblut schwerwiegende Gesundheitsschäden oder sogar eine Lebensgefährdung zu befürchten gewesen seien. Bei Hamann wiederum sei wahrscheinlich neben anderen Substanzen ein Wachstumshormon injiziert worden, ohne dass sie darüber aufgeklärt worden sei.

Zudem kommt Schöch zu dem Ergebnis, dass „die erheblichen Vergütungen des in der Abteilung Sportmedizin angestellten Arztes Dr. Heinrich durch die Olaf Ludwig Cycling GmbH und die Neue Straßensport GmbH für ärztliche Leistungen, die zu seinen Dienstaufgaben gehörten“, als strafbare Vorteilsannahme oder sogar als Bestechlichkeit zu bewerten seien. Es sei bedauerlich, dass die Staatsanwaltschaft Freiburg ein Ermittlungsverfahren in dieser Sache eingestellt habe.

Diese Einzelgutachten sollen folgen:

  • Wolfgang Jelkmann: Evaluierung der Veröffentlichungen aus der Abteilung für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universität Freiburg im Zeitraum 1973–2006.
  • Andreas Singler/Gerhard Treutlein: Herbert Reindell als Röntgenologe, Kardiologe und Sportmediziner: Wissenschaftliche Schwerpunkte, Engagement im Sport und Haltungen zum Dopingproblem. (noch nicht freigegeben)
  • Andreas Singler/Gerhard Treutlein: Armin Klümper und das bundesdeutsche Dopingproblem: Strukturelle Voraussetzungen für illegitime Manipulationen, politische Unterstützung und institutionelles Versagen. (noch nicht freigegeben)
  • Andreas Singler/Gerhard Treutlein: Joseph Keul: Wissenschaftskultur, Doping und Forschung zur pharmakologischen Leistungssteigerung. (noch nicht freigegeben)
  • Andreas Singler: Doping beim Team Telekom/T-Mobile-Team: Wissenschaftliches Gutachten zu systematischen Manipulationen im Profiradsport mit Unterstützung Freiburger Sportmediziner. (noch nicht freigegeben)
  • Andreas Singler: Systematische Manipulationen im Radsport und Fußball: Wissenschaftliches Gutachten zu neuen Erkenntnissen zum Doping in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Wirken von Armin Klümper. (noch nicht freigegeben)

Zum Studium fehlt mir gerade die Zeit. Dennoch: viel Vergnügen!

Der Freshfields-Bericht zur #WM2006

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Es ist soweit. In wenigen Minuten stellt Christian Duve von Freshfields Bruckhaus Deringer LLP den Untersuchungsbericht zur WM 2006 vor. Die Staatsanwaltschaft, Steuerfahnder, die Schweizer Bundesanwaltschaft, die FIFA-Ethikkommission, das Department of Justice und viele Parteien mehr sind gespannt. Über die Unabhängigkeit von Freshfields kann und will ich keine Angaben machen. Immerhin kann man nun versuchen, die Darstellungen von Freshfields zu überprüfen, deren Anwälte lange Monate die DFB-Archive und alles was noch nicht verlegt und vernichtet war, durchforstet haben. Druckmittel von Justizorganen hatten sie allerdings nicht, sollten sie Interesse an lückenloser Aufklärung der vom Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL enthüllten Vorgänge gehabt haben.

Figuren wie Beckenbauer, Radmann, Netzer, Niersbach & Co. konnte man also nicht zum Plaudern bringen – so wie das derzeit den Amerikanern #FIFAcrime reihenweise gelingt.

Übertragen wird die PK in Frankfurt am Main in diversen Sendern und auf DFB.tv. Ich bleibe heute Nachmittag mal live dabei und mache mich dann wieder an die Arbeit.

Die wunderbaren Autogrammkarten von Protagonisten der WM-2006-Geschichte, mit denen ich diesen Blogbeitrag schmücke, kann man übrigens in diesem Shop kaufen – es gibt diverse Varianten, mit denen ein gewisses Ebook, das nun wirklich vor der ersten Veröffentlichung steht (nach langwierigem Studium des Freshfields-Reports), aufgewertet wird.

