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Das Olympische Bildungsmagazin

Dopingtrainer: Das Gutachten von Martin Nolte

Nachtrag zur Sportausschuss-Sitzung am Mittwoch und zur Propaganda des Sportpolitikkartells (DOSB, DLV, BMI et al.): Die Stellungnahme des derzeit im Sport allgegenwärtigen und auf vielen Seiten tätigen Privatdozenten Martin Nolte.

Ich betrachte das Papier eher als Meinungsäußerung. Ich finde dennoch, dass es sich lohnt sich, die Zeilen zu studieren. Wenn das Kartell damit argumentiert und beispielsweise behauptet, die Überprüfung der Steuermittel für Doper sei kompliziert und Rückforderungen rechtlich kaum möglich, ist das ein Witz. Dies zum einen, zu einem leider in den Medien immer noch unterbelichteten Thema. Denn es geht ja bei der Entschuldungspauschale für Doper und dem Umgang mit Opfern (die es laut Sportausschuss-Chef, SPD-Mann und Reitsportfunktionär Danckert ohnehin kaum gibt) nicht nur um moralische Fragen. Ach Gott. Es geht, knallhart, um die rechtmäßige Verwendung von hunderten Millionen Steuermitteln seit 1991 und um die Verantwortung von BMI, Bundestag (Kontrollfunktion) und Verbänden.

Dieser verwaltungsrechtliche Aspekt bleibt weiter völlig unklar. Aus meiner Sicht ist Nolte bemüht, das Problem maximal zu reduzieren, indem er es zur Frage von Verfassungsrecht, Sportrecht aufbauscht – und das Verwaltungsrecht außer Acht lässt. Das ist eben kein Juristen-Gutachten zur Kontrollmöglichkeit über Zuwendungsbescheide, über die Zulässigkeit der Rückforderung von Fördermitteln. „Fördern und Fordern“, wie etwa diese Passage zeigt:

Der Staat ist allerdings Hauptförderer des Sports. Die Förderung muss mit inhaltlichen Zwecksetzungen (Forderungen) verbunden werden. Dies verlangt  das Haushaltsrecht.

Untersucht wird das nicht näher.

Andere interessante Passagen: 

Diese Prüfung (durch Verbände) muss schließlich eine kontrollierbare Abwägungsentscheidung sein. Denn nur so erfolgt eine Rückbindung an den fördernden Staat. Die Kontrolle hat aber wiederum die Eigenverantwortung der Verbände zu wahren. Aus alledem ergibt sich ein reduzierter Kontrollmaßstab.

Was heißt das? Die Abwägung hat es nachvollziehbar nicht gegeben?

Oder dies:

Belastbare Falschaussagen zur eigenen Dopingvergangenheit wirken negativ, persönliche Entschuldigungen bei Opfern positiv. Wichtig ist ferner die aktive Mitwirkung von Trainern an der Aufklärung von Dopingpraktiken im Allgemeinen, wie dies beispielsweise im Rahmen von Kronzeugenregelungen bei der Dopingbekämpfung nach dem WADC und dem NADC praktiziert wird. Auch die Tatsache, ob der Trainer aus eigenem Antrieb oder durch Andere zur Aussage über seine Verstrickungen gelangt, ist wichtig.

Hier nun der komplette Text: 

Sportausschuss
Ausschussdrucksache Nr. 217
vert. am: 19.06.2009

PRIVATDOZENT DR. MARTIN NOLTE
an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Olshausenstraße 75
24098 Kiel

Umgang mit ehemals in Dopingpraktiken verwickelten Trainern

(Schriftliche Stellungnahme zur Sitzung des Sportausschusses vom 17. Juni 2009)

