… Medaillen produzieren. Für Deutschland.
Christian Klaue meldet im Sportinformationsdienst exklusiv u.a.:
Trainer Goldmann soll noch eine Chance erhalten
Empfehlung der Steiner-Kommission / Jetzt entscheiden DOSB und DLV
Rolle rückwärts im Fall Werner Goldmann: Der wegen seiner Doping-Vergangenheit in der früheren DDR vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) entlassene Kugelstoß-Bundestrainer soll nun doch weiterbeschäftigt werden und eine zweite Chance erhalten. Diese Empfehlung hat die unabhängige Anti-Doping-Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) nach Informationen des Sport-Informations-Dienstes (SID) an die Präsidien von DOSB und DLV gegeben. Die beiden Gremien müssen nun entscheiden, wie mit dem Berliner weiter verfahren wird.
Noch im vergangenen Herbst hatte die Kommission unter Vorsitz von Udo Steiner, Bundesverfassungsrichter a.D., einen gegenteiligen Beschluss verkündet. Daraufhin war der Trainer von Diskus-Vizeweltmeister Robert Harting zum 31. Dezember vom DLV entlassen worden und klagt seitdem vor dem Arbeitsgericht Darmstadt. Die Wende brachte nun eine Erklärung, die Goldmann der vom DDR-Dopingopfer Gerd Jacobs schwer belastete Trainer im April zu seiner Doping-Vergangenheit in der DDR eingereicht hatte. Fünf andere ehemalige DDR-Trainer sicherten mit einer solchen Erklärung vom 6. April bereits ihre Jobs. Dies löste heftige Kritik bei den Dopingopfern aus. (…)
Das DOSB-Präsidium muss nach der Empfehlung der Kommission nun die Frage klären, ob Goldmann die Entsendungskosten für Olympia zurückzahlen muss, weil er in einer Ehrenerklärung zuvor versichert hatte, niemals mit Doping in Berührung gekommen zu sein. Der DLV-Spitze obliegt die Entscheidung, ob Goldmann wieder angestellt wird. (…)
Ich muss Christian Klaue nur in einem Punkt korrigieren: Von zweiter Chance kann kaum die Rede sein. Der Dopingtrainer hat immer alle Chancen gehabt.
Natürlich gibt es dazu noch keine Pressemitteilung, auch keine Stellungnahme, keinen öffentlich nachvollziehbaren Bericht der Kommission – so wie es keine Debatte im Sportausschuss gab. Warum auch? Die Propaganda wirkt doch so viel besser.
Der Fall Werner G. – man betrachte den gesamten Vorgang seit 1990 – ist nur ein Beweis mehr, wie verlogen und verkommen die deutsche Sportpolitik agiert. Gestern noch an Kanzlerins Tafelrunde – heute die Meldung zum Persilschein des Dopingtrainers. Und immer mit Steuermitteln. Und demnächst mit neuen Steuermilliarden. Kontrolle? Fehlanzeige. Moral? Ehre? Verantwortung? Das sind Begriffe, die sich diesen Herrschaften nicht einmal mit Hilfe eines Fremdwörterbuchs erschließen (oder von mir aus auch mit Hilfe des Dudens, in den Sportfunktionäre mitunter zu schauen behaupten). „Unabhängige Kommission“?
Nichts hören, nichts sehen, nichts fühlen, nichts begreifen – das fällt mir dazu ein.
Das System Hochleistungssport, die Sportpolitik dieses Landes, mit all ihren Lobbyisten und Propagandisten, ist zutiefst verkommen. In einer Demokratie gäbe es womöglich Mittel, erfolgreich dagegen anzugehen. In dieser Spezialdemokratie aber ist es nur logisch, dass Leute wie Goldmann als Sieger vom Platz gehen.
Die Spezialdemokratie reicht aber tief in die Demokratie hinein – nichts ist hier geschehen ohne den Segen des BMI. Wie erbärmlich!