Was vom Tage übrig bleibt (94): Uni Freiburg – der Wahnsinn geht weiter

Die unendliche Geschichte nimmt kein Ende, das haben unendliche Geschichten so an sich. Also: Doping-Evaluierungskommission an der Uni Freiburg – viele Millionen für nichts? Oder nur ein bisschen? Es gab schon viele sehr wichtige Erkenntnisse – aber unterm Strich bleibt das doch sehr traurig.

Ich sehe da nicht mehr durch und habe mich längst abgewendet, obgleich das hier einige Jahre ein Thema war (bitte mal die Suchfunktion und/oder die Tags benutzen). Andere blieben und bleiben dran, so etwa Andreas Strepenick, der für die Badische Zeitung ein Q & A zur Thematik geschrieben hat:

Dazu auch Grit Hartmann in der Berliner Zeitung:

Sie schreibt u.a.:

Anfang des Monats nun gingen dem Wissenschaftler (Andreas Singler/JW) die Ergebnisse der juristischen Überprüfung der Gutachten zu, Änderungswünsche inklusive. Vor allem das Urteil zum Klümper-Gutachten fiel harsch aus. Die Arbeit, so befand der von der Uni angeheuerte Rechtsanwalt aus der Freiburger Kanzlei Graf von Westphalen, „sollte in der von mir geprüften Fassung nicht veröffentlicht werden“.

Singler wurde stutzig und stellte fest, dass eben der Anwalt einst Klümper vertrat. Nicht nur einmal, sondern in vielen Prozessen, etwa gegen die Dopingaufklärer Brigitte Berendonk und Werner Franke. Dieser Zeitung liegt ein Schreiben des Anwalts von 1997 vor. Darin werden ärztliche Kritiker Klümpers als von „kollegialem Neid“ getriebene „Nestbeschmutzer“ beschimpft. „Ein Skandal“, sagt Singler, „dass dieser Mann nun von der Universität für objektiv gehalten wird.“

Die Pressemeldungen von heute, die Reihenfolge ist rein zufällig.

Das Rektorat der Uni Freiburg:

live-Blog aus Zürich: und der neue FIFA-Präsident heißt Gianni Infantino

ZÜRICH. Ehrlich gesagt kann ich nicht versprechen, dass ich noch weiß, wie dieses Bloggen geht. Aber ich versuche es einfach mal, einverstanden? Und deshalb mache ich diesen Thread auf, fülle vielleicht noch heute Nacht einiges auf – so richtig dann ab Freitagmorgen, wenn in Zürich ab 9.30 Uhr der außerordentliche FIFA-Kongress tagt, um zumindest eine Überlebensfrage zu entscheiden, die der Reformen/Statutenänderungen (geht souverän durch), um mit einer anderen wichtigen Abstimmung, der Wahl des neuen und neunten FIFA-Präsidenten (wenn man den Interims-Schmiergeldempfänger Issa Hayatou nicht zählt), gleich wieder gegenzulenken – sollte nämlich Scheich Salman aus Bahrain gewählt werden.

Die Lage habe ich gegen Mittag mal für SpOn sondiert („Der Scheich und seine Königsmacher“), keine Ahnung was diese letzte Nacht bringt. Warum sollten ausgerechnet jetzt noch einige Funktionäre und Strippenzieher von Moral-Attacken geplagt werden, die dazu führen könnten, doch nicht für Scheich Salman das Kreuzchen zu machen?

Keine Frage, ich fände es fantastisch und nur konsequent, wenn der Menschenschinder aus dem bahrainischen Königshaus den Weltkonzern FIFA übernähme. Da halte ich es mit James Dorsey, der seit Monaten sagt: mit Salman würde der Karren gegen die Wand rasen. Das wäre das Ende der FIFA.

Wäre bestimmt lustig zu beobachten.

Schaun mer mal.

Was man wissen soll zum heutigen Tag, stellt die FIFA so dar:

Das Nein für Hamburg 2024 und andere demokratische Regungen

Hamburg 2024 ist grandios gescheitert.

Eine Mehrheit der Hamburger hat sich gegen das Olympiaprojekt ausgesprochen.

David hat gegen Goliath gesiegt.