I. Maßstab: Moral oder Recht?

Der Umgang mit ehemals in Dopingpraktiken verwickelten Trainern ist ein komplexes Problem. Dieses Thema betrifft verschiedene Bereiche wie Politik, Moral und Recht, die sich zudem nicht immer klar voneinander trennen lassen. So sind insbesondere Moral und Recht in vielfältiger Weise miteinander verwoben. Dies zeigt sich insbesondere bei der Dopingbekämpfung. Die sportethischen (moralischen) Vorstellungen eines dopingfreien „sauberen“ Sports finden ihren Ausdruck in dem selbst gesetztem Regelwerk der privaten Sportorganisationen. An oberster Stelle steht der World-Anti-Doping-Code, auf den wiederum das zwischenstaatliche UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport – gleichsam im Wege einer „Privatisierung des Völkerrechts“ – Bezug nimmt. Dieser zwischenstaatliche Vertrag hat wiederum vielfältige Auswirkungen auf das nationale Recht, was seinerseits auf die hiesigen Moralvorstellungen reflektiert. Denn in Veränderungen des gelten Rechts spiegeln sich veränderte Moralauffassungen. Moral und Recht stehen in einer gewissen Wechselbeziehung. Dies zeigt sich insbesondere bei der Dopingbekämpfung im Sport. 

Meine Stellungnahme erfolgt – trotz unvermeidlicher Überschneidungen der oben genannten Bereiche – in erster Linie aus dem Blickwinkel des Rechts, in dem sich auch wichtige Moralvorstellungen wieder finden. Maßgeblich sind hierbei insbesondere das Verfassungsrecht und das Sportrecht im engeren Sinne, also die selbst gesetzten Regeln des organisierten Sports. Das Arbeitsrecht steht dahinter zurück. Zugrunde gelegt wird schließlich die heutige Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung des DDR-Systems. Denn der heutige Umgang mit „belasteten“ Trainern hat sich an der aktuellen Rechtslage zu orientieren.

II. Sportverbandliche Abwägung und staatliche Kontrolle 

Aus Sicht des geltenden Rechts interessieren vor allem drei Aspekte in folgender Reihenfolge: Welches sind die konfligierenden Belange bzw. Interessen beim Umgang mit belasteten Trainern, die sich nicht nur moralisch ableiten lassen, sondern auch Widerhall im heutigen Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland finden? Aus der Zusammenstellung aller Interessen der Beteiligten (Sportler, Trainer, Verbände und Öffentlichkeit) ergibt sich das Abwägungsmaterial. 
   
Die abgeleiteten Interessen können gleichwohl nicht im Wege einer allgemeinen Abwägung gegenüber gestellt werden. Denn dies widerspräche der spezifischen Verantwortungsteilung von Staat und Sport. Bei den Sportorganisationen handelt es um private Einrichtungen, die jedenfalls nicht unmittelbar an die Verfassungsprinzipien und Grundrechte des Grundgesetzes gebunden sind. Allerdings muss die Tatsache Berücksichtigung finden, dass der Staat nach wie vor Hauptförderer des Sports ist und daher Mitverantwortung für einen „sauberen“ Sport trägt. Fördern und Fordern gehören zusammen.

Aus diesen Besonderheiten erfolgt im letzten Schritt die Antwort nach einer ausgewogenen Verantwortungsteilung zwischen Staat und Sport beim Umgang mit in Dopingpraktiken verwickelten Trainern. Dabei geht es um die Eigenverantwortung der Sportverbände zur Einzelabwägung auf der einen Seite und deren veritable Steuerung durch den Staat auf der anderen Seite. Dies läuft im Ergebnis auf ein „Zweistufenmodell“ als Alternative zu einer sog. Teil- oder Generalamnestie hinaus.

1. Abwägungsmaterial

Im Umgang mit den Trainern zeigt sich ein multipler Interessenskonflikt. Auf der einen Seite stehen die legitimen Interessen gedopter Sportler. Sie haben Anspruch auf Sühne, Vergeltung und Ausgleich für Dopingpraktiken, von denen sie entweder überhaupt nichts oder nicht in vollem Umfang Bescheid wussten. Ihnen geht es nicht zuletzt um Kenntnis, welche Dopingmittel verabreicht wurden. Denn nur so können wirksame Behandlungsmaßnahmen durchgeführt werden. Hinzu kommt, dass Dopingpraktiken die Sportethik und das Selbstverständnis der Sportverbände verletzen, was in zahlreichen internationalen und nationalen Erklärungen – wie dem WADC und dem NADC – seinen Ausdruck findet. Die Auseinandersetzung mit ehemaligen Dopingpraktiken ist ferner wichtig zur Vermeidung von Wiederholungen bzw. Nachahmungseffekten in der Zukunft.