Ich freue mich schon auf die knallharten Anhörungen der Spring-, Vielseitigkeits- und Dressurreiter vor der DOSB-Kommission. Mal schauen, wer außer Beerbaum durchs Raster fällt. Die dpa hat ja schon die Kaderauflösung als „historisch einmalig“ gefeiert …
Die Steiner-Kommission wäre auch eine gute Option im Radsport. Es gibt zwar nix zu gestehen, aber vor den unabhängigen Herren könnten sich Saubermänner wie Jens Voigt – im Stuhlkreis – endlich mal den Frust über die üblen Verleumdungen durch all die untalentierten Sportkameraden von der Seele reden kann, die erst dopen und dann aus der „Schmollecke“ (Voigt) mit Dreck auf die ganzen ehrlichen Kollegen werfen. Der Leidensdruck ist ja offenbar so groß, dass es in Live-Interviews immer nur zu Gestammel reicht.
Meine Lieblingsstelle im Text ist eigentlich die „frühere DDR“.
Wenn man immer so dämlich schreiben würde, kämen hübsche Titel zustande:
Augustus, Kaiser des früheren Imperium Romanum.
Friedrich der Große, König des früheren Preußen.
Otto von Bismarck, Kanzler des früheren Deutschen Reiches.
Elisabeth, genannt Sissi, Kaiserin des früheren Österreich-Ungarn.
Romy Schneider, Darstellerin der früheren Sissi, Kaiserin des früheren Österreich-Ungarn.
Alain Delon, früherer Geliebter der früheren Romy Schn… – ich schweife ab.
Tut mir leid, dass mich die Form mal wieder mehr stört als der Inhalt.
Pingback: doping
Arnesen,hoffentlich gibt es keine spätere DDR….
Oder wissen die mehr?
FAZ-Kommentar von Christoph Becker: Deal für Doper
Was ich nicht kapiere: dass Journalisten nicht kapieren, warum es hier nicht ausschließlich um „Moral“ geht, sondern um einen rechtsfreien Raum, der mit der Legalisierung jahrelanger Verstöße gegen Zuwendungsbescheide des Bundes an die Verbände hergestellt wird.
Das ist denkbar simpelstes Verwaltungsrecht – scheint aber so etwas wie höhere Schule. Jedenfalls für die meisten Sportseiten, selbst der FAZ. Womöglich steckt ja aber auch bloß ein noch klügerer Kopf dahinter.
Da muss ich die „Journalisten“ mal verteidigen, denn es geht nur um Moral, wenn diese nicht mehr verteidigt und erklärt wird, dann kann es keine Diskussion mehr geben. Moral und Ethik sind die Passwörter um sich an einer Diskussion beteiligen zu können! Deren edelste Vertreter in der öffentlichen Meinungsbildung KÖNNEN Journalisten sein.
@Jens: Warum hast du eigentlich den durchgestrichenen Begriff komplett rausgenommen? Aus Vorsicht?
In einigen Anwendungen – etwa auf dem iPod, in Feeds, auf einem pda und in Facebook – war das Verb nicht durchgestrichen. Warum auch immer, der strike-Befehl kam nicht zur Geltung. Deshalb habe ich es ganz rausgenommen. Sorry.
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/sport/976168/
zum hören:http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2009/06/03/dlf_20090603_2250_58d700ff.mp3
Jens, warum ist es so schwer, dieser Allianz beizukommen?
Ist das Sportnetzwerk noch zu schwach, um dem PR-(Sport-)Journalismus auf Dauer Paroli zu bieten,
könnten nicht konzertierte Aktionen der entsprechenden Mitglieder etwas bewirken?
Was könnte ich evtl. dazu beitragen?
@TobiasL – stimme nicht zu. Es gibt eine juristische Komponente. Den Umstand zu übergehen, dass der Sport jahrelang Steuermittel rechtswidrig verwendet hat, und die Beschäftigung der Trainer auf Moralfragen zu reduzieren, ist eine Minimierung des Problems. Ganz sicher gut gemeint, aber nicht klug: Es spielt den Schäubles, Bachs, Danckerts in die Hände …
Mich würde interessieren, ob die Anti-Doping-Klauseln in den Fördermittelbescheiden des BMI nun geändert werden. Die „Ehren- und Verpflichtungserklärung“ für Olympia-Fahrer hat der DOSB ja schon mal abgeschafft – „proaktiv“, entscheidungsstark und ganz ohne „unabhängige“ Kommission.