51,6 Prozent oder 335.638 Abstimmungsberechtigte stimmten dagegen – 48,4 Prozent oder 314.468 dagegen. (Offizielles Ergebnis)

Das ist ein Hammer. Ich verneige mich vor der Olympia-Opposition, vor Walter Scheuerl, vor den NOlympia-Aktivisten, vor NOlympia Hamburg und vielen anderen, die sich als wahre Demokraten erwiesen und unfassbar hartnäckig gekämpft haben.

Respekt.

Die ersten Stimmen aus Medien, Sport und Politik zwitschern schon, Deutschland sei nicht mit dem „olympischen Gedanken“ kompatibel (Alfons Hörmann) und habe erneut seine krankhafte Scheu vor Großprojekten bewiesen.

Alles Unsinn. Alles falsch. Alles so unfassbar verlogen und am Thema vorbei argumentiert – wobei: eine echte Olympia-Argumentation sähe smarter aus, ganz anders.

Gescheitert ist einmal mehr das olympische System, das in weiten Teilen kriminelle Züge trägt. Manche Journalisten beschreiben das seit vielen Jahren so – im Jahr 2015 kamen atemraubende Belege hinzu.

Gescheitert ist das aus Lobbyismus und Intransparenz beruhende System des Deutschen Olympischen Sport-Bundes (DOSB), der auf allerlei Kanälen unfassbar viele Steuermittel aus dieser Bewerbung (ja, schon aus der Bewerbung) generieren wollte.

Das Transparenz-Maskottchen des organisierten olympischen Sports sagt zum Beispiel:

DOSB-Boss Hörmann muss seine zweite Kasse nun anders füllen.

Im Grunde muss nun das gesamte olympische System in Deutschland auf den Prüfstand. Doch so weit wird es natürlich nicht kommen.

Die Herren Hörmann und Vesper, die nun schon ihre zweite bzw im Falle Vesper gar die vierte krachende Olympia-Niederlage erlebten, werden auch kaum Konsequenzen aus dem Hamburger Abstimmungsergebnis ziehen.

So viel Stil haben sie nicht. Oder?

Heute Abend einige Gedanken zu Hamburg 2024, den Gründen und den Folgen hier im Blog.

Es hat mir geradezu das Herz zerrissen, in den vergangenen Monaten wegen anderer Recherchen (DFB, FIFA) gar nichts oder nur gelegentlich etwas zu Hamburg, zum IOC und zur Olympiabewerbung fabriziert zu haben. Auch heute stand anderes auf der Tagesordnung: echter Sport, Kinderfußball, das also, was noch Spaß macht.

Und nun bin ich ziemlich geplättet von der Nachricht aus dem Norden.

Lasst Euch nichts einreden, liebe Leute, nicht destruktive, sondern mündige Bürger haben in Hamburg gegen die Propagandamaschine von Sport, Politik, Medien und Wirtschaft obsiegt.

Und das ist gut so.

Denn es gibt viel zu tun im verkommenen System des olympischen Hochleistungssports.

Ich freue mich auf die Diskussion.

Reinhard Grindel und der DFB: „Komm mit ins Zukunftsland!“

Ein Kleinod der Sportpolitik, der künftige DFB-Präsident – natürlich von der CDU – und Noch-MdB Reinhard Grindel:

(Gefunden von @OliFritsch)

Über eine gewisse Transparenzallergie des künftigen DFB-Vorturners haben jüngst u.a. der Kicker und Grit Hartmann berichtet und kommentiert:

Im Frühjahr 2014 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung – erst zehn Jahre nach der Unterzeichnung der UN-Konvention gegen Korruption. Am 1. September 2014 trat das Gesetz in Kraft. Danach sind nicht nur Stimmenkauf und -verkauf, sondern auch immaterielle Vorteile und Zuwendungen an Dritte nach Paragraph 108e des Strafgesetzbuches für alle Mandatsträger strafbar. Vergehen werden mit Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet. 582 Bundestagsabgeordnete stimmten dem Gesetz zu, drei waren dagegen, sieben enthielten sich der Stimme. Der CDU-Abgeordnete Reinhard Grindel (55) enthielt sich der Stimme.“

Na dann mal: schönen Neuanfang im DFB!

