Sepp Blatters Tafelrunde: das ehrenwerte FIFA-Exekutivkomitee
Unsere Gesellschaft ist voller Teufel und solche Teufel findest du eben auch im Fußball. Joseph Blatter ACAPULCO. Es fällt mir…
Unsere Gesellschaft ist voller Teufel und solche Teufel findest du eben auch im Fußball. Joseph Blatter ACAPULCO. Es fällt mir…
Das ist doch mal eine klare, schnörkellose Überschrift zu einer schönen Geschichte, die die Kollegen der Sunday Times da veröffentlicht…
[youtube ejdhwWlyJ2w nolink] JOHANNESBURG. Lassen wir Fakten sprechen. Dies ist eine Dokumentation (mehr) aus dem Reich des Joseph Blatter und…
SOCCER CITY. Puls runter. Abregen. Lächeln. Frust-Muffin (Zitrone-Mohn) verspeisen. Tief durchatmen. Hatte ich schon gesagt, dass es kolossal nervt, täglich viele Stunden in Staus und sinnlosen Transporten zu verbringen? Nein?
Ist ja noch mal alles gut gegangen. Bus rechtzeitig verlassen, einen robusten Fußmarsch im aeroben Bereich absolviert – und schon standen Kollege B und ich am Ticketschalter, wenige Minuten bevor unsere Matchtickets für Argentinien – Südkorea an Reporter auf der Warteliste vergeben worden wären. 90 Minuten vor Spielbeginn machen sie das. B bemerkte leicht genervt, er wolle künftig immer am Vorabend ins jeweilige Stadium Media Centre fahren und dort übernachten, um sich den Stress zu ersparen.
Ausruhen ist nicht. Gerade hat ein argentinischer Senior-Journalist im Altersbereich von Don Julio Grondona neben mir Platz genommen, packt einen – ich weiß nicht mehr recht, wie solche Geräte heißen – Walkman (gab es das früher?) aus dem 17. Jahrhundert aus, stellt volle Lautstärke ein, hält sich das Ding an sein linkes Ohr, also direkt an mein rechtes Ohr, und prüft die Töne aus der Mixed Zone vom letzten argentinischen Training ab. Das hört sich für mich etwa so an, als würden 60 Paulo Soares durcheinander schreien. Ich denke ja grundsätzlich nicht, dass man in derartigen Pressezentren Verständnis erwarten darf, schon gar nicht von gewissen Engländern (einer davon begleitet mich seit 1998 und setzt sich garantiert täglich in meine Nähe, weshalb ich dann immer schnell das Weite suche, um seine Telefonate nicht anhören zu müssen, er glaubt nämlich, er müsse bis zur Fleet Street schreien und nicht einfach nur in das Handy sprechen), doch siehe, manchmal geschehen Wunder:
Mein argentinischer Freund erweist sich als wahrer Senor, wechselt kurz die Stellung und beschallt für einen Moment andere Journalisten. Ich hoffe, dass die ihre Vuvuzela-Ohrstöpsel dabei haben.
12.30 Uhr: Ich denke, diese vielen Stunden in Staus und Schlangen rauben mir auch Nerven und Kraft, über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken. Lesebefehle, Links, ich kann kaum damit dienen, obwohl ich es mir vorgenommen habe und bei anderen Gelegenheiten (Peking, Vancouver) regelmäßig exerzierte. Hier ist es so, dass ich so gut wie nichts wahrnehme, was produziert wird, seit Tagen auch schon nicht mal mehr Nachrichtenagenturen überfliege. Über den Tunnel, in den man sich als Journalist bei Mega-Events zwangsläufig begibt, wenn man tagesaktuell arbeitet, habe ich öfter geschrieben. Das ist auch ein Selbstschutz, um seine Aufgaben abarbeiten zu können, andererseits natürlich störend, weil es ja wohl doch viele Informationen und Geschichten da draußen gibt, die es wert wären, konsumiert zu werden. Ich habe längst eine lange Liste verlinkenswerter Angebote beisammen, indes, es fehlt die Zeit. Ein Anfang, weil mich mein Freund Mihir Bose gestern Nacht netterweise aus Pretoria mit nach Johannesburg kutschiert hat:
Dem Glücklichen daheim am Schreibtisch bleiben Reibungsverluste beim Stadiontransport, am Ticketcounter und (sensationelle Unorganisiertheit) bei McCafé im SMC Soccer City erspart. Ich weiß, Journalisten sind Jammerlappen. Wohl deshalb erzählte mir B vorhin, er diskutiere mit seinem inneren Schweinehund die Idee, früher nach Hause zu fliegen.