Thomas Hahn in der SZ: Doping-Erinnerungen – Auch frühere Prozessaussagen belasten Wurftrainer Goldmann
Das juristische Durcheinander führt doch zu keinen Ergebnissen! Gerade Goldmann und co. wiederlegen die juristische Hilfe, ein Fall wie Goldmann lässt sich eben auch moralisch bewerten.
Es gab in der Leichtathletik den Fall Yegorova, sie durfte trotz Manipulationen international starten, das Publikum und die meisten Konkurrentinnen nahmen es hin. Erst als P. Radcliffe mit einem Transparent am Stadionrand auftauchte wurde die Dame genauer beobachtet. Viele Dopingtest später wurde sie endgültig und erneut überführt, dennoch waren ihre Leistungen seit dem „moralischen“ Urteil nie wieder so überragend.
Es gibt kein „juristisches Durcheinander“ – nur klare Verstöße gegen förderrechtliche Bestimmungen des Bundes.
Möchte auch nicht missverstanden werden: Selbstverständlich kann (und sollte) man ein moralisches Maß anlegen, das Ergebnis ist eindeutig. Aber zu glauben, dass diese Leute damit auch nur minimal zu beeindrucken wären, ist politisch hochgradig naiv. Mir fällt dafür kein besseres Beispiel ein als dieses. Auch deshalb muss es um den justiziablen Aspekt gehen – er macht die angeblich 20 Jahre alte Geschichte zur aktuellen. Und m.E. handelt es sich um aktuelle politische Kriminalität, wenn Sportverbände systematisch gegen Verwaltungsrecht verstoßen und der Innenminister mit Verweis auf die Autonomie des Sports abzusegnen gedenkt, was in seinem politischen Verantwortungsbereich liegt: nämlich Überprüfung der regelkonformen Verwendung von Steuergeldern.
Thomas Hahn in der Süddeutschen: „Spätfolgen der blauen Tabletten“
http://www.sueddeutsche.de/G5I38a/2920915/Spaetfolgen-der-blauen-Tabletten.html
Klaus Schneider:
Erhellend. Sieht für mich so aus, als ob hier nach dem Vorbild der Medwedjew-Kommission „für Gegenmaßnahmen gegen Versuche der Verfälschung der Geschichte zum Schaden der Interessen Russlands“ eine Art Geschichtsfälscherkommission zum Nutzen der Interessen des gesamtdeutschen Sports installiert worden ist.
In Rusdsland beauftragt man FSB-Agenten mit so etwas, in Deutschland ausgediente Bundesverfassungsrichter.
@ha: Die Frage bleibt — was wussten die Athleten? Kann sein, dass Klaus Schneider Recht hat, kann sein, dass er Unrecht hat. Vielleicht liegt die Wahrheit auch dazwischen. Aber klingt es so gaenzlich abwegig, was er sagt?
Zum Verwaltungsrecht: Ich habe eher die Befuerchtung, dass die unterbliebene Ruecknahme der Bescheide jetzt in eine Selbstbindung der Verwaltung umgeschlagen ist. Diese ergibt sich (mittelbar) aus Artikel 3 Grundgesetz (Gleichbehandlungsgrundsatz). Es ist dann auch kein rechtsfreier Raum mehr. Das eigentliche Problem ist, dass sich so eine Selbstbindung nicht mehr so leicht beseitigen laesst, wie sie sich herstellen laesst. Es gibt, neben dem fehlenden Willen, anscheinend auch noch eine selbstgeschaffene, respektable juristische Huerde zu beruecksichtigen.
Vielleicht moechte sich der Bundesrechnungshof damit ja beschaeftigen. Aber wer fragt mal bei ihm an?
@nocheinjurist
Das ist nicht die Kernfrage: Viele Athleten, waren sie älter als 18, wussten, dass sie illegale Mittel bekommen. Zumindest konnten sie das aus dem Umstand schließen, dass ihnen eine Schweigeverpflichtung abverlangt wurde. Wieviel sie daraus geschlossen haben, kann nur jeder selbst beantworten. Die offizielle Formulierung war: Unterstützende Mittel (nicht: „Anabolika“) zur Erhöhung der Belastbarkeit.
