Zum Inhalt springen

Jens Weinreich

Interview mit Theo Zwanziger: „Ich fühle mich nicht als Täter“

Immer wieder Überraschungen an Freitagabenden. Vergangene Woche diese abstrusen DFB-Wahrheitsbeugungen, die ich hier zerpflückt habe. Und eben, um 17.38 Uhr, erscheint ein Interview mit dem DFB-Präsidenten Theo Zwanziger auf sueddeutsche.de, Überschrift: „Ich fühle mich nicht als Täter“. Ich muss noch ein wenig darüber nachdenken, was das alles bedeutet und wie absurd es ist, dass der Kommunikationsherrschafts-Anstreber Zwanziger lang und breit seine Sicht der Dinge darlegen kann und bei all den Irrungen immerhin mehrfach auf dieses Blog verweist. Herr Niggemeier, der am Nachmittag ein offenbar sehr buntes Word-Dokument vom DFB-Pressesprecher erhalten hat, in dem also auch viele bunte Versionen des Textes und der DFB-Wahrnehmung ersichtlich sind, meint, man könne Zwanziger in dem sueddeutsche.de-Interview „bei der Selbstdemontage zusehen“.

(Dieses hübsche Tool, das die Nachbarn von sportticker.net erstellt haben, könnte zum Verständnis beitragen. Für den DFB: So etwas Wunderbares gibt es anonym und weitgehend unbekannt im Internet. Und umsonst.)

Wer hier mitgelesen hat, dem sollten etliche Ungereimtheiten in Zwanzigers Aussagen auffallen. Aber ich mag das jetzt gar nicht kommentieren. So weit ich bislang in Erfahrung bringen konnte, erscheint das Gespräch morgen nicht in der Papier-SZ, weil es wegen der Wetterkapriolen wohl einige Änderungen im Andruck gegeben hat. Mit freundlicher Genehmigung von Hans-Jürgen Jakobs, Chefredakteur von sueddeutsche.de, veröffentliche ich den kompletten Text. Hier darf wie immer diskutiert werden, verlinkt wird peu à peu:

„Ich fühle mich nicht als Täter“

DFB-Chef Theo Zwanziger bezieht Stellung zu seiner Auseinandersetzung mit einem freien Journalisten um den „Demagogen“-Vorwurf. Ein Gespräch über Meinungsfreiheit und Konfliktkultur.

Interview: Christopher Keil, Süddeutsche Zeitung

Am 25. Juli schrieb der freie Sportjournalist Jens Weinreich, 43, in dem öffentlichen Internet-Blog „Direkter Freistoss“ über Theo Zwanziger, den Präsidenten des Deutschen Fußbal-Bundes (DFB): „Ich (habe) schon viele Auftritte von Sportfunktionären erlebt, aber dieser von Zwanziger war einer der schlimmsten in der nach unten offenen Peinlichkeitsskala. Er dreht nach der Kartellamtsentscheidung völlig durch. Er ist ein unglaublicher Demagoge. Schuld an allen Problemen des Fußballs, des DFB im allgemeinen und der DFL im besonderen ist einzig und allein das Bosman-Urteil – das, behauptete Zwanziger fast wörtlich mehrfach. Es ist das alte Lied, wenn er sagt: ,Die Spezifika des Sports hat man in der europäischen Entwicklung schlicht und einfach nicht gesehen und verschlafen.‘ Es ist das Lied derer, die die Kosten vergesellschaftlichen und die Gewinne privatisieren. Derer, die nach Autonomie schreien, wenn es Vergehen von Funktionären zu vertuschen gilt, die aber immer nach Sonderregeln und Ausnahmegesetzen schreien, wenn ihr Milliardengeschäft an ganz normalen Gesetzen und Gesetzmäßigkeiten gemessen wird.“

Zweimal versuchte Zwanziger im September und Oktober, Weinreich gerichtlich verbieten zu lassen, ihn als Demagoge zu bezeichnen. Der 63-Jährige sieht sich in seiner Ehre verletzt. Am 14. November veröffentlichte der DFB eine sehr ausführliche Pressemitteilung, in der ausgedrückt wird, dass der DFB die Einlassungen Weinreichs als „Diffamierung“ empfinde und scharf missbillige. Dass Zwanziger mit seinen Einstweiligen Verfügungen scheiterte, wird verschwiegen, dafür behauptet, Weinreich habe nun auf eine Klageandrohung hin eingelenkt. Der Journalist, der den gesamten Fall in seinem Blog (www.jensweinreich.de) dokumentiert hat, bestreitet das und wirft dem DFB Wahrheitsbeugung, Irreführung und Lüge vor. Ein Gespräch mit DFB-Präsident Zwanziger über Meinungsfreiheit, Demagogen und Konfliktkultur.

