Nicht dass das hier noch ein Juristen-Blog wird. Ich bin noch einen Schriftsatz schuldig, der mich sehr interessiert: Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts im Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Skiverband und Hans-Joachim Seppelt. Dessen Berichterstattung und die darauf folgenden „journalistischen“ Ereignisse in der ARD und anderswo habe ich Anfang des Jahres im Beitrag „Wiener Blut“ dokumentiert und, auch das, kritisiert. (Was mir dabei gerade auffällt und natürlich kein Zufall ist: am Ende dieses Beitrages zitiere ich aus einem unsäglichen Kommentar eines gewissen Dieter Hennig, der hier ja im August kurzzeitig eine unbezahlte Nebenrolle spielte.)
Doch weg vom Thema Journalisten-Darsteller, hin zu journalistischen Fachfragen. Daniel Bouhs, der als erster über das Urteil berichtete, schreibt:
Seppelts Anwalt Fricke bezeichnete die Entscheidung des OLG gegenüber epd als „ein Grundsatzurteil in Sachen Pressefreiheit“. Nun sei klar, dass Verbände nicht vorgeschoben werden könnten, wenn Mitglieder selbst nicht bereit seien zu klagen. In dem konkreten Fall hatte Seppelt keinen Betroffenen namentlich genannt.
Ich weiß nicht, ob das ein Grundsatzurteil ist. Aber hochinteressant ist es allemal. Außerdem – man verzeihe mir diese unsachliche Bemerkung – finde ich es immer gut, wenn ein Journalist, der sich so abrackert wie Hajo Seppelt, vor Gericht gegen einen Sportverband gewinnt. Ich muss das Urteil selbst erst studieren und denke, hier im Blog versammelt sich inzwischen soviel juristischer, sport- und drogenpolitischer Sachverstand, dass ich garantiert erstklassige Hinweise für meine Lektüre erhalte.
(Die Namen der Anwälte der Gegenseite und der Richter sind – wie in der Zwanziger–Sache von mir getilgt diesmal geschwärzt worden. Ich hoffe, es lässt sich auf allen Browsern lesen. Wenn ich mehr Zeit habe, versuche ich noch eine Textversion nachzureichen.)
Hinweis für Deine Lektüre, jw ;-)
Der Duden fehlt!
Bei diesem Satz, nennt man wohl Leitsatz: „Das Grundrecht der Äußerungsfreiheit … gebietet es, bei der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit der Verbreitung eines Textes zunächst an den Text selbst anzuknüpfen …“
Außerdem: Gut zu wissen, dass es doch Grenzen für die Verbände gibt, auch wenn die nicht durch den Bundestag gesetzt werden, sondern in diesem Fall von einem Hamburger (!) Gericht, mit Hilfe des Kollegen Seppelt.
Ehrlich gesagt kann ich das bei gepflegtem Lesetempo nicht so recht entziffern und habe es daher nur überflogen.
Richtigerweise wird das OLG HH ja nur darauf abgestellt haben, dass der Verband hier gar nicht Verletzter der Äußerung ist, sondern allenfalls der Einzelsportler. Aber – und hier meine Frage – lassen sie eine Tendenz durchblicken, ob eine Klage eines einzelnen Kaderathleten auch schon an dieser Hürde gescheitert wäre?
Man kann übrigens nur hoffen, daß der Richter, der für die erstintanzliche Entscheidung verantwortlich ist, jetzt in der Caffeteria verdient ausgelächt wird. Ich konnte mir damals schon nicht erklären, wie das LG auf diesen Schwachsinn gekommen ist.
Ach, und Jens: diese Veröffentlichungen sind übrigens hochinteressant, muss man ja auch mal sagen.
Ist wirklich schwer lesbar.
