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Das Olympische Bildungsmagazin

AFC: Revolution gegen Bin Hammam

Eigentlich wollte Mohamed Bin Hammam am 8. Mai 2009 gemeinsam mit der asiatischen Fußballfamilie Geburtstag feiern. 60 wird er an diesem Tag, an dem der Kongress der Asian Football Confederation (AFC) tagt, als deren Präsident der Katari fungiert.

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Doch so schnell kann’s gehen in Sepps Welt: Offenbar wird Bin Hammam an der Fifa-Spitze nicht mehr gebraucht. Er hat genug Stimmen besorgt für Joseph Blatter, in den schmutzigen Wahlkämpfen 1998 und 2002, als es nötig war, um den rüstigen Rentner auf den Fifa-Thron zu hieven bzw. darauf zu belassen. Danach hat Bin Hammam mir gesagt (Video), dass es keinen Sinn macht, gegen Blatter anzutreten:

I don’t think myself about contesting to Fifa. And I don’t advise anybody to think about it. Nobody can compete with him.

„Nobody can compete with him.“ Bin Hammam, seit 1996 Exekutivmitglied der Fifa, galt eine Zeitlang als potenzieller Nachfolger des Fifa-Präsidenten und merkt nun, dass dies ein Traum bleiben wird. Ich meine, er hat Blatter sogar beeindruckt. Der Fifa-Vorsteher sagte mir mal an einem Abend in Bin Hammams Residenz in Doha: „Ich muss Ihnen ehrlich sagen, meine Wohnung in Zürich ist kleiner als das Vorzimmer in diesem Gästehaus.“ Ja, aber Quadratmeter haben noch nie über eine Fifa-Präsidentschaft entschieden.

Bin Hammam hat so viel Geld in das Fußballgeschäft gesteckt, sein Verein heuerte ja einst auch Basler („Verschwitzt ins Ritz“) und Hierro an, Bin Hammam lancierte die vielen Millionen katarischer Petro-Dollars und ungezählte Deals mit afrikanischen und asiatischen Nationalverbänden, die Projekte des Fifa-Goal-Programms, die einzigartige Fußball-Akademie Aspire und etliches mehr wie kleinere Zuarbeiten zu den Asienspielen 2006 und zur Olympiabewerbung von Doha für 2016 – und nicht zu vergessen: die Bewerbung um die Fußball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022.

Trotz des Einsatzes wird Bin Hammams internationale Karriere wohl bald enden, sie wird jedenfalls nicht nach ganz oben führen. Schade eigentlich, denn ich habe ihn gemocht, Bin Hammam ist im privaten Umgang ein höflicher, netter Kerl, hat oft zwei seiner Töchter mit auf Fifa-Terminen, die Kataris sehen das nicht so verbissen. Doch gerade läuft in Asien ein Aufstand gegen Bin Hammam, den Präsidenten der asiatischen Konföderation AFC.

Ausgerechnet ein Kollege aus dem benachbarten Königreich Bahrain sagt ihm den Kampf an. Einerseits klingt das schräg, wenn hier Vertreter aus winzigen Fürstentümern um die Macht ringen, andererseits liegt darin eine Logik: Die Petro-Milliarden sprudeln immer noch, und die Kameraden dort unten haben den Sport längst als Spielzeug für sich entdeckt. Nur mal zur Sicherheit: Wer glaubt, dies sei ein exotischer Machtkampf, der irrt sich und sollte nur mal die Perspektive ändern: Dafür interessiert sich die halbe Welt.

Scheich Salman bin Ibrahim Al-Chalifa will also ins Fifa-Exekutivkomitee. Bin Hammam unterstellt seinen Gegnern unfaire Maßnahmen (was ganz Neues im Fifa-Reich) und kündigt seinen Rücktritt als AFC-Chef an, sollte er im Mai in Kuala Lumpur unterliegen. Die Koreaner fordern eine Entschuldigung usw. usf.

Ich kann mir schon vorstellen, wie sich Sepp daheim in Zürich darüber amüsiert. Seine Wiederwahl 2011 ist gesichert.