SZ: Herr Zwanziger, warum verschweigt der DFB in einer aktuellen Pressemitteilung zum Streit mit dem freien Journalisten Jens Weinreich, dass Sie bisher gerichtlich zweimal gegen Weinreich verloren haben?

Theo Zwanziger: Wir hatten einstweilige Verfügungsverfahren. Das sind vorläufige Verfahren, die sich nicht mit dem Gesamtsachverhalt ausreichend beschäftigt haben. Dafür sind Hauptsacheverfahren zuständig, ein Urteil ergeht dann nur nach Klage und einer mündlichen Verhandlung. Folglich haben wir bisher kein Urteil, sondern eine vorläufige Beurteilung. Wir haben auch nicht sofort geklagt, wie behauptet wird, wir haben den Journalisten zur Unterlassung aufgefordert und ihn gebeten, das nicht weiter zu behaupten.

SZ: Die Richter waren der Meinung, der Journalist habe Sie unter Wahrnehmung seines Rechtes auf freie Meinungsäußerung als „unglaublichen Demagogen“ bezeichnet, er habe Sie folglich nicht diffamiert, wie der DFB verbreitet hat.

Zwanziger: Ich sehe die Äußerung des Journalisten als ehrverletzend an, also mache ich Gebrauch von den rechtsstaatlichen Möglichkeiten, die Angelegenheit zu klären. Wenn Weinreich nun den Begriff „Demagoge“ anders wertet als ich . . .

SZ: Wie haben Sie es gewertet?

Zwanziger: Mit Demagoge ist Volksverhetzer verbunden und damit auch eine Nähe zum Nationalsozialismus.

SZ: Aber den Zusammenhang kann man wirklich nicht herstellen, wenn man den Blog-Eintrag liest.

Zwanziger: Deshalb habe ich auch sofort gesagt, die Sache hat sich erledigt, als mich unser Vizepräsident Rainer Koch auf eine Internetdarstellung von Herrn Weinreich aufmerksam machte, aus der hervorging, dass er mit dem Begriff „Demagoge“ nicht das gleiche Verständnis wie ich hatte. Und dies hat dann sein Anwalt uns gegenüber nochmals klargestellt. Damit war für mich der Vorgang beendet, deshalb haben wir auch keine Unterlassungsklage erhoben.

SZ: Sie planten aber doch, mit der Unterlassungsklage nach Koblenz zu gehen, wo Sie ein paar Jahre als Verwaltungsrichter und Regierungspräsident tätig waren?

Zwanziger: Das ist das Interessanteste an diesem Fall: Unabhängigkeit von Richtern, ist wohl davon abhängig, wo jemand wohnt . . . Oh nein. Eine Unterlassungsklage kann an mehreren Gerichtsständen eingereicht werden. Dort findet dann eine mündliche Verhandlung statt. Also gehe ich entweder an das zuständige Gericht meines Wohnortes, das ist Koblenz, oder ich gehe nach Frankfurt, wo der DFB seinen Dienstsitz hat. Ich bin aber bereit, auch an jedes andere Gericht zu gehen. Ich fände es unglaublich, wenn mir unterstellt würde, ich suchte mir ein Gericht aus, das mir gefällig ist. Wer so die Unabhängigkeit von Richtern in Zweifel zieht, stellt sich selbst ins Abseits.

„DFB begrüßt 1:0-Sieg gegen England“

Die „mehr oder weniger anonyme“ (DFB-Generalsekretär Niersbach) und zu unlauteren Kampagnen neigende Blogger-Szene weiß, was sie an Kai Pahl alias dogfood hat. Er versteht nicht nur viel vom Internet und, nun ja, Kommunikation, er erstellt in Windeseile sensationelle Analysen, und er schreibt (sein Tag hat 36 Stunden) gern auch Texte wie diesen, den ich mit freundlicher Erlaubnis des Autors übernehme.