Schließlich hat der Staat eine Schutzpflicht für Leib und Leben und ist durch internationalrechtliche Bindungen – Europaratsübereinkommen gegen Doping, UNESCO-Konvention gegen Doping im Sport – zur Dopingbekämpfung verpflichtet. Die Bekämpfung des Dopings schließt die Auseinandersetzung mit  ehemals in Dopingpraktiken verwickelten Trainern allein schon deshalb ein, weil diese Trainer weiterhin beschäftigt sind. Im Übrigen geht es auch um das Ansehen des Sports in der Öffentlichkeit und deren Vertrauen in sportliche Leistungen.

Auf der anderen Seite stehen das Interesse und das Recht des Trainers auf Beschäftigung im Sport. Dieses Interesse ist regelmäßig keines an Wiedereingliederung bzw. Re-Sozialisierung (ggf. auch als „zweite Chance“ tituliert). Denn Wiedereingliederung und Resozialisierung würden voraussetzen, dass Sanktionen bereits verbüßt wurden. Ist dieses nicht der Fall, konzentriert sich das Interesse der Trainer auf seine Beschäftigung im Sport.

Hinzu tritt nicht zuletzt die Eigenverantwortung der Sportverbände. Sie haben das Recht zum Abschluss sowie zur Kündigung privater Arbeitsverträge im Rahmen des geltenden Arbeitsrechts. Sie haben aber vor allem auch die Möglichkeit zur Steuerung im Rahmen des selbst gesetzten Regelwerks. Hier liegen die primären Steuerungsinstrumentarien, auf deren Gebrauch der Staat hinzuwirken in der Lage ist.

2. Verantwortungsteilung

Die vorerwähnten Interessen müssen der Besonderheit im Sport Rechnung tragen. Sportverbände sind keine staatlichen, sondern private Organisationen. Probleme sind deshalb zunächst in eigener Verantwortung aufgrund selbst gesetzter Regeln zu lösen. Verfassungsprinzipien und Grundrechte, in denen sich die aufgezeigten Interessen wieder finden, gelten für Sportverbände nicht unmittelbar. Denn eine solche Vorstellung widerspricht der primären Abwehrfunktion der Grundrechte vor dem Staat (Art. 1 Abs. 3 GG).

Prinzipien und Grundrechte, in denen sich die konfligierenden Interessen im Umgang mit den Trainern widerspiegeln, enthalten aber auch objektive Werte. Diese Werte strahlen auch in private Rechtsbeziehungen ein. Dies gehört zu den Grundsätzen anerkannten Rechts und insbesondere auch Bedeutung für das Arbeitsrecht. Hier entfalten Grundrechte eine mittelbare Bindung. Diese Bindung dürfte umso mehr bestehen, als Private öffentlich finanzierte Gemeinwohlfunktionen wahrnehmen.

Der Staat ist allerdings Hauptförderer des Sports. Die Förderung muss mit inhaltlichen Zwecksetzungen (Forderungen) verbunden werden. Dies verlangt  das Haushaltsrecht. Im Bereich der Dopingbekämpfung kommen verfassungsrechtliche und internationale Verpflichtungen des Staates hinzu. Dies bedeutet, dass die Förderung des Sports nur unter der Voraussetzung eines „sauberen“ Sports stehen darf.

Diese Voraussetzung hat gleichwohl die Eigenverantwortung der privaten Verbände zu wahren. Denn ansonsten würde sich der Staat in die Rolle der Verbände begeben und die Trennung von Staat und Sport aufgeben. Sport würde zum Staatssport – was mit der grundsätzlichen Trennung von Staat und Gesellschaft in Deutschland unvereinbar wäre. Die grundsätzliche Trennung von Staat und Sport wirkt sich aus auf  den konkreten Umgang mit belasteten Trainern.

3. Kontrollmöglichkeit

Der Umgang mit in Dopingpraktiken verwickelten Trainern hat somit zwei Orientierungsmarken: Zum Ersten das Abwägungsmaterial aus den verschiedenen Interessen aller Akteure; zum Zweiten die spezifische Verantwortungsteilung zwischen Staat und Sport, die sich in einer Wechselbeziehung von Förderung und (kontrollierbarer) Forderung ausdrückt.

Vor diesem Hintergrund liegt ein „Zweistufenmodell“ nahe: Die erste Stufe betrifft das „ob“. Hier geht es um die Verantwortung des Staates. Er kann (und muss) Sportverbände dazu anhalten, der Verwicklung belasteter Trainer bei objektiven Anhaltspunkten nachzugehen. Diese Pflicht ist umsetzbar über entsprechende – in jedem Fall klar und eindeutig formulierte – Klauseln (Inhaltsbestimmungen, Bedingungen, Auflagen) in Förderbescheiden seitens des BVA/BMI. Nur beiläufig sei bemerkt, dass pauschale Entschuldigungserklärungen von Trainern einer Einzelabwägung nicht gerecht werden und keinen – wie auch immer gearteten – Opferausgleich der betroffenen Sportler darstellen.

Die zweite Stufe betrifft das „wie“. Hier geht es um die Eigenverantwortung der Sportverbände. Sie müssen die Einzelfallprüfung entweder selbst oder durch eine unabhängige Kommission (Steiner-Kommission) durchführen. Diese Prüfung muss schließlich eine kontrollierbare Abwägungsentscheidung sein. Denn nur so erfolgt eine Rückbindung an den fördernden Staat. Die Kontrolle hat aber wiederum die Eigenverantwortung der Verbände zu wahren. Aus alledem ergibt sich ein reduzierter Kontrollmaßstab. Dieser ist auf vier Aspekte konzentriert: Die Kontrolle des Staates ist beschränkt auf die Tatsache, ob der Verband bei Vorliegen objektiver Verdachtsmomente überhaupt eine Abwägungsentscheidung getroffen hat (Ausfall), ob der Verband alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat (Defizit), ob er ihnen den richtigen Wert beigemessen und sie richtig ins Verhältnis zueinander gesetzt hat (Disproportionalität) und sich nicht von sachfremden Motiven leiten liess (Fehlgebrauch). Die Kontrolle der Abwägungsentscheidung im engeren Sinne ist dem Staat jedoch entzogen. Hierzu gehört insbesondere die Frage, welche verbandsinternen (vermutlich weniger arbeitsrechtlichen) Konsequenzen aus einer getroffenen Abwägungsentscheidung getroffen werden.

Die abwägungsrelevanten Umstände, die in entsprechenden Förderbescheiden formuliert werden könnten, ließen sich wiederum in einer Art „Checkliste zum Umgang mit Trainern“ zusammen stellen:

Entscheidend dabei ist zunächst die Erheblichkeit bzw. das Maß der Verstrickung des (objektiv) belasteten Trainers. Diese Verstrickung ergibt sich aus dem zeitlichen und qualitativen Umfang, also die Anzahl gedopter Sportler und betroffener Sportarten. Auch die mögliche Inkaufnahme und tatsächliche Verursachung von Gesundheitsschäden spielt eine wichtige Rolle. Dabei gilt folgender Grundsatz: Je größer die Verstrickung, desto unwahrscheinlicher die Annahme einer vollständigen Loslösung von der Verstrickung.

Die Beurteilung der persönlichen Vorwerfbarkeit ehemaliger DDR-Trainer ist hierbei mit besonderer Sorgfalt zu treffen. Denn die Rechts- und Gesellschaftsordnung der DDR besteht nicht mehr. Auch waren die Trainer auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlichen Positionen dem Prinzip von Befehl und Gehorsam unterworfen. Schließlich spielt auch das damalige Alter der Trainer und ihre persönliche Erfahrenheit eine gewichtige Rolle.

Ganz entscheidend ist aber der Zeitfaktor, insbesondere späteres Wohlverhalten von Trainern. Der Reifeprozess ist wichtig. Belastbare Falschaussagen zur eigenen Dopingvergangenheit wirken negativ, persönliche Entschuldigungen bei Opfern positiv. Wichtig ist ferner die aktive Mitwirkung von Trainern an der Aufklärung von Dopingpraktiken im Allgemeinen, wie dies beispielsweise im Rahmen von Kronzeugenregelungen bei der Dopingbekämpfung nach dem WADC und dem NADC praktiziert wird. Auch die Tatsache, ob der Trainer aus eigenem Antrieb oder durch Andere zur Aussage über seine Verstrickungen gelangt, ist wichtig.

Wichtig bei alledem ist gleichwohl, dass die Entscheidung der Verbände nicht durch eine des Staates ersetzt wird. Denn das widerspricht der verfassungsrechtlichen Trennung von Staat und Sport in Deutschland – trotz aller wechselseitigen Verzahnungen.  

11 Gedanken zu „Dopingtrainer: Das Gutachten von Martin Nolte“

  1. Selten etwas Unentschlosseneres gelesen. Krude Mischung zwischen Gefälligkeitsgutachten – Bloß kein Staatssport! Als drohe nun ausgerechnet hier der Untergang des Abendlandes – und Ohrfeigen für die Steiner-Kommission.
    Das ist dasselbe Spielchen wie in der Frage der Rekordlöschung. Eine fundierte Rechtsposition, wie hier zur Frage der Rückforderung zu erwarten, darf gar nicht vorgelegt werden. Soll ja schließlich alles beim Alten bleiben …

  2. Lieber Jens Weinreich,

    ich habe das Gutachten nun ueberflogen und kann deine Kritik, es werde hier kein Verwaltungsrecht diskutiert, nicht nachvollziehen – vielleicht verstehe ich die Kritik falsch.

    Denn Herr Nolte diskutiert schon ureigene verwaltungsrechtliche Grundsaetze – technisch betrachtet. Sein sog. „Zweistufenmodell“ ist der Zweistufentheorie nachgebildet – http://de.wikipedia.org/wiki/Zweistufentheorie. Damit quält man Jurastudenten bis aufs Blut. Ist ureigenes Verwaltungsrecht.

    Auch die Abwaegung, die er vornimmt, ist der Abwaegungslehre des Verwaltungsrechts nachgebildet. Der richtige Paragraph ist hier § 40 VwVfG und bei wiki unter http://de.wikipedia.org/wiki/Ermessen zu finden.

    Ohne das politisch (!) bewerten zu wollen, ist das Gutachten juristisch durchaus plausibel argumentiert. Denn der Staat hat eine politische Entscheidung getroffen, dass er den Sport nicht selbst verwaltet, sondern dies in die Hand von Privaten gibt – den Verbaenden. Diese Verbaende werden von ihm gefoerdert, damit hat er ein Recht auf Einflussnahme, die sich allerdings in der von Nolte skizzierten Grenzen halten muss, wenn die politische Entscheidung einer „Auslagerung des Sports in das Privatrecht“ (auch als „Flucht ins Privatrecht“ diskutiert und durch die Zweistufentheorie verhindert) respektiert werden soll.

    Natürlich hat der Staat das Recht die Förderungen einzustellen oder an andere Voraussetzungen zu binden. Das sind aber politische, keine originär juristische Fragen. Demgegnüber verlangt die politische Entscheidung einer Auslagerung einen eingeschränkten juristischen Überprüfungsspielraum. Das ist in der Tat eine „echte“ juristische Frage und das ist von Herrn Nolte auch, soweit ich das einschätzen kann – zumindest plausibel dargelegt worden und orientiert sich an den „Grundwahrheiten“ des Verwaltungsrechts.