Drei technische Hinweise:
– Scan doch als .tif anstatt als .jpg. Das eignet sich bei Texten besser
– Statt zu „weißen“ würde sich „schwärzen“ besser eignen, dann sieht man wo was fehlt. Mach eine Kopie und streich solche Sachen mit dickem Edding durch
– die Unterschrift würde ich generell auch unkenntlich machen. So kenne ich das zumindest aus anderen Blogs
Glückwunsch, Herr Seppelt; und Glückwunsch an alle Linguisten:
Zitat: „Autor und Verbreiter müssen sich zwar an dem Inhalt … der von ihnen verfassten Äußerung festhalten lassen, … außerhalb der Äußerung liegende Gedankenketten, in denen sich der Rezipient weitere mögliche Gegebenheiten hinzudenkt … unterliegen nicht mehr ihrer Verantwortung.“
Ja, das ist wohl der Leitsatz. Nicht, dass Zwanziger aus dem Rechtsstreit noch als besonders phantasiebegabter Mensch hervorgeht und dafür die nächsten Preise abräumt: „Gegen Eindeutigkeit – für Einbildungskraft“ …
@ Tom: Ich weiß nicht, ob es jetzt etwas besser zu lesen ist. Ich habe auch nur eine nicht von mir eingescannte Variante, als pdf diesmal geschwärzt, dann in tiff, nur das kann WordPress irgendwie nicht verarbeiten, also wieder in jpg. That’s it, besser geht’s momentan nicht.
@Barbara Klimke: Ja, das ist die entscheidende Stelle. Besonders wertvoll daran ist nach meiner Einschätzung allerdings, dass sich das OLG darin von einem relativ frischen Verfassungsgerichtsbeschluss leiten lässt. Das bedeutet, dass das OLG nicht freihändig die strittigen Rechtspositionen abgewogen, sondern eine ordentliche Wasserwaage zur Hand genommen hat. Das gibt einem wieder etwas mehr Vertrauen und erhöht das Vergnügen, dass das Verfahren zu Gunsten von Hajo Seppelt ausgegangen ist, um einiges.
Allein, mir fehlt der Glaube, dass solche und andere Urteile die Attacken von Sportorganisationen im Kampf gegen missliebige Journalisten bremsen werden. Und zwar nicht nur, weil sie sich das Prozessieren finanziell leisten können. Der vermeintliche Schaden, den die Vertreter solcher Organisationen empfinden, wenn man ihnen etwas anderes serviert als Lob und Hudel, wird wachsen – proportional zu ihrer vermeintlichen Bedeutung im Alltag. Es steht einfach zunehmend mehr auf dem Spiel. Für die. Für uns. Und für die Gesellschaft.
Eine Entscheidung, die bedeutet, dass man jeden Verdacht auessern darf und vor Gericht nicht verliert, wenn man ihn nur gut genug anonymisiert. Was ist damit gewonnen? (ausser, dass ein engagierter Journalist gewonnen hat)
@ sternburg: Dann lach mal nicht zu laut mit in der Cafeteria, man sieht sich vielleicht zweimal…
@ jw: Gibt es die landgerichtliche Begruendung auch zum Lesen?
@Nocheinjurist: Was damit gewonnen ist? Hmm.. wie wäre es mit Einheitlichkeit der Rechtssprechung, Stichwort Strafbarkeit von Kollektivbeleidigungen? Oder die bessere Kalkulierbarkeit der nötigen Anonymisierung für denjenigen, der sich des – hast du ja schon festgestellt – Risikos, eine Meinung zu äußern, bewusst ist und bereit ist, dieses Risiko einzugehen?
Davon ab, (Schande, meine: ich habe es immer noch nicht so richtig gelesen) gibt die Entscheidung denn das von dir dargestellte überhaupt her, oder „bedeutet“ sie nicht eher, dass nicht jeder Hanswurst, der sich von einer Äußerung irgendwie betroffen fühlt, weil er mit dem eigentlich Thematisierten in irgendeiner Beziehung steht, gegen die Äußerung eigenen Rechtschutz suchen kann (wobei die Konsequenz ja wahrscheinlich eh nur wäre, dass wir in Zukunft in solchen Bereichen öfter kollektive (Zwangs-)Abtretungen an Verbände sehen werden)?
Und was das Lachen angeht; Ich will´s mal so sagen: Es dürfte kein Zufall sein, dass wir beide – im Gegensatz zu den Journalisten – hier versuchen, eine gewisse Anonymität zu waren, oder?
@sternburg: Soll ja hier nicht zu spezifisch werden, aber ne Einheitlichkeit der Rechtsprechung in so einer Frage sehe ich eher nicht … zumal zwei Instanzen unterschiedlich entschieden haben und die Fristen fuer eine Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht abgelaufen sind. Ob das, was Hajo Seppelt gemacht hat, eine Meinung ist oder nicht, will ich mal nicht entscheiden. Ich sehe es, wie gesagt, als richterliche Einladung, Dinge und Verdaechtigungen gegen anonym zu vermuten, und ob es daran ein oeffentliches Interesse gibt, ja, mal abwarten, wie die naechste solceh Verdaechtigung bewertet werden wird.