Daraus resultiert aber wohl eine Hemmung vieler Athleten, darüber zu sprechen – dem System ist es gelungen, ihnen mit dieser partiellen Mitwisserschaft eine Art Schuldkomplex einzupflanzen. Auf dieser Klaviatur spielen diese Trainer und auch Peter Danckert, wenn er meint, Opfer seien nicht Opfer gewesen.
Die eigentliche Frage ist also: Waren auch diese Athleten Opfer, selbst wenn sie geschlussfolgert haben sollten, dass es sich um Doping – ein Wort, das in der DDR nicht existierte – handelt? Das waren sie, meiner Meinung nach. Denn über die verheerenden gesundheitlichen Folgen wurde nicht einer aufgeklärt. Das war Geheimwissen der DDR-Funktionäre und Sportmediziner; selbst Trainer wussten davon oft nichts. Sie konnten allerdings etwas sehen …
Klar, dass Minderjährige ausgenommen sind. Und in diesem Alter begann die Einbeziehung ins Staatspanthema in den meisten Sportarten, auch in der Leichtathletik.
Der Hinweis auf „Selbstbindung der Verwaltung“ ist interessant, etwas für einen Experten.
@nocheinjurist: Wissen sie, was mich an der ganzen Geschichte stört? Solche Behauptungen wie von den Herren Schneider und Pottel wären vor zehn Jahren noch nicht gefallen. Heute greift die Verjährung. Von dieser Seite aus kann ihnen nichts mehr passieren. Dazu bekommen sie durch ihre „Pauschalentschuldigung“ auch noch Rückendeckung von Seiten des Sports und dürfen damit ihre Jobs behalten.
„Wie feige!“
Ich habe mein EM-Gold nicht umsonst abgegeben. Denn ich wusste als Werfer (auch wenn Herr Schneider es anders behauptet)nicht, was mir dort verabreicht wurde. Ich habe es erst durch die Prozesse erfahren.
Was wirklich schlimm ist?
Ich komme mir vor wie ein Vergewaltigungsopfer, das vor Gericht zwar Recht bekommen hat, der Täter wurde auch verurteilt, aber dennoch werde ich durch damalige Mittäter immer wieder als die eigentliche Hure hingestellt, die für ihr eigenes Schicksal selbst verantwortlich gemacht wird.
Das ist schlimm und das tut weh.
Andreas Krieger
Pingback: Dichtung und Wahrheit und Ehrendoktor Schäuble : jens weinreich
@ nocheinjurist.
Zum Verwaltungsrecht: Es geht hier nicht um eine Rücknahme der Bescheide (Verwaltungsakt, Zuwendungsbescheid). Es geht vielmehr um die Frage einer Rückforderung von durch DOSB und DLV missbräuchlich verwendeten Fördergeldern. Also müsste ein neuer Bescheid/Verwaltungsakt vom BMI erlassen werden, der eine Rückforderung vorsieht.
Und das mag vielleicht eine Frage für den Budnesrechnungshof sein, aber zuallererst ist es eine Frage der Verwaltung (Bundesinnenministerium), die an Recht und Gesetz gebunden ist. Und wenn ich die Worte einiger Sportpolitiker richtig verstehe, dann ist das auch eine Frage einer politischen Entscheidung des Sportausschusses.
Eine „Selbstbindung der Verwaltung“, also eine Reduzierung es verwaltungsrechtlichen Ermessenspielraums, könnte entweder durch die Förderrichtlinien des BMI oder aber durch den Zuwendungsbescheid selbst gegeben sein.
Aber: Hier geht es nicht um eine Förderentscheidung zugunsten und auf Antrag des DOSB (Anteil des BMI an den Entsendungskosten für Olympia in Peking, Athen, Sydney, Atlanta, Barcelona) und des DLV (Leistungssportpersonal, ggf. Förderung der Jahresplanung der Verbände), sondern es geht um einen Verstoß gegen schon erlassene Zuwendungsbescheide. Das BMI müsste also von sich aus dem maßgeblichen Eingeständnis „Wir haben gegen die Ehrenerklärung verstoßen“ nachgehen und von DOSB und DLV mindestens die anteiligen Fördergelder für die Trainer zurückfordern. Sehr merkwürdig, dass sie das nicht machen werden.