Das nicht zu toppende Original wie immer hier: allesaussersport.de

DFB begrüßt 1:0-Sieg gegen England

Das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) begrüsst den 1:0-Sieg der deutschen Nationalmannschaft am gestrigen Abend in Berlin. England hatte dem DFB ohne Anlass eine „unglaublichen Abreibung“ verpassen wollen und als Reaktion darauf, dass sich Dr. Zwanziger dadurch in die Nähe des Tatbestands der Niederlage gerückt fühlte, statt einem naheliegenden klarstellenden Sieg, weitere unhaltbare, in diversen Medien veröffentlichte Spielzüge gegen die deutsche Nationalmannschaft getätigt. Unmittelbar vor der Erhebung eines auf Spielbeendigung abzielenden Pfiffes, hat England jedoch nunmehr am 19. November 2008 dem DFB eine Partie zukommen lassen, die Dr. Zwanziger als ausreichenden Sieg und Eingeständnis eines Fehlverhaltens von England akzeptiert.

In dem Spiel stellte England klar, dass seine Mannschaft von Anfang an nicht die Deutung des Begriffs „Niederlage“ in dem von Dr. Zwanziger beanstandeten Wortsinn intendiert habe. Im Zuge der England eingeräumten Frist auf Widerruf seiner diffamierenden Niederlage erfüllte England damit die vom DFB-Präsidenten gestellten Bedingungen, damit das vorbereitete Wiederholungsspiel im Stadion Oberwerth in Koblenz nicht eingereicht wird. Hinzu kommt, dass am 19. November auch der Chefanalyst des ZDFs Oliver Kahn gegenüber Dr. Zwanziger die Analysen des Senders über das Spiel der Nationalmannschaft bedauert hat, die seitens Englands erneut benutzt wurde, um den DFB-Präsidenten zu diskreditieren. Mit diesen beiden Erklärungen ist die juristische Auseinandersetzung zwischen Dr. Zwanziger und England damit für den DFB und Dr. Zwanziger beendet. Der vorbereitete Termin für das Wiederholungsspiel wird nicht mehr eingereicht.

Der Ball rollt: „Alles andere wird sich geben“

Ein Freund meinte: „Mensch, stell doch mal was anderes rein in Dein Blog, damit der Kommentar von Jürgen Roth nach unten rutscht.“

Okay, wird sonst vielleicht monothematisch. Andererseits, mir ist nicht nach Schreiben. Doch er ist ein Freund. Was tun? Zum Glück gibt es mein Archiv. Ich habe im Sommer eine Geschichte über einen neunzehnjährigen Anhaltiner geschrieben, der in der zweiten Mannschaft von Real Madrid spielt. Vergangene Woche gab es nun etliche (deutsche) Agenturmeldungen, wonach Reals Trainer Bernd Schuster, der nun doch nicht entlassen wurde, angeblich plant, diesen Christopher Schorch demnächst in der ersten Mannschaft einzusetzen. Ein anderer Freund allerdings, der in Madrid lebt und schon ein Buch über die Primera División geschrieben hat, klärte mich auf: „Schorch ist hier kein Thema, Schuster ist noch nicht einmal beim B-Team aufgetaucht, auch das werfen sie ihm vor.“

Okay, sagen wir es so, mit einem Spruch aus der Praxis: Wenn es deutsche Nachrichtenagenturen melden, wird es schon ein Thema sein. Schließlich haben viele deutsche Medien die Meldungen übernommen. Hier also das Geschichtlein über Christopher Schorch. Nur eins noch, blöderweise: Auch zwischen ihm und dem DFB bzw. den DFB-Trainern gab es die eine oder andere Reiberei. Er gehört in jene Truppe, die im Sommer die Europameisterschaft gewann, fehlte aber bei dem Turnier. Er sagt: Ordnungsgemäß abgemeldet beim DFB und beim Coach Hrubesch wegen Krankheit. Ich habe auch anderes gehört, das aber nicht bis ins letzte Detail überprüft, es schien mir nicht entscheidend für diesen Beitrag zu sein. Seine Auseinandersetzung mit Hertha BSC habe ich allerdings so gut es ging überprüft, zumindest kommen alle Beteiligten zu Wort.