Nachtrag, 19.11.15: Heute nun Oliver Fritsch auf Zeitonline:

Grindel, seit 2013 Schatzmeister im DFB, hat aber noch keine Debatte geprägt. Von ihm ist nichts Kluges über Fußball überliefert. Wie würde er Haupt- und Ehrenamt tarieren? Sollte sich der DFB von seiner Nähe zu Adidas lösen? Wie kann man die Trainerausbildung verbessern? Wir wissen nicht, was er über solche Fragen denkt. In allgemeinen sportpolitischen Dingen konnte er bislang auch nicht gänzen. Die Situation in der mafiaähnlichen Vereinigung Fifa hielt er 2014, also ein Jahr vor ihrem endgültigen Ruin, für „erheblich verbessert“.

Digitale Bürgersprechstunde mit dem künftigen DFB-Präsidenten:

FIFA’s compliance failures and DFB’s liars

Das hat TRACE gut erklärt, oder?

Was sonst noch passierte:

1) #FIFAcrime

Das Ad-hoc Electoral Committee (Domenico Scala) der FIFA hat vorerst 5 Kandidaten für die für den 26. Februar 2016 angesetzte Wahl eines neuen FIFA-Präsidenten zugelassen. Erwartungsgemäß ohne Michel Platini, der aber wohl noch eine zweite Chance nach Ablauf seiner Sperre bekommen soll. Zu dieser zweiten Chance, sag ich einfach mal so, wird es nicht kommen. Bin nicht mal sicher, ob die Wahl stattfindet – macht unter den aktuellen Umständen absolut keinen Sinn, nach wie vor wäre es besser, die FIFA unter externe, wirklich unabhängige Führung von Governance-Experten und Kriminalisten zu stellen.

Nachrichten aus Absurdistan: Russlands Sportminister Witali Mutko reagiert auf den WADA-Bericht

Einfach mal anschauen und versuchen zuzuhören. Dubiose Typen wie Witali Mutko zählen zu den mächtigsten Figuren des olympischen Weltsports (und den wichtigsten Unterstützern des amtierenden IOC-Präsidenten). So also reagiert Russlands Sportminister, auch FIFA-Exekutivmitglied, auf kriminelle Doping-Fakten:

Wenn ich mich recht erinnere, dann hat sein alter Kumpel (aus St. Petersburger Zeiten) und Ewig-Boss Wladimir Putin kürzlich auf einer IOC-nahen Veranstaltung in Moskau im Beisein des IOC-Präsidenten Thomas Bach (UDIOCP) die Erweiterung einer UN-Resolution angeregt:

We consistently support the idea that sport is outside politics.“

Black Monday (II): WADA-Bericht zu kriminellen Aktivitäten der Diacks und Russlands Staatsdoping

Auch das wird ein live-Blog (neben den DFB-Notizen). 15.00 Uhr geht es los in Genf. Und da sage noch einer, harte journalistische Arbeit habe im Sport keine Folgen:

Die Vorgeschichte (1):
Auch das wird ein live-Blog (neben den DFB-Notizen). 15.00 Uhr geht es los in Genf. Und da sage noch einer, harte journalistische Arbeit habe im Sport keine Folgen:

Die Vorgeschichte (1):

Die Vorgeschichte (2):

Black Monday (I): Präsidiumssitzung des DFB #WM2006, Rücktritt von Wolfgang Niersbach

Das hier wird ein live-Blog. Derzeit tagt in Frankfurt am Main das DFB-Präsidium.

Natürlich geht es um die SPIEGELEnthüllungen.

(C) DER SPIEGEL 46/2015

(C) DER SPIEGEL 46/2015

Zunächst eine nette kleine Geschichte zu Niersbachs Kumpel Michel Platini hat die NZZ veröffentlicht. Der suspendierte FIFA-Vize und UEFA-Boss (den Niersbach bis vor ein paar Wochen noch hätte antreten sollen) wollte die Einsicht in seine Konten verhindern.

Dazu der Beschluss der Beschwerdekammer des Schweizer Bundesstrafgerichts:

Olympia-Referendum: Alfons Hörmann kann die zweite Kasse des DOSB auffüllen #Hamburg2024

Nach dem erst seit Ende Oktober 2015 online einsehbaren Vertrag zwischen der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH und der Deutschen Sport Marketing GmbH (DSM), einer 100-prozentigen Tochter der vom Deutschen Olympischen Sportbund e. V. (DOSB) kontrollierten privatrechtlichen Stiftung Deutscher Sport, hat die Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH erhebliche Zahlungen an die DSM zu leisten.