Ich gehe sogar noch weiter: Es liegt nicht nur ein Verstoß gegen die Zuwendunsgbescheide und Förderrichtlinien vor, sondern die Sportorganisationen haben gegen ihre eigenen Regeln verstoßen. Hier stellt sich die auch verwaltungsrechtlich sehr relevante Frage der Zuverlässigkeit der Zuwendungsgnehmer. Dies dürfte in einer Gesamtabwägung zwar nicht zu einer generellen Einstellung der finanziellen Sportförderung führen, aber gleichwohl sollten sportpolitische und letztendlich auch zuwendungsrechtliche Konsequenzen nicht nur diskutiert, sondern auch mal tatsächlich durchgezogen werden. Oder wie sollte man sonst mit brüchigen Vertragspartnern (noch eindeutiger: Zuwendungsempfängern) umgehen?
Übrigens: In den letzten zwei Jahren hat das BMI dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) im Fall Busch und nachträglich dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR) im Fall der Rad-WM 2007 in Stuttgart einen Teil der zugesagten Fördermittel entzogen. Bei sportpolitisch weniger relevanten Entscheidungen hat das BMI also – übrigens in beiden Fällen mit Einverständnis der Verbände – Farbe bekannt. Warum nicht auch im eindeutigen Fall der DLV-Trainer? Hat das BMI etwa von der Vergangenheit der Trainer gewusst, aber keine Konsequenzen eingefordert?
@ mb: Soweit ich mich erinnere, wuerde erst der Zuwendungsbescheid (teilweise) widerrufen (Par. 49 Verwaltungsverfahrensgesetz – ist also keine Ruecknahme, sondern ein Widerruf) und dann ein Rueckforderungsbescheid erlassen. Gegen beide Bescheide sind isoliert Rechtsmittel moeglich. Vielleicht saehe ich das aber anders, wenn ich die Bescheide sehen wuerde.
Mit der Selbstbindung der Verwaltung dachte ich eher an einen eingeschraenkten Ermessensspielraum durch Unterlasen des Widerrufs (in anscheinend hinreichend vielen Faellen). Klar, es gibt eigentlich keine Gleichheit im Unrecht, aber das Nicht-Widerrufen scheint mir eher Teil der aktiven Foerderpolitik zu sein.
Und zu den angesprochenen Ausnahmen: Ob man „Farbe bekennt“, wenn man mit „Einverstaendnis der Verbaende“ etwas tut, lasse ich mal dahinstehen. Hier wird wohl eher die, naja, langjaehrige Geschaeftsbeziehung zwischen Zuwendungsgeber und -empfaenger fuer das rechtsstreitfreie Ergebnis gesorgt haben. Aber, in der Tat, das wuerde eher gegen eine Selbstbindung sprechen. Da hier letztlich aber immer und ueber Jahre hinweg dieselben Parteien am Verhandlungstisch sitzen werden, werden wir wohl nie erfahren, wie tragfaehig das Argument im Rechtsstreit ist.
@ Andreas Krieger: Mir faellt es schwer, Ihnen angemessen zu antworten. Ich bin weder Taeter noch Opfer, noch stehe ich einer Seite persoenlich (verwandschaftlich oder beruflich) naeher als der anderen. Ich schrieb es schon mal so aehnlich an anderer Stelle: Die Entscheidungsgruende von Sportlern, Dinge ueber sich ergehen zu lassen (wie eine permanente Medikamenteneinnahme — im Normalfall kommt der menschliche Koerper ganz gut ohne alles zurecht, was man so in Tabletten pressen kann), moegen recht vielschichtig gewesen sein.
Es moegen auch von den Sportlern oder Personen in seinem Umfeld koerperliche Veraenderungen im Zusammenhang mit der Einnahme der Mittel bemerkt worden sein. Der einfachste Weg ist, auf die zu zeigen, die die groesste Schuld haben. Warum die uebrige Sozialkontrolle aber versagt zu haben scheint, das hat sich mir noch nicht erschlossen.
Ob der Vergleich mit Vergewaltigungsopfern angemessen ist, weiss ich nicht.
