SYDNEY. Es ist schräg. Zweimal habe ich mich in meinem Leben in Sydney herumgetrieben, Zwischenlandungen mal ausgenommen, zweimal passiert Einschneidendes im olympischen Box-Weltverband AIBA.
Unvergessen blieb mir der Moment am Gepäckband im September 2000, bei der Ankunft zu den Sommerspielen am anderen Ende der Welt. Kaum war das Nokia eingeschaltet, kam schon der Anruf aus der Heimat: „Rachimow darf nicht einreisen, schreib das auf!“
Gafur Rachimow, seit zwei Jahrzehnten beschäftige ich mich nun schon mit diesem Sportganoven. Ohne unsere Buch-Recherchen (Andrew Jennings damals in The new Lords of the Rings, Thomas Kistner und ich in Der olympische Sumpf) würde Rachimow heute vielleicht immer noch ungestört reüssieren. Damals hatten wir auf Grundlage von FBI- und anderen Polizeiermittlungen (auch in Deutschland) über seine Geschäfte berichtet. Da mein Freund Andrew Jennings daraus noch eine Serie in australischen Zeitungen gebastelt hatte, wurde der usbekische Pate zu einer kurzzeitigen australischen Staatsaffäre. Rachimow, damals Vizepräsident der AIBA und des Olympic Council of Asia (OCA) von Scheich Ahmad, wurde die Einreise nach Australien verweigert. Ebenfalls unerwünscht bei den Sommerspielen: Carl Ching, Vizepräsident des Basketball-Weltverbandes FIBA und mutmaßliches Mitglied der chinesischen Verbrecherorganisation der Triaden.
Spannend war das, wie so vieles davor und danach. Einige der damaligen Texte sind hier nachzulesen, darunter auch die Zeilen über einen Besuch bei Anwar Chowdhry (†) im Olympia-Büro in Darling Harbour, eines meiner schrägsten Erlebnisse. Die Nähe des olympischen Geschäfts zur Organisierten Kriminalität (OK) war mit dem Fall Rachimow einmal mehr offensichtlich und treibt beständig neue Blüten.
Als ich Ende vergangener Woche nach Sydney kam, war wieder Rachimow Thema. Nun hatte er fürs erste seinen Platz als AIBA-Präsident frei gemacht, damit Boxen im kommenden Jahr bei den Sommerspielen olympisch bleibt.