Okay, hier also, … etwas anderes. Und vielleicht habe ich irgendwann mal Muße, Links zu setzen:

Das Lügengebilde des DFB

Wenn sie die Kommunikationsherrschaft nicht haben, sind sie immer Verlierer.

Theo Zwanziger

So, nach einigen Stunden Schlaf und einem Müsli fühle ich mich gestärkt genug, um das Lügengebilde des DFB auseinanderzupflücken. Die gestrige Email des DFB-Generalsekretärs Wolfgang Niersbach an mehr als 100 Entscheidungsträger aus Politik und Sport sowie Journalisten (und das ist nur der Verteiler, der mir momentan vorliegt, ich weiß nicht, wie viele Emails mit ähnlich großem Verteiler noch verschickt wurden) und die vom DFB-Pressechef Harald Stenger verfasste, über den DFB-Verteiler an alle Journalisten verschickte und auf der DFB-Homepage verfügbare „Pressemitteilung“ sind gespickt mit Lügen, Unwahrheiten, Wahrheitsbeugungen, falschen Angaben, unzutreffenden Sachverhalten, irreführenden Aussagen.

Ich zähle: 18 Lügenkomplexe, denen ich vorerst 62 Wahrheiten entgegen stelle.

Ich denke: Sollte jemand Lust auf Recherche haben, könnten sich die Zahlen 18 und 62 schnell erhöhen.

Vor allem verschweigen die DFB-Mitteilungen Entscheidendes: zwei gerichtliche Beschlüsse zu meinen Gunsten – den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 9. September 2008 (der anschließenden Beschwerde des DFB wurde ebenfalls nicht stattgegeben) und den Beschluss des 9. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 10. Oktober 2008, das die Beschwerde ebenfalls zurückgewiesen hat. In anderen Worten: Mit der Wahrheit belästigt der DFB weder per Email noch per Pressemitteilung.

„DFB missbilligt Diffamierung von Dr. Theo Zwanziger“

„Wenn sie die Kommunikationsherrschaft nicht haben, sind sie immer Verlierer.“
Theo Zwanziger

Bevor ich zum Gaunerstück der Kommunikationsherrscher der deutschen Sportpolitik komme, flink dies: Die Nachricht hinter der Nachricht, die mich gerade aus dem Deutschen Bundestag erreichte und die ich hier komplett veröffentliche, ist die: Theo Zwanziger gibt sich rechtlich geschlagen, doch der DFB weitete seine Verleumdungskampagne gegen mich aus. Zwanziger erhebt keine Klage in Koblenz, doch mit keinem Wort wird erwähnt, dass er mit seinen Unterlassungsbegehren vor dem Berliner Landgericht und dem Kammergericht gegen mich unterlag. Beide Gerichte haben festgestellt, dass an dem, was Zwanziger mir in dieser Presseerklärung unterstellt, nichts dran ist – aber auch gar nichts.

Unter Missachtung der gerichtlichen Beschlüsse und eklatanter Verdrehung der Tatsachen schickte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach vor wenigen Minuten dennoch dieses Anschreiben mit nachfolgender Pressemitteilung an die Spitzen der deutschen Sportpolitik, Bundestags-Politiker, Sportfunktionäre wie den DOSB-Präsidenten Thomas Bach, Journalisten und viele mehr:

——– Original-Nachricht ——–

Betreff:

Aktuelle Pressemitteilung des DFB

Datum:

Fri, 14 Nov 2008 18:14:46 +0100

Von:

Niersbach, Wolfgang

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freunde,

beigefügt überlassen wir Ihnen eine Pressemitteilung, die ein Thema behandelt, das in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt geblieben ist, trotzdem aus Sicht des DFB-Präsidiums und auch der Geschäftsführung große Bedeutung besitzt. 

Festgehalten ist, dass wir es auch nicht in – mehr oder weniger anonymen – Internetblogs hinnehmen können, dass Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens grundlos diffamiert werden. Betroffen im konkreten Fall war unser DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger, morgen aber kann dies schon wieder jemand anderes sein.