Michael Reinsch in der FAZ: Kein Wort über Doping
@ nocheinjurist
Für alle, welche an den Aussagen vieler Doping-Opfer zweifeln, besteht die Möglichkeit, aus diversen Gerichtsakten die tatsächlichen Abläufe nachzuvollziehen. In diesen Akten (Anklageschriften gegen Schwimmtrainer und -funktionäre, Sportärzte sowie gegen Höppner und Ewald) werden in erster Linie nicht die Zeugenaussagen der Sportler zitiert, sondern anhand von Täterdokumenten (Stasiakten u.a.)wird die Dimension und die Organisation des DDR-Dopings, einschließlich der Rolle der Trainer, eindeutig belegt.
Gerne über unsere DOH-Kontakadresse anforderbar!
Für Sie, geschätzter nocheinjurist, sicher interessant.
@ nocheinjurist
zum Thema Verwaltunsgrecht, Zuwendungsbescheide
Könnte es in den Zuwendungsbescheiden an DLV und DOSB nicht auch eine verwaltungsrechtliche „Auflage“ oder sogar eine „auflösende Bedingung“ geben? Wie sehen Sie das?
@ nocheinjurist:
Eine „passende“ Geschichte aus der Welt des Sports aus „Doping im Spitzensport“ von Singler und Treutlein (2006)?
Tagesspiegel zu Goldmann / Reiche:
http://www.tagesspiegel.de/sport/Leichtathletik-WM-Werner-Goldmann-DDR-Doping-1989;art19477,2819170
Im gedruckten Blatt ist das Aufklärungsstück mit einem ausführlicheren Ende versehen als online:
Kann man ja echt froh sein, dass es keine Generalamnestie gibt …
@nocheinjurist:
Sicherlich scheint der Vergleich mit einem Vergewaltigungsopfer hart, aber so empfinde ich die Situation.
Ich zeige nicht mit dem Finger auf diese oder beliebige Andere. Ich zeige seit Jahren schon mit dem Finger auf immer dieselben Leute. Nämlich auf die verantwortlichen Trainer, Ärzte und Funktionäre, die sich in der DDR des Dopingmissbrauchs an Kindern und Jugendlichen strafbar gemacht haben. Mindestens zwei der jetzt mit Persilschein versorgten Trainer – Goldmann und Ritschel – sind Kinderdoper.
Und ich zeige heute mit dem Finger auf genau die Leute (Politik und Sport), die aus der Geschichte nichts gelernt haben und denen es – selbst noch nach dem Fall Springstein – wichtiger ist, eben diese ehemaligen DDR-Trainer weiter in Amt und Würden zu halten, als nach dem eigenen Reglement zu handeln, das besagt, dass solche Trainer nicht mehr im Sport beschäftigt werden dürfen.
Wenn Sie es so sehen wollen, übe ich heute eine Art Sozialkontrolle ;-)
Wenn Sie nach „Sozialkontrolle“ in der DDR fragen, legen Sie den Maßstab der falschen Gesellschaft an. Kontrolle beschränkte sich darauf, das Staatsgeheimnis um jeden Preis zu schützen. Soll heißen, gab es Fragen oder wurde eine Person misstrauisch, fand man Wege, sie mundtot zu machen – oder schloss, das konnte Athleten und Trainer treffen, die Frager vom Leistungssport aus. Das galt auch für die Kinder der Frager. Sollten Sie die Eltern ansprechen – Kinder von bekannt nicht linientreuen Eltern wurden schon im Aufnahmeverfahren für die Sportschulen ausgesiebt. Bei anderen Eltern zog die Argumentation, das viele Training verändere eben die Physis …
All das fällt wohl eher nicht unter Ihr Verständnis von „Sozialkontrolle“ – aber unter den Begriff „Diktatur“.
dpa: Fall Goldmann: Verschiebung des Gerichtstermins?
FAZ: Gewichthebertrainer Frank Mantek – Die vergessenen Jahre
Meldung von Christian Klaue im Sportinformationsdienst:
Unqualifiziert: Kann man gar nicht so viel essen wie man k….. möchte.