Mindestens drei mächtige und einflussreiche Feinde hat Bin Hammam noch: Junji Ogura, Fifa-Exekutivmitglied aus Japan. Chung Mong-Joon aus Südkorea, Fifa-Vizepräsident, Hyundai-Spross und damit einer der Fifa-Top-Sponsoren, gewiefter Strippenzieher und gescheiterter (politischer) Präsidentschaftskandidat in seiner Heimat. Gegen Bin Hammam arbeitet auch Peter Vellapan (Malaysia), langjähriger AFC-Generalsekretär, einer größeren Öffentlichkeit kaum bekannt, aber einer der wichtigsten Fußballfunktionäre weltweit. Bin Hammam hat einst den malayischen Sultan Ahmad Shah aus dem Amt des AFC-Präsidenten geputscht. Der Sultan ist noch aktiv und sinnt auf Rache.

Eigentlich kann Bin Hammam einpacken. Ich bin gespannt, wie er sich wehrt.

In asiatischen Sportverbänden, ob nun im AFC oder im Olympic Council of Asia (OCA), geht es traditionell hart zur Sache, viel brutaler als in Europa. Japaner, Koreaner, Chinesen, Araber, Indonesier, Inder, die ehemaligen mittelasiatischen Sowjetrepubliken mit all ihren Ganoven, neuerdings auch Australier (sind AFC-Mitglied und aus der ozeanischen Konföderation gewechselt) und Araber – gern auch untereinander – liefern sich packende, schmutzige, teure Gefechte um Posten, Verträge, Einflusssphären und Mega-Events. Nicht, dass ich mich wiederhole: Wir werden auch an dieser Geschichte noch viel Spaß haben.

So wie Mario damals in Katar beim knallharten Training:

basler-katar

21 Gedanken zu „AFC: Revolution gegen Bin Hammam“

  1. Weil es mir gerade wieder auffällt: Nicht der erste Deiner Lieblingsschurken, die Du as eigentlich ganz sympathisch bezeichnet hast, oder? ich meine, auch Weber wäre u.a. dabeigewesen, bin aber zu faul, das jetzt nachzulesen.

  2. Ja, ich gestehe meine Sünden, die hier nie unbemerkt bleiben. Das gilt für JSB, JMW, MBH, RWP und einige andere, die hier immer mal auftauchen, selbstverständlich in Abstufungen und allen Nuancen. Wogegen hier viele auftauchen (viel mehr), die nicht Gefahr laufen, mit derlei relativen und für das Weltgeschehen total unerheblichen Gunstbezeugungen belästigt zu werden.

  3. bei joseph s. blatter, jean-marie weber und mohamad bin hammam kome ich noch mit, aber wer ist noch gleich RWP? und stehen dreilettrige namensabkürzungen und sympathie in zusammenhang? hat jack warner einen mittelnamen?

  4. Gönn‘ mir doch das kleine Geheimnis, das in Wirklichkeit gar keines ist. Du wirst es schon rauskriegen, wenn Du nur willst. Dreilettrig: reiner Zufall. Obgleich, in deren Sitzungsprotokollen werden eigentlich immer drei Buchstaben geführt.

  5. Der RWP, der laut Wiki RWDP heißt?! Der ist mir sogar so eingefallen, dass es der sein könnte und seine (Ex-)Funktion wusste ich auch. (Ich bin so stolz auf mich! ;D)

  6. aaah, pound. einmal in die beiträge-leiste geschaut… eigentlich übrigens rwdp, aber da dürfte bei hammam auch noch einiges zu holen sein…

    inzwischen verstehe ich aber, warum sepp sich den initial zugelegt hat. kleinwüchsig, trifft keinen ball UND nur ein vorname, da muß man ja komplexe entwickeln.

  7. übrigens: könnte es nicht sein, daß hammam doch im amt bleibt, weil blatter/warner/konsorten ihm ein wenig unterstützung zukommen lassen? danach hätten sie ja einen gefallen gut bei ihm, und wenn man den von dir geposteten artikel von jennings („2018? Warner gives England…“) liest, könnte eben dieser gefallen eine stimme mehr für mexiko sein.
    falls aber scheich al-khalifa diese stimme ebenfalls verspricht, siehts natürlich nicht so gut aus für hammam.

    wenn wir die illustre runde schon zusammen haben: was macht eigentlich fedor radmann? erholt er sich immer noch von seinen gesundheitlichen problemen, die ihm ein mitwirken bei der salzburg 2014-kampagne unmöglich machten (vielleicht ein bißchen zuviel polonium-210 im kaffee? oder die brieftasche wurde plötzlich unglaublich schwer und zog ihn zu boden?)?

    ich würde ja im moment einiges drauf wetten, daß er bald bei der münchen 2018-kampagne auftaucht.

