Zum Inhalt springen

Das Olympische Bildungsmagazin

Bestechung im Handball? Rosenkrieg beim THW Kiel

Huch, was ist denn das? Auf jeden Fall mal eine interessante Zuspitzung des ewigen regionalen Duells zwischen der SG Flensburg-Handewitt und dem THW Kiel.

Schiedsrichter-Manipulation beim THW Kiel? -- HBL-Aufsichtsrat prüft Vorwürfe

„Droht dem internationalen Handball ein Riesen-Skandal?“ / Screenshot: Flensburger Tageblatt

Bestechung im Handball? Davon haben wir zuletzt einiges gehört, meist betraf es allerdings den IHF-Präsidenten Hassan Moustafa mit diesem Schwerpunkt: einem hundsgemein langen Blogeintrag, wie ich damals formulierte. Diesmal überrascht schreibt das Flensburger Tageblatt (Screenshot oben) eine heiße Geschichte: Schiedsrichter-Manipulation beim THW Kiel? Es geht um die Finals der Champions League 2006/2007.

(Hinspiel in Flensburg: 28:28. Rückspiel in Kiel: 29:27. Schiedsrichter aus Polen: Miroslaw Baum/Marek Goralczyk)

Nach Informationen des sh:z steht der Verdacht im Raum, dass das polnische Schiedsrichterduo vor dem Final-Rückspiel der Königsklasse in der Kieler Ostseehalle bestochen worden sein soll. Die deutsche Handball-Liga (HBL) will angeblich schon morgen Vormittag in Hamburg zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um die Vorwürfe zu diskutieren. „Wir nehmen die Sache sehr ernst und wollen schnellstmöglich aufklären“, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann am Sonntag. Er wisse, dass es diese Vorwürfe gebe. Belastendes liege ihm aber derzeit nicht vor, so Bohmann.

Hintergrund des Vorgangs soll eine Selbstanzeige des damaligen THW-Trainers Noka Serdarusic sein. Serdarusic, der ab der kommenden Saison bei den Rhein-Neckar-Löwen auf der Bank sitzen sollte, in der vergangenen Woche aber überraschend aus gesundheitlichen Gründen absagte, musste im vergangenen Sommer nach Differenzen mit THW-Manager Uwe Schwenker seinen Posten auf der Kieler Trainerbank räumen. Schwenker war am Sonntag zu einer Stellungnahme nicht zu erreichen.

Vielleicht können wir uns vorerst darauf einigen: Handball und Bestechung, Handball und Korruption – das passt gut zusammen. Wenigstens so gut, wie Schwenker und Serdarusic nicht mehr zusammen gepasst haben. Und diese Konstellation ist beinahe klassisch zu nennen und war (mit anderen Personen natürlich) schon oft Auslöser für große Enthüllungen: Zwei haben sich nicht mehr lieb und tragen ihren Rosenkrieg aus. Wenn dadurch ein bisschen Wahrheit ans Licht kommt, ist nichts dagegen einzuwenden.

Nachtrag 1, 19.36 Uhr, Infos zur Orientierung:

  • Diskussion aus jenen Tagen im Fanforum der SG Flensburg-Handewitt: Wie waren denn die Schiris drauf? (führt aber auch nicht wirklich weiter)
  • THW-Webseite zum Finale
  • Erik Eggers schrieb damals aktuell in der Frankfurter Rundschau:

Doch die Gäste gaben sich nicht auf, bäumten sich mit großer Moral auf gegen die Niederlage, und als der kroatische Olympiasieger Blazenko Lackovic zum 17:17 (38.) einwarf, war die Partie wieder offen. Kiel zog zwar durch die wuchtigen Tore Karabatic‘ zwischenzeitlich wieder auf 22:17 (45.) davon, doch Flensburg konterte erneut, verkürzte durch die trickreichen Strafwürfe Anders Eggerts und die rasanten Tempogegenstöße des Torge Johannsen.