@ Andreas Krieger: Dann muss ich mich korrigieren — die Sozialkontrolle, wie ich sie verstehe, hat nach dem, was sie schreiben, funktioniert. Wer zu neugierig wurde, bekam „die Quittung“ – und auch keine Dopingmittel mehr, denke ich mal.
Mit Sozialkontrolle meinte ich vor allem, dass man sich dafuer interessiert, was nahestehende Personen machen, warum sie sich veraendern. Dass Eltern also auf ihre Kinder achten und sie vor Schaden bewahren. Von bestimmten Vorteilen war man dann vielleicht auch abgeschnitten. Mal nachgefragt, weil ich es wirklich nicht weiss: Was waren konkret die Konsequenzen, wenn man aus Misstrauen den Vitaminpraeparaten gegenueber aus dem Leistungssport aussteigen wollte/musste?
Ich habe irgendwie noch Berichte ueber „tiefere Stimmen“ von Sportlerinnen in Erinnerung. Wegen des vielen Trainings — glaubten es die Eltern?
In ihrer Vorstellung von aktuell ausgeuebter Sozialkontrolle finde ich eher eine „Auge-um-Auge“-Vorstellung. Dopende Trainer duerfen, so verstehe ich Sie richtig (?), nie wieder als Trainer „im Staatsdienst“ arbeiten. Im Zweifel ist das aber ihre einzige berufliche Qualifikation, und es kommt einem absoluten Berufsverbot gleich. Was wuerden Sie die Leute denn arbeiten lassen, und was nicht?
Pervers finde ich uebrigens (neben dem Hauptthema), dass beim Fund einer IM-Akte von Herrn Goldmann, selbst bei belanglosen Berichten und von kurzer Dauer, also ohne Schaedigung anderer, er heute hoechstwahrscheinlich keinen Vertrag mehr erhalten wuerde. Trotz nachweisbarer Schaedigung anderer gibts aber einen solchen. Das ist fuer mich die Hauptschraege in den DDR-Diskussionen.
@ Ute Krieger-Krause: Zweifle ich an der Darstellung der Sportler, wenn ich nachfrage, was die Sportler wussten, was sie dachten, wenn sie die Pillen schluckten, ob sie sich wunderten ueber ihre Leistungssteigerungen? Uebrigens, ich will nur dasselbe ueber die ehemaligen Top-Sportler wissen, was heute alle Journalisten ueber die aktuellen Top-Sportler wissen wollen. Wenn Frau Huetthaler von den Leistungsschueben erzaehlt — gab es damals so etwas auch, und dann ohne Wundern?
Hier
http://jensweinreich.de/?p=4031#comment-9880
wurde ein alter Spiegel-Artikel verlinkt, dessen Wahrheitsgehalt ich nicht einschaetzen kann. Unterstellt, die Kernaussagen ueber die bundesdeutschen „Kraftathleten“ stimmen generell und die Geschichte ist nicht gaenzlich erfunden, dann wuerde das Wissen der Sportler ueber die Praeparate, die sei eingenommen haben, als eine der wenigen Sachen an der Mauer halt gemacht haben. Ich habe, sehen Sie es mir bitte nach, gewisse Schwierigkeiten, mir das vorzustellen.
@ mb: zitiere mich mal selbst: „Vielleicht saehe ich das aber anders, wenn ich die Bescheide sehen wuerde“
nocheinjurist,
den Link habe ich reingestellt.
Hier ist er nochmal und gleich noch einen zum Fußball dazu:
http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=13499707&top=SPIEGEL
http://www.dailymotion.com/video/x5dnlx_doping-im-fussball_sport
Gehen Sie davon, dass der Wahrheitsgehalt eher noch höher anzusiedeln ist und ausnahmslos alle Sportarten betraf.
Hat denn Herr Bach gestern mit den staatlich anerkannten Dopingopfern gesprochen ?
Da ging es sicherlich auch um Ihre Fragen.
An der Mauer hat nichts halt gemacht. Das „Volk“ wußte,dass „man“ die „Pille“ nahm.
@ Walter: Sie haben gestern miteinander gesprochen. Ein Beitrag dazu folgt in Kürze.
dpa: Goldmann wird Diskustrainer der Frauen
sid: Olympia: Alle Trainer bestanden „Doping-Test“
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