Der Clou für den DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann: Die DSM ist ihrerseits eine 100-prozentige Wirtschaftstochter der privatrechtlichen Stiftung Deutscher Sport. Vorsitzender des Stiftungsvorstands ist Alfons Hörmann:

Der DOSB kann angesichts dieser Konstruktion schon während des Olympia-Referendums im wirtschaftlichen Ergebnis selbst beim Scheitern des Referendums eine Viertel Million Euro an die DSM als 100-prozentige Tochter der unter der Leitung von Alfons Hörmann vom DOSB kontrollierten privaten Stiftung abzweigen.

§ 5 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH und der Deutschen Sport Marketing GmbH v. 17.9.2015 formuliert das wie folgt:

Es tut sich was im deutschen Fußball #DFBgate #FIFAcrime #WM2006

Taufrische Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main:

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat im Zusammenhang mit der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und dem Geldtransfer von 6,7 Millionen Euro des WM-Organisationskomitees des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) an den Fußball-Weltverband Fifa Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall aufgenommen.

Diese richten sich gegen den Präsidenten des DFB und einstigen Vizepräsidenten des Organisationskomitees, den im Jahr 2006 amtierenden DFB-Präsidenten und damaligen Schatzmeister des Organisationskomitees sowie den früheren DFB-Generalsekretär.

Den Beschuldigten wird vorgeworfen, im Rahmen ihrer damaligen Verantwortlichkeiten die Einreichung inhaltlich unrichtiger Steuererklärungen veranlasst und hierdurch Körperschafts- und Gewerbesteuern sowie Solidaritätszuschlag für das Jahr 2006 in erheblicher Höhe verkürzt zu haben. Nach derzeitigem Erkenntnisstand soll eine durch das Organisationskomitee im Frühjahr 2005 geleistete Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro für eine Kostenbeteiligung an einem Kulturprogramm im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 als Betriebsausgabe steuermindernd geltend gemacht worden sein, obwohl ihr tatsächlich ein anderer Zweck zugrunde lag und die Zahlung daher nicht als abzugsfähige Betriebsausgabe hätte geltend gemacht werden dürfen.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat der Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Frankfurt am Main Durchsuchungsbeschlüsse für die Geschäftsräume des DFB sowie die Wohnungen der Beschuldigten erlassen, die am heutigen Tag durch mehr als 50 Beamte der Frankfurter Steuerfahndung sowie der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen in Frankfurt am Main vollstreckt werden.

Hinsichtlich der weiteren in Betracht kommenden Tatvorwürfe der Untreue sowie der Bestechung im internationalen Geschäftsverkehr war wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung ein Anfangsverdacht verneint und daher von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen worden.

gez. Nadja Niesen
Oberstaatsanwältin

„Der Fall DFB“ #WM2006

War doch wohl eine unterhaltsame, spannende Woche, oder? Und ich bin mir sicher: Es wird noch viel spannender. Wir nähern uns ganz langsam erst der gefährlichen Zone.

DER SPIEGEL hat jedenfalls schon wieder eine Titelgeschichte gebastelt. Ich durfte erneut dabei sein – wieder mit Jörg Schmitt, Gunter Latsch, Jürgen Dahlkamp, Udo Ludwig und mit Rafael Buschmann. Außerdem im Team, das einige Hürden meistern musste: Michael Wulzinger, Gerhard Pfeil, natürlich Klaus Brinkbäumer, Andreas Meyhoff u.v.a.m., vor allem die Hausjuristen. Hat Spaß gemacht, hat Nerven und Kraft gekostet. Aber ich finde, es hat sich gelohnt.

Werde mir das Stück, das seit 18.00 Uhr als E-Paper verfügbar ist, jetzt mal in der Wanne zu Gemüte führen. Es darf diskutiert werden, aber bitte zurückhaltend, der Honorarprofessor liest mit oder lässt lesen.

cover2

Vielleicht baue ich später ein paar Tweets ein und mache einige Notizen.

So was zum Beispiel:

Das war übrigens die Vorabmeldung, die seit einigen Stunden schlagzeilt: