Zum Inhalt springen

Das Olympische Bildungsmagazin

Johanna Sperling: „Bitte weist es zurück, seid stolz darauf!“

Dies ist die (extrem verkürzte) Geschichte eines der bewegendsten Dokumente von Zivilcourage, das ich zum Themenkomplex Doping je gesehen habe. Dieser Brief stammt aus dem Jahr 1963. Johanna Sperling hat damals in ihre „Sperlinge“, wie sie die von ihr betreuten Rudererinnen nannte, ins Trainingslager der DDR-Nationalmannschaft für die EM in Moskau geschrieben. Es ist das „erste Dokument eines individuellen Widerstands“, sagt Werner Franke. Ich habe mit einigen Dopingaufklärern darüber gesprochen. Niemand kennt etwas Vergleichbares.

Eilsendung: An die Sperlinge, Berlin-Grünau, Regattastraße 211

Der Umschlag… Eilsendung an die „Sperlinge“ im Trainingslager

Was diesen Brief so besonders macht, ist diese Passage:

Der Brief von 1963…

Noch eins: Ich bitte Euch ganz ernsthaft, kein, aber auch kein einziges Mittelchen zu schlucken, das Eure Leistung angeblich steigert, und wenn es als noch so harmlos, als vollkommen unschädlich oder wunderwirkend Euch gepriesen wird; auch wenn man Euch sagt, dass Ihr dann die einzigen seid, die nichts zu sich nehmen, bitte weist es zurück, seid stolz darauf und denkt an die kommenden Wettkampfjahre und denkt an Eure Gesundheit.

An der eigenen Willensstärke erleidet Ihr keinen Schaden, und davon habt Ihr genügend zur Verfügung. Ich kann Euch Beispiele nennen, welche Auswirkungen solche Mittel der Wettkampfvorbereitung hatten – jetzt würde das zu weit führen, glaubt mir nur soviel, dass es nie gut ist.

Und wenn es nur das Schamgefühl wäre, das sich Eurer nach einem erfolgreichen Rennen bemächtigen würde – Ihr könntet Euch nicht ehrlich Eures Sieges freuen. Erspart es Euch und geht mit gutem Gewissen an den Start, die Nationalhymne klingt dann umso erhebender.

Johanna Sperling, damalsâ„¢

Ich kann diese Geschichte nicht wiedergeben, ohne nicht auch einige journalistische Aspekte anzureißen, die mich seit März stark beschäftigt haben. Ich habe mich im Frühjahr mehrfach mit Frau Sperling in Leipzig getroffen. Wir haben einige Male telefoniert und immer wieder die Frage diskutiert: Soll dieser Brief öffentlich werden? Ist Frau Sperling bereit, ihre Geschichte zu erzählen? Habe ich als Journalist das Recht, sie nach 46 Jahren an die Öffentlichkeit zu zerren? Wie weit kann ich gehen, welche Berichterstattung ist angemessen? Fragen über Fragen. Es gibt viele Antworten darauf. Viele unterschiedliche Antworten.

Die wichtigste Antwort aber konnte nur Frau Sperling geben. Sie war unsicher, sie wollte niemanden verletzen, weder ihre ehemaligen Kollegen, noch ehemalige Athleten. Gewiss hat auch eine Unsicherheit, vielleicht sogar Angst mitgespielt, wie man in Leipzig auf die Geschichte reagieren würde. Ich habe versucht, Frau Sperling nicht über die Maßen zu bedrängen. Stoff genug für ein Journalismus-Seminar. Frau Sperling hat es sich gewiss nicht leicht gemacht, war hin und her gerissen und hat sich erst sehr spät, Anfang August, dazu durchgerungen, sich vom Dopingopferhilfeverein (DOH) nun doch für ihre couragierte Haltung im DDR-Sportsystem, in das sie tief involviert war, ehren zu lassen.

„Ich kann doch diese Persönlichkeiten, die sich so sehr im Kampf gegen Doping engagieren, nicht enttäuschen“, hat sie gesagt.

Ein Satz, der viel verrät über Frau Sperling.

Johanna Sperling, heute (Foto: Sven Sonntag/Picture Point)

Als Johanna Sperling sich entschieden hatte, zur Verleihung des Heidi-Krieger-Preises, zu dem ich eine besondere Beziehung habe, nach Berlin zu kommen, habe ich für Spiegel-Online („Ich bitte euch, kein Mittelchen zu schlucken“) doch noch diese Kurzfassung einer großen Geschichte notiert:

Eine Begegnung mit der eigenen Vergangenheit kann irritieren. Johanna Sperling, 77, ehemalige Rudertrainerin des SC DHfK Leipzig, sitzt in einem Café im Leipziger Hauptbahnhof. Sie blickt auf sieben eng beschriebene Seiten. Lehnt sich zurück im braunen Ledersessel und sagt: „Dieser Brief ist nicht von mir. Das muss eine Fälschung sein!“

Dann beginnt sie jenen Brief zu lesen, den eine „Johanna Sperling, Leipzig“ 1963 ihren Sportlerinnen ins Trainingslager der Nationalmannschaft nach „Berlin-Grünau, Regattastraße 211“ geschickt hat. Sie murmelt: „Das ist eine perfekte Fälschung.“

Es ist keine Fälschung.

Eine ihrer Ruderinnen hat die handgeschriebenen Zeilen aufbewahrt. Es ist ein sporthistorisches Dokument, weil es beweist, dass schon Anfang der sechziger Jahre, lange vor dem eigentlichen Doping-Staatsplan 14.25, gedopt wurde – und dass schon damals die gefährlichen Wirkungen der Dopingmittel bekannt waren.

Weil es beweist, dass sich DDR-Trainer dem Doping-Dogma verweigern konnten, zumindest noch in den 1960er Jahren.

Es ist ein Sensationsfund. Es gibt nichts Vergleichbares.

„Ich bitte Euch ganz ernsthaft, kein, aber auch kein einziges Mittelchen zu schlucken, das Eure Leistung angeblich steigert, und wenn es als noch so harmlos, als vollkommen unschädlich oder wunderwirkend Euch gepriesen wird“, steht in dem Brief, den Sperling vor einem halben Jahrhundert geschrieben hat und im Sommer 2009 wieder sieht. „Auch wenn man Euch sagt, dass Ihr dann die einzigen seid, die nichts zu sich nehmen, Bitte weißt es zurück, seid stolz darauf und denkt an die kommenden Wettkampfjahre und denkt an Eure Gesundheit. An der eigenen Willensstärke erleidet Ihr keinen Schaden, und davon habt Ihr genügend zur Verfügung. Ich kann Euch Beispiele nennen, welche Auswirkungen solche Mittel der Wettkampfvorbereitung hatten – jetzt würde das zu weit führen, glaubt mir nur soviel, dass es nie gut ist.“

Johanna Sperling hat Tränen in den Augen. Es dauert fast eine Viertelstunde, bis sie sagt: „Das dieser Brief noch existiert. Unglaublich.“

Sie hat ganz offen mit ihren „Sperlingen“, wie sie die Ruderinnen nannte, über die Gefahren des Dopings diskutiert. Zunächst ging es vor allem um Psychopharmaka. Später um das von der Firma Jenapharm produzierte anabole Steroid Oral-Turinabol (OT). Sperling hat sich von Ärzten über die Wirkungen von OT aufklären lassen und ihren Mädchen davon abgeraten.

Irgendwann wurde sie ausgebremst von anderen Trainern. Sie durfte nur noch Nachwuchssportler trainieren. Sie glaubte, sie sei nicht gut genug und hat darunter gelitten. Sie studierte nebenbei ein zweites Mal, Psychologie, weil sie sich selbst erklären wollte, was passiert war mit ihr und den „Sperlingen“, die unter anderen Trainern Medaillen gewannen. Trainern, von denen sie sagt, sie hätten sich mehr „bei der Pharmaindustrie aufgehalten, als beim Training“.

Der Sporthistoriker Giselher Spitzer hat so viele Akten zum DDR-Dopingsystem studiert, wie kaum ein Zweiter. Er hat zahlreiche Dopingopfer interviewt und mehrere Bücher zum Thema publiziert. Aber auch Spitzer kennt kaum Verweigerer. Er sagt: „Bislang konnte noch nicht quantifiziert werden, wie viele Frauen und Männer in Arzt- oder Trainerfunktion das Dopingsystem zu behindern suchten.“ Unter aufgeklärten Ärzten sei die Ablehnungsrate weit größer gewesen als unter Trainern, besonders in den achtziger Jahren, kurz vor dem Zusammenbruch der DDR. Wohl hat er in Bergen von Stasi-Akten Hinweise zu Widerständlern gefunden, doch kein Dokument von der Qualität jenes Briefes, den Johanna Sperling einst an ihre Sportlerinnen schrieb.

Johanna Sperling, als Sportlerin mit Blumenstrauß im Ruderboot

Johanna Sperling will nicht anklagen. Sie will „den DDR-Sport nicht verdammen“. Sie war eine überzeugte Sozialistin. Sie hat in der DDR alle Chancen bekommen. Ist selbst gerudert, wurde 1957 Dritte bei der Europameisterschaft in Duisburg. Sie hat an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) studiert, war eine harte Trainerin, wie sie sagt. Sie hatte eine Vorstellung vom Sport, die allerdings immer weniger mit der Doktrin der Medaillenproduktion korrespondierte. Sie hat sich diese Vorstellung bis heute erhalten. „Wenn ich Medaillen nur mit Doping erreiche, muss etwas faul sein“, sagt sie. „Das galt für die DDR und das gilt heute. Das ist nicht mein Sport. Das interessiert mich nicht mehr.“

Johanna Sperling hat sich dem System im System widersetzt. Sie wurde in die zweite Reihe verbannt, wie man damals sagte. Sie arbeitete als Nachwuchstrainerin und im Studentensport. Am Donnerstag (20. August) wird sie vom Verein Dopingopferhilfe e. V. in Berlin mit der Heidi-Krieger-Medaille geehrt, gemeinsam mit drei anderen Aufrechten aus Ost und West, die sich dem Dopingsystem verweigerten: Henner Misersky aus Stützerbach in Thüringen, ehemals Skilanglauftrainer beim SC Motor Zella-Mehlis, Hansjörg Kofink (Rottenburg), ehemaliger Bundestrainer für Kugelstoßen, und Horst Klehr, Apotheker aus Mainz und Gründungsmitglied der ersten Dopingkommission des Deutschen Leichtathletik-Verbandes.

Johanna Sperling hat lange überlegt, ob sie diese Auszeichnung annehmen soll. Sie weiß nicht, wie ihr Umfeld in Leipzig reagieren wird. Sie fürchtet die Schlagzeilen. Vor allem aber: Sie ist überzeugt davon, nichts Besonderes getan zu haben.

„An meiner Stelle hätten viele so gehandelt“, sagt sie. Außer ihr und Misersky ist aber kaum jemand bekannt.

„Es ist nie gut“, schrieb sie vor 46 Jahren. Es ist nie gut, zu dopen. Eine große Botschaft in einfachen Worten: „Und wenn es nur das Schamgefühl wäre, das sich Eurer nach einem erfolgreichen Rennen bemächtigen würde – Ihr könntet Euch nicht ehrlich Eures Sieges freuen. Erspart es Euch und geht mit gutem Gewissen an den Start, die Nationalhymne klingt dann umso erhebender.“

Nun hat sie die Heidi-Krieger-Medaille. Und sagt:

:

Wir haben uns gestern noch eine Stunde unterhalten und werden die Geschichte demnächst nachbereiten.

Mein Bericht von der Preisverleihung am Donnerstag im Virchow-Klinikum:

***

Im Umfeld der Leichtathletik-WM tummeln sich die Politiker, nicht nur Gastgeber Klaus Wowereit (SPD). Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (beide CDU), sonnen sich im Glanz der Weltmeister, wie jüngst im WM-Club des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) in der Französischen Straße: Merkel, die in ihrer klaren Führungsposition ja nicht wirklich wahlkämpfen muss, scherzte entspannt mit Weltmeisterin Steffi Nerius, Ralf Bartels, Jennifer Oeser und Nadine Kleinert. Jung tätschelte tags darauf die Goldmedaille von Robert Harting und posierte mit dem Diskus-Problembär. Jung ist oberster Dienstherr Hartings, der noch einer Sportfördergruppe der Bundeswehr angehört. Meinen speziellen Freund Detlef Parr (FDP) sah ich dieser Tage im DLV-Club ebenfalls.

Heidi Krieger Anti-Doping Ehrenpreis, gestiftet von der Doping-Opfer-Hilfe Weinheim

Mittlerweile ein Mahnmal gegen Doping: Heidi Kriegers EM-Goldmedaille von 1986

Am Donnerstag aber fehlten Politiker, als der Verein Dopingopferhilfe den europaweit einzigen Antidopingpreis vergab: Die in einer Plastik-Pylone verpackte Goldmedaille, die Heidi Krieger vom SC Dynamo Berlin bei den Leichtathletik-EM 1986 im Kugelstoßen gewann. Aus Heidi Krieger ist inzwischen Andreas Krieger geworden, und seine Geschichte geht auch diesmal um die Welt. Vereinschef Klaus Zöllig hatte zwar alle 16 Mitglieder des Bundestags-Sportausschusses eingeladen, musste allerdings süffisant mitteilen: „Die Politiker mussten leider kollektiv absagen.“

Auch Peter Danckert (Sportausschuss-Chef von der SPD) und Dagmar Freitag (SPD-Sportsprecherin) fehlten. Beide verbreiten seit Wochen propagandistische Parolen, mit denen sie den Opferbegriff in Frage stellen, damit die Geschädigten beleidigen und historische Wahrheiten missachten. „Wer von so genannten Opfern spricht, hat keine Ahnung“, rügte der Heidelberger Dopingaufklärer Werner Franke in seiner Laudatio. „Ich erkläre hiermit öffentlich: Diese Menschen verstehen vom Sujet nicht die Bohne in dieser Pisa-Nation!“ DOV-Chef Klaus Zöllig fragte bissig: „Leiden denn alle Sportpolitiker in diesem Lande an retrograder Amnesie und epedemischen Gedächtnisverlust?“

Die Bundestagsabgeordnete Freitag, die zum so genannten Kompetenzteam des Kanzlerkandidaten gehört, ist in diesen Tagen und Nächten in Berlin als DLV-Vizepräsidenten unterwegs – in den Logen und Clubs der WM, aber nicht im Virchow-Klinikum, in das der DOH geladen hatte. Der DOH ehrt mit dem Heidi-Krieger-Preis „Personen einer ganz besonderen Kategorie“, sagte Laudator Franke.

Zweimal Ost, zweimal West:

  • Johanna Sperling aus Leipzig, eine ehemalige Rudertrainerin des SC DHfK, die ihren Schützlingen schon 1963 in einem bewegenden Brief von jeglichen Dopingmitteln abriet.
  • Henner Misersky aus Stützerbach in Thüringen, ehemals Skilanglauftrainer beim SC Motor Zella-Mehlis, Vater der Biathlon-Olympiasiegerin Antje Misersky.
    (Misersky)
  • Hansjörg Kofink (Rottenburg), ehemaliger Bundestrainer für Kugelstoßen, der diese Position wegen der Dopingpraktiken des DLV vor den Olympischen Spielen 1972 aufgab und später noch lange Jahre Vorsitzender des Sportlehrerverbandes war.
    (Kofink)
  • Und Horst Klehr, Apotheker aus Mainz, Gründungsmitglied der ersten Anti-Dopingkommission des DLV, der in den siebziger Jahren bis zur Resignation einen einsamen verzweifelten Kampf kämpfte.
    (Klehr)

Nur ein Promi des Sportbusiness machte den Preisträgern seine Aufwartung: Manfred von Richthofen, der langjährige DSB-Präsident. „Ich habe Hochachtung vor ihnen“, sagte er: „Es werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die Zivilcourage praktiziert haben. Vorbilder brauchen wir im Sport!“ Allerdings verließ er die Veranstaltung vorzeitig noch während der überlangen Laudatio von Franke. Der Heidelberger Professor argumentierte gewohnt fulminant und pointiert. Es wäre allerdings galanter gewesen, Richthofen die Hand zu reichen.

Preisträger der Heidi-Krieger-Medaille

2000: Christian Strasburger (Hormonforscher)

2001: Brigitte Berendonk (Lehrerin, Autorin)

2003: Giselher Spitzer (Sporthistoriker)

2005: Antje Misersky (Olympiasiegerin im Biathlon, WM-Medaillengewinnerin im Skilanglauf)

2007: Anne-Kathrin Elbe (Hürdenläuferin)

2009: Johanna Sperling, Henner Misersky, Hansjörg Kofink, Horst Klehr

***

Aktuelle Lesebefehle:

Diese Texte muss ich unbedingt nachtragen:

Nachtrag, 25. August: Auf besonderen Wunsch einige Schnappschüsse von der Preisverleihung.

101 Gedanken zu „Johanna Sperling: „Bitte weist es zurück, seid stolz darauf!““

  1. Schöner Text, Jens, richtig gute Arbeit.

    Nur eine kleine Krünmelkackerei: Es sollte EM 1986 heißen.

  2. Eine bewegende Geschichte, die hoffentlich vielen hier zeigt, dass es hier nicht nur ums schlecht machen geht. Nach Olympia bin ich auch während der LA-WM wieder täglich auf der Seite und hatte mich schon über so wenig Infos in den letzten 24 Stunden gewundert. Natürlich nur verglichen zu den Vortagen. Der Artikel entschädigt aber völlig :)

  3. @ Arnesen: „Krünmelkackerei“ geht in Ordnung, muss auch sein. Jetzt steht EM dort. Danke. Es ist verrückt, welche kleinen Fehler sich immer wieder einschleichen. Aber bitte jetzt nicht diesen falschen Buchstaben mit angeblichen Analysefehlern im Fall Pechstein vergleichen, okay? Das hatten wir schon. Ich weiß: nicht von Dir.

  4. Lieber Jens, ganz großen Respekt vor deiner Arbeit!

    Trotz deiner unermüdlichen Bescheidenheit, dieser Wink in eigener Sache darf sein, oder?

  5. Ergänzung und eine Kritik, die Du hoffentlich gestattest, jw – keine an Deiner wunderbar aufgeschriebenen Geschichte über Frau Sperling. Eine an einem Akzent des Blogeintrages. Ich finde nicht, dass man die Diskussion um sogenannte Doping-Opfer anhand dieser Auszeichnung nebenbei mit erledigen kann. Viel eher bietet gerade diese Preisverleihung Anregungen, diese Debatte redlich zu führen.
    Es waren nicht nur zu viele (Doping-)Trainer, die mitgemacht haben, es gab schon auch Opfer, erwachsene Athleten, die im Bewusstsein des Leistungsvorteils mitgemacht haben. Danckert, Freitag & Co. sprechen immerzu von denen, nur ist, was sie meinen, ein Tabu in der Anti-Doping-Gemeinde. Statt dessen wird eine quasi reine Opfer-Figur verteidigt, als ob es das Opfer an sich gäbe und nicht viele, individuell unterschiedliche Geschichten. Ausnahme: Das bemerkenswerte FAZ-Interview mit Frank Mantek, der sich als wissendes Opfer (das Wort wollte er nicht verwenden) bekannt hat und hinzugefügt, dass er deshalb über seine DDR-Zeit nicht gern spricht. Trotzdem war er kein sogenanntes Dopingopfer, sondern, da nie über gesundheitliche Schäden aufgeklärt, ganz einfach: ein Dopingopfer.
    Auch anlässlich der Preisverleihung könnte man die Frage stellen: Wie haben gewarnte Sportler reagiert? Muss man jetzt nicht beantworten, aber irgendwann doch einmal, um die ganze Realität zu erfassen. Und auch, um sich mit Danckert & Co. wirklich auseinanderzusetzen – statt einfach „Skandal“ zu rufen.

    Sorry, dass ich das ernst nehme. Wollte auch nur sagen: noch ein Thema für Journalistenseminare.

  6. Pingback: Daniel Otto

  7. Auch das hätte ein Thema der Preisverleihung und der Laudatio werden können. Aber leider hat Werner Franke diese Chance nicht genutzt. In den Berichten klingt ja durch, dass er sogar zu wenig auf die Geehrten eingegangen ist. Das fand ich etwas traurig. Dennoch: Die Momente, als er aus dem Brief von Frau Sperling vortrug, oder als er ein Video von Antje Miserskys Olympiasieg 1992 einspielte, die ihrem Vater Henner um den Hals fiel und sagte: „Nur für Dich!“, diese Momente waren ganz groß.

  8. Der Bericht über die Sperlinge ist großartig.

    Wahnsinn, daß es immer wieder Menschen gibt, die sich um andere Menschen kümmern. Auch und gerade im Leistungssport.

    Ehrlich: Beim lesen habe ich bereits feuchte Augen. Möchte nicht wissen, wie es bei der Preisverleihung war.

  9. Pingback: Jens Weinreich

  10. Pingback: nedfuller

  11. Ich verstehe nicht recht wie ich das anfängliche Abstreiten, daß es sich um ihren Brief handelt, deuten soll.

    Schöner Artikel, nur „Lesebefehl“ ist ein so wilhelminischer Scherz, geht das nicht ziviler?

    Ich weiß, Ironie – pickelhäubige – soll das darstellen.

  12. @stefan W:
    Danke!
    Hiermit gebe ich Dir ein iBeer aus.
    Jetzt bin ich nicht mehr alleine Doof, denn so ging es mir beim Lesen des Artikels vor 2 Tagen auch und habe dafür (natürlich Virtuell) hier eines auf den Deckel bekommen.

    Schau doch mal hier:
    http://jensweinreich.de/?p=4841#comment-13100

    bis hier:
    http://jensweinreich.de/?p=4841#comment-13108

    Vielleicht lag es bei Dir auch am mehrmaligen Signalwort „Fälschung“, daß Dich diesen Schluß ziehen ließ oder auch an der Uhrzeit bzw. der Mischung aus Beidem.

    Es ist wohl so gemeint, daß Frau Sperling nicht wirklich die ECHTHEIT angezweifelt hat und damit die Existenz ihres Briefes, sondern, daß sie es einfach nicht glauben konnte, daß der Brief so noch existiert.

  13. Habe hohen Respekt vor Frau Sperling, der ihr Verhalten so normal vorkam, dass sie sich an dieses Dokument tatsaechlich nicht erinnerte. Danke, jw, fuers Aufschreiben der Geschichte, und gestatten Sie die neugierige Nachfrage: Wissen sie, wie die angeschriebenen Sportler damals reagiert haben?

  14. Zuhörer, dritte Reihe

    Werner Frankes Laudatio war gut, und sie wäre sogar sehr gut gewesen, wenn er nicht – wie üblich – Ãœberlänge produziert hätte.

    Wenn man in die Gesichter der Preisträger geblickt hat, dann hatte man den Eindruck: Sie haben sich in dieser in dieser Laudatio genau getroffen gefühlt. Auch Andreas Krieger wirkte sehr beeindruckt.

    Das war ein schöner Augenblick Sportgeschichte.

    Dank an den DOH und Klaus Zöllig. Dank aber auch an Jens Weinreich und die Personen, die an dieser Form der Aufarbeitung von Sportgeschichte beteiligt waren.

  15. Vielen Dank für diesen sehr guten Bericht. Leider hatte ich von der Geschichte vorher noch nie gehört, obwohl sie ein so wichtiges Dokument und Zeugnis ist.
    Gerade in der damaligen Zeit hat sich Frau Sperling etwas getraut, was sich keiner getraut hat. Und das so selbstverständlich, dass sie das nie groß rausposaunt hat. Das ist Zivilcourage und sollte den Menschen ein Vorbild sein.

  16. @ Stefan W.: Sieh mir bitte die pickelhäubige Ironie und Kommiss-Sprache nach. Oder willst Du mir alle Eigenheiten austreiben? Befehl ist Befehl, ich denke mir schon was dabei.

  17. jetzt abrufbar zum nachhören:
    Fair Play als Illusion? –
    Vor der Leichtathletik-Welt-
    meisterschaft in Berlin

    Zur Diskussion

    Fair Play als Illusion? –
    Vor der Leichtathletik-Welt-
    meisterschaft in Berlin:
    Der Doping-Faktor im Hoch-
    leistungssport
    Diskussionsteilnehmer:
    – Gunter Gebauer, Sport-Philo-
    soph, FU-Berlin
    – Ines Geipel, Ex-DDR-Leis-
    tungssportlerin, Berlin
    – Winfried Hermann, MdB, Sport-
    politischer Sprecher der
    Fraktion Bündnis90/Die Grünen
    – Jens Weinreich, Journalist
    und Buchautor, Berlin
    Diskussionsleitung:
    Herbert Fischer-Solms

  18. Ich kannte die Geschichte auch nicht. Danke für diese Rekonstruktionsarbeiten an historischen Baustellen.

  19. @jens: Ich sehe nach. Aber diese phänomenalen Rückkanalfähigkeiten des Internets will ich doch nicht ungenutzt lassen, und auch einen kleinen Krümel am Rande kritisieren. :)

    @Chuck: Danke für das iBier, auch wenn ich xPrexxo bevorzuge, Sportler der ich bin. :) Irgendwie eine seltsame Art sich auszudrücken von Frau Sperling; womöglich auch gar nicht so sehr, wenn man es im Original gehört hätte, und ihr Gesicht dabei gesehen hätte, wahrscheinlich fehlt uns nur die Phantasie, uns ein entsprechendes Gesicht vorzustellen.

  20. Pingback: Twitter Trackbacks for Johanna Sperling: “Bitte weist es zurück, seid stolz darauf!â€? : jens weinreich [jensweinreich.de] on Topsy.com

  21. Pingback: Sven Löding

  22. @ ha: Vor einigen Wochen haben Sie und ich recht eifrig zum Schlagwort „Was wussten die Athleten“ diskutiert. Die Mitglieder des DOH hatten sich in dem Zusammenhang auch geaeussert. Andreas Krieger wusste von Eltern, die zuviel gefragt haben, und deshalb fuer die Kindern deren leistungssportliche Laufbahn quasi beendeten, und sagte auf seine Person bezogen, er habe nichts gewusst. Ute Krieger-Krause ebenfalls, Uwe Troemer auch. Kein Wort von Trainern, die ihre Athleten informiert haben (oder erinnere ich mich falsch)?

    Und nun zwei Ehrungen fuer ebensolche zivilcouragierte Trainer (Henner Misersky war wohl schon bekannt). Fuehlen Sie sich auch ein wenig, naja, veralbert (damit will ich das Thema nicht verharmlosen). Lassen uns hier so unterhalten, ohne diesen Nicht-Randaspekt (auch wenn es, wie jw schreibt, Ausnahmen sind, was ich auch vermuten wuerde), zumindest in anonymisierter Form, zu erwaehnen?

    Und sind Sie auch neugierig, wie die Athleten, die nicht zur Familie gehoerten, nun eigentlich reagiert haben? Es scheint Gruende zu geben, dazu nichts zu sagen, und ich hoffe, es sind nicht nur juristische Argumentationen (Gesundheitsberichterstattung ist nur bei Genehmigung der Person erlaubt), die das noch verhindern.

  23. @nocheinjurist
    Wir haben, wenn ich mich recht erinnere, in der Frage nicht zusammengefunden, wer im DDR-Sport wie (das war unterschiedlich)zum Opfer geworden ist.
    Damit hat zu tun, dass ich mich keineswegs „veralbert“ fühle. Weiter oben steht, warum vielleicht etwas enttäuscht. Bin aber sicher, das Thema hat, sozusagen, Potenziale. Und möchte es damit gut sein lassen.

    Damit Sie nicht enttäuscht sind: Schon die Auslese für die Sportschulen erfolgte u.a. nach der Kritikfähigkeit der Eltern. Ein Kind konnte noch so leistungsstark sein, ohne linientreue Eltern (oder solche, bei denen Interesse für medizinische Fragen nicht zu vermuten war) kam es nicht auf eine KJS. Dafür sorgten Sicherheitsüberprüfungen des MfS, nicht Ausnahme, sondern Routine. Auch deshalb sind wohl so wenige Fälle bekannt, in denen Eltern ihre Kinder schützten bzw. schützen konnten.

  24. Kurze Arbeitspause, kurz geweint.

    Danke Jens, für diesen Eintrag.

    Schade, dass die Geschichte so wenig Beachtung findet. Schön, dass es dieses Internetdingens gibt.

  25. @ Ralf: Ich habe draufgedrückt, kann auch gern zwei, drei Fotos nachtragen. Aber eher Schnappschüsse denn Fotos.

  26. @ha: Ja, haben da nicht so recht zueinandergefunden. Bin nicht enttaeuscht. Und hoffe irgendwie auf Aufklaerung im Rahmen einer Fortsetzung. Im verlinkten SZ-Artikel wurde ja angedeutet, dass aufgrund des Briefes eine Rente festgestellt wurde, sei eine andere Geschichte…

  27. @ Ralf: Einige Schnappschüsse sind jetzt online. Fotos würde ich nicht dazu sagen, aber Du siehst jetzt, dass es in einem Hörsaal stattgefunden hat. Etliche Kameras waren dabei, auch Kollegen aus England und Brasilien. Eventuell ein Ami noch, bin mir aber nicht sicher. Das Timing der Veranstaltung war halt nicht sehr gut.

  28. @ JW: Sehr schön! Danke!!! Noch eine letzte Frage: Wie viele Zuhörer darf man sich etwa vorstellen? 100? 200?

  29. @ ha und @ nocheinjurist
    Ihre Diskussion um das Thema „Was hat Wer Wann und Wozu gewusst“ ist zum derzeitigen Zeitpunkt zwar unterhaltsam, doch auf grund fehlender themenspezifischer seriöser evidenzbasierter Daten und wissenschaftlicher Auswertungen, dazu verdammt, sich an den unzulässig verallgemeinernten Aussagen einzelner totzulaufen.
    So lange es diesbezüglich noch keine Erhebungen gibt, die sich mit der entsprechenden Nüchternheit dieser Thematik widmen, können Vermutungen, Behauptungen, Unterstellungen, Einzelmeinungen und das „Dahergeplapperte“ nur verquirlt werden.
    Der Erkenntnisgewinn bleibt selbstverständlich
    auf der Strecke…

  30. AKUK
    Erkenntnisse sind in der Regel zu gewinnen aus Zeitzeugen-Berichten, aus Akten verschiedenster Provenienz. Von beidem liegt zum DDR-Sport genug vor, um auch ohne „themenspezifische seriöse evidenzbasierte Daten“ (was immer damit auch gemeint ist) ein Spektrum von Nichtwissen / Mitwissen / selten: Beteiligung existiert hat – in jedem Fall aber ohne Aufklärung über Folgeschäden. Letzteres konstituiert nach BGH-Rechtssprechung den Geschädigten-Begriff (im Sinne von Opfern).
    Falls an anderem Interesse besteht als an „Vermutungen, Behauptungen, Unterstellungen, Einzelmeinungen“, ist als Lektüre „Sicherungsvorgang Sport“ von G. Spitzer zu empfehlen, auch Berendonks „Doping-Dokumente“. Schon dort ist nachzulesen, dass hier nichts zu „verallgemeinern“ ist.

    Erkenntnisse bleiben im Übrigen häufig dann auf der Strecke, wenn ein Thema tabuisiert wird.

  31. @ ha
    Richtig, viele der genannten Schriften sind mir bekannt, dennoch erschließt sich mir nicht ausreichend, warum trotzdem (oder wegen was eigendlich ?) eine Diskussion wie diese geführt werden muß – oder wird.
    Insofern sehe ich auch kein „Tabu“ bein genannten Thema, sondern eher ein Bemühem um Wahrheit.
    Diese kann aber ob ihrer Komplexität nicht aus Fragmenten zusammengebastelt werden, sondern erfordert mehr, als Akten auszuwerten.

  32. @AKUK
    Jedenfalls hier war die Auseinandersetzung um die „Sogenannten“ Auslöser für diese Debatte. Man kann unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob man sie führt oder nicht und, falls ja, wie.

  33. @ AKUK: Warum sollte eine Debatte gefuehrt werden, die die Opfer fragt, wieviel sie wussten und ob sie durch Schutz durch die Eltern / Bemerken von Veraenderungen am eigenen Koerper / Aufklaerung oder anderes den Leuten, die ihnen schaden wollten, aus dem Weg haetten gehen koennen? Damit diejenigen, die vielleicht (jetzt) in eine aehnliche Situation kommen, Strukturen erkennen, ihr Vertrauen dosieren oder auf anderen Wegen dem Umstand, zum Opfer zu werden, aus dem Weg gehen koennen und sich selbst mehr fuer sich verantwortlich fuehlen.

    Und warum sollte eine Debatte gefuehrt werden, die fragt, ob Opfer vielleicht merkwuerdige Veraenderungen in Kauf genommen haben, weil sich ihr Leben auch irgendwie vorteilhaft gestaltete (Westreise, Auto frueher, Studienplatz besser oder sicher)? Weil es helfen koennte, allgemein ein bisschen ehrlicher miteinander umzugehen und nicht die Vorteile zu nehmen, aber fuer Nachteile ausschliesslich andere verantwortlich zu machen.

    Und bevor Sie jetzt von Verallgemeinerung (verallgemeinern kann man vielleicht Erkenntnisse, die aus diesen Diskussionen herruehren) reden – meine Frage in dieser Diskussion war ganz individuell gemeint. Eigentlich muss man nach der Geschichte von Frau Sperling sagen — super, 4 wurden keine Dopingopfer. Dem war vielleicht nicht so, wie der SZ-Artikel nahelegt. Und mich haette einfach interessiert, warum. Ist der Brief nicht angekommen, wurde der Inhalt nicht angenommen?Dass ein Trainer nicht aufklaeren weollten, daran, so scheint es bisher, hat es nicht gelegen.

  34. @ nocheinjurist
    wie im letzen Satz von ha treffend festgestellt, ist es doch entscheidend, WIE eine Diskussion und /oder Debatte geführt wird.
    Auf der Grundlage von Wissen oder auf der Grundlage von subjektiven Konglomeraten. Um genau die von Ihnen zusammengefassten Denkanstöße an die heranwachsende Generation zu geben, ist ein ehrlicheres und differenziertes Herangehen notwendig. Es ist ziemlich fatal, wenn einerseits ein Bild entstanden ist, dass die Dopingopfer grundsätzlich „aufjaulen“, wenn es um diese Frage geht und andererseits Sport und Sportpolitik öffentlich und wider besseren Wissens der Entschuldungs-Argumentation der dopingbelasteten Trainer folgen.
    In diesem (wunderbaren) Blog ist schon viel und heiß zum gesamten Komplex diskutiert und debattiert worden, doch schein es mir, dass diese Seite momentan eine der wenigen Orte ist, auf der um diese Thematik „gerungen“ wird.
    Meine These zu Ihrer aufgeworfenen Frage hinsichtlich der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des berührenden Briefes von Frau Sperling ist die, dass es viel zu wenige Frau Sperlinge, Herr Kofinks, Herr Klehrs und Herr Miserskys im Hochleistungssport gab und gibt.
    Denn nur in der tagtäglichen und mühseligen Realisierung ethischer Prinzipien bildet sich ein wirksames und glaubwürdiges Gegengewicht zu den Verlockungen der Lüge und des Betruges.

  35. @ AKUK: Naja, ich versuche die Diskussion schon auf Grundlage von Wissen zu fuehren. Frage ist — wie komme ich da heran. Ich frage also. An anderer Stelle haben Sportler und ha und ich zum Thema „was wusste…“ schon ernsthaft gestritten. Aber ganz ehrlich: So richtig ins Bild gesetzt fuehle ich mich bei der Frage, was Sportler dachten, waehrend sie (teilweise auch im Erwachsenenalter) Pillen schluckten, nicht.

    Und mehr als das erfragen kann ich irgendwie nicht. Das habe ich halt auch bei dem Brief getan. Ihre These mag ich teilen, ist aber keine Antwort. Ja, und welcher Eindruck aus den Fragen entsteht, dazu kann ich recht wenig sagen. Ich stelle die Fragen, die fuer meine Meinungsbildung relevant sind. Ganz egoistisch und ohne Hintergedanken, ob ich mich damit auf eine Seite stelle.

    Aber bei Beantwortung meiner Frage kann eben (mindestens) zweierlei herauskommen. Der Sportler hat der Trainerin Sperling vertraut. Der Sportler hat der Trainerin Sperling nicht vertraut. Und dann kann man vielleicht nach den Motiven fragen. Ich sehe da, ganz ehrlich, kein subjektives Konglomerat wachsen.

  36. Gibt es eigentlich eine Statistik über die ausgeübten Sportarten derer, die als Dopingopfer anerkannt wurden?

  37. Franke wagte auch einen Rückblick auf das Doping in Ost und West. Der DDR attestierte er „preußische Praxis“: „Da wird ein Beschluss zum Dopen gefasst und dann geht es los. Es wird auch aufgeschrieben, wer wann was bekommt.“ Anders in Westdeutschland. „Da läuft es auf die christliche Art: So wie es der Pfarrer mit der Haushälterin hält. Alle wissen es, keiner sagt was.� Laut Franke haben sich Ost- und West-Kultur nun fröhlich vereinigt.

    http://www.tagesspiegel.de/sport/doping/Werner-Franke;art2650,2878801

  38. Wann gibt es (bei der Nada z. B.)eigentlich Zielkontrollen?

    Ich gehe oder ging davon aus, dass es die gibt (wie möglicherweise bei Claudia Pechstein bei der WM) gibt, wenn ein konkreter Dopingverdacht vorliegt.

    Dass aber ein (Fach)-verband (in Abstimmung mit der Anti-Doping-Organisation) bestimmen darf, welche Athleten a) überhaupt und b) zu einem bestimmten Zeitpunkt kontrolliert werden, das dürfte wohl nicht sein.

    In jedem Fall scheint mir das mit der Idee einer Zielkontrolle bzw. mit der Anwendung des Zufallsprinzips nicht vereinbar.

  39. @Jens: Weißt Du, was aus der Petition des DOH geworden ist? Ich kann leider nichts zum aktuellen Stand finden. Auf der DOH-Seite läßt sich leider auch nichts Aktuelles finden.

  40. Keine Ahnung. Da es keine Online-Petition war, kann man vermutlich auch online nichts zum aktuellen Stand finden? Ich kenne die Abläufe bei Petitionen/im Petitionsausschuss nicht. Hoffe nicht, dass die Petition nach dem heimlichen Gespräch mit Bergner, gegen den die P. ja letztlich auch gerichtet war, zurückgezogen wurde.

  41. Anders in Westdeutschland. „Da läuft es auf die christliche Art: So wie es der Pfarrer mit der Haushälterin hält. Alle wissen es, keiner sagt was.� Laut Franke haben sich Ost- und West-Kultur nun fröhlich vereinigt.

    Wer ist der Pfarrer und wer die Haushälterin?
    Wer ist keiner?
    Ich kann mich nicht entscheiden;-)

  42. Pingback: Der Fuchs im Hühnerstall lehnt die Petition des Dopingopferhilfevereins ab : jens weinreich

  43. @Ralf

    All das müßte doch eigentlich ausreichen, um sich seriös, ohne Aufregung und Polemik in den verantwortlichen Gremien zu diesem Thema, vielleicht sogar abschließend,zu beraten.
    Weshalb darf das nicht sein ?

  44. Pingback: e - Petition

  45. Jochen Leufgens und Thomas Purschke für sport inside: „Trainer im Widerstand“ – Das Sendemanuskript

    Wolfgang Thierse: „Man kann an diesen beiden sehen, dass man sich auch offiziellem und inoffiziellem Druck verweigern kann und menschlich bleiben kann. Und das verdient riesige Dankbarkeit. Und ich finde es traurig, dass der deutsche organisierte Sport diese Dankbarkeit den beiden nicht in angemessener Art und Weise erweist, das finde ich schon skandalös.“

    WDR: Bundestagsvizepräsident Thierse kritisiert Nicht-Aufarbeitung des DDR-Dopings durch den Sport

  46. „So lange es notwendig ist und sinnvoll erscheint. Ich bin ein Getriebener. So viel Selbstanalyse mute ich mir zu.“

    Er ist klug, er ist hartnäckig, er ist besessen, er ist anstrengend, manchmal nervt er – und bringt mich immer wieder zum Lachen. Selbstironie ist eine angenehme Eigenschaft.

  47. Südkurier: Er muss es tun

    Er wirft Projektionen von geheimen BKA-Akten aus der Dopingszene an die Wand
    […]
    429 Zeilen sind viel. Aber den ganzen Werner Franke können sie nicht beschreiben. Man muss ihn erleben. Erst dann weiß man mehr.

  48. Hajo Seppelt für sport inside: „Die vergessenen Opfer“

    Zehn Jahre ist es nun her, dass sich der ehemalige DDR-Sportführer Manfred Ewald vor Gericht verantworten musste.
    […]
    Manfred Ewald kam mit einer 22-monatigen Bewährungsstrafe davon. Für die Opfer ist das Leiden teilweise bis heute nicht beendet.

  49. Robert Kempe für dradio.de: mp3-Datei:

    Vor 10 Jahren-Auftakt zum Ewald-Doping-Prozess
    Sendezeit: 03.05.2010 22:56
    Autor: Kempe, Robert
    Programm: Deutschlandfunk
    Sendung: Sport
    Länge: 02:35 Minuten

  50. Hall of Fame – mal anders gesehen, sozusagen als follow-up auf den o.g. Beitrag des Hausherrn.

    Handelt es sich nicht schon wieder um einen der nervigen und müheseligen Versuche, per public relation im nachhinein zumindest Gleichstand in den sportlichen Erfolgen von Ost und West herzustellen ?

    Die Instrumente hat man sich ja in die Hand gegeben:
    die zeitliche Beschränkung ab 1972, der national wirksame Dopingapproach, die geheimdienstliche Verstrickung im Osten und das gesellschaftliche Engagement, das zumindest für den Osten unter Verdacht betrachtet wird.

    Deutschland macht es ja immer richtig und am besten. Unser Wesen sollte Vorbild sein, sowohl für die internationalen Verbände und unbedingt für die nationalen „Ehrenschreine“, auch in den befreundeten USA, in deren Hall of Fame sich die Dopingsünder tummeln.

    Lange glaubte ich , die Hall of Fame für Deutschland hat etwas. Nun werden meine Erwartungen einmal mehr enttäuscht.
    Wieder eine Politik-Nummer, obwohl es in Abwandlung eines durchaus vertretbaren und gängigen Proverbs doch heißen sollte: Don´t mix politics with sports.
    Wenn jetzt u.a. schon die ungültigen Parteibücher eingesehen werden sollen ;) , um die Angemessenheit der Aufnahme in eine dem Sport zuzurechnenden Hall of Fame festzulegen, haben aufgrund der bereits eingangs benannten Hauptkriterien die überwiegende Mehrheit der ostdeutschen Stars nur bedingt eine Chance zur ewigen Verehrung. Kati Witt ist im diesem Zusammenhang übrigens kein Gegenargument.

    Selbst international auserwählte Jahrhundertspringer wie Heike Drechsler bringen es nicht einmal zu einer Zero-Chance, auf die Vorschlagsliste zu gelangen. Wenn doch, dann braucht doch nur mit ihren Volkskammer- und Sportfestreden oder der bekannten Dissertation (Wo ist die eigentlich ? In der Uni Austin oder im Privatbesitz ?) gewunken werden.

    Ãœbrigens sind ja bereits einige DDR-Stars international längst in Halls of Fame verewigt. In Oklahoma z.B. darf man – auch Dank Nadja Comaneci – die turnerischen Erfolge von Karin Janz, Erika Zuchold und Maxi Gnauck bewundern. Ãœbrigens, zu recht und angemessen. Sie werden sich dann wohl nicht, auch angesichts des dabei aufkommenden nationalen Stresses, um einen Platz in der nationalen Ruhmeshalle anstellen wollen.

    Schade, dass es Vergleichbares für Sportler wie Täve Schur im internationalen Radsport nicht gibt. Aber eigentlich bezweifle ich stark, dass es den symphatischen Täve überhaupt juckt, auf den zu klein geratenen DOSB-Olymp zu kommen. Obwohl er sicherlich, wie man ihn als fairen Sportsmann kennt, die durch Roland Matthes, Birgit Fischer und Kati Witt garantierte Präsenz des ostdeutschen Sports begrüßt.

    Ergo, die öffentlichen Betrachtungen um die Aufnahme finde ich wieder einmal für den deutschen Sport peinlich und banal. Vielmehr hätte man sich vorab gründlicher um die Kriterien einer potentiellen Zulassung ehemaliger DDR-Sportler kümmern und sie vielleicht auch diskutieren sollen. Statt dessen soll jetzt die Öffentlichkeit nicht über die Gründe einer evtl. Ablehnung informiert werden. Hatten wir so etwas nicht gerade abgeschafft ? Fällt das dann etwa unter „neue Informationspolitik und Demokratie“ im Sport ?
    Der Sport leidet genau wie viele andere Bereiche um die mit heißer Nadel erfolgte Wiedervereinigung oder besser den Beitritt der DDR in die, den neuen Herausforderungen nur bedingt gewachsenen gesellschaftlichen und sozial-ökonomischen Strukturen der BRD.

    Interessant wäre im Kontext der deutschen Hall of Fame auch gewesen, sich über die Mitgliedschaft von „Contributers“, wie es die Amerikaner nennen, zu verständigen. Da hätten dann selbst Journalisten, und Dopingjäger sowieso, eine Chance auf die Ewigkweit. ;) ( Da ist keine Ironie !)

  51. Herbert, danke für diesen Beitrag. Die Diskussion um die Aufnahme von Sportlern in die „Hall of Fame“ zeigt die Schäden, die politischer Mißbrauch und Doping im Deutsche Ost- und West-Sport angerichtet hat. Da die Verantwortlichen von damals lieber schweigen und die Angelegenheit aussitzen, kann man nur nach vorne schauen und auf die neue Generation von Athleten, Trainern und Funktionären hoffen, die aus diesen Fehlern lernt.

  52. Pingback: Die Autobahnen und Wunderpillen des DDR-Doping-Funktionärs Thomas Köhler : jens weinreich

  53. Christoph Becker in der FAZ: Dopingarchiv – Akten zur Feier

    Tatsächlich aber ist das Archiv für Trömer auch „dringend benötigter Beweis und moralische Stütze“ in der Auseinandersetzung mit Leugnern und Schönfärbern des DDR-Systems. „Wir sind immer in der Beweispflicht – nicht nur gegenüber den Behörden, sondern auch gegenüber den Tätern, die uns Lügner nennen.
    […]
    Möglich macht das auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der das Archiv mit einer „großzügigen Anschubfinanzierung“ (Zöllig) in vierstelliger Höhe unterstützt hat und dessen Leistungssportdirektor Ulf Tippelt zur Eröffnung nach Weinheim gekommen war.
    […]
    Dass sich diese Antworten zwischen Vorgärten in der nordbadischen Provinz finden, sagt mehr als zwanzig Jahre nach der Wende viel über den Umgang mit Doping im vereinigten Deutschland – und ist gleichzeitig Beweis für den Wert bürgerschaftlichen Engagements.

    Thomas Purschke für den Deutschlandfunk: Zur Prävention und Abschreckung – Internationales Doping-Archiv in Weinheim

  54. Michael Reinsch in der FAZ: Berendonk-Buch – „Der Sport war überfordert“

    Inzwischen räumt Richthofen, dem Franke 1998 unterlassene Hilfeleistung unterstellte, ein, dass er selbst Unterstützung gebraucht hätte: „Wo war eigentlich die Hilfe der Politik? Wo war eigentlich die Hilfe des Sportausschusses? „Der Sport war überfordert. Aber bei der Möglichkeit, die Geldmittel zu beschneiden, hätte man mehr erwarten können.“

    Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur: Einzelkämpfer? Politik und Persönlichkeit in 20 Jahren Aufarbeitung des Sports

    incl. Veranstaltungsmitschnitt!

  55. 66 „Helden“ des deutschen Sports sind derzeit in der HoF. Sieben davon aus der ehemaligen DDR. Kümmerlich, wenn man bedenkt, dass deren Asse zwischen 1970 und 1990 in olympischen Kern-Sportarten oft die Weltspitze bestimmten. Vielleicht sollte man das Votum der sieben einholen: der Turnerin Karin Büttner-Janz, der Wasserspringerin Ingrid Gulbin-Krämer, der Kanutin Birgit Fischer, des Schwimmers Roland Matthes, des Skispringers Helmut Recknagel, der Sprinterin Renate Stecher, der Eiskunstläuferin Katarina Witt. Ob Schur ja oder nein? Das wäre urdemokratisch mit einem Touch von Stuttgart 21. Und würde der HoF ein Stückchen verlorener Glaubwürdigkeit zurück bringen. Und sehr wahrscheinlich den achten und populärsten Sportler der als Kriegsfolge entstandenen DDR.

    Was den ignoranten Aspekt des Falles angeht: Wie heißt es doch im Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland: Niemand darf aus rassistischen, religiösen oder politischen Gründen benachteiligt werden! Auch deshalb gehört Schur in die Hall of Fame.

    http://www.vds-berlin.de/jour%20fixe/epo.htm

    Sicher wird man sich damit auch 2012 weiter beschäftigen müssen.

    Ich bezweifle schon mal vorsorglich, dass der (bundes)deutsche Sport, nachdem die Veröffentlichung einer sicherlich hier und da verständlicherweise aus Datenschutzgründen geschwärzten Fassung der Spitzer-Krüger-Studie über staatlich gefördertes Doping in der alten BRD im Januar 2012 nun endlich vollzogen sein wird, sich zu einer realistischen und fairen Widerspieglung seiner Vergangenheit und Gegenwart durchringen kann.

  56. Hallo Stefan,
    leider kann ich Ihnen dabei nicht weiter helfen.
    Bin selbst gespannt, auf die Ergebnisse der Ermittlungen und journalistischen Recherchen.

  57. Hansjörg Kofink im StZ-Interview mit Tobias Schall: „Der olympische Sport ist mausetot“

    Der Hochleistungssport ist ein reiner Geschäftsbetrieb. Das sieht man schon an seiner Organisationsform, das sieht man an dem Menschenhandel mit Trainern oder Spielern, das sieht man an den Summen, die da fließen.
    […]
    Sport ins Grundgesetz? Das ist nicht nur utopisch, sondern das ist ja fast schon frech, wenn man um die Realität des Hochleistungssports weiß, der ja angeblich das Aushängeschild des gesamten Sports ist. Und ein DOSB-Präsident Thomas Bach weiß das selbst am besten. Bach war 1976 Olympiasieger und danach Athletensprecher. Sportler auf diesem Niveau wussten ganz genau, was wirklich gespielt wurde.
    […]
    Es wird viel besser betrogen als früher. Ethisch und moralisch ist der Zustand vielleicht sogar noch schlechter als damals im Kalten Krieg. Der Sport folgt heute nicht mehr der Sportethik, sondern einer Art von Berufsethik – und die hat eigene Regeln. Gewinnen um jeden Preis. Besser sein, egal wie.
    […]
    Die Funktionäre kapieren nicht, dass Leute wie Franke oder Treutlein die wahren Freunde des Sports sind, vielleicht sogar seine besten Freunde.

  58. FAZ (Printausgabe vom 21.04.): Hilfe für Dopingopfer: Fischer-Solms geehrt

    Herbert Fischer-Solms, langjähriger Redakteur des Deutschlandfunks und Mitarbeiter dieser Zeitung, ist am Freitag in Berlin mit der Heidi-Krieger-Medaille ausgezeichnet worden. Er habe mit seinen Beiträgen den Doping-Opfern eine Stimme gegeben, sagte der Historiker und Publizist Jochen Staadt in seiner Laudatio.

  59. Reminder aus dem Dank von Herbert Fischer-Solms:

    Ein Ergebnis der Kommission war die Überzeugung, „daß auch im Gebiet der alten Bundesländer in einem Umfang von Dopingmitteln Gebrauch gemacht wurde, der ein entschiedenes Handeln der Verantwortlichen über das bereits Veranlaßte hinaus notwendig macht“ (Zitatende).

    Inwieweit das erfolgt ist, möchte ich Ihnen zur Bewertung selbst überlassen.

  60. Ich habe erst heute erfahren, dass Johanna Sperling meine Großtante ist und habe es sofort gegoogelt. Das ich da solche Informationen finde hätte ich nicht gedacht… Ich bin echt stolz auf sie!

  61. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (104): die Usancen im Verein Doping-Opfer-Hilfe • SPORT & POLITICS

  62. Hatte Frau Sperling keine Angst, dass die Stasi ihre Post lesen wird? Warum hat sie diesen Brief geschrieben, statt ihren Schützlingen im persönlichen Gespräch zu sagen, wie sie sich verhalten sollten?

  63. Many thanks for this fascinating post Jens, please could you email me regarding reproduction permissions for an upcoming letter anthology?

  64. Pingback: Herbert Fischer-Solms † – SPORT & POLITICS

  65. Pingback: Das Gift des Dopings. Blackbox Ines Geipel. – SPORT & POLITICS

  66. Pingback: Henner Misersky (†) - SPORT & POLITICS

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

What they say
"I give a shit on you!
I shit on German media!"
Husain Al-Musallam
President World Aquatics
and Co-Conspirator #3
coming soon
fund journalism
FIFA Watch
best of