  8. Ach ja: Den Hinweis auf „The Untouchable“ finde ich gemein, wo ich doch vor nicht allzu langer Zeit mal nachgefragt habe, wo es den kompletten Film gibt?! (Ich wäre zu Not auch bereit die einen DVD-Rohling samt Rückumschlag usw. zu schicken.)

  9. @ Linksaussen: Ich will nichts ausschließen, würde mich ja auf ein Wiedersehen freuen, zumal es dann viel zu berichten gäbe. Ich würde aber nicht drauf wetten.

    Also, ich denke, die Bewerber sind ja auch nicht blöd, sondern klug und gewarnt. Radmann ist hierzulande ein bisschen verbrannt. Sie wüssten, dass es schlechte Presse bringen würde, ihn zu engagieren.

    Darf ich mal ein Geschichtlein los werden, ausnahmsweise, es liest ja niemand mit? Okay? In Leipzig war das damals so: Mitte 2003 gab es eine IOC-Session in Prag, auf der sich Tiefensee mit dem Olympia-Lobbyisten John Boulter traf, einem alten Adidas-Fahrensmann und Gefährten von JMW. Ein Foto von dem Treffen habe ich natürlich geschossen :) Leipzig wollte Boulter gern verpflichten. Der heutige OB und damalige städtische Olympiabeauftragte Jung hat dann, im Herbst 2003, als ich die ersten interessanten Dokumente über merkwürdige Finanz-Transaktionen veröffentlicht hatte – siehe: „Drei Stunden Nichtstun“, am selben Tag zur Vernichtung der Boulter-Akten aufgefordert. Das Treffen mit Boulter, Kitchen Cabinet genannt, wurde abgesagt, die Akte verschwand. Dies eine Kurzfassung einer längeren Geschichte. Sie sind also gewarnt. München und Radmann? Da würden sich wenige, aber doch einige Journalisten freuen – frag mal Thomas Kistner.

  10. @ Gua: Schick mir eine Email. Rückumschlag und Leer-DVD sind nicht nötig. Aber erhoffe Dir nur nichts, ich habe noch einige Versprechen offen, Stammgästen etwas zu schicken. Mindestens Trebor und der leider verschollene Sternburg wissen, was gemeint ist.

  11. ohne kistner wüßte ich gar nicht, wer radmann überhaupt ist.

    aber man muß personen ja nicht offiziell engagieren, damit sie sich engagieren…

    @gua: erwarte nicht zuviel. ich denke da auch an einen cccpc-aufkleber, wahlweise berlin-peking-artikel.

  12. Ich weiß ja von der Verschickschwäche des Hausherren, aber vielleicht wird ja das schlechte Gewissen mit der Zeit so schwer, dass wir alle dammbruchartig mit Post überhäuft werden. :) (Jens, die GMX-Adresse ist die aktuelle Adresse, oder?)

  13. Pingback: Football, Basketball, Hockey, NASCAR » Blog Archive » Afc : ÄRger FüR Bin Hammam : Jens Weinreich

  14. Pingback: “Blatter drängt auf Fairplay” : jens weinreich

  15. Pingback: Die Heilige Fußballfamilie: Bin Hammams Anfängerfehler : jens weinreich

  16. Der ehemalige AFC-General Velappan unterstützt unseren Kaiser bei seiner Forderung, die WM 2022 in den Winter zu verlegen. Herr Velappan hat ja vor eineinhalb Jahren recht scharf gegen den Qatari Bin Hammam geschossen – was Herr Blatter sicherlich goutiert haben dürfte. Ist Velappans Forderung nach WM-Verlegung Teil der weiter schwelenden AFC-internen Auseinandersetzung und vielleicht sogar im Auftrag von Blatter inszeniert, um vor seiner Wiederwahl 2011 den AFC zu beschäftigen? Oder einfach nur der Versuch eines ehemaligen Funktionärs, nicht in Vergessenheit zu geraten?

  17. Pingback: „Blatter drängt auf Fairplay“ • Sport and Politics

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