Präzise betrachtet ist dieser Kommentar, den ich gerade für die Berliner Zeitung geschrieben habe, ein Nachtrag zur Sportjournalismus-Konferenz in Dortmund. Denn wie hieß noch mal einer der Schwerpunkte dieser Tagung?
- Die Propagandamaschine: Wie Sport, Wirtschaft und Politik Journalismus behindern und Sportjournalisten instrumentalisieren
Grit Hartmann hat dazu einen, wie ich finde, großartigen Vortrag gehalten. Vier Tage später, ein Stück aus dem wahren Leben; ein Kommentar anlässlich der Verleihung der so genannten Laureus Awards in Gazprom-City. Über die Gefahr Putin wird noch viel zu reden sein.
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Gefahr Putin
Sie haben wieder Schampus geschlürft. Sie haben wieder Kaviar gelöffelt. All die Sportstars und Sternchen, die – Achtung, neudeutsch – Celebrities. Die Manager. Die Sponsoren. Die Politiker. Und die Journalisten. Ja, auch die Journalisten, denn ohne sie, ohne ihre teils gedankenlosen Schlagzeilen und Berichte über ein Nicht-Ereignis wie den Laureus, der gern auch als Sport-Oscar bezeichnet wird, würde die Welt ja nicht wissen, dass es so eine großangelegte PR-Aktion überhaupt gibt. Niemand braucht den Laureus, der von Daimler und einigen Luxussponsoren finanziert wird. Niemand muss wissen, wen diese überflüssige „Laureus World Sports Academy“ zum Weltsportler vorschlägt und dann – so wird behauptet – von 1 200 Journalisten wählen lässt. Es gibt ja hierzulande sogar einen Laureus für Journalisten. Und es ist natürlich reiner Zufall, dass einer der stolzen Preisträger für eine Nachrichtenagentur aus St. Petersburg berichtete.
Laureus ist ein wunderbares Beispiel für die unappetitliche Verquickung von Wirtschaft, Sport, Politik und Medien. Die Promi-Weihe in der Gazprom-Zentrale hat dieser unheilvollen Allianz eine neue Qualität verliehen. Denn von allen Seiten wird die Anwesenheit und das Auftreten des russischen Patriarchen Wladimir Putin gleichsam als gottähnliche Erscheinung gepriesen. „Unglaublich“, dichtete Franz Beckenbauer: „Eine bessere PR könnte es für diese Veranstaltung gar nicht geben.“ Genau das ist es: Public Relation. PR der übelsten Sorte. Und die Journalisten, von denen sich in der Vergangenheit manche ihre Reisen zu Laureus-Feiern bezahlen ließen, machen mit.
PR, korrekter sogar: Propaganda, ist Laureus für den russischen Präsidenten. Denn Putin, der von Werbe-Millionären und willfährigen Berichterstattern als Freund des Sports beschrieben wird, ist das Gegenteil: Putin ist dergrößteFeinddesWeltsports. Er hat gemeinsam mit seinen Oligarchen-Kumpanen und den Gazprom-Milliarden bereits weite Teile des olympischen Weltsports unter seiner Knute. Er hat die Olympischen Winterspiele 2014 akquiriert (Nachtrag: wo gerade die Kosten explodieren, die staatlichen Kosten, was sonst). Er kommandiert etliche IOC-Mitglieder und Verbandsfürsten, meist dubiose Gestalten. Er plant spektakuläre Akquisitionen.
Fehlte nur noch, Moskau würde am Donnerstag vom IOC mit der Ausrichtung der ersten Olympischen Jugendspiele geehrt.
Das wäre natürlich reiner Zufall.
Kopfschütteln allenthalben.
Putin? Ist das nicht dieser Schalker?
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Mal ne blöde Frage: wie sieht es eigentlich bei deinen Texten mit dem Copyright aus? Die Rechte dürften doch dauerhaft und komplett bei der Berliner Zeitung liegen? Hast du da für deinen Blog eine Sondervereinbarung? Oder wie?
ist betriebsgeheimnis.
die berliner zeitung hat schon immer sämtliche texte frei im netz zur verfügung gestellt. ich verlinke bei jedem text auf das original.
Betriebsgeheimnis respektiere ich natürlich.
Nur zum allgemeinen Verständnis: Es macht schon einen Unterschied, ob der Text (nur) auf der Seite der „Berliner“ steht, oder (auch) hier, oder?
Und _auch_ auf das Original zu verlinken, schützt erst mal grundsätzlich nicht vor rechtlichen Problemen, oder?
Bevor am Ende der xy-Blogger Texte im Fullquote auf seine Site stellt und auf deine Bemerkung verweist.
Moskau ist es nun doch nicht geworden. Knappe Sache, Singapur erhält den Zuschlag für die ersten Olympischen Jugendspiele, eine sehr umstrittene Veranstaltung. Moskau hin oder her, nichts vom Kommentar ist zurückzunehmen, die Jugendspiele sind nur eine Kleinigkeit. Demnächst geht es um die Fussball-WM 2018 und größere Kleinigkeiten. Nicht uninteressant auch dieser Kommentar von Evi Simeoni in der FAZ.
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