Nach unserer festen Überzeugung müssen wir diese Grundposition offensiv darstellen. Daher diese Pressemitteilung, die wir Ihnen als PDF-Datei beigefügt haben und die Sie natürlich argumentativ auch verwerten können. Darauf hoffen wir sogar.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Niersbach
Generalsekretär

Tja, liebe Leute, ich ahnte, dass es so kommen würde. Obgleich ich noch eine Weile brauchen werde, um zu begreifen, was das hier sein soll, was es bedeutet und welche Auswirkungen es auf mich, meinen Ruf und meine Arbeit als freier Journalist hat. Soeben finde ich auf der DFB-Homepage eine Meldung, die mir, nun ja, reichlich demagogisch, also irreführend, die Öffentlichkeit mit falschen Behauptungen in eine bestimmte Richtung lenkend, erscheint. (Nachtrag um 20.42 Uhr: Ich habe 17 mich betreffende, sehr wahrscheinlich unwahre Behauptungen/Lügen gezählt in Niersbachs Anschreiben und der Pressemitteilung, die gleich folgt. Vor allem: Es werden einige Behauptungen aufgestellt, mit denen Zwanziger/der DFB in Berlin vor Gericht abgeblitzt ist.)

Ich denke, darüber muss ich mit meinem Anwalt beraten. Ich bitte darum, diesen Text mit Vorsicht zu genießen. Das ist pure Propaganda. Mal auszählen, ob da auch etwas Wahres drinsteht. Und bestimmt läuft es gleich über die Nachrichtenagenturen, um die Diffamierung perfekt zu machen. Und eins noch vorab: Niemand vom DFB hat je mit mir darüber geredet. Der Anwalt des DFB hat meinem Anwalt etwas anderes erzählt/versprochen, als es hier jetzt vorliegt. Der DFB lügt posaunt in die Welt hinaus:

Die Umfaller: Sportlobbyisten im Bundestag

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen. Aber der BDR-Freispruch im Bundestags-Sportausschuss ist mir noch einige Bemerkungen wert. Ich mache es diesmal ganz kurz (ein Nachtrag folgt am Wochenende) und entscheide mich für die Form eines Bilderkommentars. Liebe Abgeordnete, ich wiederhole: Dies ist ein Kommentar.

1) Ladies first: Das da unten ist Dagmar Freitag von der Surrealistischen Partei Deutschlands (SPD). Sie ist u. a. Vizepräsidentin des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV).

2) Das da unten ist Peter Danckert (ebenfalls SPD). Er leitet den Sportausschuss und fungiert u. a. als Präsident des Landesverbandes Pferdesport Berlin-Brandenburg e.V., außerdem gibt er sehr gern Interviews, in denen er eine knallharte Dopingbekämpfung und geeignete parlamentarische Maßnahmen einfordert. Es sind so viele zusammen gekommen, dass ich lieber auf eine Verlinkung verzichte, ihm zuliebe, sonst würde es peinlich. Nur noch eins: Kann es sein, dass der deutsche Reitsport derzeit auch etwas unter Druck gerät?

3) Das da unten ist Detlef Parr von der freidemokratischen Partei, der auch das UDIOCM angehört, das über seinen Freund Parr gern mal sagt: „Mit dem Mut eines Löwen hat sich Detlef Parr für die Belange des Sports eingesetzt.“ Parr ist u. a. Vizepräsident der Special Olympics Deutschland. 

4) Das da unten ist Klaus Riegert, der CDU-Sportobmann im Ausschuss. Er ist u. a. Vizepräsident des Schwäbischen Turnerbundes. Er verwechselt mitunter – unbeabsichtigt – Ursache und Wirkung und verwischt, wenn er schon mal was sagt, mitunter – unbeabsichtigt – die Unterschiede zwischen Dichtung und Wahrheit: So wie in diesem Fall.