Der große Handballkampf wurde erst in den Schlusssekunden entschieden. Als der THW dann zunächst auf Dominik Klein (Zeitstrafe) und Zeitz (Rote Karte) verzichten musste, benötigte Flensburg beim 28:27, das Ljubomir Vranjes 25 Sekunden erzielte, nur noch einen Treffer, um das Siebenmeter-Werfen zu erreichen. Dreizehn Sekunden vor ultimo nahm THW-Coach Noka Serdaruisic eine Auszeit. Bei 4:6-Unterzahl bediente Hendrik Lundström den freistehenden Kim Andersson, und der warf ein zum entscheidenden 29:27. Der Rest war schwarz-weißer Jubel.

Nachtrag 2, 23.44 Uhr: Der Sportinformationsdienst meldet, Serdarusic streite die Selbstanzeige ab:

„Dieses Gerücht entbehrt jeder Grundlage“, sagte der gebürtige Bosnier am Sonntagabend dem sid.

26 Gedanken zu „Bestechung im Handball? Rosenkrieg beim THW Kiel“

  1. Das Problem des Handballes ist, dass in den letzten Jahren gerade in Deutschland unheimlich viel Geld geflossen ist,das internationale Schiedsrichterwesen aber noch sehr amateurhaft ist.
    Gerade bei der WM gab es mehrere Berichte, dass Schiedsrichter vor Spielen sich in Kneipen aufgehalten haben.

  2. Die Kieler sind aber auch doof! ;D
    Ich bin ja mal sehr gespannt, ob da was rauskommt und hoffentlich steht morgen mehr als nur die paar Sätze in der Zeitung.

  3. laut anderen Informationen aus der Handballszene hat der Übebringer des Geldumschlages Selbstanzeige gemacht; es soll schon ein entsprechendes Aktenzeichen bei einem Gericht in Berlin geben

  4. Der Bericht des geschätzten Kollegen E. lässt ja eher nicht eine Parteilichkeit der Spielleitung zugunsten der Kieler erkennen. Wenn ich schon Geld annehme, verpasse ich dem „edlen Spender“ ja nicht in der entscheidenden Phase eine zweifache Unterzahl. Muss mir mal meine Artikel von damals ansehen, aber ein merkwürdiges Gefühl hatte ich damals nicht

  5. @ Wil: Habe mir ein bisschen was durchgelesen. Als Nichtaugenzeuge damals fällt mir heute nur auf, dass Boldsen schon nach einer Viertelstunde Rot sah. Aber das muss nichts heißen. Sieh doch mal nach, wie Du das damals gewertet hast.

  6. Also ich musste auch sofort an Boldsens Rote Karte denken, die mir damals schon sehr hart vorkam.

    Aber: Nach dem Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe gegen den FC Bayern im UEFA-Cup-Halbfinale gegen St. Petersburg erschien die desaströse Bayern-Leistung auch plötzlich … verständlich.

    Heißt: Muss alles nix heißen, und hinterher glaubt man oft, schlauer zu sein.

    Wo steht ihr Phrasenschwein?

  7. Ab 1:25 min kann man sich die rote Karte von Boldsen anschauen. Der damalige Co-Kommentator Horst Bredemeier war wenig begeistert von der Entscheidung.

    Video

  8. Ich habe das Spiel damals in voller Länge im Fernsehen gesehen, und mir kam dabei eigentlich alles normal vor. Insbesondere in der Schlussphase, als Kiel in doppelter Unterzahl agierte, kann von Manipulation keine Rede sein. Ein mögliches Siebenmeterwerfen wäre für eine etwaige Manipulation fatal gewesen, weil dort die Möglichkeiten des Schiris zur Einflussnahme deutlich geringer sind als im „normalen Spiel“.

    Es ist aber natürlich denkbar, dass die Schiris Geld angenommen hatten und manipulieren wollten (siehe Boldsens frühe rote Karte), dann aber kalte Füße bekamen und sich in der entscheidenden Phase ihrer eigentlichen, unbestrittenen Fähigkeiten (unparteiliche Spielleitung) besannen. Grundsätzlich wird das polnische Gespann in Fachkreisen als ausgezeichnet eingeschätzt.

  9. Ja, die Rote Karte … Witzig war, als ich dann gestern Abend noch den Artikel auf der THW-Seite las, sofort wieder dieses her nicht rot-würdige Foul vor Augen hatte. Hab aber natürlich noch mal ins Online-Archive geschaut und zitiere wunschgemäß:
    „…Doch Kiel und sein Trainer blieben verschont, auch wenn das dramatische, aber nie hochklassige zweite Endspiel bis zuletzt offen war. Noch in den letzten 30 Sekunden drohte den Gastgebern eine Verlängerung“ (natürlich falsch, es hätte sofort ein Siebenmeterwerfen gegeben, was ich auch wusste, aber im normalen Sonntags-Stress nicht mehr geistig verarbeitete) „,ehe Kim Andersson gegen die offene SG-Deckung freistehend den Schlusspunkt setzte.
    „Kiel hat den Titel verdient“, erwies sich später Flensburgs Manager Thorsten Storm als fairer Verlierer. Wobei ihm die Rote Karte für Joachim Boldsen schon sauer aufstieß, der Christian Zeitz parterre gezogen hatte (19.). „Das habe ich den Schiedsrichtern auch gesagt, dass sie in so einem Spiel mehr Fingerspitzengefühl haben müssen“, haderte Storm mit den polnischen Unparteiischen, die sicher nicht die beste Leistung boten.
    Mit Boldsen ging auch ein weiterer Funken Flensburger Hoffnung. „Wir haben einfach zu viele Chancen vergeben“, sagten sie durchweg und trafen damit den Nagel auf den Kopf. 16 Paraden verzeichnete Kiels Schlussmann Thierry Omeyer, was in etwa die Gesamt-Bilanz von Dan Beutler und Jan Holpert war. „Da kann man mal sehen, wie wichtig in so einem Spiel der Torwart ist“, sagte Storm.“
    Stimmen (frisch abgetippt, weil nicht online): Es war ein ganz normales Foul. Eine Zwei-Minuten-Strafe wäre ausreichend gewesen (Zeitz)
    Die Rote Karte war nicht der K.o. Wir hatten ja noch genug Möglichkeiten (Boldsen)
    Insgesamt ist der THW ein verdienter Sieger. Unsere Mannschaft ist ans Limit gegangen, aber dann hat auch das Quäntchen Glück gefehlt (Storm)
    Kiel ist die beste Mannschaft der Welt. (KH Andersson)

  10. @Tobi: Doch, in Fachkreisen ist das polnische Spitzengespann Baum/Goralczyk durchaus anerkannt. Nicht umsonst werden sie für Top-Begegnungen (z.B. Finale der Champions League, Olympia-Finale) eingesetzt.

    Der oben verlinkte Beitrag enthält nichts als unspezifische Anschuldigungen eines scheidenden Funktionärs. Es ist möglich, dass er recht hat, aber Beweise kann er keine vorlegen. Auch dieses Spiel habe ich damals gesehen, und der Spielverlauf (zweimalige Verlängerung, Siebenmeterwerfen) wirkte, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, ziemlich „natürlich“. Es gab keine besonderen Auffälligkeiten, insbesondere keine zurückgepfiffenen Siebenmeter o.ä., was die einzig relevante Einflussmöglichkeit des Schiedsrichters während des Siebenmeterwerfens gewesen wäre.

    Wie gesagt: Kann sehr gut sein, dass dennoch Geld geflossen ist und/oder manipuliert wurde, und vielleicht ist die Bereitwilligkeit, einen konkreten Spielausgang herbeizupfeifen, überhaupt erst der Grund, weshalb die beiden Schiris bei Top-Partien von der IHF eingesetzt werden, aber das ist nichts weiter als Spekulation.

  11. OK, korrigiere meine Aussage, sie gelten teilweise als umstritten.
    Wobei das eine mit dem anderen ja nichts zu tun haben muss.
    Auf das Ansetzungssystem als Qualitätsindikator zu verweisen ist auch etwas wackelig. Ist das einzige was man hat aber die Vergangenheit zeigte da manchmal auch seltsame Geschichten. Anders herum ist in den deutschen Medien schon eine gewisse Tendenz gegen ausländische SR bzw angeblich gegen Deutschland pfeifende SR zu erkennen. Insofern gebe ich dir recht, dass man da vorsichtig sein muss und alles Spekulation ist. Wie auch diese ganze Geschichte.