Beim naechsten Mal wird dann sicher einer der Sportler (mit-)klagen, und ob man dieses „Recht“ an seinen Dachverband abtreten koennte, halte ich zumindest fuer zweifelhaft, habe jetzt aber keine Literatur dazu konsultiert. Solch eine „gefuehlte Betroffenheit“ halte ich mal fuer hoechstpersoenlich.
Dann lach ich mal ein bisschen mit.
Ja, Lachen soll ja auch so gesund sein.
Ich meine übrigens, dass du die Reichweite des Urteils überschätzt. Soweit ich es entziffern konnte, meine ich wird eher nur klargestellt, dass wenn überhaupt sich jemand gegen diese Äußerung richten kann, es die eventuell angesprochene Person selber sein muss. damit ist ja noch nichts darüber gesagt, was bei einer Klage eines betreffenden Sportlers passiert wäre (Nochmal: Du bist Dir so sicher. Soltest Du sorgfältiger gelesen oder schlauer verstanden haben, lasse ich mich auch gerne von Deiner Verständnis des Uerteils überzeugen).
Davon ab finde ich allerdings auch begrüßenswert, wenn ich öffentlich behaupten kann, dass irgendjemand aus der Bahnhofsstrasse eine olle Pottsau sei. Oder sein könnte. Und wenn es keine weiteren Anhaltspunkte gäbe, welchen der vielen Bewohner dieser Strasse ich damit meine, mich nicht irgendeiner von denen in Anspruch nehmen kann.
Die Rechtfertigung der unzutreffenden Behauptung: „Dieser eine [genau bestimmter] Sportler sei eine olle, dopende Pottsau, jedenfalls vielleicht!“ allein aus der Erwägung, es handele sich ja nur um einen blosen Verdacht, würde ich so jedenfalls nicht aus dem Urteil ziehen. Ich hatte aber auch bisher nicht den Eindruck, dass dies jemand macht.
@sternburg: Ueberschaetzen … ich find eher interessant, dass weder eV noch Erstinstanz es so sahen und also diese Einladung zur abstrakten Verdachts-Berichterstattung aussprechen wollten. Deshalb haette ich ja auch gern mal das Landgericht gelesen, um zu sehen, wie die Loesung „weitergeht“, wenn man die Betroffenheit des Verbandes annimmt.
Die Sache mit Bahnhofstrasse und Pottsau klingt gut, aber knapp daneben. Seppelt hatte versucht, „irgendjemanden aus der Bahnhofsstrasse“ mit Blutbanken in Verbindung zu bringen, mithin eine nachpruefbare Tatsache innerhalb eines Verdachtes geaussert und keine bloss beleidigende Wertung. (Ich muss gerade an das Soldaten-sind-Moerder-Urteil denken, wo es auch lange dauerte, bis man letztlich darin nicht die Gesamtheit aller deutschen Soldaten erkannte — und staune gerade ein bisschen, dass es hier keine Strafanzeige gab)
Ich glaube, diese Rechtfertigung der letzten von Dir aufgestellten Behauptung wollte ich auch nicht aus dem Urteil ziehen. So, falls es missverstaendlich war, sorry.
Wie wäre es, wenn man die Bilder per Klick in vergrößerter Form darstellen könnte? Dann steigt die Lesbarkeit erheblich, vermute ich mal.
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Das grenzt schon an Skurrilität: 1 Euro symbolischer Schadensersatz nach der Behauptung im TV im Jahre 2006.
Jetzt geht es in die 2. Instanz. Ich kann da nicht einmal mehr schmunzeln.
So wird man der Malaise nie Herr werden.
Aber so haben wenigsten viele viel zu tun und das „System“ bleibt stabil.
So kann es doch nicht gehen.
Die Frage, weshalb es zur Aufklärung und Bekämpfung von Doping keine effektiveren Mechanismen als die gegenwärtigen geben kann, stelle ich erst gar nicht.
AP: French awarded $162,000 in damages
Im Dezember 2008 bekam French schon mal 350,000 $ für „dirty, stinking, dobbing cyclist“. Es läbbert sich.
Aber erfährt ja längst wieder.
AP: Graham sues USADA for $30M
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VeloNation: UCI court action sees Kimmage summoned to appear before Swiss court in December
cyclismas.com: Paul Kimmage Defense Fund
jonathansachse.de: Von den UCI-Präsidenten angeklagt: Helft Paul Kimmage
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@PaulKimmage:
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