12.51 Uhr: Hinweis in eigener Sache. Bitte noch den Text über Lennart Johansson lesen. Der ist zwar letztlich nur in größter Hektik im Taxi zwischen Sandton und Pretoria entstanden, aber die Zeilen sind mir wichtig. Bin ganz melancholisch.
13.34 Uhr: Habe beim ersten Messi-Watching einen Beitrag für SpOn gedichtet und folgendes Arbeitsprotokoll erstellt:
JOHANNESBURG. Oops. Was ist das denn? Was macht dieses auf den argentinischen Fußballpräsidenten Julio Humberto Grondona ausgestellte Ticket auf dem,…
Wir müssen die ethischen und moralischen Grundsätze des Sports für zukünftige Generationen schützen und fördern.
— Lord Sebastian Coe, ehemaliger FIFA-Ethikchef, IAAF-Vizepräsident, Organisationschef der Olympischen Spiele 2012 und IOC-Mitglied in spe, bei Amtsantritt als Sepp Blatters Ober-Ethiker
Hoppala! Hatte ich nicht kürzlich angemahnt, dass der FIFA derzeit eine Ethik und eine Ethik-Kommission fehlt? Nach dem erfolgreich eingereichten Urlaub von Lord Sebastian Coe war ja nicht nur der Posten des Kommissionschefs verwaist, bis vor wenigen Tagen existierte nicht einmal mehr ein Gebilde, das sich in irgendeiner Weise mit, nun ja, ethischen Fragen hätte beschäftigen können.
Das amtlich bestätigte Ergebnis unserer freundlichen Umfrage hier im Blog hat FIFA-Präsident Joseph Machiavelli Blatter allerdings ignoriert: Statt des Investigativjournalisten Andrew Jennings wurde Claudio Sulser neuer Ober-Ethiker der FIFA.
KAPSTADT. Möchte mal jemand einen Original-Milliardenvertrag sehen, in dem die TV-Rechte der Fußball-Weltmeisterschaften geregelt werden?
Kein Problem, zeige ich gern, habe ich noch nie gezeigt. Hier also das so genannte Shortform-Agreement, einst abgeschlossen zwischen der FIFA, der ISL (Sporis Holding) und Leo Kirch (Taurus Film) mitsamt aller Zahlungverpflichtungen. Was fehlt, sind eigentlich nur etwaige Bestechungssummen, sollte es die gegeben haben, rein theoretisch.
Ich übertreibe es mal wieder mit dieser Nachtlektüre.
Andreas fragt in den Kommentaren zum Beitrag „Katar und die WM 2022: Fußball im Kühlschrank“, wie „man eigentlich logisch erklären“ könne, dass für die TV-Rechte an der Fußball-WM 2006 plötzlich 1,5 Milliarden CHF gezahlt wurden, wo doch für die drei Weltmeisterschaften zuvor (1990, 1994, 1998) nur 340 Millionen CHF gezahlt worden sind. Nun, die Antwort lautet:
Oh ja, ich glaube nicht, dass ich zu viel versprochen habe: Der putzige Doppelwettbewerb um die Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022, erdacht von Sepp dem Unfehlbaren, wird uns noch viel Freude bereiten. Ein Gastbeitrag von Andrew Jennings, der an Sepps Hofe seit sechs Jahren nicht mehr geduldet wird, der also keine Akkreditierungen für Fifa-Events erhält. AJ konzentriert sich einmal mehr auf Jack the Ripper:
By Andrew Jennings
Jack Warner must have his World Cup. FIFA’s serial kleptomaniac, now 65, knows that 2018 is his last chance to acquire the world’s most lucrative sports event and, with his greedy family, loot it. Where does he want it? Mexico.
If anything goes awry, the USA is the fallback. Both countries are captive members of Concacaf, the regional FIFA franchise controlled from Trinidad by Warner.
It’s unthinkable that the Warners would let a World Cup and the once in a lifetime chance to skim TV rights, marketing and hotel packages slip through their fingers. And of course they are well-practiced as the biggest ticket racketeers ever.
When they staged FIFA’s Under-17 championship in Trinidad in 2001, I was there to see them snaffle fast food and beverage contracts in the stadiums, security, hotels, the IT business and, with the personal approval of FIFA president Blatter, their travel agency got all 15 teams‘ flight tickets. The construction contracts came earlier.