  12. @Jens
    weisst Du, wieso EE heute den Artikel im Flensburger Tageblatt geschrieben hat?
    Bedeutet dies, dass EE auch zu den Informationen im ersten Bericht des FT beigetragen hat?
    Oder fanden die Flensburger den Artikel eines freien Journalisten besser als ihr eigenes Team?

  13. außer eggers gibts doch kaum kritische journalisten im handball… ich vermute mal, der erste artikel geht auch auf ihn zurück.

  14. laut einem posting in der handballecke stammt auch der erste artikel von eggers. was für mich die geschichte ungleich brisanter macht, eggers schreibt keinen mist.

  15. Da ich an sich aktiv aus dem Fußball komme: Spielst du erst Linksaußen, bist du auch bald draußen… Ich weise einen etwaigen Mangel an kritischen Handball-Journalisten zurück, auch wenn E. sicher einer der besseren ist. Mitunter aber ist es sehr spannend zu beobachten/ahnen, wie Kollegen domestiziert werden. Und natürlich gibt es auch im Handball zu viele Verbrüderungen und „du“!

  16. ich schrieb „kaum“. meint: kann man an zwei händen abzählen. und damit sind bspw. die macher von handball-world.com schon mitgezählt…

    (im fußball siehts ja prozentual gesehen kaum anders aus).

    seis drum, ich warte mal auf die ergebnisse der hbl-sitzung heute abend. spekuliert wird ja bereits fleißig. unter anderem, weil das alles auf einem brief von dieter matheis an den thw beruhen soll. matheis ist im wirtschaftsbeirat der rhein-neckar-löwen, was für die (unkritischen) kielfans natürlich eine runde sache ergibt…

    egal, wie es ausgeht, der imageschaden ist bereits da.

  17. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (23): Bestechung im Handball? Ach Quatsch! : jens weinreich

  18. Pingback: Michael Schmidt

  19. Die Rhein Neckar Löwen lassen nicht locker:
    http://www.spiegel.de/sport/sonst/0,1518,611170,00.html

    Wenn die RNL jetzt nicht endlich mit Beweisen rüberkommen, bleiben sie zukünftig besser der „Ostseehalle“ fern. Dieses ewige „… ich hatte ’nen Trainer, dessen Freundin beim Friseur gehört hat, dass der Manager von …“ wird langsam lästig und zunehmend peinlich. Butter bei die Schollen oder Mund halten.

  20. Langsam wir mir das Ganze zu doof

    Ich habe einfach mal zwei Fragen:

    1. Wenn die angeblichen Manipulationen bis ins Jahr 2000 zurückgehen sollen, dann muss doch Herr Schwenke (bis 2002 beim THW und jetzt bei den Rhein Neckar Kröten) etwas dazu sagen können, oder ??? !!!

    2. Wenn das CL – Finalegegen die SG manipuliert gewesen sein sollte, warum musste der THW denn dann die letzten MInuten dieses Spielsin doppelter Unterzahl spielen ???

    AN ALLE GERÜCHTESCHÜRER UND TRITTBRETTFAHRER:

    Besser mal die unqualifizierte Klappe halten !!!

  21. Pingback: Der Fuchs im Hühnerstall oder: Ehrenmänner, Ehrenworte, Ehrensachen : jens weinreich

  22. Mal wieder Handball: „Kieler Ex-Manager Schwenker droht Anklage“, schreibt SPON Dass eine Anklage droht, ist zwar nicht wirklich neu bei der Dauer der Ermittlungen, aber dass er offenbar vor einer Anklage steht, schon

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

What they say
"I give a shit on you!
I shit on German media!"
Husain Al-Musallam
President World Aquatics
and Co-Conspirator #3
coming soon
fund journalism
FIFA Watch
best of