  3. @ JuristIII: Bin nicht glücklich mit meinen Anmerkungen. Typischer Schnellschuss des unqualifizierten Online-Journalismus :)

    Habe ein bisschen korrigiert. Ich kanns besser, beim nächsten Mal, Pionierehrenwort.

    Sehen Sie es positiv, bitte: Hier können Sie die Stellungnahme von Herrn Nolte wenigstens nachlesen und diskutieren. Darauf kam es mir vor allem an.

  4. Großes Lob an beide Vorredner!
    Wenn beide wissen, dass die Information wichtiger als der Kommentar ist, sind wir (zumindest auf dieser Website) mal wieder auf einem guten Weg.
    Das freut mich ernsthaft.

  5. JuristIII, jw, Arnesen,
    Da ich hier den „Kommentar“ verantworte und auf die Gefahr hin, als Rechthaber eingeordnet zu werden: In der Passage „Kontrollmöglichkeit“ vermisse ich die juristische Erörterung des Punktes, der für die politischen Gestaltungs- bzw. Kontrollmöglichkeiten des Sportausschusses maßgeblich ist. Zwar wird die Grundlage beschrieben:

    Diese Pflicht ist umsetzbar über entsprechende – in jedem Fall klar und eindeutig formulierte – Klauseln (Inhaltsbestimmungen, Bedingungen, Auflagen) in Förderbescheiden seitens des BVA/BMI.

    Aber: Welche Handlungsalternativen für die Sportpolitik folgen daraus, welche sind juristisch zulässig? Da hier von sogar „Pflicht“ die Rede ist – sind Konsquenzen zwingend?

    Bekanntlich enthalten die BMI-Zuwendungsbescheide an einige Verbände „klar und eindeutig formulierte“ Klauseln, wie aus dem Bericht der BMI-Sonderprüfgruppe Doping hervorgeht. Etwa diese:

    Aus den Ihnen bewilligten Mitteln können weder haupt- noch nebenamtliche Personen beschäftigt werden, deren Tätigkeit im Sport den Empfehlungen des Hauptausschusses des Deutschen Sportbundes vom 14. Dezember 1991 im Einzelfall entgegenstehen. Bei Zuwiderhandlung behalte ich mir den Mittelwiderruf vor.

    Nach diesen DSB-Empfehlungen waren Trainer nicht als Bundestrainer einzustellen, bei denen …

    … der dringende Verdacht der persönlichen tatsächlichen Beteiligung an der systematischen Verabreichung von Dopingmitteln an Aktive nicht ausgeräumt ist.

    Ist es angesichts klarer Verstöße gegen Zuwendungsbescheide zu viel verlangt, in einer juristischen Stellungnahme für den Sportausschuss die – gern „technische“, nicht politische – Erörterung von verwaltungsverfahrensrechtlichen Handlungs-Empfehlungen an selbigen zu erwarten?

    Allerdings: Mit dieser Stellungnahme kann man nun auch noch fragen, ob das verheerende Zeugnis für die Vorgehensweise der Steiner-Kommission irgendwelche Folgen hat … Das ist ihr großes Plus.

    Sagt ein juristischer Laie … Vielleicht können Sie, JuristIII, dazu etwas sagen? Gibt das Haushaltsrecht (?) zum „Mittelwiderruf“ in solchen Fällen Detaillierteres her?

  6. Pingback: Die Verbal-Salti des Christoph Bergner : jens weinreich

  7. Ich bin sehr froh, dass die Stellungnahme von Herrn Nolte hier gelesen werden kann. Meine Kritik sollte auch nicht falsch verstanden werden. Denn mir ging es nur darum, aufzuzeigen, dass Kritik gegen Herrn Nolte jedenfalls juristisch von geringer Durchschlagskraft sein duerfte.