5) Das da unten ist Eberhard Gienger (CDU), Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Wir zwei haben erst am Dienstagabend besprochen, dass wir uns mal unterhalten sollten. Ach, ich weiß irgendwie nicht, ich finde Taten ja wichtiger als wiederholte leere Worte. Jedenfalls, der DOSB, insofern ist das wenigstens kein verdeckter, sondern ganz offener Lobbyismus, taucht auf der 720 Seiten umfassenden Lobbyliste des Bundestages auf: Als Nummer 966, als Dachverband von 95 Sportverbänden und deren Untergruppen, also auch der in diesem Bilderkommentar sonst noch aufgeführten.

6) Das da unten ist Peter Rauen (CDU), einst Chef des Sportausschusses.

Peter Rauen hat vor vier Wochen im Sportausschuss übrigens energisch vorgebracht:

Ich habe die große Faszination erlebt, die vom Radsport für die Eifel ausging, die Begeisterung der Menschen und auch, was der Radsport durch seinen Bekanntheitsgrad geworden ist. Ich war auch immer der Auffassung, dass es einer ehrlich meint im Dopingsumpf. Herr Holczer hat dagegen angekämpft und ist immer dieser Auffassung gewesen. Wenn ich in diesen Tagen erlebe, wie verzweifelt dieser Mann ist, dass aus seinem Team Stefan Schumacher und Bernhard Kohl definitiv des Dopings überführt wurden, dann ist das offenbar in diesem Sport ein Sumpf, dem man als Parlamentarier versuchen muss, etwas entgegen zu setzen, was wirklich Aufschreie gibt. Herr Holczer hat, ich gehe jetzt aus dem Radsport raus, erkennbar alles getan, er hat auch daran geglaubt, dass in seinem Team nichts passiert. Wenn man auch sieht, dass von der Leitung der Gerolsteiner-Gruppe, die wirklich immer alles getan haben gegen Doping und die riesige Angst hatten davor, dass die ganze Werbung dahin ist, wenn sie in den Sumpf hineingezogen würden, dennoch von Sportlern, obwohl der Sponsor und der sportliche Leiter Wert darauf gelegt haben, mit Füßen getreten wird, dann ist das nicht zu akzeptieren. Offenbar hat sich das Doping in diesem Sport so eingenistet über Jahrzehnte, so dass ohne Doping gar nicht mehr die Möglichkeit besteht, Erfolge zu feiern. Ich wäre persönlich auch dafür, dass wir als Sportausschuss ein ganz klares und deutliches Zeichen, ohne wenn und aber, setzen. (…)

Eine Haushaltssperre ist nicht die Streichung von Mitteln sondern vielmehr eine Sperre, die man auch wieder aufheben kann. Wir wollen aber hierzu ganz gerne erst einmal Klarheit haben, was da im BDR läuft und hören sie uns hierzu noch einmal hier an. Sie sollen aber im vornherein schon einmal wissen, dass der Sportausschuss und die Verantwortlichen hierzu irgendwann einmal die Schnauze voll haben und dann sagen, wenn alles nicht reicht, werden die Mittel eben gesperrt. Hier muss man erkennen, dass hier ernst gemacht wird.

Das Urteil: Deutscher Skiverband ./. Hajo Seppelt

Nicht dass das hier noch ein Juristen-Blog wird. Ich bin noch einen Schriftsatz schuldig, der mich sehr interessiert: Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts im Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Skiverband und Hans-Joachim Seppelt. Dessen Berichterstattung und die darauf folgenden „journalistischen“ Ereignisse in der ARD und anderswo habe ich Anfang des Jahres im Beitrag „Wiener Blut“ dokumentiert und, auch das, kritisiert. (Was mir dabei gerade auffällt und natürlich kein Zufall ist: am Ende dieses Beitrages zitiere ich aus einem unsäglichen Kommentar eines gewissen Dieter Hennig, der hier ja im August kurzzeitig eine unbezahlte Nebenrolle spielte.)

Doch weg vom Thema Journalisten-Darsteller, hin zu journalistischen Fachfragen. Daniel Bouhs, der als erster über das Urteil berichtete, schreibt:

Seppelts Anwalt Fricke bezeichnete die Entscheidung des OLG gegenüber epd als „ein Grundsatzurteil in Sachen Pressefreiheit“. Nun sei klar, dass Verbände nicht vorgeschoben werden könnten, wenn Mitglieder selbst nicht bereit seien zu klagen. In dem konkreten Fall hatte Seppelt keinen Betroffenen namentlich genannt.