In 2007 Warner told the BBC that his franchise must host 2018 saying, ‘There are moves to give it to England. I must fight that. I really don’t believe that we should lay down and play dead to anyone who wants to take the World Cup from Concacaf.‘ Only two countries in Warner’s franchise could stage the championship: Mexico and America.
Mal was anderes, bevor ich mich auf den Weg von Durban nach Kapstadt mache: Das ist der Fingerprintsensor an der Tür zu Sepp Blatters Büro. Da gibt es keinen Schlüssel.
Wer würde nicht seinen Finger gern mal da drauf legen und sich Zugang zu den gut behüteten Geheimnissen der Fußballwelt verschaffen. Aber ich schweife wieder ab, deshalb geschwind zum Thema:
„Ungefähr zwölf Stadien“, viel mehr braucht es eigentlich nicht, um eine Fußball-WM auszutragen. Nun ja, ein bisschen Infrastruktur noch, schon kann es losgehen. So steht es Im Zirkularschreiben des Weltverbandes Fifa zur Bewerbung um die Weltmeisterschaften 2018 und 2022. Die Meldung des Tages kommt ja, wie ich finde, aus Indonesien. Denn neben Australien, England, Russland, Holland/Belgien, Spanien/Portugal, Katar, China, USA, Mexiko, Kanada, Japan (soweit mal die Liste echter und unechter Kandidaten) mag nun auch Indonesien mitbieten.
Julio Humberto Grondona, der Pate des argentinischen Fußballs, trägt einen schweren, goldenen Siegelring. „Todo pasa“ steht drauf. Es ist das Motto des 77-jährigen Senior Vice President des Fußball-Weltverbandes Fifa und argentinischen Verbandspräsidenten (quasi auf Lebenszeit). Alles geht vorbei, ich mach das schon.
Don Julio, dicker Kumpel vom Fifa-Sepp (wie man auf dem Foto sehen kann) und seit vielen Jahren auch Chef der Fifa-Finanzkommission (sic!), hat bislang alle Klippen umschifft. Sein jüngster Coup: um seinen Posten zu retten, verpflichtete er kurzerhand das Drogen-Wrack Diego Armando Maradona als Nationaltrainer. Und stellte ihm Carlos Bilardo als Teammanager zur Seite. Todo pasa.
Über Diego ist anderswo viel zu lesen. Ich will hier auch nicht mit der Geschichte einer Sünde langweilen, denn ich habe mir im vergangenen Jahrhundert, damals spielte Diego für den SSC Neapel, mal in Leipzig ein Autogramm von der Hand Gottes zeichnen lassen.
Was ich vielmehr zur aktuellen Diskussion beisteuern kann, ist ein Kapitel meines argentinischen Freundes Ezequiel Fernandez Moores aus unserem gemeinsamen Buch „Korruption im Sport“. Der wunderbare Ezequiel kennt sie alle: Diego, Don Julio und noch ein paar andere Spitzbuben. Okay, der Text ist zwei Jahre alt, doch egal, man muss ihn gelesen haben, um ein bisschen was von Don Julio zu verstehen.
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The Argentine dictator behind Fifa President Joseph Blatter
Julio Humberto Grondona, FIFA’s Senior Vice President, the great Godfather of South American football and President of the Argentine Football Association (AFA) since 1979, proudly remembers when his mandate began: Almost together with Woytila’s papacy and Diego Armando Maradona’s successful international career. But Maradona left the field in 1997 and John Paul the Second died in 2005.
In his twenty-seven-year mandate (nun sind es schon 29 Jahre), Grondona did not only survive John Paul the Second and the sporting Maradona, but also four de facto Presidents and eight democratic Presidents in Argentina. He also survived eighty-one supporters who died as victims of the endless violence that rules football in Argentina. He survived almost forty-three cases of doping, eight strikes by players and three strikes by referees. Grondona also survived about fifty legal raids on his own offices, the AFA offices and those of his partners.
Grondona is now seventy-four years old (jetzt 77). His age is not an obstacle. Grondona has already warned that in 2007 he will begin his eighth mandate which will last until 2011; by then he will be thirty-two years at the head of the AFA. Thirty-two years with Don Julio. He likes people to call him that way. Don Julio could mean respect. But who would forget the wonderful Don Vito Corleone interpreted by Marlon Brando? In fact, the other nickname given to Grondona in Argentina is „The Godfather“.
Selten so gelacht: Es freuen sich der Fifa-Präsident Blatter (links) und sein erster Vizepräsident (Don) Julio Grondona aus Argentinien. Wieder…