    Solche Kleingutachten sind ja nicht vielmehr als Fingeruebungen und man muesste den Gutachtenauftrag kennen, um Genaueres sagen zu koennen. Obgleich im Gutachten viele Allgemeinplaetze abgehandelt werden, finde ich es hilfreich, dass auf den eingeschraenkten Ueberpruefungsspielraum des Staates hingewiesen wird. Ich meine auch, siehe meinen vorherigen Beitrag, dass er damit Recht hat. Dies erfordert nunmal die juristische Konstruktion und ist eine politische Entscheidung.

    Diese politische Entscheidung ist immer und staendig zu kritisieren, was hier ja vorbildlich geschieht und von mir durch meine Wortmeldung unterstuetzt werden sollte. Deshalb ist auch der neue Beitrag „Die Verbal-Salti des Christoph Bergner“ genau richtig, denn es wird zu Recht kritisiert, dass die politischen Entscheidungstraeger offenbar noch nicht einmal gewillt sind, ihren begrenzten Entscheidungsspielraum zu nutzen. So bleibt die Kritik auf der politischen Ebene und begibt sich nicht auf das duenne Eis der Juristerei. Die Problematik ist bei letzterem, dass es sich um Herrschaftstechnik handelt und dementsprechend eine gewisse Handwerkskunst voraussetzt. Kritik hieran, wenn sie nicht hieb- und stichfest ist,laesst sich lässt sich leicht mit rein formalen Argumenten abbuegeln.

    Zu den juristischen Fragen, die an mich gestellt wurden. Es tut mir leid, aber ich habe keine vertieften Kenntnisse in diesem Bereich. Mehr als juristisch vorgebildeter Laie bin ich nicht. Ich kann nur eine Aussage ueber die Plausibilitaet treffen. Mehr wohl nicht. Aber immerhin kann ich sagen:
    Rueckforderungen laufen entweder direkt ueber §§ 48, 49 VwVfG oder es gibt Spezialregelungen, die diesen ungefaehr nachgebildet sein duerften. Das „Haushaltsrecht“ ist die falsche Spielwiese, denn dort wird die Mittelverwendung innerhalb des Staates geregelt. Das Problem besteht hier jedoch darin, dass die Mittel an Private fließen.

    Ich wage mal einen Blick in die Zukunft: Ich meine, es wird juristisch sehr schwierig werden, Gelder fuer die Vergangenheit zurueckzufordern. Es sei denn, man kann eindeutige Brueche der Bedingungen in den Zuwendungsbescheidungen nachweisen. Dies ist auch der Punkt, in dem mit Blick auf die Zukunft angesetzt werden muss. Die Foerderrichtlinien und damit Bedingungen fuer die Foerderung koennen vom Staat frei gestaltet werden und dies laesst sich vermutlich auch politisch „am einfachsten“ durchsetzen. Allerdings wird manch einer zu Recht einwenden, dass nur Olympia oder der DFB kommen muss und alle verlieren ihren Kopf angesichts der virtuosen Kontrolle der Medien und damit der Waehler.

  8. @ JuristIII: Sie schreiben:

    Solche Kleingutachten sind ja nicht vielmehr als Fingeruebungen und man muesste den Gutachtenauftrag kennen, um Genaueres sagen zu koennen.

    Das ist genau mein Problem bei derartigen Auftragsarbeiten. Will Nolte gar nicht unterstellen, dass er seine Auftraggeber befriedigt. Grundsätzlich aber ist meine bescheidene Erfahrung in diesem Bereich: Die Propaganda des Sports verwurstelt Gefälligkeits-/Auftragsgutachten gern als eine Art Heilige Schrift. Dabei sind es meist nur: Dem Auftrag entsprechende zusammenfassende Behauptungen. Ich erinnere mich mit Grauen an ein vom DFB in Auftrag gegebenes „Gutachten“ zu den angeblichen wirtschaftlichen Wunderwirkungen der Fußball-WM 2006 – und hoffe einfach mal, dass sich nicht gleich wieder Herr S. mit einer juristischen Protestnote meldet.

  9. Pingback: Statt Aller

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